TY - THES A1 - Hansbauer, Severin Josef T1 - Das oberitalienische Familienporträt in der Kunst der Renaissance : Studien zu den Anfängen, zur Verbreitung und Bedeutung einer Bildnisgattung T1 - The Northern Italian Family Portrait in the Renaissance N2 - In einer gattungsgeschichtlich angelegten Untersuchung wird erstmals ein Überblick über die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten des oberitalienischen Familienporträts im 15. und 16. Jahrhundert gegeben. Künstlerische Fragestellungen bilden den Kern der Arbeit, ohne daß jedoch die jeweiligen historischen Entstehungsbedingungen und der geistesgeschichtliche Horizont der besprochenen Werke unberücksichtigt blieben. Die ursprünglich versuchte systematische Gliederung nach künstlerischen Auffassungen wurde zugunsten einer chronologischen Ordnung von Andrea Mantegna bis Ludovico Carracci aufgegeben. Von Anfang an blieb die Untersuchung auf das autonome Familienporträt beschränkt; trotz seines Porträtcharakters gehört das Stifterbild nämlich in einen andersgearteten künstlerischen Zusammenhang, in dem primär das Verhältnis des anbetenden Donators zum gnadenvermittelnden Heiligen thematisiert wird. Zunächst wird den Anfängen des autonomen Familienporträts im Quattrocento nachgespürt, sodann die allmähliche regionale Ausbreitung, ikonographische Festigung und Abgrenzung des italienischen vom deutschen und niederländischen Familienporträt in der ersten Hälfte des Cinquecento behandelt. Die Konsolidierung als künstlerische Gattung in Gestalt ausgeprägter Typen während der zweiten Jahrhunderthälfte ist Gegenstand des den ersten Hauptteil abschließenden Kapitels. Faßbar wird das autonome Familienporträt erstmals in der zweiten Hälfte des Quattrocento im kulturellen Umkreis der oberitalienischen Höfe, in Mantua und Ferrara. Das künstlerische Hauptinteresse konzentriert sich auf den Versuch, eine eigene, das Thema der Familie vergegenständlichende Ikonographie zu entfalten. Bereits im Einzelporträt bewährte künstlerische Maßnahmen werden aufgegriffen, um die im Haus zusammenlebenden Mitglieder einer Familie als eine Gruppe anschaulich werden zu lassen, die durch ein besonderes Verhältnis miteinander verbunden ist. Andrea Mantegna gelangt mit seiner dekorativen Ausstattung eines beheizbaren Turmgemachs im mantuanischen Kastell, dessen Hauptbild über dem Kamin das erste bekannte autonome Familienporträt ist, zur repräsentativen Auffassung einer familiären Gruppe zwischen feierlichem Ernst und fröhlicher Entspannung, die bis ans Ende des Cinquecento und weit darüber hinaus für das Familienporträt von Bedeutung bleibt. Bernardino Licinio gelingt im Venedig des frühen Cinquecento eine genreartige Fassung des Themas, die in einem breitformatigen Familienporträt Lorenzo Lottos geradezu klassische Gestalt annimmt. Einen eigenen Weg schlägt Parmigianino mit einem zur poetischen Auffassung verdichteten, aus flächendekorativen Bezügen lebenden Pendantporträt ein, mit dem er nicht zuletzt auf den jungen Paolo Veronese einwirkt. Ohne den heute verlorenen raumdekorativen Zusammenhang werden dessen lebensgroße Pendantporträts nicht verständlich, die an den Betrachter wie an einen Familienfreund adressiert sind. Wie dieses Familienporträt deutlich macht, befindet sich der Künstler mit dem Sujet zwangsläufig in allernächster Nähe zum gelebten Alltag. Seine Aufgabe ist es, diesen Grenzbereich in einer Weise zu gestalten, daß selbst bei illusionistischer Auffassung keinen Moment ein Zweifel darüber besteht, wie wohltuend geschieden das Reich der Kunst von der Mühsal des Alltags bleibt. Auch die von diesen ‚Leitbildern’ abhängigen oberitalienischen Familienporträts der zweiten Jahrhunderthälfte sind von diesem künstlerischen Anliegen beherrscht. Der zweite Hauptteil der Arbeit widmet sich ausführlich sozialhistorischen Fragestellungen. Scheinbare Fakten aus dem familiären Alltag, die von Teilen der Forschung als Zeichen einer Kultur der Lieblosigkeit in der frühen Neuzeit verstanden wurden, erscheinen in einem anderen Licht, wenn sie innerhalb eines angemesseneren geistigen Horizonts betrachtet werden. Diesen versucht der Verfasser als den fast vollkommen in Vergessenheit geratenen Gedanken des ordo caritatis zu rekonstruieren, den nicht zuletzt prominente italienische Humanisten der Zeit klar aussprechen oder unausgesprochen als Fundament ihres Nachdenkens über Familie und Gesellschaft verstehen. Innerhalb dieses Horizonts erscheinen auch die oberitalienischen Familienporträts in der Kunst der Renaissance. N2 - Summary This study gives a comprehensive survey of the Northern Italian family portrait as an autonomous type of the art of portraiture in the Renaissance. It deals with the beginnings, the gradual diffusion and iconographic consolidation of the genre in the European context. Artistic conceptions are in the focus of interest, whereas historical circumstance and questions relating to the ‘history of thoughts’ are also taken into account. The second part of the thesis is devoted to problems of social history. Apparent facts of daily life, often seen as signs of a ‘culture of neglect’ in early modern Europe, appear in a new light, when they are interpreted in a more appropriate frame, which is reconstructed here as the ordo caritatis. KW - Familienbildnis KW - Geschichte 1400-1600 KW - Oberitalien KW - Familienbildnis KW - Familienporträt KW - Oberitalien KW - Venedig KW - Renaissance KW - ordo caritatis KW - Family Portrait KW - Northern Italy KW - Venice KW - 1450 - 1600 KW - ordo caritatis Y1 - 2004 UR - https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/frontdoor/index/index/docId/1457 UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bvb:20-opus-17023 ER -