@phdthesis{Grundl2006, author = {Grundl, Wolfgang}, title = {Die Psychische Anthropologie von Jakob Friedrich Fries - eine historisch-systematische Diskussion zur Philosophie des Geistes}, url = {http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:20-opus-19311}, school = {Universit{\"a}t W{\"u}rzburg}, year = {2006}, abstract = {Die vorliegende Arbeit hatte sich die Aufgabe gestellt, die Aktualit{\"a}t des "Handbuchs der Psychischen Anthropologie" von Jakob Friedrich Fries, in erster Auflage im Jahre 1818 erschienen, f{\"u}r die Wissenschaften der Gegenwart aufzuzeigen: Psychologie, Psychiatrie, Psychosomatik und (einzelne Randbereiche der) Neurophysiologie. Zu diesem Zwecke stand am Anfang eine immanente Darstellung dieses heute fast v{\"o}llig unbekannten, weil vergessenen Werkes. Wie jede Neu-Aufnahme der Gedanken vergangener Zeiten war dies sowohl Hervorhebung als auch der Versuch einer "{\"U}bersetzung". Um die Adressaten zum Studium des Friesschen Handbuches aufzufordern, mußte sich der {\"U}bersetzer selbst von der Quelle entfernen. Dem Leser des ausgehenden Zwanzigsten Jahrhunderts sollte der Zugang zu Fries bei m{\"o}glichst geringem Verlust an Authentizit{\"a}t erleichtert werden. Fries gegen{\"u}bergestellt wurden die Auffassungen namhafter Fachvertreter der Gegenwart aus den o. g. Wissenschaften. 1. Fries' Werk bietet eine Schichtentheorie des Psychischen an, als deren einheitssicherndes Moment die menschliche Vernunft herausgestellt wird. Diese Theorie ist Emanation der Friesschen Philosophie, d. h., Philosophie und Psychologie stehen bei ihm in einem wechselseitigen Abh{\"a}ngigkeitsverh{\"a}ltnis. Sein Wissenschaftssystem ist gleichwohl eines der ersten philosophiegeschichtlichen Beispiele einer Unterscheidung von Theorie und Metatheorie. 2. Fries' Ansatz zu einer (Wieder-) Herstellung der Einheit der Psychologie ist methodogisch begr{\"u}ndet. Introspektion ist die (eigentliche) Methode der Psychologie. Nur introspektiv lassen sich ( per definitionem ) Fragen {\"u}ber die Psyche des Menschen beantworten. Fries' ph{\"a}nomenologische ( oder ph{\"a}nomenalistische ) Position h{\"a}tte ihn zum Vorbild lange nach ihm entworfener Konzeptionen werden lassen k{\"o}nnen. Andere Methoden {\"o}ffnen den Zugang zu anderen Gegenstandsbereichen: Neuro-(physio-)logie als Teil der somatischen Anthropologie und Neuropsychologie oder Leistungs- ( Test- ) Psychologie als Teile der Vergleichenden Anthropologie beschreiten andere Forschungsrichtungen. 3. Fries' Stellung zur Frage der Meßbarkeit psychischer Variablen weist viele Parallelen zu {\"U}berlegungen der Repr{\"a}senationstheorie auf. F{\"u}r das Psychische kann nicht von einer transitiven Relation aller Variablen ausgegangen werden, was der Mathematisierbarkeit des Wissens vom Psychischen engere Grenzen setzt. 4. Fries unterscheidet innere und {\"a}ußere Kausalit{\"a}t. F{\"u}r den Bereich von Physik und Physiologie nimmt er die Geltung eines Kausalgesetzes an, f{\"u}r die Psychologie hingegen setzt er nur ein Kausalprinzip voraus. Unausweichlich ist f{\"u}r ihn deshalb der R{\"u}ckgriff auf den Begriff psychischer Verm{\"o}gen, den die Psychologie der Gegenwart durchweg ablehnt, ihn vielfach aber ebenfalls nicht umgehen kann. 5. Fries weist auch in manchen Einzelfragen der Wissenschaft Wege zur Psychologie des Zwanzigsten Jahrhunderts: u. a. sucht er nach einer Antwort zu den Problemen von Kontinuit{\"a}t und Einheit der Wahrnehmung, von Dimension und Einteilung der Gef{\"u}hle und vom Zusammenhang von Trieb und Wille. 6. Freis versucht die Richtlinien einer Theorie der Psychosomatik vorzuzeichnen: Psychisches hat Ausdrucksm{\"o}glichkeiten im Somatischen. Sowohl Bewußtes als auch Nicht-Bewußtes kann krankheitsverursachend wirken. Das Bindeglied zwischen Psyche und Soma stellen bei Fries die Emotionen dar. 7. Fries' Psychopathologie h{\"a}lt sich an die Terminologie seiner Normal-Psychologie. Sie steht im Zentrum seiner Psychiatrie. 8. Fries' psychiatrisches System folgt einem methodischen Dualismus ( "Parallelismus" ): Der ph{\"a}nomenologische Mittelpunkt der Psychopathologie wird von seiner somatisch-medizinischen Krankheitsauffassung getragen. 9. Fries' Konzept zeigt un{\"u}bersehbare Ansatzpunkte zu Kurt Schneiders triadischem System der klinischen Psychopathologie. Er unterscheidet bereits pers{\"o}nlichkeits-bedingte ( angelegte ) und reaktive psychische St{\"o}rungen. Innerhalb seines Systems gibt Fries auch eine frappierend zutreffende Bestimmung dessen, was die Psychiatrie der Gegenwart als "endogene" Geisteskrankheiten bezeichnet. 10. Fries' Lehre vom menschlichen Geist basiert auf der Frage nach der Methode des Zugangs. Methodologie gibt Perpektiven vor, sie konstituiert jedoch keine unvereinbaren Entit{\"a}ten. Sein System verlieh Fries die Sicherheit, seine Lehren auf {\"u}berindividuelle Gemeinschaften, wie die V{\"o}lkerpsychologie auszudehnen. Auch wenn er von psychischen Entartungen oder Degenerationen spricht, betritt er dabei Bereiche, die gegenw{\"a}rtig brach liegen. 11. Der konsequent dualistische ( parallelistische ) Ansatz Fries' weist den Weg zu einer bis heute nur punktuell umgesetzten biaxialen Diagnostik in der Psychiatrie. Damit wird dem bereits von Fries verfochtenen Relativismus zwischen den Bereichen Symptomatologie und {\"A}tiologie ( Psychopathologie und Physiologie ) ebenso Rechnung getragen wie der Tatsache, daß deren Zusammenhang ( Wechselwirkung ) bis dato weitestgehend ungekl{\"a}rt geblieben ist.}, subject = {Fries}, language = {de} }