@phdthesis{Schenk2006, author = {Schenk, Tilman A.}, title = {Multiagentensysteme zur Simulation von Konsumentenentscheidungen}, url = {http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:20-opus-22157}, school = {Universit{\"a}t W{\"u}rzburg}, year = {2006}, abstract = {St{\"a}dte sehen sich in der Entwicklung ihres Einzelhandelsangebots zunehmend Konkurrenzsituationen zwischen traditionellen Innenstadt- und neu entstehenden Stadtrandlagen ausgesetzt, die einerseits die gestiegenen Fl{\"a}chen- und Produktivit{\"a}tsanspr{\"u}che der Unternehmen eher erf{\"u}llen, w{\"a}hrend andererseits B{\"u}rger, Politik und etablierter Handel ein Aussterben der Innenst{\"a}dte bef{\"u}rchten. Die Konsequenzen planerischer Entscheidungen in dieser Hinsicht abzusch{\"a}tzen, wird zunehmend komplexer. Daf{\"u}r sind ebenso eine st{\"a}rkere Individualisierung des Konsumverhaltens verantwortlich, wie eine gestiegene Sensibilit{\"a}t gegen{\"u}ber Verkehrs- und Emissionsbelastungen. Modellierungen und Simulationen k{\"o}nnen einen Beitrag zu fundierter Entscheidungsfindung leisten, indem sie durch Prognosen von Szenarien mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen solche Auswirkungen aufzeigen. In der Vergangenheit wurden Kaufkraftstr{\"o}me durch Modelle abgebildet, die auf aggregierten Ausgangsdaten und Analogieschl{\"u}ssen zu Naturgesetzen oder nutzentheoretischen Annahmen beruhten. In dieser Arbeit wird daf{\"u}r erstmals ein agentenbasierter Ansatz angewendet, da sich so individuelle Ausdifferenzierungen des Konsumentenhandelns wesentlich leichter integrieren und Ergebnisse anschaulicher pr{\"a}sentieren lassen. Dieses Konzept kann in den Sozialwissenschaften als Modellierungsparadigma genutzt werden, insofern als dass sie der Idee der Selbstorganisation von Gesellschaften recht nahe kommt. Insbesondere zeichnen sich Multiagentensysteme durch eine dezentrale Kontrolle und Datenvorhaltung aus, die es dar{\"u}ber hinaus erm{\"o}glichen, auch komplexe Systeme von Entscheidungsprozessen mit wenigen Spezifikationen darzustellen. Damit begegnet der Agentenansatz vielen Einw{\"a}nden gegen Analogie- und Entscheidungsmodelle. Durch die konsequente Einnahme einer individuenbezogenen Sichtweise ist die individuelle Ausdifferenzierung von Entscheidungsprozessen viel eher abbildbar. F{\"u}r das Forschungsprojekt konnten f{\"u}r einen Untersuchungsraum in Nordschweden (Funktionalregion Umea) individuenbezogene Einwohnerdaten verf{\"u}gbar gemacht werden. Diese enthielten u.a. Lagekoordinaten des Wohn- und Arbeitsorts, Alter, Geschlecht, verf{\"u}gbares Einkommen und Angaben zur Haushaltsstruktur. Verbunden mit Erkenntnissen aus empirischen Untersuchungen (Konsumentenbefragung, Gesch{\"a}ftskartierung) stellten sie die Eingabegr{\"o}ßen f{\"u}r ein agentenbasiertes Modell der Einkaufsst{\"a}ttenwahl bei der Lebensmittelversorgung dar. Die Konsumentenbefragung stellte regressionsanalytische Abh{\"a}ngigkeiten zwischen sozio{\"o}konomischen Daten und Konsumpr{\"a}ferenzen bez{\"u}glich einzelner Gesch{\"a}ftsattribute (Preisniveau, Produktqualit{\"a}t, Sortimentsbreite, Service etc.) her, die gleichen Attribute wurden f{\"u}r die Gesch{\"a}fte erhoben. Somit k{\"o}nnen Kaufkraftstr{\"o}me zwischen Einzelelementen der Nachfrage (individuelle Konsumenten) und des Angebots (einzelne Gesch{\"a}ftsstandorte) als individuell variierende Bewertung der Gesch{\"a}fte durch die Agenten dargestellt werden. Da auf der Angebotsseite die Ums{\"a}tze der Gesch{\"a}fte ebenso bekannt sind, k{\"o}nnen die Summen der von den Agenten dort allozierten Kaufkraftbetr{\"a}ge mit denselbigen verglichen werden. Dies erlaubt die Quantifizierung einer Sch{\"a}tzg{\"u}te f{\"u}r die Gesch{\"a}ftsums{\"a}tze mittels eines G{\"u}temaßes. F{\"u}r die Gesch{\"a}fte der gesamten Region konnten G{\"u}temaßwerte bis 0,7 erreicht werden, f{\"u}r einzelne Betriebsformate auch {\"u}ber 0,9. Dies zeigt, dass auch bei der Verwendung individuenbezogener Modelle, die mit einer deutlich h{\"o}heren Anzahl Freiheitsgraden behaftet sind als ihre aggregierten Gegenst{\"u}cke, hohe Prognosequalit{\"a}ten f{\"u}r Umsatzsch{\"a}tzungen von Standorten erreicht werden k{\"o}nnen. Gleichzeitig bietet der Agentenansatz die M{\"o}glichkeit, einzelne Simulationsobjekte bei ihrer Entscheidungsfindung und ihren Aktivit{\"a}ten zu verfolgen. Dabei konnten ebenfalls plausible Einkaufsmuster abgebildet werden. Da die Distanz vom Wohn- bzw. Arbeitsort zum Gesch{\"a}ft Bestandteil des Modells ist, k{\"o}nnen auch die von den Einwohnern zum Zweck der Grundversorgung zu leistenden Distanzaufw{\"a}nde in verschiedenen Angebotssituationen analysiert werden. An agentenbasierte Simulationen werden in den Sozialwissenschaften große Erwartungen gekn{\"u}pft, da sie erstmals erm{\"o}glichen, gesellschaftliche Ph{\"a}nomene auf der Ebene ihres Zustandekommens, dem Individuum, zu erfassen, sowie komplexe mentale Vorg{\"a}nge des Handelns, Lernens und Kommunizierens auf einfache Weise in ein Modell zu integrieren. Mit der vorliegenden Arbeit wurde im Bereich der Konsumentenforschung erstmals ein solcher Ansatz auf regionaler Ebene angewendet, um zu planungsrelevanten Aussagen zu gelangen. In Kombination mit anderen Anwendungen im Bereich der Bev{\"o}lkerungsprognose, des Verkehrs und der innerst{\"a}dtischen Migration haben Agentensimulationen alle Voraussetzungen zu einem zukunftsweisenden Paradigma f{\"u}r die Raum- und Fachplanung.}, subject = {Umea}, language = {de} }