@phdthesis{Gloeckner2020, author = {Gl{\"o}ckner, Stefan}, title = {Impulsivit{\"a}t und Arbeitsged{\"a}chtnis bei Patienten mit bipolarer affektiver St{\"o}rung in unterschiedlichen Krankheitsepisoden}, doi = {10.25972/OPUS-20952}, url = {http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:20-opus-209524}, school = {Universit{\"a}t W{\"u}rzburg}, year = {2020}, abstract = {Die bipolare St{\"o}rung ist eine schwere und weit verbreitete psychiatrische Erkrankung, die durch wiederkehrende Manien und Depressionen gekennzeichnet ist. Eine Manie zeichnet sich unter anderem durch eine situationsinad{\"a}quat aufgehellte Stimmung, Hyperaktivit{\"a}t und Verlust sozialer Hemmungen aus, w{\"a}hrend die Depression durch gedr{\"u}ckte Stimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit, Antriebsverminderung und Konzentrationsst{\"o}rungen gekennzeichnet ist. Zwischen diesen Episoden durchlaufen Patienten Phasen mit Stimmungsnormalisierung („Euthymie"), oft ohne schwere kognitive Defizite oder andere residuelle Symptome. Bisherige Studien {\"u}ber zugrunde liegende neuronale Mechanismen haben ein Konsens-Modell zur Krankheitsentstehung hervorgebracht, welches von einer St{\"o}rung in der Fr{\"u}hentwicklung von an der Emotionsregulation beteiligten Strukturen ausgeht, was in eine verminderte Konnektivit{\"a}t zwischen pr{\"a}frontalen Strukturen und Strukturen des limbischen Systems m{\"u}ndet. Dies wiederum f{\"u}hrt zu einer gest{\"o}rten pr{\"a}frontalen Regulation limbischer Gehirnareale und somit zu einem Verlust der emotionalen Hom{\"o}ostase, was die Patienten der Gefahr aussetzt, extreme Stimmungszust{\"a}nde zu entwickeln und zwischen diesen zu wechseln. Auch weil Zusammenh{\"a}nge zwischen genetischen Ver{\"a}nderungen und funktioneller Neuroanatomie noch unklar bleiben, fokussiert sich ein Teil der Forschung auf verschiedene exekutive und kognitive Gehirnfunktionen, deren Einschr{\"a}nkung entscheidend zum heterogenen Erscheinungsbild der Erkrankung beitragen kann. Ein Beispiel einer exekutiven Funktion stellt der multidimensionale Pers{\"o}nlichkeitsfaktor Impulsivit{\"a}t mit seiner Operationalisierung Antworthemmung dar. Dem gegen{\"u}ber kann beispielsweise das Arbeitsged{\"a}chtnis als zentrale kognitive Funktion herangezogen werden. Dabei steht die Frage im Zentrum, ob Defizite solcher Funktionen eher phasenabh{\"a}ngig (engl. „state") oder vielmehr als {\"u}berdauernder Wesenszug (engl. „trait") der Erkrankung vorhanden sind. Das Ziel dieser Studie war, Unterschiede in Antworthemmung und Arbeitsged{\"a}chtnis zwischen akut kranken Patienten, gesunden Kontrollen und denselben Patienten im remittierten Zustand zu erfassen. Um die Antworthemmung zu untersuchen, wurde ein kombiniertes Go-/NoGo- und Stopp-Signal-Paradigma angewandt und Unterschiede in den abh{\"a}ngigen Variablen Reaktionszeit, Stopp-Signal-Reaktionszeit (SSRT), Auslassungsfehler und Aktionsfehler ausgewertet. F{\"u}r das Arbeitsged{\"a}chtnis wurde eine verbale N-Back-Aufgabe mit den Schwierigkeitsstufen 1-, 2- und 3-Back angewandt und ebenfalls Unterschiede in den abh{\"a}ngigen Variablen Reaktionszeit, Auslassungsfehler und Aktionsfehler ausgewertet. W{\"a}hrend beider Paradigmen wurde die Frontalhirnaktivit{\"a}t mittels funktioneller Nahinfrarotspektroskopie untersucht und verglichen. Es wurden 36 bipolare Patienten in Depression w{\"a}hrend eines station{\"a}ren Aufenthaltes auf unserer Schwerpunktstation f{\"u}r bipolare St{\"o}rungen rekrutiert und gemessen, von denen 15 Patienten f{\"u}r eine Wiederholungsmessung in Remission rekrutiert werden konnten. Die Kontrollgruppe umfasste 30 Probanden. Beim Blick auf die Ergebnisse zeigten die Patienten in der akuten depressiven Krankheitsepisode signifikant schw{\"a}chere Leistungen in Form von langsameren Reaktionszeiten und h{\"o}heren Fehlerquoten in den Aufgaben sowohl zur Antworthemmung als auch zum Arbeitsged{\"a}chtnis. In Remission hingegen zeigten sich unterschiedliche Ergebnisse. W{\"a}hrend in der Antworthemmung kein Unterschied zu den Kontrollen mehr messbar war, zeigten die Patienten in der N-Back-Aufgabe zwar eine verbesserte Leistung als in Depression im Hinblick auf Auslassungsfehler, verglichen mit den Kontrollen dennoch signifikant langsamere Reaktionszeiten. Die Auswertung der Bildgebungsdaten brachte folgende Ergebnisse hervor: In der Untersuchung der Patienten in Depression konnten in der Antworthemmung keine und im Arbeitsged{\"a}chtnis nur geringe Unterschiede festgestellt werden. Dagegen wiesen die Patienten in Remission deutliche Defizite in der pr{\"a}frontalen Gehirnaktivierung auf. Werden alle Ergebnisse im Gesamtzusammenhang und auch vor dem Hintergrund vorhandener Studien interpretiert, ergibt sich folgendes Bild: Defizite in der Antworthemmung als exekutive Funktion und als ein objektiv gemessenes Maß der Impulsivit{\"a}t stellen eher ein State-Merkmal sowohl der bipolaren Manie als auch der bipolaren Depression dar und erreichen in Remission wieder den Normalzustand. Umgekehrt k{\"o}nnen Defizite im Arbeitsged{\"a}chtnis als kognitive Funktion bei zwar verbesserter Fehlerrate, jedoch weiterhin erh{\"o}hter Reaktionszeit in Remission eher als Trait-Merkmal angesehen werden. Dabei ist es m{\"o}glich, dass kognitive Funktionen negativ durch einen l{\"a}ngeren, insgesamt schwereren Krankheitsverlauf beeintr{\"a}chtigt werden. F{\"u}r die Bildgebungsdaten kann keine eindeutige Interpretation formuliert werden, dennoch geben insbesondere die Ergebnisse der Patienten in Remission Hinweise darauf, dass eine verringerte pr{\"a}frontale Aktivierung ein Trait-Merkmal der Erkrankung darstellen k{\"o}nnte.}, subject = {bipolare}, language = {de} }