@phdthesis{Richter2003, author = {Richter, Claudia}, title = {Phytopharmaka und Pharmazeutika in Heinrich von Pfalzpaints "W{\"u}nd{\"a}rznei" (1460)}, url = {http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:20-opus-7303}, school = {Universit{\"a}t W{\"u}rzburg}, year = {2003}, abstract = {Bis heute wurden acht Handschriften der Wundarznei des Heinrich von Pfalzpaint entdeckt. Nach einer Revision der „Breslauer Handschrift" wurde am Medizinhistorischen Institut der Universit{\"a}t W{\"u}rzburg bereits mit einer textkritischen Gesamtedition aller bisher bekannten Pfalzpaint-Texte begonnen. Was nun die Konzeption und die Makrostruktur der vorliegenden Studie angeht, hat sich die Grobgliederung in einen allgemeinen Teil, einen Kommentar zur ‚W{\"u}nd{\"a}rznei' und einen pflanzenmonographischen Abschnitt bew{\"a}hrt. Somit kann sowohl {\"u}ber den Pfalzpaintschen Text ein schneller Zugriff auf den alphabetisch geordneten Pflanzenteil erfolgen. Aber auch der umgekehrte Weg ist m{\"o}glich, da in den einzelnen Monographien stets s{\"a}mtliche Synonymnamen sowie die Indikationsbereiche mit genauer Kapitelnummer angegeben wurden. Durch Erstellen eines Kommentars konnten zun{\"a}chst zahlreiche wund{\"a}rztliche Begriffe gekl{\"a}rt und der Textinhalt in eine heute verst{\"a}ndliche Sprache gebracht werden. Dabei muß festgehalten werden, daß die am Ende der ‚W{\"u}nd{\"a}rznei' positionierten Pestrezepte mit großer Wahrscheinlichkeit nicht von Pfalzpaint stammen, sondern zu einem sp{\"a}teren Zeitpunkt angeh{\"a}ngt wurden. Textaufbau, Schreibstil, verwendete Fachtermini und das Fehlen in Pfalzpaints Register sprechen f{\"u}r diese Annahme. In der vorliegenden Studie wurden alle arzneilich verwendeten Pflanzen registriert, auch wenn es nicht m{\"o}glich war, jede mit absoluter Sicherheit zu identifizieren. Hier hat sich das bereits in der Einleitung erw{\"a}hnte Differenzierungsschema bew{\"a}hrt. Es erm{\"o}glicht, daß man schon bei Betrachtung der Pflanzenkapitel anhand der Identifikationsklassen I-V sofort erkennen kann, ob es sich um eine eindeutig identifizierte Pflanze handelt. Bei unsicherer Zuordnung erfolgt in der Monographie jeweils eine argumentative Abw{\"a}gung der konkurrierenden Identifikationsm{\"o}glichkeiten. Nun m{\"o}chte ich, um hinsichtlich der Identifizierung der Statistik zu gen{\"u}gen, noch einige Prozentangaben bereitstellen: Bei der Auswertung der f{\"u}nf erw{\"a}hnten Identifikationsklassen konnte festgestellt werden, daß fast zwei Drittel der verwendeten Pflanzen (65\%) bereits {\"u}ber den Namen zu identifizieren waren. Durch Pfalzpaints Nennung von Synonymen, botanischen Beschreibungen und Indikationen wurde es weiterhin m{\"o}glich, weitere 18\% sicher zuzuordnen. In 25 F{\"a}llen (15\%) konkurrierten mehrere L{\"o}sungsans{\"a}tze, und es mußte eine eindeutige Identifizierung unterbleiben. Von den 171 bearbeiteten Pflanzen sind heute noch 20\% (34 Drogen) offizinell im Europ{\"a}ischen Arzneibuch, Nachtrag 2001, verzeichnet; hier seien beispielhaft die Enzianwurzel, der Tormentillwurzelstock, die Gew{\"u}rznelken und die Salbeibl{\"a}tter genannt. Beim Vergleich mit dem „Leitfaden Phytotherapie" von Schilcher/Kammerer f{\"a}llt auf, daß etwa 40\% des Pfalzpaint-Repertoires heute noch verwendet werden und daß weitere 17\% zwar erw{\"a}hnt, aber mit einer Negativmonographie belegt sind. Bei etwa 15\% der Arzneipflanzen handelt es sich um importierte Drogen (z.B. Mastix, Zitwer, Ingwer), die stets eindeutig identifiziert werden konnten. In diesem Zusammenhang vermute ich - gest{\"u}tzt auf das ‚Circa instans' -, daß durch den Import und die damit verbundenen Handelsgesch{\"a}fte die Identifizierung bereits beim Kauf erfolgte (auch wenn es sich m{\"o}glicherweise um F{\"a}lschungen wie z.B. beim Safran handeln konnte). Was machte die Bearbeitung der ‚W{\"u}ndarznei' des Heinrich von Pfalzpaint so interessant und einmalig? Zum einen enth{\"a}lt der Text einen {\"u}berraschenden Reichtum an wundchirurgischen Arbeitsweisen - angefangen mit der Versorgung einer einfachen Schnittwunde bis hin zu progressiven operativen Verfahren: ich erinnere an die Nasenersatzplastik, an die Hasenschartenoperation oder an das Vorgehen bei Darmoperationen. Bei der Nasenersatzplastik handelt es sich um eine Erstbeschreibung eines hochkomplexen Verfahrens, was erkennen l{\"a}ßt, daß Pfalzpaint ein Meister im Umgang mit der Sprache ist und erstmals solch schwierige Techniken zu erkl{\"a}ren vermag. Auch auf dem Gebiet der Arzneistoffkenntnis und der galenischen Herstellungstechnik von Salben, Pflastern und anderen Arzneiformen kennt sich Pfalzpaint sehr gut aus. Auch durch die politische Situation bedingt, n{\"a}mlich durch die Belagerung der Marienburg, erh{\"a}lt man Einblick in die medizinische und arzneiliche Versorgung von Kranken in Notzeiten. Alle diese Aspekt machen die ‚W{\"u}nd{\"a}rznei' Heinrich von Pfalzpaints zu einem wichtigen Dokument des medizinischen Systems des Sp{\"a}tmittelalters.}, subject = {Heilpflanzen}, language = {de} }