@phdthesis{Rueckert2023, author = {R{\"u}ckert, Martin Andreas}, title = {Rotationsdriftspektroskopie}, doi = {10.25972/OPUS-26863}, url = {http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:20-opus-268631}, school = {Universit{\"a}t W{\"u}rzburg}, year = {2023}, abstract = {Die wachsende Verf{\"u}gbarkeit von magnetischen Nanopartikeln (MNPs) mit funktionalisierten Partikeloberfl{\"a}chen er{\"o}ffnet weitreichende M{\"o}glichkeiten f{\"u}r chemische, biologische und klinische Analysemethoden. Durch Funktionalisierung kann eine gezielte Interaktion mit Molek{\"u}len bewirkt werden, die im Allgemeinen auch die Beweglichkeit der MNPs ver{\"a}ndern. Methoden zur Charakterisierung von MNPs wie bspw. AC-Suszeptometrie, Magnetorelaxometrie (MRX) oder Magnetic Particle Spectroscopy (MPS) k{\"o}nnen diese {\"A}nderung der Beweglichkeit bei MNPs messen, wenn es sich um MNPs handelt, deren magnetisches Moment im Partikel fixiert ist. Damit ist mit funktionalisierten MNPs indirekt auch die spezifische Messung von Molek{\"u}lkonzentrationen m{\"o}glich. MNPs k{\"o}nnen zudem in biokompatibler Form hergestellt werden und sind dadurch auch als in-vivo Marker einsetzbar. Das 2005 das erste Mal ver{\"o}ffentlichte Magnetic Particle Imaging (MPI) kann als ein mittels Gradientenfeldern um die r{\"a}umliche Kodierung erweitertes MPS betrachtet werden. Dank biokompatibler MNPs handelt es sich dabei um eine in-vivo-taugliche, nicht-invasive Bildgebungsmethode. Mit funktionalisierten MNPs als Marker ist damit im Prinzip auch molekulare Bildgebung m{\"o}glich, die durch Detektion der beteiligten Molek{\"u}le (Biomarker) Stoffwechselprozesse r{\"a}umlich abbilden kann. Im Vergleich zur Bildgebung von Gewebe- und Knochenstrukturen lassen sich die diagnostischen M{\"o}glichkeiten durch molekulare Bildgebung erheblich erweitern. Rotationsdriftspektroskopie (Rotational Drift Spectroscopy, RDS) ist eine in dieser Arbeit entwickelte Methode f{\"u}r die induktive Messung der Beweglichkeit von MNPs in fl{\"u}ssiger Suspension. Es verwendet die Rotationsdrift von MNPs in rotierenden magnetischen Feldern als Grundlage und bietet das Potential die {\"A}nderungen der Beweglichkeit von MNPs mit einer Empfindlichkeit messen zu k{\"o}nnen, welche potentiell um mehrere Gr{\"o}ßenordnungen h{\"o}her sein kann als mit den oben erw{\"a}hnten Verfahren. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Verwendbarkeit dieses Effekts als Spektroskopiemethode. Die Eigenschaften des RDS-Signals sind jedoch auch als Grundlage f{\"u}r r{\"a}umliche Kodierung vielversprechend. In weiterf{\"u}hrenden Projekten soll daher auch die Entwicklung von Rotationsdriftbildgebung (Rotating Drift Imaging, RDI) als ein nicht-invasives Verfahren f{\"u}r molekulare Bildgebung angestrebt werden. Der Grundgedanke von RDS entlehnt sich aus einem in 2006 ver{\"o}ffentlichten Sensordesign basierend auf magnetische Mikropartikel in einem schwachen rotierenden Magnetfeld. Das rotierende Magnetfeld ist dabei so schwach gew{\"a}hlt, dass sich das Partikel aufgrund der viskosen Reibung nicht mehr synchron mit dem externen Feld drehen kann. Die Frequenz der resultierenden asynchronen Rotationsdrift liegt unterhalb der Frequenz des externen Rotationsfelds und ist Abh{\"a}ngig von der viskosen Reibung. Aufgrund dieser Abh{\"a}ngigkeit k{\"o}nnen {\"A}nderungen im Reibungskoeffizienten des Partikels {\"u}ber {\"A}nderungen in der Rotationsdriftfrequenz gemessen werden. RDS zielt darauf ab, diese Rotationsdrift bei suspendierten MNPs {\"u}ber deren makroskopische Magnetisierung messen zu k{\"o}nnen. Damit wird u.a. auch die nicht-invasive Messung von MNPs innerhalb opaker biologischer Proben m{\"o}glich. MNP-Suspensionen sind großzahlige Nanopartikel-ensembles und k{\"o}nnen nicht wie ein einzelnes Mikropartikel gemessen werden. F{\"u}r die induktive Messung ist vor dem Start eine Ausrichtung aller magnetischen Momente n{\"o}tig, da sich deren makroskopische Magnetisierung andernfalls zu Null addiert. Aufgrund von Rotationsdiffusion bleibt diese Ausrichtung nur eine begrenzte Zeit bestehen, so dass auch die eigentliche Messung des RDS-Signals nur eine begrenzte Zeit m{\"o}glich ist. Diese Ausrichtung wurde in den ersten Experimenten durch einen kurzen Magnetfeldpuls erzeugt. In der Empfangsspule ist die Induktion durch das Rotationsfeld typischer Weise um mehrere Gr{\"o}ßenordnungen h{\"o}her als das zu erwartende Signal und muss durch einen Tiefpass unterdr{\"u}ckt werden. In diesem Tiefpassfilter ruft jedoch die Einkopplung des Anfangspulses eine Pulsantwort hervor, die ebenso mehrere Gr{\"o}ßenordnungen des zu erwartenden Signals betragen kann und {\"a}hnlich langsam wie typische Signale abklingt. Die Unterdr{\"u}ckung dieser Pulsantwort stellte in den ersten Experimenten die gr{\"o}ßte H{\"u}rde da. Der erste Aufbau hatte eine Relaisschaltung zur Pulsunterdr{\"u}ckung und resultierte in einer Totzeit von 3 ms zwischen Anfangspuls und Start der Messung. Aufgrund dieser Totzeit waren die ersten Messungen auf gr{\"o}ßere Agglomerate und Sedimente von MNPs beschr{\"a}nkt, da nur in diesem Fall eine hinreichend lange Zerfallsdauer der Probenmagnetisierung vorlag. Das Verhalten derartiger Partikelsysteme ist jedoch aufgrund von mechanischer und magnetischer Interpartikelwechselwirkung vergleichsweise komplex und theoretisch schwer modellierbar. Das prim{\"a}re Zielsystem f{\"u}r RDS hingegen, Eindom{\"a}nenpartikel mit im Partikel fixierter Magnetisierung und Punktsymmetrie bzgl. des Reibungstensors, erlaubt die Aufstellung einer parametrisierten Funktion f{\"u}r den Signalverlauf. Es erm{\"o}glicht somit aufgrund der besseren Berechenbarkeit eine solidere Auswertung des RDS-Signals. Um Eindom{\"a}nenpartikel in w{\"a}ssriger Suspension mit typischen Partikeldurchmessern um 100 nm messen zu k{\"o}nnen ist eine Verk{\"u}rzung der Totzeit auf mindestens 1/10 erforderlich. Prinzipiell kann diese Problematik durch die Verwendung schneller Halbleiterschalter in Verbindung mit einer pr{\"a}zise abstimmbaren induktiven Entkopplung des Spulensystems gemindert werden. Simulationen des RDS-Signals f{\"u}r verschiedene RDS-Sequenzen zeigen jedoch noch zwei weitere M{\"o}glichkeiten auf, die ohne aufw{\"a}ndigen Eingriffe in der Hardware auskommen. Zum einen kann durch orthogonales Frequenzmischen mit geeignetem Frequenz- und Phasenverh{\"a}ltnis eine Ausrichtung der magnetischen Momente bewirkt werden. Da die ben{\"o}tigten Frequenzen vollst{\"a}ndig im Sperrband des Tiefpassfilters liegen k{\"o}nnen, l{\"a}sst sich damit die Pulsantwort bei hinreichend „weichem" Umschalten zwischen der Polarisierungssequenz und der RDS-Sequenz vollst{\"a}ndig vermeiden. Dar{\"u}ber hinaus zeigt sich, dass es bei Anwesenheit eines schwachen Offsetfelds (< 10 \% der Rotationsfeldamplitude) zu einer Ausrichtung der magnetischen Momente kommt, wenn das magnetische Rotationsfeld seine Richtung {\"a}ndert und diese {\"A}nderung nicht abrupt erfolgt, sondern das Rotationsfeld {\"u}bergangsweise in ein linear oszillierendes Feld {\"u}bergeht. Hingegen wird die Wirkung des Offsetfelds durch das Rotationsfeld vor und nach dem Wechsel nahezu vollst{\"a}ndig neutralisiert, so dass damit das St{\"o}rsignale generierende Schalten eines Offsetfelds ersetzt werden kann. Es ist auf diese Weise nicht m{\"o}glich, Echosequenzen zu erzeugen, da hier bei der f{\"u}r Echosequenzen ben{\"o}tigten Richtungsumkehr des Rotationsfelds die zuvor aufgepr{\"a}gte Phasenverteilung durch das Offsetfeld zerst{\"o}rt wird und somit anstelle einer Signalechogenerierung eine neue RDS-Messung gestartet wird. Obwohl es Echosequenzen mit Anfangspuls erlauben, mehr MNP Parameter zu messen, bietet dieser Ansatz dennoch entscheidende Vorteile. So ergibt sich eine massive Vereinfachung der Hardware und es sind bei gleicher Rotationsfrequenz deutlich h{\"o}here Wiederholraten m{\"o}glich. Die Vermeidung von Schaltvorg{\"a}ngen durch die Verwendung von Offsetfeldern erm{\"o}glicht es, mit dem urspr{\"u}nglichem Aufbau auch Partikelsysteme zu untersuchen, deren Relaxationszeit weit unter 3 ms liegt. Hier zeigt sich, dass sich f{\"u}r unterschiedliche Partikelsysteme teils sehr charakteristische Signalmuster ergeben. Diese lassen sich grob in drei Kategorien einteilen. Die erste Kategorie sind suspendierte Eindom{\"a}nenpartikel mit einer nicht vernachl{\"a}ssigbaren Relaxationszeit. Hier handelt es sich um das bevorzugte Zielsystem f{\"u}r RDS, das durch die Langevin-Gleichung beschrieben werden kann. Die zweite Kategorie sind Partikelsysteme, bei denen die Relaxationsdauer vernachl{\"a}ssigbar ist. In diesem Fall kann der Signalverlauf mit der Langevinfunktion beschrieben werden. Die dritte Kategorie umfasst alle {\"u}brigen Partikelsysteme, insbesondere Suspensionen von MNP-Clustern, die u.a. aufgrund von Interpartikelwechselwirkung komplexe Signalverl{\"a}ufe ergeben, die sich praktisch nicht berechnen lassen. Spektroskopische Untersuchungen sind damit dennoch durch das Anlegen entsprechender Referenzdatenbanken m{\"o}glich (Fingerprinting). Multiparametrisches RDS, d.h. die Wiederholung der Messung f{\"u}r z.B. unterschiedliche Amplituden oder unterschiedliche Viskosit{\"a}ten des Suspensionsmediums, erzeugt aufgrund mehrerer nichtlinearer Abh{\"a}ngigkeiten massive Unterschiede im resultierenden multidimensionalen Datensatz. Das verspricht die Erreichbarkeit hoher spektroskopischer Trennsch{\"a}rfen bei geeigneter Partikel- und Sequenzoptimierung. Die Simulationen und experimentellen Ergebnisse dieser Arbeit zeigen grunds{\"a}tzliche H{\"u}rden und M{\"o}glichkeiten f{\"u}r das ebenfalls in dieser Arbeit eingef{\"u}hrte RDS auf. Es zeigt damit grundlegende Aspekte auf, die f{\"u}r die Entwicklung von RDS-Hardware und die Optimierung von MNP-Suspensionen n{\"o}tig sind. Mit RDS wird in weiterf{\"u}hrenden Arbeiten die Entwicklung von hochempfindlichen Bioassays und die Erweiterung um die r{\"a}umliche Kodierung angestrebt (RDI), da der zugrunde liegende Effekt zugleich sehr vielversprechend als Grundlage f{\"u}r molekulare Bildgebung ist.}, subject = {Magnetteilchen}, language = {de} }