@phdthesis{Mueller2021, author = {M{\"u}ller, Heike Milada}, title = {Anpassung an Trocken- und Salzstress: Untersuchungen an Modellpflanzen und Extremophilen}, doi = {10.25972/OPUS-17900}, url = {http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:20-opus-179005}, school = {Universit{\"a}t W{\"u}rzburg}, year = {2021}, abstract = {Die wahrscheinlich gr{\"o}ßten Probleme des 21. Jahrhunderts sind der Klimawandel und die Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung f{\"u}r eine steigende Zahl an Menschen. Durch die Zunahme von extremen Wetterbedingungen wie Trockenheit und Hitze wird der Anbau konventioneller, wenig toleranter Nutzpflanzen erschwert und die dadurch notwendige, steigende Bew{\"a}sserung der Fl{\"a}chen f{\"u}hrt dar{\"u}ber hinaus zu einer zus{\"a}tzlichen Versalzung der B{\"o}den mit f{\"u}r Pflanzen toxischen Natrium- und Chlorid-Ionen. Kenntnisse {\"u}ber Anpassungsstrategien salztoleranter Pflanzen an Salzstress, aber auch detailliertes Wissen {\"u}ber die Steuerung der Transpiration und damit des Wasserverlusts von Pflanzen sind daher wichtig, um auch k{\"u}nftig ertragreiche Landwirtschaft betreiben zu k{\"o}nnen. In dieser Arbeit habe ich verschiedene Aspekte der pflanzlichen Stressphysiologie bearbeitet, die im Folgenden getrennt voneinander zusammengefasst werden. I. Funktionelle Unterschiede der PYR/PYL-Rezeptoren von Schließzellen Entscheidend f{\"u}r den Wasserstatus von Pflanzen ist die Kontrolle des Wasserverlusts durch Spalt{\"o}ffnungen (Stomata), die von einem Paar Schließzellen gebildet werden. Externe Faktoren wie Licht, Luftfeuchtigkeit und CO2, sowie interne Faktoren wie das Phytohormon Abszisins{\"a}ure (ABA) regulieren {\"u}ber Signalkaskaden die Stomaweite und dadurch den Wasserverlust. Die zugrunde liegenden Signalkaskaden {\"u}berlappen teilweise. Vor allem der Stomaschluss durch erh{\"o}htes CO2 und ABA weisen viele Gemeinsamkeiten auf und die Identifizierung des Konvergenzpunktes beider Signale ist immer noch aktueller Gegenstand der Forschung. Von besonderem Interesse sind dabei die in Schließzellen exprimierten ABA-Rezeptoren der PYR/PYL-Familie. Denn obwohl bislang nicht nachgewiesen werden konnte, dass CO2 zu einem Anstieg des ABA-Gehalts von Schließzellen f{\"u}hrt deuten einige Studien darauf hin, dass die ABA-Rezeptoren selbst am CO2-Signalweg beteiligt sind. Durch Untersuchungen der Stomareaktion von Arabidopsis ABA-Rezeptormutanten konnte ich in dieser Arbeit zeigen, dass die in Schließzellen exprimierten ABA-Rezeptoren der PYR/PYL-Familie funktionale Unterschiede aufweisen. F{\"u}nffach-Verlustmutanten der ABA-Rezeptoren PYR1, PYL2, 4, 5 und 8 (12458) waren in ihrem ABA-induzierten Stomaschluss beeintr{\"a}chtigt und nur die Komplementation mit PYL2 und in geringerem Maße PYR1 konnte die ABA-Sensitivit{\"a}t wiederherstellen. Die Stomata von 12458-Verlustmutanten waren außerdem insensitiv gegen{\"u}ber erh{\"o}htem CO2, was auf eine Beteiligung der ABA-Rezeptoren am CO2-induzierten Stomaschluss hindeutet und diese Sensitivit{\"a}t konnte nur durch die Komplementation mit PYL4 oder PYL5, nicht aber mit PYL2 wiederhergestellt werden. Somit konnten in dieser Arbeit erstmals funktionelle Unterschiede der PYR/PYLs beim Stoma-Schluss nachgewiesen werden. Alle externen und internen Stomaschluss-Signale haben außerdem Einfluss auf die Genexpression der Schließzellen und f{\"u}hren zu individuellen expressionellen Adaptionen. In vorangegangenen Microarray Studien konnte gezeigt werden, dass jeder Stimulus auch die Expression eines distinkten Sets an ABA-Rezeptoren beeinflusst. Im Rahmen dieser Arbeit konnte ich außerdem zeigen, dass die Expression der ABA-Rezeptoren bereits auf kleine {\"A}nderungen der ABA-Konzentration der Schließzellen reagiert und dass diese sich außerdem in ihrer Sensitivit{\"a}t gegen{\"u}ber ABA unterschieden. Geringe {\"A}nderungen der ABA-Konzentration von Schließzellen haben demnach Auswirkungen auf deren Rezeptor-zusammensetzung. Dar{\"u}ber hinaus konnte ich zeigen, dass die Rezeptoren die Expression unterschiedlicher nachgeschalteter Gene beeinflussen, was darauf hindeutet, dass Anpassungen des Rezeptorpools durch geringe {\"A}nderungen des ABA-Gehalts von Schließzellen schlussendlich auf genexpressioneller Ebene zur l{\"a}ngerfristigen Adaption an externe Bedingungen f{\"u}hren und die Rezeptoren auch hier funktional verschieden sind. II. Stomat{\"a}re Besonderheiten der toleranten Dattelpalme (Phoenix dactylifera) Dattelpalmen kommen nat{\"u}rlicherweise an besonders trockenen und heißen Standorten vor, an denen es aufgrund der harschen Bedingungen nur sehr wenigen Pflanzen m{\"o}glich ist {\"u}berhaupt zu wachsen. Ein naheliegender Grund f{\"u}r die herausragende Toleranz dieser Art gegen{\"u}ber wasserlimitierenden Bedingungen ist eine Anpassung der stomat{\"a}ren Regulation zu Gunsten des Wasserhaushalts. In dieser Arbeit konnte ich durch vergleichende Untersuchungen der lichtabh{\"a}ngigen Transpiration sowie dem ABA-induzierten Stomaschluss grundlegende Unterschiede in der Stomaphysiologie der Dattelpalmen und der eher sensitiven Modellpflanze Arabidopsis thaliana nachweisen. Blattgaswechselmessungen zeigten, dass Dattelpalmen in der Lage sind die Spalt{\"o}ffnungen bei niedrigen Lichtintensit{\"a}ten, bei denen Arabidopsis bereits deutlich ge{\"o}ffnete Stomata aufwies, geschlossen zu halten. Der bedeutendste Unterschied in der Stomaphysiologie von Dattelpalmen und Arabidopsis lag aber im ABA-induzierten Stomaschluss. W{\"a}hrend {\"u}ber die Petiole verabreichtes ABA bei Arabidopsis innerhalb von 15 Minuten zu einem vollst{\"a}ndigen Stomaschluss f{\"u}hrte, konnte ich in dieser Arbeit zeigen, dass der ABA-induzierte Stomaschluss der Datteln nitratabh{\"a}ngig ist. ABA allein f{\"u}hrte nur zu einem sehr langsamen Stomaschluss der innerhalb einer Stunde nicht vollst{\"a}ndig abgeschlossen war. Nur in Gegenwart von Nitrat f{\"u}hrte die ABA-Gabe in den Transpirationsstrom der Fiederbl{\"a}tter der Datteln zu einem schnellen und vollst{\"a}ndigen Stomaschluss. In Arabidopsis wird der in Schließzellen vorkommende Anionenkanal AtSLAC1 durch eine {\"u}ber den ABA-Signalweg vermittelte Phosphorylierung aktiviert, was schlussendlich zur Aktivierung spannungsabh{\"a}ngiger Kationenkan{\"a}le und zum Ausstrom von Kalium aus den Schließzellen f{\"u}hrt. Es konnte gezeigt werden, dass die Nitratabh{\"a}ngigkeit der ABA-Antwort der Schließzellen von Dattelpalmen auf Eigenschaften von PdSLAC1 zur{\"u}ckzuf{\"u}hren ist und dieser Kanal nur in Anwesenheit von extrazellul{\"a}rem Nitrat aktivierbar ist. Mittlerweile konnte, unter anderem basierend auf diesen Ergebnissen, eine Tandem-Aminos{\"a}uresequenz identifiziert werden, die die SLAC-Homologe monokotyler Pflanzen wie der Dattelpalme von der dikotyler Pflanzen unterscheidet und zumindest teilweise f{\"u}r die nitratabh{\"a}ngige Aktivierung des Stomaschlusses vieler monokotyler verantwortlich ist. III. Die Salztoleranz von Phoenix dactylifera und Chenopodium quinoa Sowohl Dattelpalmen als auch C. quinoa weisen, verglichen mit den meisten anderen Pflanzen, eine hohe Toleranz gegen{\"u}ber NaCl-haltigen B{\"o}den auf. In dieser Arbeit habe ich die Salztoleranz beider Arten untersucht, um so Strategien zu identifizieren, die diesen Pflanzen diese gesteigerte Toleranz erm{\"o}glichen. Dattelpalmen k{\"o}nnen nat{\"u}rlicherweise auf salzigen B{\"o}den wachsen. Makroskopisch weisen diese Pflanzen aber keine Anpassungen wie bspw. Salzdr{\"u}sen auf und bislang ist unklar wie Dattelpalmen mit dem NaCl aus dem Boden umgehen. In dieser Arbeit konnte ich zeigen, dass der Natriumgehalt der Fiederbl{\"a}tter der Datteln durch eine sechsw{\"o}chige Bew{\"a}sserung mit 600mM NaCl, was ungef{\"a}hr der Konzentration von Meerwasser entspricht, nicht zunimmt. Demnach sind Datteln so genannte „Exkluder", also Pflanzen, die eine {\"u}berm{\"a}ßige Natriumaufnahme in photosynthetisch aktives Gewebe vermeiden. Der Natriumgehalt der Wurzeln dagegen nahm unter Salzstress aber zu. Diese Zunahme war allerdings in unterschiedlichen Bereichen der Wurzeln verschieden stark. Flammenphotometrische Messungen ergaben einen vom Wurzelansatz ausgehenden graduellen Anstieg des Natriumgehalts, der an der Wurzelspitze am h{\"o}chsten war. Dar{\"u}ber hinaus konnte eine Induktion von PdSOS1, einem putativen Na+/H+-Antiporter in diesen unteren, natriumhaltigen Bereichen nachgewiesen werden. Eine hohe SOS1-Aktivit{\"a}t gilt bereits in anderen toleranten Arten als Schl{\"u}sselmerkmal f{\"u}r deren Toleranz und die gesteigerte Expression von PdSOS1 deutet auf eine erh{\"o}hte Natrium-Exportrate aus der Wurzel zur{\"u}ck in den Boden in diesen unteren Bereichen hin, was schlussendlich den Ausschluss von Natrium vermitteln k{\"o}nnte. In sensitiven Arten f{\"u}hrt Salzstress h{\"a}ufig zu einer Abnahme der Kaliumkonzentration des Gewebes. Interessanterweise war dies weder f{\"u}r das Blatt- noch das Wurzelgewebe der Dattelpalmen der Fall. Der Kaliumgehalt beider Gewebe blieb trotz der Bew{\"a}sserung der Pflanzen mit Salzwasser konstant. Auf expressioneller Ebene konnte ich dar{\"u}ber hinaus zeigen, dass PdHAK5, ein putativer hochaffiner Kaliumtransporter, der unter Kontrollbedingungen {\"u}berwiegend in den oberen Wurzelabschnitten exprimiert wurde, durch den Salzstress dort reprimiert wurde. PdKT, ebenfalls ein putatives Kalium-Transportprotein dagegen, wurde nicht durch die Salzbehandlung beeinflusst, was zusammengenommen darauf hindeutet, dass das Aufrechterhalten des Kaliumgehalts bei Salzstress durch die differentielle Regulation verschiedener Kaliumaufnahmesysteme gew{\"a}hrleistet wird. Der effiziente Ausschluss von Natrium zusammen mit dem hohen K+/Na+-Verh{\"a}ltnis k{\"o}nnten demnach Schl{\"u}sselmerkmale f{\"u}r die hohe Salztoleranz von Phoenix dactylifera darstellen. Quinoa ist, {\"a}hnlich wie die Dattelpalme, eine salztolerante Nutzpflanze. Im Gegensatz zu Dattelpalmen weist Quinoa allerdings besondere Strukturen auf der Epidermis auf, die so genannten epidermalen Blasenhaare (englisch: epidermal bladder cells, EBCs). Die Funktion dieser ballonartig vergr{\"o}ßerten Zellen als externe Salzspeicher wird seit l{\"a}ngerem diskutiert. Flammenphotometrische Messungen des Natriumgehalts von Quinoa unter Salzstressbedingungen ergaben, dass Quinoa anders als Dattelpalmen, Natrium in die oberirdischen, photosynthetisch aktiven Organe aufnimmt. Auch die Zunahme des Natriumgehalts der EBCs konnte ich nachweisen. Junge Bl{\"a}tter haben eine hohe Dichte an intakten EBCs, was deren Funktion als externe Salzspeicher besonders zum Schutz dieser jungen Bl{\"a}tter nahelegt. mRNA-Sequenzierungen ergaben dar{\"u}ber hinaus, dass die EBCs bereits unter Kontrollbedingungen viele in grundlegende Stoffwechselprozesse involvierte Gene sowie membranst{\"a}ndige Transportproteine differentiell exprimieren. Diese Unterschiede im Transkriptom der EBCs zum Blattgewebe zeigen, dass katabole Stoffwechselwege nur eine untergeordnete Rolle in den hochspezialisierten EBCs spielen und deren Stoffwechsel auf dem Import energiereicher Zucker und Aminos{\"a}uren basiert. Mittels qPCR-Messungen und RNA-Sequenzierungen konnte ich die gewebespezifische Expression verschiedener Transportproteine nachweisen, die eine gerichtete Aufnahme von Natrium in EBCs erm{\"o}glichen k{\"o}nnten. Besonders die differentielle Expression eines Natriumkanals der HKT1-Familie deutet auf dessen Beteiligung an der Natriumbeladung der EBCs hin. CqHKT1.2 wurde ausschließlich in EBCs exprimiert und die elektrophysiologische Charakterisierung dieses Transportproteins ergab eine spannungsabh{\"a}ngige Natriumleitf{\"a}higkeit. Dieser Natriumkanal kann demnach die Natriumaufnahme bei Membranspannungen nahe dem Ruhepotential in die EBCs vermitteln und die Deaktivierung des CqHKT1.2 bei depolarisierenden Membranspannungen kann dar{\"u}ber hinaus einen Efflux von Na+ aus den EBCs verhindern. Auch das Expressionsmuster eines putativen Na+/H+-Antiporters (CqSOS1) der nur sehr gering in EBCs aber deutlich h{\"o}her in Blattgewebe exprimiert wurde, deutet auf eine indirekte Beteiligung dieses SOS1 an der Beladung der EBCs hin. Bereits charakterisierte SOS1-Proteine anderer Pflanzen zeigten unter physiologischen Bedingungen eine Natriumexport-Aktivit{\"a}t. CqSOS1 k{\"o}nnte demnach den Export von Natrium aus Mesophyll- und Epidermiszellen der Bl{\"a}tter in den Apoplasten vermitteln, welches dann {\"u}ber CqHKT1.2 in die EBCs aufgenommen wird. Trotz der Natriumaufnahme in die oberirdischen Teile und die EBCs f{\"u}hrte die Salzbehandlung {\"a}hnlich wie bei den Datteln nicht zu einer Abnahme des bemerkenswert hohen Kaliumgehalts. Mittels qPCR-Untersuchungen konnte ich die Expression verschiedener HAK-Orthologe nachweisen, deren Aktivit{\"a}t die Aufrechterhaltung des Kaliumgehalts unter Salzstress vermitteln k{\"o}nnten. Fr{\"u}here Studien konnten zeigen, dass Salzstress bei Quinoa wie bei vielen salztoleranten Arten zu einem Anstieg der Konzentration von kompatiblen gel{\"o}sten Substanzen und besonders von Prolin f{\"u}hrt. In dieser Arbeit konnte ich die hohe Expression eines Prolintransporters in EBCs nachweisen, was eher auf einen importbasierten Anstieg der Prolinkonzentration als auf die Synthese innerhalb der EBCs schließen l{\"a}sst. Zusammengefasst ergaben der Anstieg des Natriumgehalts der EBCs in Verbindung mit den Ergebnissen der RNA-Sequenzierung und den erg{\"a}nzenden qPCR Messungen, dass die EBCs von Quinoa bereits unter Kontrollbedingen f{\"u}r die Aufnahme von {\"u}bersch{\"u}ssigen Ionen unter Salzstress spezialisierte Zellen sind, deren Spezialisierung auf dem Import von energiereichreichen Zucken und anderen Substanzen basiert.}, subject = {Botanik}, language = {de} }