TY - THES A1 - Wiedemann, Katharina T1 - Frühzeitige Informationen über Systemgrenzen beim hochautomatisierten Fahren T1 - Early information about system limits during conditionally automated driving N2 - Fahrzeughersteller haben die Verfügbarkeit sogenannter hochautomatisierter Fahrfunktionen (SAE Level 3; SAE, 2018) in ihren Modellen angekündigt. Hierdurch wird der Fahrer in der Lage sein, sich permanent von der Fahraufgabe abzuwenden und fahrfremden Tätigkeiten nachzugehen. Allerdings muss er immer noch als Rückfallebene zur Verfügung stehen, um im Fall von Systemgrenzen oder -fehlern (siehe Gold, Naujoks, Radlmayr, Bellem & Jarosch, 2017), die Fahrzeugkontrolle zu übernehmen. Das Übernahmeerfordernis wird dem Fahrer durch die Ausgabe einer Übernameaufforderung vermittelt. Die Übernahme der manuellen Fahrzeugführung aus dem hochautomatisierten Fahren stellt aus psychologischer Sicht einen Aufgabenwechsel dar. Bei der Untersuchung von Aufgabenwechseln im Bereich der kognitiven und angewandten Psychologie zeigte sich vielfach, dass Aufgabenwechsel mit verlängerten Reaktionszeiten und erhöhten Fehlerraten assoziiert sind. Für den Anwendungsfall des automatisierten Fahrens liegen ebenfalls eine Reihe empirischer Studien vor, die darauf hinweisen, dass der Wechsel zum manuellen Fahren mit einer Verschlechterung der Fahrleistung gegenüber dem manuellen Fahren verbunden ist. Da Erkenntnisse vorliegen, dass eine Vorbereitung auf den Aufgabenwechsel die zu erwartenden Kosten verringern kann, ist das Ziel dieser Arbeit die Konzeption und empirische Evaluation einer Mensch-Maschine-Schnittstelle, die Nutzer hochautomatisierter Fahrzeuge durch frühzeitige Vorinformationen über Systemgrenzen auf die Kontrollübernahme vorbereitet. Drei Experimente im Fahrsimulator mit Bewegungssystem betrachteten jeweils unterschiedliche Aspekte frühzeitiger Vorinformationen über bevorstehende Übernahmen. Das erste Experiment untersuchte, ob Fahrer überhaupt von frühzeitigen Situationsankündigungen, beispielsweise im Sinne einer verbesserten Übernahmeleistung, profitieren. Das zweite Experiment befasste sich mit der Frage, wie solche Ankündigungen zeitlich und inhaltlich zu gestalten sind (d. h. wann sie präsentiert werden und welche Informationen sie enthalten sollten), und welchen Einfluss deren Gestaltung auf die Aufgabenbearbeitung (insbesondere deren Unterbrechung und spätere Wiederaufnahme) während der automatisierten Fahrt hat. Um herauszufinden, wie ein Anzeigekonzept zur längerfristigen Planung von fahrfremden Tätigkeiten während des automatisierten Fahrens beitragen könnte, fand im dritten Experiment ein Vergleich von Situationsankündigungen, die vor dem Erreichen einer Übernahmesituation ausgegeben wurden, mit kontinuierlich präsentierten Informationen über die verbleibende Distanz zur nächsten Systemgrenze statt. In allen Studien wurde neben den Auswirkungen frühzeitiger Vorinformationen auf die Übernahmeleistung und Bearbeitung von fahrfremden Tätigkeiten auch untersucht, welche Auswirkungen ein erweitertes Übernahmekonzept auf die Fahrerreaktion in Grenz- und Fehlerfällen, in denen Vorinformationen entweder nicht oder fehlerhaft angezeigt wurden, hat. Für die Gestaltung zukünftiger Übernahmekonzepte für hochautomatisierte Fahrzeuge kann basierend auf den Ergebnissen empfohlen werden, frühzeitige Anzeigen von Systemgrenzen zur Ermöglichung eines sicheren und komfortablen Wechsels zwischen dem manuellen und dem automatisierten Fahren in die Mensch-Maschine-Schnittstelle zu integrieren. Basierend auf den Ergebnissen dieser Arbeit liegt der empfohlene Zeitpunkt für diskrete Ankündigungen bei einer Reisegeschwindigkeit von 120 km/h bei etwa 1000 Meter (d. h. ca. 30 Sekunden) vor der Ausgabe der Übernahmeaufforderung. Zudem wird empfohlen zur Abschätzung der verbleibenden Zeit im automatisierten Modus eine Anzeige der Entfernung zur nächsten Systemgrenze in das Konzept zu integrieren, die dem Fahrer eine längerfristige Aufgabenplanung ermöglicht. Neben der reinen Anzeige des Übernahmeerfordernisses sollten dem Fahrer auch Informationen über das erforderliche Fahrmanöver nach der Kontrollübernahme übermittelt werden. N2 - Vehicle manufacturers have announced the availability of so-called conditionally automated driving (SAE Level 3, SAE, 2018) in their upcoming vehicles. As a result, drivers will no longer have to permanently carry out the driving task and are free to pursue non-driving related activities while the vehicle is conditionally automated. However, they still have to be available as a fallback to take over vehicle control in the event of a system limit or error (see Gold, Naujoks, Radlmayr, Bellem & Jarosch, 2017). The requirement to take over driving is communicated via a so-called takeover request. From a psychological point of view, taking over manual vehicle control after driving with the automation represents a task switch. Studies from the field of cognitive and applied psychology have shown that task switches are associated with prolonged reaction times and increased error rates. Regarding the application of these findings to automated driving, there are also a number of empirical studies indicating that switching to manual driving takes considerable time and is associated with a deterioration of driving performance compared to continous manual driving. Since there is evidence that preparation for the task switch can reduce the expected costs, the aim of this work is the conception and empirical evaluation of a human-machine-interface (HMI), which prepares users of conditionally automated vehicles for the takeover by providing them with early information about system limits. Three experiments in a motion-based driving simulator considered different aspects of early information about an upcoming system limit. The first experiment examined whether drivers benefit from early situation announcements compared to imminent takeover requests, for example in terms of improved takeover performance. The second experiment dealt with the question of how such announcements are to be designed in terms of their timing and content (i. e., when they should be presented and what information they should contain), and how they influence the interruption and subsequent resumption of non-driving related tasks that are carried out during the automated drive. To find out how the HMI could contribute to longer-term planning of non-driving related activities during automated driving, a comparison of discrete situation announcements issued before reaching a takeover situation with continuously presented information about the remaining distance to the next system limit took place in the third study. In addition to the effects of early information on takeover performance and engagement in non-driving related tasks, all studies also examined the effects of the extended takeover concept on the driver’s reaction during system failures in which prior information is either not displayed or is displayed incorrectly. Based on the results, it may be recommended to integrate early indications of system limits to enable a safe and comfortable task switch between automated and manual driving. The recommended timing for discrete announcements at a cruising speed of 120 km/h is approximately 1000 meter (i. e., approximately 30 seconds) before issuing an imminent takeover request right before the system limit. It is also recommended to include an indication of the remaining distance to an upcoming system limit in the display concept, which allows for a longer-term planning of non-driving related task during the automated driving. In addition to the mere indication of the takeover requirement, the driver should also be provided with information about the required driving maneuver after the takeover of control. KW - Autonomes Fahrzeug KW - Fahrerverhalten KW - Automatisiertes Fahren KW - Mensch-Maschine-Interaktion KW - Verkehrspsychologie KW - Mensch-Maschine-Schnittstelle KW - Automation Y1 - 2020 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-216581 ER - TY - THES A1 - Schneider, Norbert T1 - Einfluss der haptischen Rückmeldung am Lenkrad auf das Fahrerverhalten bei automatischen Eingriffen in die Querführung T1 - Influence of haptic feedback at the steering wheel on driver behavior N2 - Studien zeigen, dass Fahrer in Notfallsituationen meistens eher bremsen als ausweichen, obwohl ausweichen möglicherweise die bessere Strategie zur Kollisionsvermeidung gewesen wäre. Um Fahrer besser bei der Kollisionsvermeidung zu unterstützen, wurden daher in den letzten Jahren Assistenzsysteme entwickelt, die den Fahrer nicht mehr nur bei Notbremsmanövern, sondern auch bei Notausweichmanövern durch einen automatischen Eingriff in die Querführung unterstützen sollen. Allerdings zeigte sich in mehreren Studien, dass das Verhalten der Fahrer die Wirksamkeit dieser Assistenten reduziert, insbesondere wenn der Eingriff des Assistenten über das Lenkrad rückgemeldet wurde. In dieser Arbeit wurde davon ausgegangen, dass diese Reaktion der Fahrer eine Folge automatischer Korrekturprozesse innerhalb eines psychokybernetischen Regelkreises ist, an dem sensomotorische Regelprozesse zur Steuerung der Lenkradbewegung beteiligt sind. Dazu wurde ein Fahrerverhaltensmodell entwickelt, das den Einfluss der sensomotorischen Regelprozesse im Kontext der Fahraufgabe beschreibt. Auf Basis des Fahrerverhaltensmodells wird angenommen, dass unerwartete haptische Signale am Lenkrad auf Ebene der motorischen Regelung zunächst als Störung des ursprünglichen Handlungsziels interpretiert werden. Um die resultierenden Abweichungen zu korrigieren, wird auf sensomotorischer Ebene ein Korrekturprozess eingeleitet, der erst dann beendet wird, wenn der Fahrer die Möglichkeit hatte, die Situation visuell zu analysieren und sein Handlungsziel an die Situation anzupassen. Dies sollte sich im zeitlichen Verlauf der Fahrerreaktion am Lenkrad widerspiegeln und könnte eine Erklärung für die vom Fahrer verursachte Reduktion der Wirksamkeit sein. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Anhaltspunkte für diese Annahme aufzuzeigen. Im Rahmen von sieben Experimenten wurden der Einfluss von Eingriffen mit haptischer Rückmeldung am Lenkrad und das resultierende Zusammenspiel von sensomotorischen und visuellen Kontrollprozessen untersucht. Alle Studien befassten sich mit Eingriffen in die Querführung, die den Fahrer potenziell bei Notausweichmanövern unterstützen könnten, und betrachteten sowohl Aspekte der Wirksamkeit als auch der Kontrollierbarkeit. Dabei wurde versucht, durch die Gestaltung des Eingriffs, einer gezielten Beeinflussung der Handlungsziele des Fahrers und einer Manipulation der Rückmeldung Unterschiede in der Reaktion des Fahrers auf unerwartete Eingriffe hervorzurufen. Die Lenkreaktionszeit und das Reaktionsmuster der Fahrer dienten hierbei als Indikatoren für die Leistungsfähigkeit der Fahrer, ihre Handlungsziele an die vorliegende Situation anzupassen. Die Ergebnisse bestätigen die Relevanz der im Modell angenommenen sensomotorischen Kontrollprozesse und damit auch den Einfluss der haptischen Rückmeldung auf das Fahrerverhalten bei automatischen Eingriffen in die Querführung. Die beschriebene Betrachtung des zeitlichen Verlaufs des Lenkverhaltens ermöglicht zudem eine fundierte Evaluation der Fahrer-Fahrzeug-Interaktion, um verschiedene Assistenzsysteme miteinander zu vergleichen. Darüber hinaus liefert die vorliegende Arbeit wertvolle Hinweise für die Gestaltung von Assistenzsystemen, die den Fahrer in Notfallsituationen mit automatischen Eingriffen in die Querführung unterstützen sollen. Insgesamt bietet die Integration sensomotorischer Kontrollprozesse in bestehende Fahrerverhaltensmodelle einen Erklärungsansatz für bestehende Probleme bei der Fahrer-Fahrzeug-Interaktion bei automatischen Eingriffen in die Querführung, wodurch eine Lücke in der aktuellen verkehrspsychologischen Forschung geschlossen wurde. N2 - Several studies have shown that drivers tend to brake rather than making an evasive maneuver although and evasive maneuver might have been the best strategy to avoid a collision. To support the driver, assistant systems have been developed which do not only assist the driver in emergency braking but also in making an evasive maneuver by applying an automatic emergency steering and evasion intervention. However, research indicates that drivers reduce the effectiveness of steering and evasion assistants, especially when they are based on steer torque actuators. Consequently, this reaction reduces the collision avoidance potential of steering and evasion assistants. It was assumed that this is a consequence of automatic adjustment processes of a psychocybernetic control loop which includes sensomotoric control loops to control steering movements. To explain the influence of the sensomotoric control loops in the context of the driving task, a driver behavior model has been developed. Based on this driver behavior model it was concluded that unexpected haptic signals at the steering wheel are interpreted as a disturbance of the current action goal. To correct the resulting deviations an automatic adjustment process is taking place on a sensomotoric level which ends only if the driver had the opportunity to analyze the situation and adjust his action goals. This should be reflected in the reaction pattern observed at the steering wheel and might be an explanation for the observed reduction of the collision avoidance potential. The aim of this thesis was to provide evidence for this assumption. Therefore, seven experiments have been conducted to analyze the influence of interventions with haptic feedback at the steering wheel on the driver’s reaction pattern and the resulting interaction of sensomotoric and visual control processes. All studies focused on interventions in the lateral movement which might assist the driver in making an emergency evasive maneuver and looked at effectiveness as well as controllability. It was tried to create differences in the reaction of the driver by influencing the action goals, implementing different intervention characteristics and manipulating the provided feedback. The steering reaction time and the reaction pattern were used as indicators for the performance of the driver to adjust his action goals to a given situation. The results confirm the relevance of the assumed sensomotoric control processes and thereby also the influence of the haptic feedback on the driver behavior when being confronted with an automatic steering intervention. The described approach, to analyze the resulting steering reaction pattern, allows a substantiated evaluation of the driver-vehicle-interaction to compare diverse assistant systems. Furthermore, valuable information is provided for the design of future driver assistant systems, which assist the driver with steering interventions in emergency situations. Overall, the integration of sensomotoric control processes in present driver behavior models provides a first approach to solve existing problems of the driver-vehicle-interaction with automatic steering interventions and closes a gap in current research. KW - Fahrerverhalten KW - Fahrerassistenzsystem KW - Tastwahrnehmung KW - Notausweichassistenz KW - Lenkeingriffe KW - Wirksamkeit KW - emergency steering and evasion assistant KW - Verhaltensmodell KW - driver behavior model KW - ADAS KW - Reaktionszeit KW - Verkehrspsychologie KW - Verhalten KW - Haptische Feedback-Technologie Y1 - 2018 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-166432 ER - TY - THES A1 - Mühlbacher, Dominik T1 - Die Pulksimulation als Methode zur Untersuchung verkehrspsychologischer Fragestellungen T1 - The multi-driver simulation as a method to investigate research issues in traffic psychology N2 - Fahr- und Verkehrssimulation sind neben Studien mit realen Fahrzeugen die gängigen Methoden der empirischen Verkehrswissenschaft. Während sich die Fahrsimulation mit dem Erleben und Verhalten von Fahrern beschäftigt, untersucht die Verkehrssimulation das gesamte Verkehrssystem. Der Bereich zwischen diesen Polen „Fahrer“ und „Verkehr“, in dem Fahrer aufeinander treffen und miteinander interagieren, ist angesichts der Bedeutung sozialer Prozesse für das Erleben und Verhalten ein wichtiger Aspekt. Allerdings wurde dieser Bereich in der Verkehrswissenschaft bisher nur unzureichend abgebildet. Auch in der Fahr- und Verkehrssimulation wurde dieser Aspekt bislang weitgehend vernachlässigt. Um diese Lücke zu schließen, wurde mit der Pulksimulation eine neue Versuchsumgebung entwickelt. Sie besteht aus miteinander vernetzten Fahrsimulatoren und ermöglicht es, Interaktionsfragestellungen zu untersuchen. Jedoch bringt die Anwendung der Pulksimulation neue Anforderungen an den Untersucher mit sich, die bei der Fahr- bzw. Verkehrssimulation nicht notwendig sind und für die Pulksimulation neu entwickelt werden müssen. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, diese Methode zur Untersuchung verkehrspsychologischer Fragestellungen weiterzuentwickeln, zu prüfen und zu etablieren. In ersten Untersuchungsansätzen werden in acht Teilstudien die grundlegenden methodischen Besonderheiten der Pulksimulation am Beispiel des Folgefahrens und des Kreuzens betrachtet. Hierbei wird auch stets der Vergleich zu den bisher genutzten Versuchsumgebungen Einzelfahrsimulation und Verkehrssimulation gezogen. Folgende Fragstellungen wurden im Rahmen dessen beantwortet: (1) Wie unterscheidet sich eine Pulkfahrt von einer Einzelfahrt? (2) Welchen Einfluss haben nachfolgende Fahrzeuge im Pulk? (3) Welche Effekte haben Positionierungen im Pulk? (4) Wie unterscheiden sich reale Fahrer und Modelle im Pulk? (5) Wie wirkt sich die Einführung einer Nebenaufgabe auf den Pulk aus? (6) Wie wirken sich verschiedene Abstandsinstruktionen aus? (7) Mit welchen Parametern kann der Pulk beschrieben werden? (8) Wie kann das Verhalten des Pulks an Kreuzungen untersucht werden? Schließlich werden zwei Anwendungsbeispiele der Pulksimulation zu aktuell relevanten Themen aufgezeigt. In der ersten Untersuchung wird ein Gefahrenwarner evaluiert, der vor Bremsungen vorausfahrender Fahrzeuge warnt. Während Fahrer direkt hinter dem bremsenden Fahrzeug vom System nicht profitieren, steigt der Nutzen des Systems mit zunehmender Positionierung im Pulk an. In einer zweiten Studie wird ein Ampelphasenassistent untersucht. Dieser informiert den Fahrer während der Annäherung an eine Ampel über die optimale Geschwindigkeit, mit der diese Ampel ohne Halt bei Grün durchfahren werden kann. Um die Auswirkungen des Systems auf den nicht-assistierten Umgebungsverkehr bestimmen zu können, werden verschiedene Ausstattungsraten innerhalb des Pulks eingeführt. Mit diesem Untersuchungsansatz können gleichzeitig Effekte des Systems auf die assistierten Fahrer (z. B. Befolgungsverhalten), die nicht-assistierten Fahrer (z. B. Ärger) sowie das Verkehrssystem (z. B. Verkehrsfluss) bestimmt werden. Der Ampelphasenassistent resultiert in einem ökonomischeren Fahrverhalten der assistierten Fahrer, erhöht aber gleichzeitig in gemischten Ausstattungsraten den Ärger der nicht-assistierten Fahrer im Verkehrssystem. Erst bei Vollausstattung entwickelt sich dieser negative Effekt zurück. Die in den Anwendungsbeispielen berichteten Phänomene sind durch Untersuchungen in einer Einzelfahrsimulation oder Verkehrssimulation nicht beobachtbar. Insbesondere für die Untersuchung von Fragen, in denen soziale Interaktionen mit anderen Fahrern eine Rolle spielen, zeichnet sich die Pulksimulation in besonderer Weise aus. Hierfür liefert die Anwendung in der Pulksimulation zusätzliche Informationen und zeigt somit, dass die Pulksimulation das Methodeninventar in der Verkehrswissenschaft effektiv ergänzt. Sie stellt zum einen eine Erweiterung der Fahrsimulation um den Faktor „Verkehr“ und zum anderen eine Erweiterung der Verkehrssimulation um den Faktor „Mensch“ dar und wird so zu einem zentralen Bindeglied beider Versuchsumgebungen. Darüber hinaus erlaubt die Pulksimulation die Modellierung von Interaktionsverhalten im Straßenverkehr, was bisher nicht bzw. nur unter größtem Aufwand realisierbar war. Hierdurch können die Modelle der Fahr- und Verkehrssimulation weiterentwickelt werden. Mit den in dieser Arbeit neu entworfenen Parametern werden Kenngrößen zur Verfügung gestellt, die Variationen bezüglich Quer- und Längsführung auch auf Ebene des Pulks abbilden können. Weitere neu entwickelte Parameter sind in der Lage, Interaktionen über den Zeitverlauf zu beschreiben. Diese Parameter sind notwendig für den Einsatz der Pulksimulation in zukünftigen Untersuchungen. Zusammenfassend wurde in der vorliegenden Arbeit die Methodik der Pulksimulation für den gesamten Anwendungsprozess von der Fragestellung bis hin zur Interpretation der Ergebnisse weiterentwickelt. Der Mehrwert dieser Methode wurde an aktuellen und bisher nicht untersuchbaren Fragestellungen belegt und somit die Validität der Pulksimulation gestärkt. Die vorgestellten Untersuchungen zeigen das große Potenzial der Pulksimulation zur Bearbeitung von Fragen, die auf der Interaktion verschiedener Verkehrsteilnehmer basieren. Hierdurch wird erstmals die Möglichkeit geschaffen, soziale Interaktionen über den Zeitverlauf in die Fahrermodelle der Verkehrssimulation zu integrieren. Damit ist der Brückenschlag von der Fahr- zur Verkehrssimulation gelungen. N2 - Beside studies in real traffic, driving simulation and traffic simulation are the most common methods in traffic sciences. Driving simulation deals with mental functions and behavior of drivers. Traffic simulation analyzes the whole traffic system. Between these poles “driver” and “traffic”, several drivers meet each other and interact. These interactions are a significant aspect due to the importance of social effects regarding mental functions and behavior. However, interactions are displayed insufficiently in driving simulation and traffic simulation. The multi-driver simulation is a new tool to fill in this gap. It consists of several driving simulators which are connected. The connection enables to investigate interactions in traffic. However, using a multi-driver simulation emerges new requirements which are not necessary in driving simulation or traffic simulation. Therefore, this work aims at developing and testing a new methodology for the multi-driver simulation. First, eight studies investigate the basic methodological specialties of the multi-driver simulation on the example of car following (i.e. driving in a platoon) and intersecting. These results are compared always with driving simulation and traffic simulation. In this section, the following issues are addressed: (1) What are the differences between driving alone and driving in a platoon? (2) What is the effect of succeeding vehicles while driving in a platoon? (3) What is the effect of the position in a platoon? (4) What are the differences between real drivers and models in driving in a platoon? (5) What is the effect of a secondary task while driving in a platoon? (6) What is the effect of different car following instructions? (7) What are parameters to describe a platoon? (8) How it is possible to analyze driving behavior at intersections? The next chapter of the work shows two application examples for the multi-driver simulation. The first study evaluates a hazard warning system which warns of braking maneuvers of preceding drivers. Drivers straight behind the braking vehicle do not benefit from the system. Instead, the gain of the system increases with the position of the driver in the platoon. The second study investigates a traffic light assistant. While approaching a traffic light, this system informs the driver about the optimal speed to pass while the lights are green. Various penetration rates are realized to analyze the effect of the system on the non-equipped surrounding traffic. By means of this study design, system effects can be determined on assisted drivers (e.g. system usage), on non-assisted drivers (e.g. annoyance) and on the whole traffic system (e.g. traffic flow). On the one hand, assisted drivers show a higher economic driving behavior. One the other hand, non-assisted drivers are annoyed in a higher extent in mixed penetration rates. This negative effect decreases in a 100% penetration rate. The application examples show effects which cannot be investigated with driving simulation or traffic simulation. In particular, research questions concerning social interactions between drivers can be investigated in the multi-driver simulation. Therefore, the multi-driver simulation is a useful supplement for the methodology in traffic psychology: On the one hand, it enhances driving simulation with the factor “traffic”. On the other side, it enhances the traffic simulation with the factor “human”. Therefore, the multi-driver simulation becomes the link between these methods. Additionally, the multi-driver simulation enables modelling of interactions in traffic which is not possible with other methods. These new interaction models are able to enhance driving simulation and traffic simulation. In this work, several parameters were developed to describe lateral and longitudinal control of a group of drivers. Further parameters can describe interactions between drivers. These parameters are necessary for the application of the multi-driver simulation in future research. To sum up, this work developed a methodology for the multi-driver simulation. The added value was demonstrated in relevant application examples which cannot be investigated with other methods. The studies show a high potential of the multi-driver simulation in research issues which address interactions between several drivers. By means of this method, social interactions can be integrated in the driver models of traffic simulation. This enables the link between driving simulation and traffic simulation. KW - Verkehrspsychologie KW - Fahrsimulation KW - Methodik KW - traffic psychology KW - driving simulation KW - methodology KW - Fahrsimulator Y1 - 2013 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-90051 ER - TY - THES A1 - Metz, Barbara T1 - Worauf achtet der Fahrer? Steuerung der Aufmerksamkeit beim Fahren mit visuellen Nebenaufgaben T1 - Where does the driver look at? Control of attention in driving with visual secondary tasks N2 - Die Arbeit befasst sich mit der Steuerung der Aufmerksamkeit während visueller Nebenaufgaben beim Fahren. Es wird angenommen, dass für die visuelle Wahrnehmung beim Fahren drei Prozesse zur Steuerung der Aufmerksamkeit beitragen. (1) Über top-down Prozesse wird die Aufmerksamkeit auf für die aktuelle Handlung besonders relevante Situationsbestandteile gelenkt. (2) Explorative Wahrnehmung dient dazu, ein umfassenderes Situationsmodell zu entwickeln, das neben aktuell handlungssteuernden Situationsbestandteilen auch andere, potentiell aufgabenrelevante Ob¬jekte zu einem umfassenderen Abbild der Situation integriert. (3) Saliente Reize können über bottom-up Aktivierung die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Es ist bekannt, dass Fahrer während der Bearbeitung visueller Zweitaufgaben mit ihrem Blick und damit mit ihrer Aufmerksamkeit wiederholt zwischen Fahr- und Nebenaufgabe wechseln. Grundlage der experimentellen Arbeiten ist die Idee, dass hierbei die Ausrichtung der Aufmerksamkeit in der Fahraufgabe über top-down Prozesse gesteuert wird und auf einem mentalen Abbild der Situation basiert. Vor dem Beginn der Nebenaufgabe fokussiert der Fahrer auf die Fahrsituation, bewertet sie und entwickelt eine Antizipation der zukünftigen Situationsentwicklung. Das entstehende Situationsmodell entscheidet darüber, wie viel Aufmerksamkeit während der Nebenaufgabe auf die Fahraufgabe verwendet wird, und welche Situationsbestandteile durch die Blicke zur Straße kontrolliert werden. Der Fahrer lenkt über top-down Prozesse seine Aufmerksamkeit auf als relevant für die Situationsentwicklung bewertete Objekte. Andere Objekte, sowie eine von der aktuellen Fahraufgabe unabhängige, explorative Wahrnehmung der Fahrsituation werden während der Nebenaufgabe vernachlässigt. Aus der Literatur ergeben sich außerdem Hinweise darauf, dass eine reizbasierte bottom-up Ausrichtung der Aufmerksamkeit während visueller Ablenkung zumindest eingeschränkt, wenn nicht sogar zeitweise vollständig unterdrückt ist. Die durchgeführten experimentellen Arbeiten finden in der Fahrsimulation Belege für die angenommen top-down Steuerung der Aufmerksamkeit während visueller Nebenaufgaben beim Fahren. Es werden zwei unterschiedliche Messansätze verwendet. Studie 1 und 2 greifen auf die Analyse des Blickverhaltens zurück. In diesen beiden Studien absolvieren die Testfahrer längere, anspruchsvolle Fahrten, während denen visuelle Nebenaufgaben bearbeitet werden. Es ergeben sich Hinweise auf eine tiefere visuelle Verarbeitung der Fahrszene direkt vor dem Beginn der Nebenaufgabe. Während der Bearbeitung der visuellen Nebenaufgaben passen die Fahrer ihre Aufmerksamkeitsverteilung an die Erfordernisse der Fahrsituation an: In anspruchsvollen Fahrsituationen wird häufiger und länger auf die Straße geblickt als in weniger beanspruchenden Situationen. Es finden sich außerdem Hinweise dafür, dass spezifische Fahrfehler mit einer fehlerhaften Ausrichtung der Aufmerksamkeit in der Fahrsituation in Zusammenhang stehen. Studie 3 und 4 verwenden das Phänomen der Change Blindness als Indikator für die Ausrichtung der Aufmerksamkeit. Im Rahmen von Fahrten mit kontrollierten Situationsbedingungen wird die Hypothese untersucht, dass während der Bearbeitung visueller Nebenaufgabe die fahrbezogene Aufmerksamkeit auf fahrrelevante Situationsbestandteile gelenkt wird. Die Testfahrer nähern sich wiederholt Kreuzungen an. Während der Anfahrten wird über Okklusion ein Blickverhalten vorgegeben, das dem bei der Bearbeitung visueller Nebenaufgaben ähnelt. Die Fahrer sollen mit Tastendruck reagieren, wenn sie plötzliche Änderungen bemerken. Die Änderungen können sowohl relevante als auch irrelevante Fahrzeuge betreffen. Die Ergebnisse zeigen eine schlechte Entdeckungsleistung für Änderungen an irrelevanten Fahrzeugen. Änderungen an relevanten Objekten werden dagegen so gut wie immer bemerkt. Ob die Änderung durch Okklusion maskiert wird oder ob sie stattfindet, während die Fahrer die Straße sehen, hat keinen eindeutigen Ein¬fluss auf die Entdeckungsleistung. Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass in der untersuchten Doppelaufgabensituation keine bottom-up Ausrichtung der Aufmerksamkeit erfolgt. Die angenommene top-down gesteuerte Beschränkung der Aufmerksamkeit auf als relevant bewertete Bestandteile der Fahrsituation hat Konsequenzen für die Analyse von Verkehrsunfällen. Unfälle infolge von visueller Ablenkung durch selbst initiierte Zweitaufgaben sind dann besonders wahrscheinlich, wenn das Situationsmodell des Fahrers falsch oder ungenau ist. Dies kann beispielsweise geschehen, wenn ein peripheres, nicht beachtetes Objekt plötzlich relevant wird und eine Reaktion des Fahrers erforderlich macht. In Übereinstimmung mit Befunden zur Gefahrenwahrnehmung sind besonders Fahranfänger aufgrund ihrer noch nicht ausreichend entwickelten mentalen Modellen anfällig für Fehleinschätzungen von Fahrsituationen. Dies führt bei Ablenkung durch Nebenaufgaben zu einer erhöhten Unfallgefährdung. N2 - This thesis deals with the question of how attention is controlled during driving with visual secondary tasks. It is assumed that in attentive driving three attentional processes contribute to the perception of the driving scene: (1) Top-down controlled attention is focused on those elements in the driving scene which are currently most relevant for the action of the driver. (2) Through explorative perception other currently not action guiding but potentially relevant objects are integrated into a broader mental model of the driving scene. Furthermore, salient cues in the environment can attract attention though stimulus triggered bottom-up activation of attention (3). The literature reports that in driving with visual secondary tasks drivers repeatedly switch their gaze - and that means attention - between the driving task and the visual secondary task. The background of the experimental work presented here is the idea that this switching is controlled through top-down processes and is based on a mental model of the driving situation. Before starting a secondary task, drivers focus on the driving scene, evaluate it and create a situational model that contains an anticipation of the likely future development of the driving situation. The situational model is used to decide how much attention is directed to the driving task during the secondary task and which elements of the driving scene are monitored with the glances directed to the road. Based on top-down processes, drivers direct their attention to those parts of the scenery which they believe to be the most relevant ones. Other, less relevant objects are neglected. Furthermore, during the secondary task execution, no explorative perception of the driving scene takes place. In the literature, results can be found that hint at a diminished if not even temporarily suppressed influence of stimulus based bottom-up activation of attention in dual-task situations. The results of the experimental part support the assumed top-down control of attention while driving with visual secondary tasks. In four experiments in the driving simulation, two different experimental approaches are used to assess the distribution of attention. The first two studies use eye movement analysis. The participants drive through a longer, demanding course during which they solve visual secondary tasks. The results indicate a deeper visual processing directly prior to the start of a secondary task. During the secondary task execution, the distribution of attention between driving and the visual secondary task is adapted to the demands of the driving scene. In more demanding situations, more attention is directed to the driving scene. A relation between specific driving errors and an inadequate distribution of attention in the driving task can be shown. Study 3 and 4 use the phenomenon of change blindness as an indicator for the focus of attention. In drives with defined and controlled situational circumstances, the hypothesis is studied that, in dual-task situations, drivers direct their driving related attention primarily to relevant parts of the driving scene. The participants repeatedly approach crossings. During the approaches, a gaze pattern typical for driving with a visual secondary task is experimentally created through occlusion. The drivers are instructed to look for sudden changes. These changes can either occur to relevant vehicles or to vehicles that are irrelevant. Especially with short glance durations for the driving scene, change blindness for changes occurring to irrelevant objects is high. On the other side, changes to relevant objects are nearly always detected. Whether the change is visible or occluded has no clear influence on the detection of the changes. This can be seen as an indicator, that in the situation under investigation, no bottom-up activation of attention takes place. The assumed top-down control of attention while driving with visual secondary tasks has consequences for the analysis of accidents. Accidents through self initiated secondary tasks are most likely to happen, when the situational model of the driving scene is incorrect and leads to an inadequate distribution of attention. For example, this can be the case if some peripheral object that is considered to be irrelevant suddenly becomes relevant. Because of their insufficiently developed mental models for the driving task, novice drivers are especially prone to misjudge driving situations. Together with distraction through visual secondary tasks this leads to a higher probability for collisions while being distracted. KW - Visuelle Aufmerksamkeit KW - Verkehrspsychologie KW - Ablenkung KW - Kognition KW - Fahren KW - Aufmerksamkeit KW - visuelle Ablenkung KW - Change Blindness KW - top-down Steuerung KW - driving KW - attention KW - visual distraction KW - change blindness KW - top-down control Y1 - 2009 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-37704 ER -