TY - THES A1 - Pieger, Elisabeth T1 - Metacognition and Disfluency – The Effects of Disfluency on Monitoring and Performance T1 - Metakognition und Disfluency - Der Einfluss von Disfluency auf die Überwachung des Lernprozesses und auf die Leistung N2 - In this thesis, metacognition research is connected with fluency research. Thereby, the focus lies on how disfluency can be used to improve metacognitive monitoring (i.e., students` judgments during the learning process). Improving metacognitive monitoring is important in educational contexts in order to foster performance. Theories about metacognition and self-regulated learning suppose that monitoring affects control and performance. Accurate monitoring is necessary to initiate adequate control and better performance. However, previous research shows that students are often not able to accurately monitor their learning with meaningful text material. Inaccurate monitoring can result in inadequate control and low performance. One reason for inaccurate monitoring is that students use cues for their judgments that are not valid predictors of their performance. Because fluency might be such a cue, the first aim of this thesis is to investigate under which conditions fluency is used as a cue for judgments during the learning process. A fluent text is easy to process and, hence, it should be judged as easy to learn and as easy to remember. Inversely, a disfluent text is difficult to process, for example because of a disfluent font type (e.g., Mistral) or because of deleted letters (e.g., l_tt_rs). Hence, a disfluent text should be judged as difficult to learn and as difficult to remember. This assumption is confirmed when students learn with both fluent and disfluent material. When fluency is manipulated between persons, fluency seems to be less obvious as a cue for judgments. However, there are only a few studies that investigated the effects of fluency on judgments when fluency is manipulated between persons. Results from Experiment 1 (using deleted letters for disfluent text) and from Experiment 4 (using Mistral for disfluent text) in this thesis support the assumption that fluency is used as a cue for judgments in between-person designs. Thereby, however, the interplay with the type of judgment and the learning stage seems to matter. Another condition when fluency affects judgments was investigated in Experiment 2 and 3. The aim of these experiments was to investigate if disfluency leads to analytic monitoring and if analytic monitoring sustains for succeeding fluent material. If disfluency activates analytic monitoring that remains for succeeding fluent material, fluency should no longer be used as a cue for judgments. Results widely support this assumption for deleted letters (Experiment 2) as well as for the font type Mistral (Experiment 3). Thereby, again the interplay between the type of judgment and the learning stage matters. Besides the investigation of conditions when fluency is used as a cue for different types of judgments during the learning process, another aim of this thesis is to investigate if disfluency leads to accurate monitoring. Results from Experiment 3 and 4 support the assumption that Mistral can reduce overconfidence. This is the case when fluency is manipulated between persons or when students first learn with a fluent and then with a disfluent text. Dependent from the type of judgment and the learning stage, disfluency can lead even to underconfidence or to improved relative monitoring accuracy (Experiment 4). Improving monitoring accuracy is only useful when monitoring is implemented into better control and better performance. The effect of monitoring accuracy on control and performance was in the focus of Experiment 4. Results show that accurate monitoring does not result in improved control and performance. Thus, further research is required to develop interventions that do not only improve monitoring accuracy but that also help students to implement accurate monitoring into better control and performance. Summing up, the aim of this thesis is to investigate under which conditions fluency is used as a cue for judgments during the learning process, how disfluency can be used to improve monitoring accuracy, and if improved monitoring accuracy leads to improved performance. By connecting metacognition research and fluency research, further theories about metacognition and theories about fluency are specified. Results show that not only the type of fluency and the design, but also the type of judgment, the type of monitoring accuracy, and the learning stage should be taken into account. Understanding conditions that affect the interplay between metacognitive processes and performance as well as understanding the underlying mechanisms is necessary to enable systematic research and to apply findings into educational settings. N2 - Ziel dieser Dissertation ist es, den Einfluss von Disfluency auf metakognitive Einschätzungen sowie deren Genauigkeit und deren Einfluss auf die Leistung zu untersuchen. Dabei wird die Metakognitions- mit der Fluency-Forschung verbunden. Theorien der Metakognition und des Selbstregulierten Lernens postulieren, dass metakognitive Einschätzungen den Lernprozess sowie die Leistung beeinflussen. Genaue Einschätzungen der eigenen Leistung sind notwendig, um adäquate Lernprozesse zu initiieren und die Leistung zu verbessern. In der bisherigen Forschung zeigte sich allerdings, dass Personen ihre eigene Leistung häufig falsch einschätzen, v. a. beim Lernen mit Texten. Als Folge ungenauer Einschätzungen können dysfunktionale Lernprozesse sowie schlechtere Leistung resultieren. Ein möglicher Grund für ungenaue Einschätzungen ist die Verwendung von Cues (Hinweisreizen), die keine validen Prädiktoren für die Leistung sind. Ein solcher Cue könnte Fluency sein. Fluente Texte sind leicht zu verarbeiten und sollten deshalb auch als leicht zu lernen und als leicht zu erinnern eingeschätzt werden. Umgekehrt sollten Texte, deren Verarbeitungsflüssigkeit beispielsweise durch eine disfluente Schriftart (z. B. Mistral) oder durch Löschung von Buchstaben (z. B. B_chst_b_n) herabgesetzt ist, als schwerer zu lernen und zu erinnern eingeschätzt werden. Diese Annahme wurde bisher v. a. dann bestätigt, wenn Personen sowohl mit fluentem als auch disfluentem Material lernen. Wird Fluency zwischen Personen manipuliert, scheint Fluency ein weniger offensichtlicher Cue zu sein. Allerdings ist die Anzahl an Studien, die Fluency zwischen Personen manipuliert haben, begrenzt. In dieser Dissertation wurde sowohl in Experiment 1 für die Löschung von Buchstaben, als auch in Experiment 4 für die Schriftart Mistral bestätigt, dass auch eine Manipulation zwischen Personen Einschätzungen beeinflussen kann, wobei jeweils die Interaktion mit der Art der Einschätzung und dem Zeitpunkt im Lernprozess berücksichtigt werden müssen. Eine weitere Bedingung, unter der Fluency die Einschätzungen beeinflusst, wurde in Experiment 2 und 3 untersucht. Ziel dieser Experimente war es u. a. herauszufinden, ob Disfluency zu einer analytischeren Überwachung des eigenen Lernprozesses führt und ob diese auch für nachfolgendes fluentes Material anhält. Als Folge analytischer Überwachungsprozesse für disfluentes und fluentes Material sollte Fluency nicht länger als Cue für Einschätzungen verwendet werden. Die Ergebnisse bestätigen dies weitgehend sowohl für die Löschung von Buchstaben (Experiment 2) als auch für die Verwendung der Schriftart Mistral (Experiment 3). Auch hier gibt es allerdings Interaktionen mit der Art der Einschätzung und dem Zeitpunkt im Lernprozess. Neben der Untersuchung, unter welchen der genannten Bedingungen Fluency Effekte auf verschiedene Arten von Einschätzungen im Lernprozess gefunden werden, ist es ein weiteres Ziel dieser Dissertation zu untersuchen, ob Disfluency durch die Initiierung analytischer Überwachungsprozesse auch zu genaueren Einschätzungen führt. Die Befunde aus Experiment 3 und 4 zeigen, dass Mistral die oft gefundene Überschätzung reduziert, wenn die Fluency zwischen Personen manipuliert wird oder zuerst mit fluentem und anschließend mit disfluentem Text gelernt wird. Abhängig von der Art der Einschätzung und des Zeitpunkts im Lernprozess kann Mistral sogar zu Unterschätzung führen und auch die relative Genauigkeit verbessern (Experiment 4). Eine Verbesserung der Genauigkeit von Einschätzungen ist v. a. dann sinnvoll, wenn genauere Einschätzungen auch zu besseren Lernprozessen und zu besserer Leistung führen. Dies wurde in Experiment 4 untersucht. Hier zeigte sich allerdings, dass genauere Einschätzungen nicht zu einer besseren Leistung führen. Deshalb sollten in der weiteren Forschung Interventionen entwickelt werden, die nicht nur die Genauigkeit von Einschätzungen, sondern auch deren Transfer in bessere Lernprozesse und in bessere Leistung fördern. Insgesamt ist es also das Ziel dieser Dissertation zu untersuchen, wann Disfluency verschiedene Einschätzungen im Lernprozess beeinflusst, ob Disfluency zu analytischeren und genaueren Einschätzungen führt, und ob genauere Einschätzungen letztendlich in besserer Leistung resultieren. Die Verbindung der Metakognitions- mit der Fluency-Forschung ermöglicht dabei, nicht nur Theorien zur Metakognition sondern auch zur Fluency zu spezifizieren. Wie die Befunde zeigen, müssen nicht nur verschiedene Arten der Fluency und des Designs, sondern auch verschiedene Arten von Einschätzungen und deren Genauigkeit, sowie der Zeitpunkt der Einschätzung im Lernprozess berücksichtigt werden. Die Kenntnis von Zusammenhängen und Bedingungen sowie von zugrundeliegenden Mechanismen ist wichtig, um bisherige inkonsistente Befunde systematisieren zu können und schließlich lernförderliche Interventionen ableiten zu können. KW - Metakognition KW - Selbstgesteuertes Lernen KW - Textverstehen KW - Lernen KW - Verarbeitungsflüssigkeit KW - metacognition KW - metacomprehension KW - judgments KW - overconfidence KW - monitoring KW - control KW - fluency KW - disfluency KW - learning Y1 - 2017 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-155362 ER - TY - THES A1 - Wannagat, Wienke Charlotte T1 - Cognitive Processes of Discourse Comprehension in Children and Adults - Comparisons between Written, Auditory, and Audiovisual Modes of Presentation - T1 - Kognitive Prozesse beim Textverstehen bei Kindern und Erwachsenen - Vergleiche zwischen schriftlicher, auditiver und audiovisueller Darbietung - N2 - In drei Studien wurde untersucht, wie sich unterschiedliche Darbietungsformate (schriftlich, auditiv, audiovisuell (auditiv + Bilder) auf das Verständnis semantisch identischer Inhalte auswirken. Dabei interessierte insbesondere der Entwicklungsverlauf von der ersten Klasse bis zum Erwachsenenalter. Dass sich Bilder förderlich auf die Verständnisleistung auswirken können, gilt als gut untersucht (z.B. Carney & Levin, 2002). Anders als viele bisherige Studien erfassen wir Textverstehen mit impliziten Maßen, die differenziertere Rückschlüsse auf die, gängigen Theorien zufolge, zugrundeliegenden Prozesse zulassen: Textverstehen geht mit der Konstruktion von drei Ebenen mentaler Repräsentationen einher (vgl. Kintsch, 1998). Weiterhin bedeutet erfolgreiches Textverstehen, eine auf lokaler und globaler Ebene kohärente mentale Repräsentation zu konstruieren (z.B. Schnotz & Dutke, 2004). Mit einem Satz-Rekognitionstest (vgl. Schmalhofer & Glavanov, 1986) untersuchten wir, ob sich das Gedächtnis für die Textoberfläche, die Textbasis und das Situationsmodell bei 103 8- und 10-Jährigen zwischen schriftlicher, auditiver und audiovisueller (Studie 1) und bei 106 7-, 9- und 11-Jährigen zwischen auditiver und audiovisueller Darbietung narrativer Texte (Studie 2) unterscheidet. Weiterhin (Studie 3) untersuchten wir mit 155 9- und 11-Jährigen, inwieweit sich die Fähigkeit der Inferenzbildung zur Herstellung lokaler und globaler Kohärenz zwischen schriftlicher, auditiver und audiovisueller Darbietung unterscheidet. Als Indikator dienten die Reaktionszeiten auf Wörter, die mit einem über (global)- oder untergeordneten (lokal) Protagonistenziel assoziiert sind. Insgesamt zeigte sich, dass Schüler bis zu einem Alter von 11 Jahren nicht nur die Textoberfläche besser erinnern, sondern auch besser in der Lage sind ein Situationsmodell zu konstruieren, wenn einem Text Bilder beigefügt sind. Dies zeigte sich sowohl im Vergleich mit auditiver als auch mit schriftlicher Darbietung. Bei Erwachsenen zeigte sich kein Effekt der Darbietungsform. Sowohl 9- als auch 11-Jährigen gelingt außerdem die Herstellung globaler Kohärenz bei audiovisueller Darbietung besser als bei auditiver. Die schriftliche Darbietung zeigte sich im Vergleich zur auditiven sowohl im Hinblick auf lokale als auch auf globale Kohärenz überlegen. N2 - In three studies, we investigated, if and how different modes of presentation - written, auditory, audiovisual (auditory combined with pictures) - affect comprehension of semantically identical materials. Children, beginning from the age of 7, and adults were included into the studies. A vast amount of studies have shown that pictures can facilitate text comprehension (e.g. Carney & Levin, 2002). Other than the majority of these previous studies, we assessed text comprehension with methods that we assume to allow more differentiated insights into the cognitive processes that - according to current theories - underlie text comprehension. Text comprehension involves at least three levels of mental representations (see Kintsch, 1998). Moreover, text comprehension means constructing a locally and globally coherent mental representation of the text content. Using a sentence recognition task (see Schmalhofer & Glavanov, 1986), we examined whether the memory of the text surface, the text base, and the situation model differs between written, auditory, and audiovisual text presentation in a sample of 103 8- and 10-year-olds and adults (Study I), and between auditory and audiovisual text presentation in a sample of 106 7-, 9-, and 11-year-olds (Study II). Furthermore, we examined with 155 9- and 11-year-olds, whether the ability to draw inferences to establish local and global coherence differs between written, auditory, and audiovisual text presentation. These inferences were indicated by reaction times to words associated with a protagonist's super- (global) or subordinate (local) goal. Overall, the results of these three studies taken together, indicate that children up to age 11 do not only have better memory of not only the text surface, but also of the situation model when pictures are added to an auditory text. This effect became apparent in comparison with both auditory and written texts. For the adults, in contrast, we did not find an effect of the presentation mode. Furthermore, both 9- and 11-year-olds were better at establishing global coherence at audiovisual compared to auditory text presentation. Written presentation turned out to be superior to auditory presentation in terms of both local and global coherence. KW - Textverstehen KW - text comprehension KW - picture comprehension KW - mental representation KW - coherence KW - children Y1 - 2018 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-162515 ER - TY - THES A1 - von der Mühlen, Sarah T1 - Fostering Students’ Epistemic Competences when Dealing with Scientific Literature T1 - Die Förderung epistemischer Kompetenzen von Studierenden im Umgang mit wissenschaftlicher Literatur N2 - The abilities to comprehend and critically evaluate scientific texts and the various arguments stated in these texts are an important aspect of scientific literacy, but these competences are usually not formally taught to students. Previous research indicates that, although undergraduate students evaluate the claims and evidence they find in scientific documents to some extent, these evaluations usually fail to meet normative standards. In addition, students’ use of source information for evaluation is often insufficient. The rise of the internet and the increased accessibility of information have yielded some additional challenges that highlight the importance of adequate training and instruction.The aim of the present work was to further examine introductory students’ competences to systematically and heuristically evaluate scientific information, to identify relevant strategies that are involved in a successful evaluation, and to use this knowledge to design appropriate interventions for fostering epistemic competences in university students.To this end, a number of computer-based studies, including both quantitative and qualitative data as well as experimental designs, were developed. The first two studies were designed to specify educational needs and to reveal helpful processing strategies that are required in different tasks and situations. Two expert-novice comparisons were developed, whereby the performance of German students of psychology (novices) was compared to the performance of scientists from the domain of psychology (experts) in a number of different tasks, such as systematic plausibility evaluations of informal arguments (Study 1) or heuristic evaluations of the credibility of multiple scientific documents (Study 2). A think-aloud procedure was used to identify specific strategies that were applied in both groups during task completion, and that possibly mediated performance differences between students and scientists. In addition, relationships between different strategies and between strategy use and relevant conceptual knowledge was examined. Based on the results of the expert-novice comparisons, an intervention study, consisting of two training experiments, was constructed to foster some competences that proved to be particularly deficient in the comparisons (Study 3). Study 1 examined introductory students’ abilities to accurately judge the plausibility of informal arguments according to normative standards, to recognise common argumentation fallacies, and to identify different structural components of arguments. The results from Study 1 indicate that many students, compared to scientists, lack relevant knowledge about the structure of arguments, and that normatively accurate evaluations of their plausibility seem to be challenging in this group. Often, common argumentation fallacies were not identified correctly. Importantly, these deficits were partly mediated by differences in strategy use: It was especially difficult for students to pay sufficient attention to the relationship between argument components when forming their judgements. Moreover, they frequently relied on their intuition or opinion as a criterion for evaluation, whereas scientists predominantly determined quality of arguments based on their internal consistency. In addition to students’ evaluation of the plausibility of informal arguments, Study 2 examined introductory students’ competences to evaluate the credibility of multiple scientific texts, and to use source characteristics for evaluation. The results show that students struggled not only to judge the plausibility of arguments correctly, but also to heuristically judge the credibility of science texts, and these deficits were fully mediated by their insufficient use of source information. In contrast, scientists were able to apply different strategies in a flexible manner. When the conditions for evaluation did not allow systematic processing (i.e. time limit), they primarily used source characteristics for their evaluations. However, when systematic evaluations were possible (i.e. no time limit), they used more sophisticated normative criteria for their evaluations, such as paying attention to the internal consistency of arguments (cf. Study 1). Results also showed that students, in contrast to experts, lacked relevant knowledge about different publication types, and this was related to their ability to correctly determine document credibility. The results from the expert-novice comparisons also suggest that the competences assessed in both tasks might develop as a result of a more fundamental form of scientific literacy and discipline expertise. Performances in all tasks were positively related. On the basis of these results, two training experiments were developed that aimed at fostering university students’ competences to understand and evaluate informal arguments (Study 3). Experiment 1 describes an intervention approach in which students were familiarised with the formal structure of arguments based on Toulmin’s (1958) argumentation model. The performance of the experimental group to identify the structural components of this model was compared to the performance of a control group in which speed reading skills were practiced, using a pre-post-follow-up design. Results show that the training was successful for improving the comprehension of more complex arguments and relational aspects between key components in the posttest, compared to the control group. Moreover, an interaction effect was found with study performance. High achieving students with above average grades profited the most from the training intervention. Experiment 2 showed that training in plausibility, normative criteria of argument evaluation, and argumentation fallacies improved students’ abilities to evaluate the plausibility of arguments and, in addition, their competences to recognise structural components of arguments, compared to a speed-reading control group. These results have important implications for education and practice, which will be discussed in detail in this dissertation. N2 - Die Fähigkeit, wissenschaftliche Texte und die darin enthaltenen Argumente zu verstehen und kritisch zu beurteilen, ist ein zentraler Aspekt wissenschaftlicher Grundbildung, wird jedoch in der Schule kaum vermittelt. Obwohl Studierende die Behauptungen und Befunde, denen sie in der wissenschaftlichen Literatur begegnen, zu einem gewissen Grad kritisch bewerten, zeigen verschiedene Forschungsergebnisse, dass sie dies nicht in ausreichendem Maße tun und diese Evaluationen oft nicht den normativen Standards entsprechen. Darüber hinaus nutzen Studierende Quellenmerkmale nur unzureichend zur Beurteilung. Die Entstehung des Internets und die damit verbundene zunehmende Verfügbarkeit von Informationen stellen uns zudem vor einige wichtige Herausforderungen im Umgang mit diversen Informationsquellen und unterstreichen die Relevanz entsprechender Trainings und Förderungsprogramme. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Kompetenzen beginnender Studierender, wissenschaftliche Informationen heuristisch und systematisch zu bewerten sowie wesentliche Strategien, die für eine erfolgreiche Beurteilung wissenschaftlicher Informationen benötigt werden, weiter zu erforschen und auf dieser Grundlage Interventionen zu entwickeln, um diese Kompetenzen bei Universitätsstudierenden gezielt zu fördern. Dazu wurden mehrere computergestützte Studien entwickelt, die sowohl qualitative, als auch quantitative Daten, sowie experimentelle Untersuchungsdesigns beinhalten. Die ersten beiden Studien wurden konzipiert, um Förderbedarf gezielt zu ermitteln und Verarbeitungsstrategien zu identifizieren, die in verschiedenen Aufgaben und unter verschiedenen Bedingungen hilfreich sind. Dazu wurden zunächst zwei Experten-Novizen-Vergleiche entwickelt, in denen die Leistungen von deutschen Psychologiestudierenden (Noviz(inn)en) in einer Reihe unterschiedlicher Aufgaben, z.B. bei der systematischen Bewertung der Plausibilität informeller Argumente (Studie 1) oder der heuristischen Bewertung der Glaubwürdigkeit multipler wissenschaftlicher Texte (Studie 2), mit den Leistungen von Wissenschaftler(inn)en aus dem Bereich der Psychologie (Expert(inn)en) verglichen wurden. Die Verwendung von Protokollen lauten Denkens diente dazu, die während der Aufgabenbearbeitung verwendeten Strategien, die die Leistungsunterschiede zwischen Studierenden und Wissenschaftler(inn)en möglicherweise mediieren, in beiden Gruppen genau zu erfassen. Darüber hinaus wurde untersucht, inwiefern unterschiedliche Strategien und die Nutzung bestimmter Strategien sowie relevantes konzeptuelles Wissen zusammenhängen. Basierend auf den Ergebnissen der Experten-Novizen-Vergleiche wurde anschließend eine Interventionsstudie, bestehend aus zwei Trainingsexperimenten, entwickelt, um einige Kompetenzen, die sich in den Vergleichen als besonders defizitär erwiesen hatten, gezielt zu fördern (Studie 3). In Studie 1 wurde untersucht, inwiefern beginnende Studierende in der Lage sind, die Plausibilität informeller Argumente normativ angemessen zu beurteilen und gängige Argumentationsfehler zu erkennen, sowie verschiedene strukturelle Bestandteile von Argumenten zu identifizieren. Die Ergebnisse der Studie 1 legen nahe, dass es vielen Studierenden im Vergleich zu Wissenschaftler(inne)n an relevantem Wissen über die Struktur von Argumenten fehlt und die angemessene Bewertung ihrer Plausibilität für viele von ihnen eine große Herausforderung darstellt. Gängige Argumentationsfehler wurden häufig nicht richtig erkannt. Diese Leistungsunterschiede wurden teilweise durch eine unterschiedliche Strategienutzung mediiert: Studierende zeigten große Schwierigkeit darin, Beziehungen zwischen Argumentbestandteilen ausreichend Beachtung zu schenken. Darüber hinaus verließen sie sich bei der Beurteilung häufig auf ihre Intuition oder Meinung zum Textinhalt, während Wissenschaftler(innen) die Qualität der Argumente in erster Linie auf der Grundlage ihrer internen Konsistenz beurteilten. Neben Plausibilitätsbeurteilungen informeller Argumente untersuchte Studie 2 die Kompetenz beginnender Studierender, die Glaubwürdigkeit multipler wissenschaftlicher Texte angemessen zu beurteilen und dabei auch Quellenmerkmale zur Beurteilung heranzuziehen. Die Ergebnisse zeigen, dass es Studierenden nicht nur schwerfiel, die Plausibilität von Argumenten angemessen zu beurteilen, sondern auch die Glaubwürdigkeit wissenschaftlicher Texte heuristisch zu bewerten. Die Defizite auf Studierendenseite wurden dabei vollständig durch eine unzureichende Nutzung von Quellenmerkmalen mediiert. Wissenschaftler(innen) waren dagegen in der Lage, Strategien zur Beurteilung flexibel zu nutzen. Wenn eine systematische Verarbeitung nicht möglich war (Zeitlimit), griffen sie vor allem auf Quellenmerkmale zurück. Wenn eine systematische Verarbeitung jedoch möglich war (kein Zeitlimit), nutzten sie komplexere normative Kriterien zur Beurteilung, wie etwa die Bewertung der internen Konsistenz der Argumente (Vgl. Studie 1). Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass es Studierenden an relevantem Wissen über verschiedene Publikationsarten fehlte und diese Schwierigkeiten waren korreliert mit der Fähigkeit, die Glaubwürdigkeit von Texten angemessen zu beurteilen. Die Befunde der Experten-Novizen-Vergleiche liefern zudem Hinweise darauf, dass sich die in den unterschiedlichen Aufgaben erfassten Kompetenzen auf der Basis einer allgemeineren Form der wissenschaftlichen Grundbildung und disziplinären Expertise entwickeln könnten. Die Leistungen in unterschiedlichen Aufgaben waren positiv korreliert. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wurden zwei Trainingsexperimente entwickelt, um die Kompetenzen Studierender in Bezug auf das Verständnis und die kompetente Bewertung informeller Argumente, gezielt zu fördern (Studie 3). Experiment 1 beschreibt einen möglichen Interventionsansatz, um Studierende, basierend auf Toulmins (1958) Argumentationsmodell, besser mit der Struktur von Argumenten vertraut zu machen. Die Leistungen der Versuchsgruppe, verschiedene Argumentbestandteile dieses Modells korrekt zu identifizieren, wurden dabei in einem Prä-Post-Follow-up Design mit den Leistungen einer Kontrollgruppe verglichen, in der die Fähigkeit des schnellen Lesens trainiert wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass das Training vor allem für das Verständnis komplexer und weniger typischer Argumente hilfreich war und Elemente, die die Beziehung zwischen verschiedenen Bestandteilen deutlich machten, im Posttest besser verstanden wurden als in einer Kontrollgruppe. Darüber hinaus konnte ein Interaktionseffekt mit der Studienleistung gezeigt werden. Besonders „gute“ Studierende mit hohen Durchschnittsnoten konnten am meisten von diesem Training profitieren. Die Ergebnisse von Experiment 2 zeigten, dass ein Training, in dem das Konzept der Plausibilität, normative Kriterien der Argumentbewertung, sowie Argumentationsfehler vermittelt wurden, die Kompetenzen Studierender, die Plausibilität informeller Argumente normativ angemessen zu beurteilen, im Vergleich mit einer Kontrollgruppe, deutlich verbessern konnte. Die Ergebnisse der genannten Studien liefern wichtige Implikationen für die wissenschaftliche Praxis an den Hochschulen, welche in dieser Arbeit ausführlich diskutiert werden. KW - Textverstehen KW - Wissenschaftliche Literatur KW - Epistemic Competences KW - Higher Education KW - Student KW - Förderung KW - Epistemische Kompetenzen KW - Kompetenzen im Hochschulsektor Y1 - 2018 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-167343 N1 - Prof. Dr. Tobias Richter supervised this dissertation. Two of the studies reported have been published in international journals, the third study was submitted (see references below). References: von der Mühlen, S., Richter, T., Schmid, S. & Berthold, K. (2017). How to Improve Argumentation Comprehension in University Students: Experimental Tests of Two Training Approaches. Manuskript zur Publikation eingereicht. von der Mühlen, S., Richter, T., Schmid, S., Berthold, K. & Schmidt, E. M. (2016). The use of source-related strategies in evaluating multiple psychology texts: A student-scientist comparison. Reading and Writing, 8, 1677–1698. von der Mühlen, S., Richter, T., Schmid, S., Schmidt, E. M. & Berthold, K. (2016). Judging the plausibility of arguments in scientific texts: A student-scientist comparison. Thinking & Reasoning, 22, 221–246. ER - TY - THES A1 - Jäger, Dana T1 - Zur pädagogischen Legitimation des Würzburger Trainingsprogrammes Hören, lauschen, lernen: Trainingseffekte und Trainereffekte T1 - Educational legitimation of the "Würzburger Trainingsprogramm Hören, lauschen, lernen": training effects and trainer effects N2 - Programmansätze und deren Einsatz in vorschulisch, schulisch und außerschulisch bildenden Kontexten erfreuen sich der zunehmenden Beliebtheit. Ein breites und nicht nachlassendes Interesse in Forschung und Praxis kommt insbesondere vorschulischen Trainingskonzepten zuteil, denen das Potenzial zugesprochen wird, später auftretenden Schwierigkeiten beim Erwerb der Schriftsprache wirksam vorzubeugen. Das Würzburger Trainingsprogramm »Hören, lauschen, lernen« stellt einen konzeptionell auf schriftspracherwerbstheoretischen Annahmen fundierten und mit mehreren evaluierenden Studien erprobten Trainingsansatz dar. Dieser bezweckt, Kindern den Erwerb des Lesens und Schreibens zu erleichtern. Dem Anspruch, späteren Lese-Rechtschreibschwierigkeiten effektiv vorzubeugen, unterliegt die vorschulische Förderung bereichsspezifischer Kompetenzen des Schriftspracherwerbs, insbesondere der Kompetenz phonologische Bewusstheit. Die Förderung wird optimal ausgeschöpft, sofern Empfehlungen einer qualitativen Implementierung umgesetzt werden, die als Manualtreue, Durchführungsintensität, Programmdifferenzierung, Programmkomplexität, Implementierungsstrategien, Vermittlungsqualität und Teilnehmerreaktion spezifiziert sind. Zunehmend diskutiert sind in der Trainingsforschung, neben der theoretischen Fundierung und dem zu erbringenden Nachweis an empirischer Evidenz von Programmansätzen, Kriterien der Praxistauglichkeit. Daher befasst sich die vorliegende Arbeit mit der Frage der Programmrobustheit gegenüber Trainereffekten. Es nahmen 300 Kinder an dem Würzburger Trainingsprogramm teil und wurden 64 Kindern gegenübergestellt, die dem regulären Kindergartenprogramm folgten. Angeleitet durch das erzieherische Personal fand das 5-monatig andauernde Training innerhalb des Vorschuljahres statt. Die kindliche Entwicklung in den bereichsspezifischen Kompetenzen der phonologischen Bewusstheit und der Graphem-Phonem-Korrespondenz wurde vor und nach der Trainingsmaßnahme sowie zum Schulübertritt und in den Kompetenzen des Rechtschreibens und Lesens zum Ende des ersten Schuljahres untersucht. Es ließen sich unmittelbar und langfristig Trainingseffekte des eingesetzten Programmes nachweisen; indessen blieb ein Transfererfolg aus. Der Exploration von Trainereffekten unterlag eine Eruierung der Praxistauglichkeit des Trainingsprogrammes anhand der erfolgten Implementierung durch das anleitende erzieherische Personal. Aus der ursprünglich mit 300 Kindern aus 44 involvierten Kindergärten bestehenden Datenbasis wurden drei Subgruppen mit insgesamt 174 Kindern aus 17 Kindergärten identifiziert, bei denen deutliche Diskrepanzen zu unmittelbaren, langfristigen und transferierenden Effekten des Trainingsprogrammes auftraten. Exploriert wurden Unterschiede in der Durchführung, um Rückschlüsse auf qualitative Aspekte der Programmimplementierung zu ziehen. Die Befunde des Extremgruppenvergleichs deuteten an, dass weniger Aspekte der Manualtreue und Durchführungsintensität ausschlaggebend für die Programmwirksamkeit waren; vielmehr schien für die Wirksamkeit des Trainingsprogrammes die Implementierung in der Art und Weise, wie die Trainingsinhalte den Kindern durch das erzieherische Personal vermittelt waren, entscheidend zu sein. Befunde zur eruierten Teilnehmerreaktion, die auf differenzielle Fördereffekte verweisen, stellten die Trainingswirksamkeit insbesondere für Kinder heraus, bei denen prognostisch ein Risiko unterstellt war, später auftretende Schwierigkeiten mit der Schriftsprache zu entwickeln. Ferner zeichnete sich ab, dass neben der Qualität der Programmimplementierung scheinbar auch Unterschiede in der schulischen Instruktionsmethode des Lesens und Schreibens einen nivellierenden Einfluss auf den Transfererfolg des Programmes ausübten. Theoretische und praktische Implikationen für den Einsatz des Trainingsprogrammes wurden diskutiert. N2 - There is an increase in the popularity of programs and their adoption in preschool, school and out-of-school settings. Especially in research and practice a broad and continuing interest is given to trainings for preschoolers which are believed to have the potential to be effective in ameliorating reading and spelling problems later in school. The ‘Würzburger Trainingsprogramm “Hören, lauschen, lernen”’ describes a training approach to facilitate the acquisition of reading and spelling skills for children. It is based on theoretical models of written language acquisition and has been well-proven in several evaluations so far. The claim to prevent reading and spelling difficulties is based on a preschool promotion of specific precursors in written language, particulary the skills of phonological awareness. It is best used in an optimal way if recommendations towards implementation fidelity are realized, that are specified with adherence, dosage, program differentiation, intervention complexity, facilitation strategies, quality of (program) delivery and participant responsiveness. In addition to underlying rationale and provided empirical evidence, suitability for daily use is more and more discussed by training research. Hence this academic work considered the issue of reliable effects caused by training, in contrast to effects caused by the trainer. 300 preschoolers participated in the ‘Würzburger Trainingsprogramm’ and were contrasted with 64 children who passed the regular kindergarten program. Instructed by the child care worker, the training was taking over a period of five months during the preschool year. The development of skills in phonological awareness and in letter-sound-correspondence was examined before and after the training period, as well as when entering school. Reading and spelling skills were examined at the end of the first school year. Provided evidence was observed for short-term and long-term effects on increased skills in phonological awareness and letter-sound-correspondence, but not for reading and spelling skills. Explorations to trainer effects, based on the investigation of suitability for daily use, were analyzed according to the degree of program implementation by the child care worker. Originally, the data base consisted of 300 children from 44 involved kindergartens. Furthermore there was an identification of three subgroups of overall 174 children from 17 kindergartens, that showed distinct discrepancies in short-term and long-term effects as well as in transferring effects produced by the training. Differences that occurred in training realization were explored to draw conclusions about the degree of program implementation. Findings of the between-group comparison indicated that aspects of adherence and dosage were less crucial for training outcomes; rather quality of (program) delivery, respectively how training contents were introduced by the child care worker to the participating children, seemed to determine training effectiveness. Referring to individual differences in training effectiveness, the sustained results of participant responsiveness emphazised training effectiveness particulary for those children, who were at risk of becoming dyslexic in school. In addition to implementation effects, differences in the teaching method of learning how to read and write may have had an impact to minimise outcome effects of the training. Theoretical and practical implications are discussed. KW - Phonologische Bewusstheit KW - Evaluation KW - Qualität der Programmimplementierung KW - implementation fidelity KW - trainer effects KW - phonological awareness Y1 - 2018 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-174051 ER - TY - THES A1 - Huestegge, Sujata Maya T1 - Cognitive mechanisms of voice processing T1 - Kognitive Verarbeitung von Stimminformation N2 - The present thesis addresses cognitive processing of voice information. Based on general theoretical concepts regarding mental processes it will differentiate between modular, abstract information processing approaches to cognition and interactive, embodied ideas of mental processing. These general concepts will then be transferred to the context of processing voice-related information in the context of parallel face-related processing streams. One central issue here is whether and to what extent cognitive voice processing can occur independently, that is, encapsulated from the simultaneous processing of visual person-related information (and vice versa). In Study 1 (Huestegge & Raettig, in press), participants are presented with audio-visual stimuli displaying faces uttering digits. Audiovisual gender congruency was manipulated: There were male and female faces, each uttering digits with either a male or female voice (all stimuli were AV- synchronized). Participants were asked to categorize the gender of either the face or the voice by pressing one of two keys in each trial. A central result was that audio-visual gender congruency affected performance: Incongruent stimuli were categorized slower and more error-prone, suggesting a strong cross-modal interaction of the underlying visual and auditory processing routes. Additionally, the effect of incongruent visual information on auditory classification was stronger than the effect of incongruent auditory information on visual categorization, suggesting visual dominance over auditory processing in the context of gender classification. A gender congruency effect was also present under high cognitive load. Study 2 (Huestegge, Raettig, & Huestegge, in press) utilized the same (gender-congruent and -incongruent) stimuli, but different tasks for the participants, namely categorizing the spoken digits (into odd/even or smaller/larger than 5). This should effectively direct attention away from gender information, which was no longer task-relevant. Nevertheless, congruency effects were still observed in this study. This suggests a relatively automatic processing of cross-modal gender information, which eventually affects basic speech-based information processing. Study 3 (Huestegge, subm.) focused on the ability of participants to match unfamiliar voices to (either static or dynamic) faces. One result was that participants were indeed able to match voices to faces. Moreover, there was no evidence for any performance increase when dynamic (vs. mere static) faces had to be matched to concurrent voices. The results support the idea that common person-related source information affects both vocal and facial features, and implicit corresponding knowledge appears to be used by participants to successfully complete face-voice matching. Taken together, the three studies (Huestegge, subm.; Huestegge & Raettig, in press; Huestegge et al., in press) provided information to further develop current theories of voice processing (in the context of face processing). On a general level, the results of all three studies are not in line with an abstract, modular view of cognition, but rather lend further support to interactive, embodied accounts of mental processing. N2 - Die vorliegende Dissertation thematisiert die kognitive Verarbeitung von Stimminformation. Basierend auf allgemeinen theoretischen Vorstellungen zu mentalen Prozessen wird zunächst unterschieden in modulare, abstrakte Informationsverarbeitungsansätze und interaktive, verkörperte Vorstellungen kognitiver Prozesse. Diese allgemeinen Vorstellungen werden dann am Beispiel der Verarbeitung von Stimminformation im Kontext der parallel dazu ablaufenden Gesichterverarbeitung konkretisiert. Es geht also u.a. darum, inwiefern kognitive Stimmverarbeitung unbeeinflusst von der gleichzeitigen Verarbeitung von visueller Personeninformation ablaufen kann (und umgekehrt). In Studie 1 (Huestegge & Raettig, in press) werden Probanden audiovisuelle Stimuli dargeboten, bei denen Gesichter Ziffern aussprechen. Manipuliert wird die Geschlechtskongruenz der Stimuli: Es gibt männliche und weibliche Gesichter, die je entweder mit einer männlichen oder weiblichen Stimme synchronisiert wurden. Probanden sollen entweder nur auf die Stimme oder nur auf das visuelle Gesicht achten und jeweils das Geschlecht per Tastendruck kategorisieren. Dabei stellte sich heraus, dass es für die Kategorisierungsleistung eine Rolle spielt, ob es sich um geschlechts-kongruente oder –inkongruente Stimuli handelt: Letztere wurden langsamer bzw. mit höherer Fehleranfälligkeit kategorisiert, was für eine starke cross-modale Interaktion der zugrundeliegenden visuellen und akustischen Verarbeitungsrouten spricht. Dabei wirkte sich inkongruente visuelle Information stärker auf die Stimmbeurteilung aus als inkongruente Stimminformation auf die visuelle Beurteilung, was auf eine Dominanz visueller gegenüber akustischer Informationsverarbeitung hindeutet. Unter starker kognitiver Belastung konnte ebenfalls ein Kongruenzeffekt nachgewiesen werden. In Studie 2 (Huestegge, Raettig, & Huestegge, in press) wurde dasselbe Stimulusmaterial verwendet, aber kategorisiert werden sollten nun die gesprochenen Ziffern (z.B. in gerade/ungerade oder größer/kleiner 5). Damit ist in der Instruktion die Aufmerksamkeit von der Geschlechtsdimension weggelenkt. Dennoch fanden sich auch hier Geschlechtskongruenzeffekte auf die Ziffernkategorisierung, was für eine relativ automatische Verarbeitung von cross-modaler Geschlechtsinformation spricht, die sich dann auch auf die Sprachverarbeitung auswirken kann. In Studie 3 (Huestegge, subm.) wurde die Fähigkeit von Probanden untersucht, von einer Stimme auf das zugehörige (statisch oder dynamisch) dargebotene Gesicht zu schließen. Dies gelang den Probanden in überzufälliger Weise. Weiterhin konnte keine Evidenz dafür gefunden werden, dass bewegte (dynamische) Gesichter besser den Stimmen zugeordnet werden konnten als statische Gesichter. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass gemeinsame Quellinformation sich sowohl auf Stimme wie Gesichtsmerkmale auswirkt, und dass implizites Wissen hierüber von den Probanden genutzt wird, um Stimmen Gesichtern zuzuordnen. Insgesamt konnten die Ergebnisse der drei Studien (Huestegge, subm.; Huestegge & Raettig, in press; Huestegge et al., in press) dazu beitragen, bestehende Theorien der Stimm- und Gesichterverarbeitung entscheidend weiterzuentwickeln. Die Ergebnisse sind allgemein eher im Einklang mit einer stark interaktiven, verkörperten Sicht auf kognitive Prozesse, weniger mit einer modular-abstrakten Informationsverarbeitungsperspektive. KW - Stimme KW - Gesicht KW - Voice Processing KW - Stimmverarbeitung KW - Face Voice Matching KW - Informationsverarbeitung KW - Kognition Y1 - 2019 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-186086 ER - TY - THES A1 - Tibken, Catharina Maria T1 - Die Entwicklung phonologischer Bewusstheit im Vorschulalter - Institutionelle Einflüsse und wechselseitige Zusammenhänge mit phonologischen, frühen schriftsprachlichen und sprachlichen Kompetenzen T1 - The Development of Phonological Awareness - Institutional Influences and Mutual Relations with Phonological, Early Literacy and Linguistic Competencies N2 - Phonologische Bewusstheit stellt die Kompetenz dar, Sprache in kleinere Einheiten wie einzelne Silben und Phoneme untergliedern zu können. Sie ist damit eine wichtige Vorläuferfertigkeit für den Schriftspracherwerb. Die vorliegende Arbeit untersucht die Entwicklung der phonologischen Bewusstheit während des letzten Kindergartenjahres. Zum einen werden die faktorielle Struktur und die Messinvarianz der phonologischen Bewusstheit im Verlauf des letzten Kindergartenjahres analysiert. Als zweiter Aspekt werden die wechselseitigen Zusammenhänge der phonologischen Bewusstheit mit weiteren phonologischen, frühen schriftsprachlichen und sprachlichen Kompetenzen im Vorschulalter untersucht. Der dritte Aspekt bezieht sich auf die institutionelle Förderung phonologischer Bewusstheit bei Vorschulkindern im Kindergarten. Hier werden die Effekte einer expliziten Förderung durch das Trainingsprogramm „Hören, lauschen, lernen“ (Küspert & Schneider, 2018) und einer impliziten Förderung im Kindergartenalltag sowie inzidentelle Einflüsse durch Erwartungseffekte untersucht. Zur Untersuchung der Fragestellungen wurde ein längsschnittliches Design mit zwei Messzeitpunkten zu Beginn und Ende des letzten Kindergartenjahres verwendet. Die Stichprobe umfasste 390 Vorschulkinder. Für die statistischen Analysen wurden im Wesentlichen Strukturgleichungsmodelle verwendet. Die Ergebnisse zur Struktur der phonologischen Bewusstheit zeigten Schwierigkeiten bei der längsschnittlichen Abbildung des Konstrukts im Vorschulalter. Da die Tests zur Erfassung der phonologischen Bewusstheit im weiteren Sinne (auf Reim- und Silbenebene) Deckeneffekte aufwiesen und sich im Vorschulalter insbesondere die phonologische Bewusstheit im engeren Sinne (auf Phonemebene) entwickelt, wurde das latente Konstrukt der phonologischen Bewusstheit im Weiteren ausschließlich durch Messverfahren zur Erfassung der phonologischen Bewusstheit im engeren Sinne modelliert. Zudem ließ sich lediglich schwache Messinvarianz etablieren, sodass die Befunde auf einen qualitativen Wandel des Konstrukts während des letzten Kindergartenjahres hindeuten. Die Befunde zu Zusammenhängen der phonologischen Bewusstheit mit weiteren phonologischen, frühen schriftsprachlichen und sprachlichen Kompetenzen ergaben komplexe wechselseitige Effekte. Die phonologische Bewusstheit sagte dabei die Entwicklung früher schriftsprachlicher Kompetenzen vorher, während sich die Entwicklung der phonologischen Bewusstheit selbst auch durch grammatikalische Kompetenzen erklären ließ. Bei den Analysen zur Förderung der phonologischen Bewusstheit im Vorschulalter war insbesondere die explizite Förderung durch „Hören, lauschen, lernen“ (Küspert & Schneider, 2018) effektiv. Für die Effektivität des Programms waren zudem die Implementationsbedingungen im Kindergarten relevant. Hier erwies sich vor allem eine vorherige Schulung der Erzieher(innen) als positiv sowie auch eine Abweichung vom Manual in organisatorischer Hinsicht, sodass das Training nicht täglich, sondern mehrmals pro Woche in größeren Abschnitten stattfand. Auf die implizite Förderung der phonologischen Bewusstheit konnte lediglich indirekt über das Wissen der Erzieher(innen) über Sprach- und frühe Schriftsprachförderung geschlossen werden. Das Wissen der Erzieher(innen) über die Förderung phonologischer Bewusstheit war dabei nicht von Bedeutung für die Kompetenzentwicklung der Kinder. Stattdessen wirkte sich das Wissen über sprachliche Fördermaßnahmen, insbesondere bezüglich Maßnahmen bei Aussprachstörungen, günstig auf die Entwicklung der phonologischen Bewusstheit aus. Neben Effekten einer expliziten und impliziten Förderung der phonologischen Bewusstheit waren auch inzidentelle Effekte aufgrund der Urteile der Erzieher(innen) über die Kompetenzen der Kinder nachweisbar. Auch hier wirkten sich die Einschätzungen der sprachlichen Kompetenzen in den Bereichen Aussprache, Wortschatz und Grammatik auf die Entwicklung der phonologischen Bewusstheit aus, während die Einschätzung der phonologischen Bewusstheit selbst durch die Erzieher(innen) die weitere Entwicklung nicht vorhersagen konnte. Insgesamt sprechen die Befunde für komplexe Zusammenhänge der phonologischen Bewusstheit mit weiteren phonologischen, frühen schriftsprachlichen und sprachlichen Kompetenzen, die auch bei der Konzeption von Fördermaßnahmen berücksichtigt werden sollten. N2 - Phonological awareness represents the ability to subdivide language into smaller units such as individual syllables and phonemes. It is therefore an important precursor for the acquisition of written language. The present work examines the development of phonological awareness during the last year of kindergarten: First, we analyzed the factorial structure and the measurement invariance of phonological awareness during the last year of kindergarten. Second, we examined the mutual relations of phonological awareness with further phonological, early literacy and linguistic competencies in preschool age. Third, we examined influences on the development of phonological awareness in preschool children in kindergarten. We analyzed the effects of an explicit phonological training program ("Hören, lauschen, lernen"; Küspert & Schneider, 2018), an implicit facilitation of phonological awareness via daily routines in kindergarten, and incidental influences on phonological awareness like expectancy effects. Our longitudinal design consisted of two measurement points at the beginning and the end of the last year of kindergarten. The sample included 390 preschool children. For the statistical analyses, we mainly used structural equation modelling. The results regarding the structure of phonological awareness showed only a limited stability of the construct in preschool age. Whereas we found ceiling effect for phonological awareness in the broad sense (at rhyme and syllable level), we found a development of phonological awareness in the narrow sense (at phoneme level) in children in preschool age. In further analyses, we consequently measured the latent construct of phonological awareness only using tests of phonological awareness in the narrow sense. In addition, we could only establish weak measurement invariance, so that the findings indicate a qualitative change in the construct of phonological awareness during the last year of kindergarten. We found complex relations between phonological awareness and other phonological, early literacy, and linguistic competencies. Phonological awareness predicted the development of early literacy skills, while the development of phonological awareness itself could incrementally be explained by grammatical competencies. Regarding institutional measures to promote phonological awareness in preschool age, the explicit training program (Küspert & Schneider, 2018) proved to be particularly effective. Moreover, the implementation conditions in kindergarten were also relevant for the effectiveness of the program. Above all, a previous training of the educators proved to be positive as well as a deviation from the training manual in organizational terms, in the sense that the training did not take place daily, but several times a week in larger sections. We inferred the content and the extent of the implicit measures to promote phonological awareness in daily kindergarten life indirectly from the educators' knowledge, how to promote language and early written language. The educators’ knowledge about measures to promote phonological awareness was not important for the development of children's competencies. Instead, knowledge about measures to promote linguistic competencies, particularly those competencies related to speech sound disorders, had a beneficial effect on the development of phonological awareness. In addition to the effects of explicit and implicit measures to promote phonological awareness, incidental effects based on the educators' judgments about the children's competencies were also evident. Again, the assessment of linguistic competencies in the areas of pronunciation, vocabulary and grammar had an impact on the development of phonological awareness, while the educators' judgments of the children's phonological awareness itself could not predict the further phonological development. Overall, the findings suggest complex relationships of phonological awareness with further phonological, early literacy and linguistic competencies, which should be taken into account when designing measures to promote phonological awareness. KW - Phonologische Bewusstheit KW - Vorschulalter KW - Faktorielle Struktur KW - Zusammenhänge KW - Förderung KW - Vorschulkind Y1 - 2020 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-208056 ER - TY - THES A1 - Menne, Isabelle M. T1 - Facing Social Robots – Emotional Reactions towards Social Robots N2 - Ein Army Colonel empfindet Mitleid mit einem Roboter, der versuchsweise Landminen entschärft und deklariert den Test als inhuman (Garreau, 2007). Roboter bekommen militärische Beförderungen, Beerdigungen und Ehrenmedaillen (Garreau, 2007; Carpenter, 2013). Ein Schildkrötenroboter wird entwickelt, um Kindern beizubringen, Roboter gut zu behandeln (Ackermann, 2018). Der humanoide Roboter Sophia wurde erst kürzlich Saudi-Arabischer Staatsbürger und es gibt bereits Debatten, ob Roboter Rechte bekommen sollen (Delcker, 2018). Diese und ähnliche Entwicklungen zeigen schon jetzt die Bedeutsamkeit von Robotern und die emotionale Wirkung die diese auslösen. Dennoch scheinen sich diese emotionalen Reaktionen auf einer anderen Ebene abzuspielen, gemessen an Kommentaren in Internetforen. Dort ist oftmals die Rede davon, wieso jemand überhaupt emotional auf einen Roboter reagieren kann. Tatsächlich ist es, rein rational gesehen, schwierig zu erklären, warum Menschen mit einer leblosen (‚mindless‘) Maschine mitfühlen sollten. Und dennoch zeugen nicht nur oben genannte Berichte, sondern auch erste wissenschaftliche Studien (z.B. Rosenthal- von der Pütten et al., 2013) von dem emotionalen Einfluss den Roboter auf Menschen haben können. Trotz der Bedeutsamkeit der Erforschung emotionaler Reaktionen auf Roboter existieren bislang wenige wissenschaftliche Studien hierzu. Tatsächlich identifizierten Kappas, Krumhuber und Küster (2013) die systematische Analyse und Evaluation sozialer Reaktionen auf Roboter als eine der größten Herausforderungen der affektiven Mensch-Roboter Interaktion. Nach Scherer (2001; 2005) bestehen Emotionen aus der Koordination und Synchronisation verschiedener Komponenten, die miteinander verknüpft sind. Motorischer Ausdruck (Mimik), subjektives Erleben, Handlungstendenzen, physiologische und kognitive Komponenten gehören hierzu. Um eine Emotion vollständig zu erfassen, müssten all diese Komponenten gemessen werden, jedoch wurde eine solch umfassende Analyse bisher noch nie durchgeführt (Scherer, 2005). Hauptsächlich werden Fragebögen eingesetzt (vgl. Bethel & Murphy, 2010), die allerdings meist nur das subjektive Erleben abfragen. Bakeman und Gottman (1997) geben sogar an, dass nur etwa 8% der psychologischen Forschung auf Verhaltensdaten basiert, obwohl die Psychologie traditionell als das ‚Studium von Psyche und Verhalten‘ (American Psychological Association, 2018) definiert wird. Die Messung anderer Emotionskomponenten ist selten. Zudem sind Fragebögen mit einer Reihe von Nachteilen behaftet (Austin, Deary, Gibson, McGregor, Dent, 1998; Fan et al., 2006; Wilcox, 2011). Bethel und Murphy (2010) als auch Arkin und Moshkina (2015) plädieren für einen Multi-Methodenansatz um ein umfassenderes Verständnis von affektiven Prozessen in der Mensch-Roboter Interaktion zu erlangen. Das Hauptziel der vorliegenden Dissertation ist es daher, mithilfe eines Multi-Methodenansatzes verschiedene Komponenten von Emotionen (motorischer Ausdruck, subjektive Gefühlskomponente, Handlungstendenzen) zu erfassen und so zu einem vollständigeren und tiefgreifenderem Bild emotionaler Prozesse auf Roboter beizutragen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden drei experimentelle Studien mit insgesamt 491 Teilnehmern durchgeführt. Mit unterschiedlichen Ebenen der „apparent reality“ (Frijda, 2007) sowie Macht / Kontrolle über die Situation (vgl. Scherer & Ellgring, 2007) wurde untersucht, inwiefern sich Intensität und Qualität emotionaler Reaktionen auf Roboter ändern und welche weiteren Faktoren (Aussehen des Roboters, emotionale Expressivität des Roboters, Behandlung des Roboters, Autoritätsstatus des Roboters) Einfluss ausüben. Experiment 1 basierte auf Videos, die verschiedene Arten von Robotern (tierähnlich, anthropomorph, maschinenartig), die entweder emotional expressiv waren oder nicht (an / aus) in verschiedenen Situationen (freundliche Behandlung des Roboters vs. Misshandlung) zeigten. Fragebögen über selbstberichtete Gefühle und die motorisch-expressive Komponente von Emotionen: Mimik (vgl. Scherer, 2005) wurden analysiert. Das Facial Action Coding System (Ekman, Friesen, & Hager, 2002), die umfassendste und am weitesten verbreitete Methode zur objektiven Untersuchung von Mimik, wurde hierfür verwendet. Die Ergebnisse zeigten, dass die Probanden Gesichtsausdrücke (Action Unit [AU] 12 und AUs, die mit positiven Emotionen assoziiert sind, sowie AU 4 und AUs, die mit negativen Emotionen assoziiert sind) sowie selbstberichtete Gefühle in Übereinstimmung mit der Valenz der in den Videos gezeigten Behandlung zeigten. Bei emotional expressiven Robotern konnten stärkere emotionale Reaktionen beobachtet werden als bei nicht-expressiven Robotern. Der tierähnliche Roboter Pleo erfuhr in der Misshandlungs-Bedingung am meisten Mitleid, Empathie, negative Gefühle und Traurigkeit, gefolgt vom anthropomorphen Roboter Reeti und am wenigsten für den maschinenartigen Roboter Roomba. Roomba wurde am meisten Antipathie zugeschrieben. Die Ergebnisse knüpfen an frühere Forschungen an (z.B. Krach et al., 2008; Menne & Schwab, 2018; Riek et al., 2009; Rosenthal-von der Pütten et al., 2013) und zeigen das Potenzial der Mimik für eine natürliche Mensch-Roboter Interaktion. Experiment 2 und Experiment 3 übertrugen die klassischen Experimente von Milgram (1963; 1974) zum Thema Gehorsam in den Kontext der Mensch-Roboter Interaktion. Die Gehorsamkeitsstudien von Milgram wurden als sehr geeignet erachtet, um das Ausmaß der Empathie gegenüber einem Roboter im Verhältnis zum Gehorsam gegenüber einem Roboter zu untersuchen. Experiment 2 unterschied sich von Experiment 3 in der Ebene der „apparent reality“ (Frijda, 2007): in Anlehnung an Milgram (1963) wurde eine rein text-basierte Studie (Experiment 2) einer live Mensch-Roboter Interaktion (Experiment 3) gegenübergestellt. Während die abhängigen Variablen von Experiment 2 aus den Selbstberichten emotionaler Gefühle sowie Einschätzungen des hypothetischen Verhaltens bestand, erfasste Experiment 3 subjektive Gefühle sowie reales Verhalten (Reaktionszeit: Dauer des Zögerns; Gehorsamkeitsrate; Anzahl der Proteste; Mimik) der Teilnehmer. Beide Experimente untersuchten den Einfluss der Faktoren „Autoritätsstatus“ (hoch / niedrig) des Roboters, der die Befehle erteilt (Nao) und die emotionale Expressivität (an / aus) des Roboters, der die Strafen erhält (Pleo). Die subjektiven Gefühle der Teilnehmer aus Experiment 2 unterschieden sich zwischen den Gruppen nicht. Darüber hinaus gaben nur wenige Teilnehmer (20.2%) an, dass sie den „Opfer“-Roboter definitiv bestrafen würden. Ein ähnliches Ergebnis fand auch Milgram (1963). Das reale Verhalten von Versuchsteilnehmern in Milgrams‘ Labor-Experiment unterschied sich jedoch von Einschätzungen hypothetischen Verhaltens von Teilnehmern, denen Milgram das Experiment nur beschrieben hatte. Ebenso lassen Kommentare von Teilnehmern aus Experiment 2 darauf schließen, dass das beschriebene Szenario möglicherweise als fiktiv eingestuft wurde und Einschätzungen von hypothetischem Verhalten daher kein realistisches Bild realen Verhaltens gegenüber Roboter in einer live Interaktion zeichnen können. Daher wurde ein weiteres Experiment (Experiment 3) mit einer Live Interaktion mit einem Roboter als Autoritätsfigur (hoher Autoritätsstatus vs. niedriger) und einem weiteren Roboter als „Opfer“ (emotional expressiv vs. nicht expressiv) durchgeführt. Es wurden Gruppenunterschiede in Fragebögen über emotionale Reaktionen gefunden. Dem emotional expressiven Roboter wurde mehr Empathie entgegengebracht und es wurde mehr Freude und weniger Antipathie berichtet als gegenüber einem nicht-expressiven Roboter. Außerdem konnten Gesichtsausdrücke beobachtet werden, die mit negativen Emotionen assoziiert sind während Probanden Nao’s Befehl ausführten und Pleo bestraften. Obwohl Probanden tendenziell länger zögerten, wenn sie einen emotional expressiven Roboter bestrafen sollten und der Befehl von einem Roboter mit niedrigem Autoritätsstatus kam, wurde dieser Unterschied nicht signifikant. Zudem waren alle bis auf einen Probanden gehorsam und bestraften Pleo, wie vom Nao Roboter befohlen. Dieses Ergebnis steht in starkem Gegensatz zu dem selbstberichteten hypothetischen Verhalten der Teilnehmer aus Experiment 2 und unterstützt die Annahme, dass die Einschätzungen von hypothetischem Verhalten in einem Mensch-Roboter-Gehorsamkeitsszenario nicht zuverlässig sind für echtes Verhalten in einer live Mensch-Roboter Interaktion. Situative Variablen, wie z.B. der Gehorsam gegenüber Autoritäten, sogar gegenüber einem Roboter, scheinen stärker zu sein als Empathie für einen Roboter. Dieser Befund knüpft an andere Studien an (z.B. Bartneck & Hu, 2008; Geiskkovitch et al., 2016; Menne, 2017; Slater et al., 2006), eröffnet neue Erkenntnisse zum Einfluss von Robotern, zeigt aber auch auf, dass die Wahl einer Methode um Empathie für einen Roboter zu evozieren eine nicht triviale Angelegenheit ist (vgl. Geiskkovitch et al., 2016; vgl. Milgram, 1965). Insgesamt stützen die Ergebnisse die Annahme, dass die emotionalen Reaktionen auf Roboter tiefgreifend sind und sich sowohl auf der subjektiven Ebene als auch in der motorischen Komponente zeigen. Menschen reagieren emotional auf einen Roboter, der emotional expressiv ist und eher weniger wie eine Maschine aussieht. Sie empfinden Empathie und negative Gefühle, wenn ein Roboter misshandelt wird und diese emotionalen Reaktionen spiegeln sich in der Mimik. Darüber hinaus unterscheiden sich die Einschätzungen von Menschen über ihr eigenes hypothetisches Verhalten von ihrem tatsächlichen Verhalten, weshalb videobasierte oder live Interaktionen zur Analyse realer Verhaltensreaktionen empfohlen wird. Die Ankunft sozialer Roboter in der Gesellschaft führt zu nie dagewesenen Fragen und diese Dissertation liefert einen ersten Schritt zum Verständnis dieser neuen Herausforderungen. N2 - An Army Colonel feels sorry for a robot that defuses landmines on a trial basis and declares the test inhumane (Garreau, 2007). Robots receive military promotions, funerals and medals of honor (Garreau, 2007; Carpenter, 2013). A turtle robot is being developed to teach children to treat robots well (Ackermann, 2018). The humanoid robot Sophia recently became a Saudi Arabian citizen and there are now debates whether robots should have rights (Delcker, 2018). These and similar developments already show the importance of robots and the emotional impact they have. Nevertheless, these emotional reactions seem to take place on a different level, judging by comments in internet forums alone: Most often, emotional reactions towards robots are questioned if not denied at all. In fact, from a purely rational point of view, it is difficult to explain why people should empathize with a mindless machine. However, not only the reports mentioned above but also first scientific studies (e.g. Rosenthal- von der Pütten et al., 2013) bear witness to the emotional influence of robots on humans. Despite the importance of researching emotional reactions towards robots, there are few scientific studies on this subject. In fact, Kappas, Krumhuber and Küster (2013) identified effective testing and evaluation of social reactions towards robots as one of the major challenges of affective Human-Robot Interaction (HRI). According to Scherer (2001; 2005), emotions consist of the coordination and synchronization of different components that are linked to each other. These include motor expression (facial expressions), subjective experience, action tendencies, physiological and cognitive components. To fully capture an emotion, all these components would have to be measured, but such a comprehensive analysis has never been performed (Scherer, 2005). Primarily, questionnaires are used (cf. Bethel & Murphy, 2010) but most of them only capture subjective experiences. Bakeman and Gottman (1997) even state that only about 8% of psychological research is based on behavioral data, although psychology is traditionally defined as the 'study of the mind and behavior' (American Psychological Association, 2018). The measurement of other emotional components is rare. In addition, questionnaires have a number of disadvantages (Austin, Deary, Gibson, McGregor, Dent, 1998; Fan et al., 2006; Wilcox, 2011). Bethel and Murphy (2010) as well as Arkin and Moshkina (2015) argue for a multi-method approach to achieve a more comprehensive understanding of affective processes in HRI. The main goal of this dissertation is therefore to use a multi-method approach to capture different components of emotions (motor expression, subjective feeling component, action tendencies) and thus contribute to a more complete and profound picture of emotional processes towards robots. To achieve this goal, three experimental studies were conducted with a total of 491 participants. With different levels of ‘apparent reality’ (Frijda, 2007) and power/control over the situation (cf. Scherer & Ellgring, 2007), the extent to which the intensity and quality of emotional responses to robots change were investigated as well as the influence of other factors (appearance of the robot, emotional expressivity of the robot, treatment of the robot, authority status of the robot). Experiment 1 was based on videos showing different types of robots (animal-like, anthropomorphic, machine-like) in different situations (friendly treatment of the robot vs. torture treatment) while being either emotionally expressive or not. Self-reports of feelings as well as the motoric-expressive component of emotion: facial expressions (cf. Scherer, 2005) were analyzed. The Facial Action Coding System (Ekman, Friesen, & Hager, 2002), the most comprehensive and most widely used method for objectively assessing facial expressions, was utilized for this purpose. Results showed that participants displayed facial expressions (Action Unit [AU] 12 and AUs associated with positive emotions as well as AU 4 and AUs associated with negative emotions) as well as self-reported feelings in line with the valence of the treatment shown in the videos. Stronger emotional reactions could be observed for emotionally expressive robots than non-expressive robots. Most pity, empathy, negative feelings and sadness were reported for the animal-like robot Pleo while watching it being tortured, followed by the anthropomorphic robot Reeti and least for the machine-like robot Roomba. Most antipathy was attributed to Roomba. The findings are in line with previous research (e.g., Krach et al., 2008; Menne & Schwab, 2018; Riek et al., 2009; Rosenthal-von der Pütten et al., 2013) and show facial expressions’ potential for a natural HRI. Experiment 2 and Experiment 3 transferred Milgram’s classic experiments (1963; 1974) on obedience into the context of HRI. Milgram’s obedience studies were deemed highly suitable to study the extent of empathy towards a robot in relation to obedience to a robot. Experiment 2 differed from Experiment 3 in the level of ‘apparent reality’ (Frijda, 2007): based on Milgram (1963), a purely text-based study (Experiment 2) was compared with a live HRI (Experiment 3). While the dependent variables of Experiment 2 consisted of self-reports of emotional feelings and assessments of hypothetical behavior, Experiment 3 measured subjective feelings and real behavior (reaction time: duration of hesitation; obedience rate; number of protests; facial expressions) of the participants. Both experiments examined the influence of the factors "authority status" (high / low) of the robot giving the orders (Nao) and the emotional expressivity (on / off) of the robot receiving the punishments (Pleo). The subjective feelings of the participants from Experiment 2 did not differ between the groups. In addition, only few participants (20.2%) stated that they would definitely punish the "victim" robot. Milgram (1963) found a similar result. However, the real behavior of participants in Milgram's laboratory experiment differed from the estimates of hypothetical behavior of participants to whom Milgram had only described the experiment. Similarly, comments from participants in Experiment 2 suggest that the scenario described may have been considered fictitious and that assessments of hypothetical behavior may not provide a realistic picture of real behavior towards robots in a live interaction. Therefore, another experiment (Experiment 3) was performed with a live interaction with a robot as authority figure (high authority status vs. low) and another robot as "victim" (emotional expressive vs. non-expressive). Group differences were found in questionnaires on emotional responses. More empathy was shown for the emotionally expressive robot and more joy and less antipathy was reported than for a non-expressive robot. In addition, facial expressions associated with negative emotions could be observed while subjects executed Nao's command and punished Pleo. Although subjects tended to hesitate longer when punishing an emotionally expressive robot and the order came from a robot with low authority status, this difference did not reach significance. Furthermore, all but one subject were obedient and punished Pleo as commanded by the Nao robot. This result stands in stark contrast to the self-reported hypothetical behavior of the participants from Experiment 2 and supports the assumption that the assessments of hypothetical behavior in a Human-Robot obedience scenario are not reliable for real behavior in a live HRI. Situational variables, such as obedience to authorities, even to a robot, seem to be stronger than empathy for a robot. This finding is in line with previous studies (e.g. Bartneck & Hu, 2008; Geiskkovitch et al., 2016; Menne, 2017; Slater et al., 2006), opens up new insights into the influence of robots, but also shows that the choice of a method to evoke empathy for a robot is not a trivial matter (cf. Geiskkovitch et al., 2016; cf. Milgram, 1965). Overall, the results support the assumption that emotional reactions to robots are profound and manifest both at the subjective level and in the motor component. Humans react emotionally to a robot that is emotionally expressive and looks less like a machine. They feel empathy and negative feelings when a robot is abused and these emotional reactions are reflected in facial expressions. In addition, people's assessments of their own hypothetical behavior differ from their actual behavior, which is why video-based or live interactions are recommended for analyzing real behavioral responses. The arrival of social robots in society leads to unprecedented questions and this dissertation provides a first step towards understanding these new challenges. N2 - Are there emotional reactions towards social robots? Could you love a robot? Or, put the other way round: Could you mistreat a robot, tear it apart and sell it? Media reports people honoring military robots with funerals, mourning the “death” of a robotic dog, and granting the humanoid robot Sophia citizenship. But how profound are these reactions? Three experiments take a closer look on emotional reactions towards social robots by investigating the subjective experience of people as well as the motor expressive level. Contexts of varying degrees of Human-Robot Interaction (HRI) sketch a nuanced picture of emotions towards social robots that encompass conscious as well as unconscious reactions. The findings advance the understanding of affective experiences in HRI. It also turns the initial question into: Can emotional reactions towards social robots even be avoided? T2 - Im Angesicht sozialer Roboter - Emotionale Reaktionen angesichts sozialer Roboter KW - Roboter KW - social robot KW - emotion KW - FACS KW - Facial Action Coding System KW - facial expressions KW - emotional reaction KW - Human-Robot Interaction KW - HRI KW - obedience KW - empathy KW - Gefühl KW - Mimik KW - Mensch-Maschine-Kommunikation Y1 - 2020 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-187131 SN - 978-3-95826-120-4 SN - 978-3-95826-121-1 N1 - Parallel erschienen als Druckausgabe in Würzburg University Press, 978-3-95826-120-4, 27,80 EUR. PB - Würzburg University Press CY - Würzburg ET - 1. Auflage ER - TY - THES A1 - Marker, Caroline T1 - On a meta-level: Contributions of meta-analytic summaries in media psychological research T1 - Auf der Meta-Ebene: Der Beitrag meta-analytischer Zusammenfassungen für die Medienpsychologie N2 - The rising use of new media has given rise to public discussions about their possible negative consequences. The social sciences have answered these concerns, providing many studies investigating different media types (e.g., social media, video games) and different related variables (e.g., psychological well-being, academic achievement). Within this big body of research, some research results have confirmed negative associations with frequent media use; other studies have found no or even positive relationships. With heterogeneous results, it is difficult to obtain a clear picture of the relationships and causalities of new media. The method of meta-analysis allows a synthesis of all existing data, providing an overall effect size as well as moderator and mediator analyses which might explain the heterogeneity. Three manuscripts present meta-analytic evidence related to a) the relationship between social media use and academic achievement, b) the relationship between video gaming and overweight, and c) the relationship between social media and psychological correlates. Manuscript #1 found small relationships which depend on the usage pattern of social media. The relationship is positive, as long as social media use is related to school. Manuscript #2 showed that children’s and adolescents’ video gaming is independent from their body mass, while adults who play more have a higher body mass. Manuscript #3 summarized existing meta-analytic evidence that links social media with psychological wellbeing, academic achievement, and narcissism with small to moderate effect sizes. All three manuscripts underscore the potential of meta-analyses to synthesize previous research and to identify moderators. Although meta-analyses are not necessarily superior to other approaches because of their limitations (e.g. limited information or quality of primary studies) they are very promising for media psychology. Meta-analyses can reduce complexity and might be helpful for the communication of research results to the general public. N2 - Die Entwicklung neuer Medien wurde von öffentlichen Debatten über mögliche negative Folgen begleitet. Wissenschaftler*innen reagierten auf diese Bedenken mit einer Vielzahl von Studien und untersuchten mögliche Effekte verschiedener Medientypen (z. B. soziale Medien, Videospiele) auf verschiedene Variablen (z. B. psychologisches Wohlbefinden, akademische Leistungen). Während manche Forschungsergebnisse die diskutierten negativen Zusammenhänge häufiger Mediennutzung bestätigten, fanden andere Studien jedoch keine oder sogar positive Zusammenhänge. Die Forschungslage zu medienpsychologischen Fragestellungen zeigt oft heterogene Ergebnisse, die keine abschließenden Aussagen erlauben. Eine Lösung für dieses Problem ist die Methode der Meta-Analyse. Hierbei werden alle vorhandenen Studien zusammengefasst und ein Gesamteffekt berechnet. Darüber hinaus können Moderator- und Mediatoranalysen durchgeführt werden, die die Heterogenität zwischen den Studien erklären könnten. In drei Manuskripten wurden a) die Beziehung zwischen Social Media-Nutzung und akademischen Leistungen, b) die Beziehung zwischen Videospielen und Übergewicht und c) die Beziehung zwischen sozialen Medien und psychologischen Korrelaten meta-analytisch untersucht. In Manuskript Nr. 1 zeigte sich, dass der Zusammenhang zwischen sozialen Medien und akademischer Leistung von der Art der Nutzung abhing. Der Zusammenhang war positiv, solange die Nutzung sozialer Medien akademischen Zwecken diente. Manuskript 2 zeigte, dass das Körpergewicht von Kindern und Jugendlichen nicht in Verbindung mit der Videospielenutzung stand, während Erwachsene, die mehr spielten, eine höhere Körpermasse hatten. Manuskript Nr. 3 fasste meta-analytische Studien mit gleichen Fragestellungen zu sozialen Medien und psychologischen Variablen (Wohlbefinden, akademische Leistung, Narzissmus) zusammen. Alle drei Manuskripte unterstreichen das Potenzial von Metaanalysen, den existierenden Forschungsstand zusammenzufassen und Moderatorvariablen zu identifizieren. Obwohl Meta-Analysen aufgrund ihrer Einschränkungen (z. B. die begrenzte Anzahl und Qualität von Primärstudien) anderen Methoden nicht unbedingt überlegen sind, sind sie dennoch für medienpsychologische Fragestellungen sehr vielversprechend. Metaanalysen sind in der Lage die Komplexität des Forschungsstands zu reduzieren und könnten für die Kommunikation von Forschungsergebnissen an die breite Öffentlichkeit hilfreich sein. KW - Medienkonsum KW - Social Media KW - Schulleistung KW - Übergewicht KW - Psychologie KW - Meta-analysis KW - new media KW - academic achievement KW - well-being KW - body weight KW - Metaanalyse KW - akademische Leistung KW - Körpergewicht KW - Wohlbefinden KW - Neue Medien Y1 - 2020 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-209173 ER - TY - THES A1 - Hartlieb [geb. Faust], Verena T1 - Die Bedeutung der phonologischen Bewusstheit für die Entwicklung mathematischer Kompetenzen bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund : Ergebnisse einer Längsschnittstudie vom Beginn des Vorschuljahres bis zum Ende der ersten Klasse T1 - The importance of phonological awareness for the development of mathematical competencies in children with and without migration background N2 - Die Entwicklung mathematischer Kompetenzen beginnt bereits vor Schuleintritt und wird durch viele Faktoren beeinflusst. In der vorliegenden Arbeit wird primär untersucht, ob die phonologische Bewusstheit als (meta-)sprachliche Kompetenz auch für die frühe mathematische Kompetenzentwicklung bedeutsam ist und ob sich bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund vergleichbare Zusammenhänge finden lassen. Ein weiterer Schwerpunkt bildet die Überprüfung von differenziellen Effekten von ausgewählten, mathematischen Vorschultrainings sowie eines Trainings der phonologischen Bewusstheit auf die mathematischen Kompetenzen unter Berücksichtigung des Migrationshintergrundes. Die statistischen Analysen basieren auf einer Stichprobe von über 370 Kindern, die im Verlauf der Längsschnittstudie zu vier Messzeitpunkten, jeweils am Beginn und Ende des Vorschul- bzw. ersten Schuljahres, untersucht wurden. Durch Berechnung hierarchischer Regressionsanalysen ließ sich global kein zusätzlicher Erklärungsbeitrag der phonologischen Bewusstheit neben den mathematischen Ausgangskompetenzen feststellen. Der Vergleich der beiden Migrationsgruppen ergab keine strukturellen Unterschiede. Die Überprüfung von spezifischen Effekten durch mathematische Vorschulprogramme (Krajewski et al., 2007; Friedrich & de Galgóczy, 2004; Preiß, 2004, 2005) und von unspezifischen Effekten durch ein Training der phonologischen Bewusstheit und der Buchstaben-Laut-Zuordnung (Küspert & Schneider, 2008; Plume & Schneider, 2004) auf die mathematischen Kompetenzen lieferte nur vereinzelt positive Effekte, die jedoch bei Berücksichtigung von individuellen und familiären Kontrollvariablen reduziert wurden. Die Generalisierbarkeit der Ergebnisse ist durch die komplexe Datenstruktur verbunden mit kleinen Stichprobengrößen in den jeweiligen Faktorenstufen limitiert. Insgesamt ermöglicht die vorliegende Arbeit eine differenzierte Betrachtung der mathematischen Kompetenzentwicklung bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund und liefert wichtige Implikationen für Forschung und Praxis. N2 - The development of mathematical competencies begins even before entering school and is influenced by many factors. The present work primarily investigates whether phonological awareness as a (meta-)linguistic competence is also important for the early development of mathematical competencies and whether comparable relations can be found in children with and without migration background. Another focus is the examination of differential effects of selected, mathematical preschool trainings as well as a training of phonological awareness on mathematical competencies, taking into account the migration background. The statistical analyses are based on a sample of over 370 children who were examined at four measurement points during the longitudinal study, each at the beginning and end of the preschool or first school year. By calculating hierarchical regression analyses, no additional explanatory contribution of phonological awareness in addition to the initial mathematical competencies could be determined globally. The comparison of children with and without migration background revealed no structural differences. The verification of specific effects by preschool mathematical trainings (Krajewski et al., 2007; Friedrich & de Galgóczy, 2004; Preiß, 2004, 2005) and of non-specific effects by a training of phonological awareness and of letter-sound correspondences (Küspert & Schneider, 2008; Plume & Schneider, 2004) on mathematical competencies provides only some positive effects, which have been reduced when individual and family aspects were controlled for. The generalizability of the results is limited by the complex data structure combined with small sample sizes in the respective factor levels. Overall, the present work enables a differentiated consideration of the development of competencies in mathematics in children with and without migration background and provides important implications for research and practice. KW - Mathematik KW - Phonologische Bewusstheit KW - Migrationshintergrund KW - mathematische Kompetenzentwicklung KW - mathematische und schriftsprachliche Vorläuferkompetenzen KW - spezifische und unspezifische Trainingseffekte KW - Kinder im Vorschulalter und frühen Grundschulalter Y1 - 2021 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-244047 ER - TY - THES A1 - Seger, Benedikt Thomas T1 - Children's Comprehension of Illustrated Narrative Text: The Role of Tripartite Representations and Perceptual Simulation T1 - Verständnis illustrierter narrativer Texte bei Kindern: Die Rolle von drei Repräsentationsebenen und perzeptueller Simulation N2 - This doctoral thesis is part of a research project on the development of the cognitive compre-hension of film at Würzburg University that was funded by the German Research Foundation (Deutsche Forschungsgemeinschaft) between 2013 and 2019 and awarded to Gerhild Nied-ing. That project examined children’s comprehension of narrative text and its development in illustrated versus non-illustrated formats. For this purpose, van Dijk and Kintsch’s (1983) tri-partite model was used, according to which text recipients form text surface and textbase rep-resentations and construct a situation model. In particular, predictions referring to the influ-ence of illustrations on these three levels of text representation were derived from the inte-grated model of text and picture comprehension (ITPC; Schnotz, 2014), which holds that text-picture units are processed on both text-based (descriptive) and picture-based (depictive) paths. Accordingly, illustrations support the construction of a situation model. Moreover, in line with the embodied cognition account (e.g., Barsalou, 1999), it was assumed that the situa-tion model is grounded in perception and action; text recipients mentally simulate the situation addressed in the text through their neural systems related to perception (perceptual simulation) and action (motor resonance). Therefore, the thesis also examines whether perceptual simula-tion takes place during story reception, whether it improves the comprehension of illustrated stories, and whether motor resonance is related to the comprehension of text accompanied by dynamic illustrations. Finally, predictions concerning the development of comprehending illus-trated text were made in line with Springer’s (2001) hypotheses according to which younger children, compared with older children and adults, focus more on illustrations during text comprehension (perceptual boundedness) and use illustrations for the development of cogni-tive skills (perceptual support). The first research question sought to validate the tripartite model in the context of children’s comprehension of narrative text, so Hypothesis 1 predicted that children yield representations of the text surface, the textbase, and the situation model during text reception. The second research question comprised the assumptions regarding the impact of illustrations on text comprehension. Accordingly, it was expected that illustrations improve the situation model (Hypothesis 2a), especially when they are processed before their corresponding text passages (Hypothesis 2b). Both hypotheses were derived from the ITPC and the assumption that per-ceptual simulation supports the situation model. It was further predicted that dynamic illustra-tions evoke more accurate situation models than static ones (Hypothesis 2c); this followed from the assumption that motor resonance supports the situation model. In line with the ITPC, it was assumed that illustrations impair the textbase (Hypothesis 2d), especially when they are presented after their corresponding text passages (Hypothesis 2e). In accordance with earlier results, it was posited that illustrations have a beneficial effect for the text surface (Hypothesis 2f). The third research question addressed the embodied approach to the situation model. Here, it was assumed that perceptual simulation takes place during text reception (Hypothesis 3a) and that it is more pronounced in illustrated than in non-illustrated text (Hypothesis 3b); the latter hypothesis was related to a necessary premise of the assumption that perceptual sim-ulation improves the comprehension of illustrated text. The fourth research question was relat-ed to perceptual boundedness and perceptual support and predicted age-related differences; younger children were expected to benefit more from illustrations regarding the situation model (Hypothesis 4a) and to simulate vertical object movements in a more pronounced fash-ion (Hypothesis 4b) than older children. In addition, Hypothesis 4c held that perceptual simu-lation is more pronounced in younger children particularly when illustrations are present. Three experiments were conducted to investigate these hypotheses. Experiment 1 (Seger, Wannagat, & Nieding, submitted).compared the tripartite representations of written text without illustrations, with illustrations presented first, and with illustrations presented after their corresponding sentences. Students between 7 and 13 years old (N = 146) took part. Ex-periment 2 (Seger, Wannagat, & Nieding, 2019) investigated the tripartite representations of auditory text, audiovisual text with static illustrations, and audiovisual text with dynamic il-lustrations among children in the same age range (N = 108). In both experiments, a sentence recognition method similar to that introduced by Schmalhofer and Glavanov (1986) was em-ployed. This method enables the simultaneous measurement of all three text representations. Experiment 3 (Seger, Hauf, & Nieding, 2020) determined the perceptual simulation of vertical object movements during the reception of auditory and audiovisual narrative text among chil-dren between 5 and 11 years old and among adults (N = 190). For this experiment, a picture verification task based on Stanfield and Zwaan’s (2001) paradigm and adapted from Hauf (2016) was used. The first two experiments confirmed Hypothesis 1, indicating that the tripartite model is appli-cable to the comprehension of auditory and written narrative text among children. A benefi-cial effect of illustrations to the situation model was observed when they were presented syn-chronously with auditory text (Hypotheses 2a), but not when presented asynchronously with written text (Hypothesis 2b), so the ITPC is partly supported on this point. Hypothesis 2c was rejected, indicating that motor resonance does not make an additional contribution to the comprehension of narrative text with dynamic illustrations. Regarding the textbase, a general negative effect of illustrations was not observed (Hypothesis 2d), but a specific negative effect of illustrations that follow their corresponding text passages was seen (Hypothesis 2e); the latter result is also in line with the ITPC. The text surface (Hypothesis 2f) appears to benefit from illustrations in auditory but not written text. The results obtained in Experiment 3 sug-gest that children and adults perceptually simulate vertical object movements (Hypothesis 3a), but there appears to be no difference between auditory and audiovisual text (Hypothesis 3b), so there is no support for a functional relationship between perceptual simulation and the situ-ation model in illustrated text. Hypotheses 4a–4c were investigated in all three experiments and did not receive support in any of them, which indicates that representations of illustrated and non-illustrated narrative text remain stable within the age range examined here. N2 - Die vorliegende Doktorthesis ist Teil eines Forschungsprojektes zur Entwicklung des kogni-tiven Filmverständnisses an der Universität Würzburg, das von der Deutschen Forschungs-gemeinschaft im Zeitraum 2013 – 2019 als Zuwendung an Gerhild Nieding finanziert wurde. In diesem Projekt wurde das Verständnis narrativer Texte mit und ohne Illustrationen bei Kindern sowie dessen Entwicklung untersucht. Zu diesem Zweck wurde van Dijk und Kintschs (1983) Drei-Ebenen-Modell verwendet, demzufolge Textrezipient*innen eine Re-präsentation der Textoberfläche und der Textbasis bilden sowie ein Situationsmodell kon-struieren. Im Speziellen wurden Vorhersagen in Bezug auf den Einfluss von Illustrationen auf diese drei Textrepräsentationsebenen vom integrierten Modell des Text- und Bildver-ständnisses (ITPC; Schnotz, 2014) abgeleitet; dieses nimmt an, dass Text-Bild-Einheiten sowohl auf einem textbasierten (deskriptiven) als auch auf einem bildbasierten (depiktiven) Pfad verarbeitet werden. Demzufolge unterstützen Illustrationen den Aufbau eines Situati-onsmodells. Darüber hinaus wurde mit Bezug auf den Ansatz der verkörperten Kognition (z.B. Barsalou, 1999) angenommen, dass das Situationsmodell im Wahrnehmen und Han-deln begründet ist; Textrezipient*innen simulieren demnach die im Text dargestellte Situati-on durch die neuronalen Systeme, die mit Wahrnehmung (perzeptuelle Simulation) und Handlung (motorische Resonanz) in Verbindung stehen. Deshalb untersucht diese Thesis auch, ob perzeptuelle Simulation während der Textrezeption stattfindet, ob diese das Verste-hen illustrierter Geschichten verbessert und ob motorische Resonanz einen Bezug zum Ver-stehen von Texten mit dynamischen Illustrationen aufweist. Schließlich wurden Vorhersagen bezüglich der Entwicklung des Verständnisses illustrierter Texte anhand von Springers (2001) Hypothesen getroffen, wonach jüngere Kinder während des Textverstehens stärker auf Illustrationen fokussieren als ältere Kinder und Erwachsene (perzeptuelle Gebundenheit) und wonach sie Illustrationen für die Entwicklung kognitiver Fertigkeiten nutzen (perzeptu-elle Unterstützung). Die erste Forschungsfrage zielte darauf ab, das Drei-Ebenen-Modell im Zusammenhang mit dem Verständnis narrativer Texte bei Kindern zu validieren, daher sagte Hypothese 1 voraus, dass Kinder während der Textrezeption Repräsentationen der Textoberfläche, der Textbasis und des Situationsmodells aufweisen. Die zweite Forschungsfrage umfasste Annahmen be-züglich des Einflusses von Illustrationen auf das Textverständnis. Demnach wurde erwartet, dass Illustrationen das Situationsmodell verbessern (Hypothese 2a), vor allem, wenn diese vor den ihr jeweils zugeordneten Textpassagen verarbeitet werden (Hypothese 2b). Beide Hypothesen wurden hergeleitet aus dem ITPC sowie aus der Annahme, dass perzeptuelle Simulation das Situationsmodell unterstützt. Es wurde ferner vorhergesagt, dass dynamische Illustrationen genauere Situationsmodelle hervorrufen als statische (Hypothese 2c); dies folg-te aus der Annahme, dass motorische Resonanz das Situationsmodell unterstützt. In Überein-stimmung mit dem ITPC wurde angenommen, dass Illustrationen die Textbasis beeinträchti-gen (Hypothese 2d), vor allem, wenn diese nach den ihnen zugeordneten Textpassagen prä-sentiert werden (Hypothese 2e). Basierend auf früheren Ergebnissen wurde für die Textober-fläche die Hypothese aufgestellt, dass Illustrationen sich günstig auswirken (Hypothese 2f). Die dritte Forschungsfrage nahm Bezug auf den verkörperten Ansatz des Situationsmodells. Hierbei wurde postuliert, dass perzeptuelle Simulationen während der Textrezeption stattfin-den (Hypothese 3a) und dass diese stärker ausgeprägt sind bei illustriertem im Gegensatz zu nicht-illustriertem Text (Hypothese 3b); letztere Hypothese stand in Zusammenhang mit ei-ner notwendigen Voraussetzung der Annahme, dass perzeptuelle Simulation das Verständnis illustrierter Texte erhöht. Die vierte Forschungsfrage stand im Kontext der Annahmen perzeptueller Gebundenheit und perzeptueller Unterstützung und sagte Altersunterschiede voraus; es wurde erwartet, dass jüngere im Gegensatz älteren Kindern in Bezug auf das Situa-tionsmodell mehr von Illustrationen profitieren (Hypothese 4a) und vertikale Objektbewe-gungen stärker simulieren (Hypothese 4b). Zudem nahm Hypothese 4c an, dass die perzeptu-elle Simulation bei jüngeren Kindern vor allem dann stärker ausgeprägt ist, wenn Illustratio-nen gezeigt werden. Zur Überprüfung dieser Hypothesen wurden drei Experimente durchgeführt. Experiment 1 (Seger, Wannagat & Nieding, eingereicht) verglich die drei Repräsentationsebenen bei schriftlichem Text ohne Illustrationen, schriftlichem Text mit Illustrationen, die vor dem jeweiligen Text erschienen und schriftlichem Text mit Illustrationen, die danach erschienen. Schüler*innen im Alter von 7 bis 13 Jahren (N = 146) nahmen daran teil. Experiment 2 (Se-ger, Wannagat & Nieding, 2019) erforschte die drei Repräsentationsebenen bei auditivem Text, audiovisuellem Text mit statischen Illustrationen und audiovisuellem Text mit dyna-mischen Illustrationen in einer Stichprobe von Kindern desselben Alters (N = 108). In bei-den Experimenten wurde eine Satzrekognitionsmethode ähnlich der von Schmalhofer und Glavanov (1986) angewendet. Diese Methode ermöglicht die simultane Messung aller drei Repräsentationsebenen. Experiment 3 (Seger, Hauf & Nieding, 2020) untersuchte die perzep-tuelle Simulation von vertikalen Objektbewegungen bei der Rezeption auditiver und audio-visueller narrativer Texte bei Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren sowie bei Erwachsenen (N = 190). Hierbei wurde eine Bildverifikationsaufgabe verwendet, die auf Stanfield und Zwaans (2001) Paradigma aufbaut und von Hauf (2016) adaptiert wurde. Die ersten beiden Experimente bestätigen Hypothese 1, was darauf hindeutet, dass das Drei-Ebenen-Modell auf den Kontext des Verständnisses auditiver und schriftlicher narrativer Texte bei Kindern angewendet werden kann. Eine günstige Auswirkung von Illustrationen auf das Situationsmodell wurde beobachtet, wenn diese synchron mit auditivem Text (Hypo-these 2a), jedoch nicht wenn diese asynchron mit schriftlichem Text präsentiert wurden (Hy-pothese 2b); dies stellt eine partielle Bestätigung der ITPC in diesem Punkt dar. Hypothese 2c wurde verworfen, demnach trägt motorische Resonanz nicht zusätzlich zum Verständnis narrativer Texte mit dynamischen Illustrationen bei. Im Hinblick auf die Textbasis wurde kein genereller negativer Effekt von Illustrationen beobachtet (Hypothese 2d), jedoch ein spezifischer negativer Effekt wenn diese der ihnen jeweils zugeordneten Textpassage folgten (Hypothese 2e); letzteres Ergebnis steht ebenfalls im Einklang mit der ITPC. Die Textober-fläche (Hypothese 2f) scheint von Illustrationen bei auditivem, jedoch nicht bei schriftlichem Text zu profitieren. Die Ergebnisse von Experiment 3 legen nahe, dass Kinder und Erwach-sene vertikale Objektbewegungen perzeptuell simulieren (Hypothese 3a), es scheint jedoch diesbezüglich keinen Unterschied zwischen auditivem und audiovisuellem Text zu geben (Hypothese 3b); folglich wird die Annahme nicht unterstützt, dass perzeptuelle Simulationen beim Aufbau des Situationsmodells bei illustrierten Texten eine funktionale Rolle spielen. Die Hypothesen 4a–4c wurden in allen drei Experimenten untersucht und in keinem davon bestätigt; daraus folgt, dass Repräsentationen illustrierter und nicht illustrierter narrativer Texte innerhalb des untersuchten Altersbereichs stabil bleiben. KW - Textverstehen KW - Grundschulkind KW - Audiovisuelle Medien KW - Illustration KW - text comprehension KW - situation model KW - narrative text KW - perceptual simulation KW - perceptual support KW - Illustration Y1 - 2021 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-242280 ER -