TY - THES A1 - Erle, Thorsten Michael T1 - A Grounded Approach to Psychological Perspective-Taking T1 - Ein verkörperter Erklärungsansatz für psychologische Perspektivenübernahme N2 - „Perspektivenübernahme“ bezeichnet die Fähigkeit des Menschen, sich in die Lage eines anderen hineinzuversetzen. In der psychologischen Forschung unterscheidet man drei Arten der Perspektivenübernahme, nämlich perzeptuelle (visuo-spatiale), affektive (Empathie) und kognitive (Theory of Mind). Die letztgenannten Arten der Perspektivenübernahme werden oft als „psychologische Perspektivenübernahme“ zusammengefasst. Diese Dissertation befasst sich mit der Frage, ob diese verschiedenen Arten der Perspektivenübernahme als theoretisch unterscheidbare Konstrukte oder lediglich als Facetten ein und desselben Konstrukts angesehen werden sollten. Die Befundlage in der psychologischen Fachliteratur ist diesbezüglich nicht eindeutig. Während einige Autoren Korrelationen zwischen verschiedenen Arten der Perspektivenübernahme für zu gering erachten, um ein einheitliches Konstrukt zu konstatieren, bewerten andere Autoren Korrelationen derselben Größe als Evidenz hierfür. Ein weniger arbiträres Vorgehen wäre es, experimentalpsychologisch zugrunde liegende Mechanismen zu identifizieren, die allen Arten der Perspektivenübernahme gemein sind, und zu untersuchen, ob eine Manipulation dieser Mechanismen abhängige Maße affektiver, kognitiver und perzeptueller Perspektivenübernahme gleichermaßen beeinflusst. Diesem Ansatz folgend macht die vorliegende Arbeit die Annahme, dass die mentale Selbstrotation des Körperschemas in die Position einer anderen Person, der zentrale Mechanismus visuo-spatialer Perspektivenübernahme, ein gemeinsamer Mechanismus aller Arten der Perspektivenübernahme ist. Entgegen früherer Ansätze wird diese Einheit somit nicht nur über die zentrale gemeinsame Funktionalität aller Arten von Perspektivenübernahme, also dem Verlassen des egozentrischen Referenzrahmens zugunsten einer (visuellen, affektiven oder kognitiven) Fremdperspektive, gerechtfertigt, sondern mit der Annahme eines gemeinsamen zugrundeliegenden Mechanismus. Daraus wird die einfache Hypothese abgeleitet, dass visuo-spatiale Perspektivenübernahme zu psychologischen Konsequenzen führen kann. Dies wurde in 6 Experimenten getestet. In diesen Experimenten mussten die Probanden zunächst immer die visuelle Perspektive einer anderen Person einnehmen. Hierzu sahen die Probanden eine Person, die mit zwei Objekten an einem Tisch sitzt. In jedem Durchgang mussten die Probanden sich entscheiden, mit welcher Hand diese Person eines der beiden Objekte greifen würde. Dabei wurde die Position der Zielperson so manipuliert, dass sie in der Hälfte der Fälle im selben visuo-spatialen Referenzrahmen wie der Proband saß, was Perspektivenübernahme zur Lösung der Aufgabe obsolet machte, während sie sich in den verbleibenden Durchgängen in einem anderen visuo-spatialen Referenzrahmen befand, so dass die Probanden die visuelle Perspektive der Zielperson übernehmen mussten um die Aufgabe korrekt zu lösen. Nach jedem Durchgang wurde dem Ziel dieser visuo-spatialen Aufgabe eine psychologische Eigenschaft zugeschrieben. Dies geschah im Rahmen eines abgewandelten Paradigmas zur Untersuchung der Ankerheuristik. Hierzu wurde den Probanden nach jedem Durchgang der visuo-spatialen Aufgabe eine Schätzfrage gestellt. Zeitgleich wurde die Antwort des Ziels bekannt gegeben. Entsprechend der Haupthypothese, dass visuo-spatiale Perspektivenübernahme psychologische Konsequenzen erzeugen kann, konnte gezeigt werden, dass die Probanden nach visuo-spatialer Perspektivenübernahme in höherem Maße die Gedanken der Zielperson übernahmen. Dies konnte sowohl anhand der absoluten Größe des Ankereffekts, als auch anhand der Differenz zwischen den Urteilen der Probanden und der Zielperson, gezeigt werden. Weitere Experimente schlossen Stichprobeneigenschaften, die verwendeten Stimuli oder die Aufgabenschwierigkeit als Alternativerklärungen für diese Effekte aus. Die beiden letzten Experimente zeigten zudem, dass dieser Effekt spezifisch für alle Konstellationen ist, in denen eine mentale Selbstrotation in die Zielperspektive notwendig war und dass die Übernahme fremder Gedanken mit einem Gefühl von Ähnlichkeit assoziiert war. Zusammengenommen unterstützen die Ergebnisse dieser Arbeit die theoretisch abgeleitete Sicht eines einheitlichen Perspektivenübernahme-Konstrukts und grenzen dieses zusätzlich von verwandten Konstrukten ab. In der abschließenden Diskussion werden die Bedeutung dieser Befunde für die Forschung in den Bereichen Empathie, Theory of Mind, und Perspektivenübernahme und ebenfalls praktische Implikationen der Ergebnisse aufgezeigt. N2 - „Perspective-taking“ is the ability to put yourself into the place of somebody else. Psychological research distinguishes three kinds of perspective-taking, namely, perceptual (visuo-spatial), affective (empathy), and cognitive (theory of mind) perspective-taking. The last two kinds of perspective-taking are often summarized as “psychological perspective-taking”. This dissertation tackles the question of whether these three kinds of perspective-taking should be conceptualized as independent constructs or as facets of one and the same construct. Prior research findings concerning this are equivocal. While some authors consider correlations between the different kinds of perspective-taking as too low for a unitary construct, others interpret correlations of the same magnitude as evidence for this. A less arbitrary way of deciding this would be to identify common mechanisms that underlie all kinds of perspective-taking and to examine whether manipulating these mechanisms in psychological experiments affects measures of perceptual, affective, and cognitive perspective-taking in parallel. In accordance with this reasoning, the present dissertation assumes that the mental self-rotation of the body schema into the physical location of another person, the main mechanism of perceptual perspective-taking, is a common mechanism of all kinds of perspective-taking. Thus, contrary to previous research a unitary construct is not only justified on the grounds of a common central functionality of all kinds of perspective-taking, that is, overcoming one’s egocentrism in favor of an alternative (perceptual, affective or cognitive) point of view, but additionally on the grounds of a common psychological mechanism. From this, the simple hypothesis that inducing visuo-spatial perspective-taking also leads to psychological consequences is derived. This hypothesis was tested in 6 experiments. In these experiments, participants first had to adopt the visual perspective of another person. To this end, they saw a person sitting at a table with two objects. During every trial, participants had to decide which hand the person would have to use in order to grab one of the two objects. Furthermore, the angular disparity between the participant and the target was manipulated in such a way that during half of the trials the target person was within the same visuo-spatial reference frame as the participant and thus no perspective-taking was necessary to solve the task correctly. During the remaining trials, the target person was sitting in another visuo-spatial reference frame so that the participants had to engage in perspective-taking to solve the task correctly. After every such trial, the target person was imbued with a mental state. This was done using an adapted paradigm for the investigation of the anchoring heuristic. Specifically, participants were asked to answer a trivia question and also saw what the target person from the visuo-spatial perspective-taking task was guessing. In line with the hypothesis that visuo-spatial perspective-taking leads to psychological outcomes, too, it was found that participants adopted the thoughts of the target person more strongly after visuo-spatial perspective-taking. This was evident in the absolute size of the anchoring effect, as well as the differences between participant and target estimations. Further experiments ruled out sample and stimulus characteristics and task difficulty as alternative explanations for these effects. The last two experiments furthermore established that the effects were specific to constellations where an embodied self-rotation into the target’s perspective was necessary and that the adoption of the target’s thoughts was associated with feelings of similarity. Taken together, these findings support the theoretically elaborated unitary view of perspective-taking and furthermore distinguish this construct from other related phenomena. In the general discussion, the significance of these findings for research on empathy, theory of mind, and perspective-taking, as well as practical implications are discussed. KW - Perspektivenübernahme KW - Empathie KW - Theory of Mind KW - Embodiment Y1 - 2016 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-143247 ER - TY - THES A1 - Körner, Anita T1 - Psychological Mechanisms in Embodied Cleansing T1 - Psychologische Mechanismen verkörperter Reinigung N2 - Ein schwerer Rucksack lässt Hügel steiler wirken (Proffitt et al., 2003). Kaum wahrgenommene Gerüche beeinflussen Ordentlichkeit (Holland, Hendriks, & Aarts, 2005). Kaubewegungen beeinflussen, als wie vertraut man vorher gesehene Namen bewertet (Topolinski, 2012). Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit derartigen Auswirkungen von körperlichen Zuständen, Sinneswahrnehmungen und Handlun- gen auf psychische Zustände und Vorgänge, die als Embodiment bezeichnet werden. In der vorliegenden Arbeit wird zuerst Embodiment im Vergleich zur Computer- metapher des Informationsverarbeitungsansatzes definiert und Betrachtungen zu Metaphern für die menschliche Psyche im Allgemeinen aufgestellt. Danach werden verschiedene psychologische Mechanismen für Embodiment-Phänomene aufgezeigt. Kapitel 2 führt alle Embodiment-Phänomene auf drei verschiedene grundlegende psychische Mechanismen zurück, die alleine oder in Kombination alle Embodiment- Phänomene erklären können. Da die Untersuchung zugrundeliegender Mechanis- men bisher eher wenig verbreitet ist, werden außerdem empirische Testverfahren dargestellt, mit deren Hilfe zwischen verschiedenen Mechanismen für spezifische Phänomene unterschieden werden kann. Während die Inhalte dieser Arbeit also Embodiment-Phänomene sind, ist die Herangehensweise—die Untersuchung kog- nitiver Prozesse—in der Social Cognition Perspektive verwurzelt. Der empirische Teil der Arbeit untersucht einen spezifischen Embodiment-Effekt genauer, nämlich den Einfluss körperlicher Reinigung auf psychische Prozesse, die verkörperte Reinigung. In Kapitel 4 wird untersucht, inwiefern sich Hilfsbereitschaft nach eigenem moralischen oder unmoralischen Verhalten durch physikalische Reinigung ändert—inwiefern man sich also von einem moralisch positiven oder moralisch negativem Gefühl reinwaschen kann (zwei Experimente mit insgesamt 476 Teilnehmern). In Kapitel 5 wird untersucht, wie sich durch physikalische Reinigung die Änderungen in Optimismus und Selbstwert reduzieren, die durch Erfolg oder Misserfolg in einem vorangehenden Leistungstest hervorgerufen wor- den waren (drei Experimente mit insgesamt 372 Teilnehmern). Die Grundidee bei verkörperter Reinigung ist also, dass physikalische Reinigung nicht nur physis- che sondern auch psychische Rückstände entfernt. Das heißt, dass der Einfluss vorheriger Erfahrungen durch Händewaschen reduziert werden sollte. In dieser Arbeit sollen die psychologischen Prozesse untersucht werden, die den Einfluss von Reinigung auf die Psyche vermitteln könnten. Ausgehend von be- reits bekannten Auswirkungen körperlicher Reinigung auf verschiedene psychische Prozesse, werden zwei mögliche Erklärungen für das Phänomen der verkörperten Reinigung kontrastiert und über deren zugrundeliegende Prozesse spekuliert (Kapi- tel 3). Kapitel 4 vergleicht die Effekte verkörperter Reinigung, wenn die beiden Erklärungen konvergierende Vorhersagen machen (nach moralisch negativen Erin- nerungen) und wenn die beiden Erklärungen divergierende Vorhersagen machen (nach moralisch positiven Erinnerungen). Kapitel 5 untersucht dann eine der beiden Erklärungen genauer. Dafür werden verschiedene Aspekte der Reinigungshandlung variiert um die notwendigen und hinreichenden Kriterien für verkörperte Reinigung und damit auch die beteiligten psychischen Prozesse zu untersuchen. Die Ergebnisse des Einflusses verkörperter Reinigung in Kapitel 4 sind nicht interpretierbar, weil der vorausgesetzte Einfluss positiver und negativer moralischer Erinnerungen auf prosoziales Verhalten nicht nachweisbar war. Mit geändertem Grundparadigma ließ sich dann in Kapitel 5 ein stabiler Effekt verkörperter Reini- gung nachweisen. Eine Variation verschiedener Faktoren der Reinigung ergab, dass eine intentionale oder zumindest wissentliche Reinigung essentiell ist und dass sich diese Reinigung auf den eigenen Körper (und nicht auf einen Gegenstand) bezieht damit physische Reinigung zu psychischer Reinigung führt. Damit spielen sowohl inferentielle als auch automatisch Prozesse eine Rolle bei Effekten verkörperter Reinigung. Zum Abschluss der Arbeit werden die Erkenntnisse und Limitierungen der ak- tuellen Arbeit diskutiert und die beiden möglichen Reinigungserklärungen in einen anthropologischen Kontext gestellt. Anschließend wird der hier verfolgte Ansatz mit anderen Arten von Embodiment-Erklärungen verglichen. N2 - The present thesis examines embodiment—the body’s influence on psychological processes. Bodily states, perceptions, and actions influence cognitive processes; for example, a heavy backpack makes hills look steeper (Proffitt et al., 2003); and faint odors influence orderliness (Holland, Hendriks, & Aarts, 2005). In Chapter 2, embodiment phenomena are reviewed and classified according to three possible underlying mechanisms. Additionally, empirical tests for distinguishing between the workings of these mechanisms are discussed. The empirical part of the thesis examines one specific embodiment in more detail, namely embodied cleansing. The basic idea in embodied cleansing is that physical cleansing reduces not only physical but also psychological remnants of the past. For example, Chapter 4 examines whether prosocial behavior after one’s own moral or immoral behavior is changed by embodied cleansing; and Chapter 5 examines how changes in optimism and self-esteem as a result of previous success or failure in an achievement test are reduced by embodied cleansing. The present thesis examines psychological mechanisms that could explain embodied cleansing. For that, Chapter 3 derives and contrasts two possible explanations for embodied cleansing. Chapter 4 tests the effect of physical cleansing when both explanations make converging predictions (with morally negative memories) compared to when the two explanations make differing predictions (with morally positive memories). However, the results of embodied cleansing on prosocial behavior after (im)moral recall could not be examined as (im)moral recall, against expectations, did not influence prosocial behavior in the present paradigm. Chapter 5 more closely examines one of the two explanations. For that, different aspects of the act of cleaning one’s hands are varied to examine necessary and sufficient criteria for embodied cleansing. The results show that deliberate cleaning is essential for embodied cleansing; additionally the cleaning action has to refer to one’s own body (and not to an object). Thus, a combination of inferential and automatic processes seem to play a role in embodied cleansing. Finally the results are discussed in relation to other embodiment effects and explanations. KW - Psychologie KW - Embodiment KW - Social Cognition KW - Embodied Cognition KW - Embodied Cleansing Y1 - 2014 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-112569 ER -