TY - THES A1 - Göbel [geb. Aichele], Thorsten Philipp T1 - Marginalien als Explikation der lokalen Makrostruktur beim Lernen mit Hypertext T1 - Marginalia as an Explication of Local Macrostructure in Hypertext Learning N2 - Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden vier Experimente zur Eignung von Marginalien als Lernhilfen im Hypertext durchgeführt. Die grundlegende Annahme lautet dabei, dass Marginalien als Kommentar zum Text aufgefasst werden und somit im Vergleich zu intratextuellen Lernhilfen wie Überschriften oder absatzeinleitenden Makropropositionen zu einer interaktiven und tieferen Verarbeitung der Lerninhalte führen. Als Lernmedium wurden eine hierarchische Hypertextumgebung zum Thema Fragebogenkonstruktion und eine netzförmige Hypertextumgebung zur Bedeutung des Buchdrucks in der Medientheorie eingesetzt. Experiment 1 (N= 41) verglich mittels between-Design die Lernleistung bei Marginalien mit einer Präsentation derselben Makropropositionen als absatzeinleitende Topic-Sätze und einer Platzierung der Makropropositionen am Absatzende. Die Ergebnisse zeigen, dass absatzweise Marginalien im Vergleich zu absatzeinleitenden Makropropositionen und der Kontrollgruppe zu einem besseren Abschneiden bei geschlossenen Inferenzfragen führen. Hinsichtlich geschlossener Fragen zur Textbasis konnten jedoch die absatzeinleitenden Makropropositionen im Vergleich mit den beiden anderen Bedingungen die besten Ergebnisse erzielen. Experiment 2 (N= 105) verglich den Einfluss von Marginalien mit Überschriften und einer Kontrollgruppe ohne absatzweise Explikation der Makrostruktur auf das Schreiben einer Zusammenfassung des Lerntextes. Zusätzlich wurden erneut geschlossene Inferenzfragen präsentiert. Ergänzend wurde das Rezeptionsverhalten mittels Blickbewegungsmessung ermittelt. Dabei zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen Überschriften und Marginalien. Marginalien wurden in der hierarchischen Hypertextumgebung allgemein seltener gelesen als Überschriften und zeigten auch hinsichtlich der Anzahl der strategischen Rezeptionen und der absatzeinleitenden Rezeption geringere Werte. Einzig nach der Rezeption des zugehörigen Absatzes wurden Marginalien häufiger konsultiert als Überschriften. Diese Unterschiede gingen einher mit signifikanten Einbußen der Lernleistung der Marginalienbedingung im Vergleich zur Überschriftenbedingung. So erinnerten Lerner mit Marginalien weniger explizite Makropropositionen des Lerntextes, weniger Fakteninformationen, sowie weniger Inhalte verschiedener Hypertextknoten und bildeten außerdem weniger eigene Makropropositionen. Hinsichtlich der letzten beiden Variablen war die Marginalienbedingung sogar der Kontrollbedingung unterlegen. Experiment 3 (N = 54) verwendete im Gegensatz zu den Experimenten 1 und 2 einen netzförmig organisierten Hypertext mit embedded Links anstelle eines Navigationsmenüs. Die untersuchten Versuchsbedingungen sowie die Messung der Lernleistung waren jedoch analog zu Experiment 1. Auch hier konnte ein Effekt von Marginalien auf die Inferenzleistung nachgewiesen werden. Allerdings schnitten Marginalien nur besser als die absatzeinleitenden Makropropositionen ab, wohin-gegen kein Unterschied zur Kontrollbedingung festgestellt werden konnten. Hinsichtlich der Leistung bei geschlossenen Faktenfragen konnte die Überlegenheit absatzeinleitender Makropropositionen gegenüber den anderen beiden Präsentationsformen der Makrostruktur erneut bestätigt werden. Experiment 4 (N= 75) verglich analog zu Experiment 2 unter Verwendung der netzförmigen Lernumgebung aus Experiment 3 erneut den Einfluss von Marginalien, Überschriften und einer Kontrollbedingung ohne explizite absatzweise Makropropositionen auf das Schreiben einer Zusammenfassung sowie die Beantwortung geschlossener Inferenzfragen. Auch die Blickbewegungsmessung kam wieder zum Einsatz. Die Ergebnisse von Experiment 2 konnten jedoch nicht bestätigt werden. Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Lernleistung zwischen den drei Versuchsbedingungen und auch hinsichtlich des Rezeptionsverhaltens konnte eine Angleichung von Marginalien und Überschriften festgestellt werden. Hinsichtlich der Lernleistung wird angenommen, dass die embedded Links in Kombination mit der Instruktion, eine Zusammenfassung zu schreiben mit den Überschriften und den Marginalien, die jedoch im Vergleich zu Experiment 2 fast vollständig wie Überschriften genutzt wurden, interferiert haben und somit eine Hemmung dieser Lernhilfen stattgefunden hat. Anhand der vier durchgeführten Experimente wird gefolgert, dass Marginalien als Explikation der lokalen Makrostruktur sowohl bei hierarchisch strukturiertem Hypertext als auch bei netzförmig organisiertem Hypertext unter der Instruktion eines verstehenden Lernens eine Verbesserung der Inferenzleistung bewirken können. Lautet die Instruktion jedoch, eine Zusammenfassung der In-halte zu schreiben, sind Marginalien speziell bei hierarchisch strukturiertem Hypertext wenig geeignet, die Lernleistung zu fördern. N2 - Four experiments were conducted to compare marginalia with other textual learning aids. The basic assumption was that marginalia are perceived as a comment to the text and therefore should foster a more interactive and deeper processing of the text’s content compared to classical structure aids like headings or topic sentences. Two experiments used a hierarchical structured hypertext on questionnaire design. The other two experiments applied an ill-structured hypertext with embedded links on the relevance of the Gutenberg-Revolution for media theory. Experiment 1 (N= 41) compared learning gains of marginalia with two other alternative but unsignaled placings of the same macropropositions: topic sentences and paragraph-terminal macropropositions. Results indicate that marginalia for each paragraph outperformed both other conditions on inference performance, measured via single choice questions. Concerning the recognition of factual information, topic sentences outperformed both other conditions. In experiment 2 (N= 105) marginalia were compared with heading and a control group without explicit macropropositions for each paragraph. Participants had to write a summary and answer single-choice inference questions. In addition to learning outcomes strategic reading behavior was obtained via eyetracking. Marginalia were read less frequent than headings, especially at the beginning of a corresponding paragraph. Further, marginalia also showed less strategic receptions. Concerning the summaries, learners in the marginalia condition produced less self-generated macropropositions than both other groups and wrote down less macropropositions that were explicitly mentioned in the text. In addition, learners in the marginalia condition retrived less information from fewer hypertext nodes than learners in both other conditions. Marginalia outperformed headings only in the number of receptions after the corresponding paragraph. No differences on inference performance were found. Experiment 3 (N = 54) applied an ill-structured hypertext instead of the well-structured hierarchical hypertext in experiments 1 and 2. Instead of a navigation menu, participants had to navigate the hypertext with embedded hyperlinks. The experimental manipulation and the dependent variables were similar to experiment 1, although the subject of the text was not the same as in experiment 1. As in experiment 1, marginalia outperformed paragraph-initial topic sentences on inference performance. However, in contrast to experiment 1 marginalia did not outperform the control condition. Concerning the recognition of factual information, topic sentences outperformed both other conditions again, indicating the assumed effect of oversignalization for both, well-structured and ill-structured hypertext. Finally, experiment 4 (N= 75) used the same hypertext as experiment 3 and the same manipulations and measuring methods as experiment 2. Neither the summaries nor the inference questions showed any significant difference among the three experimental conditions. Only the Eyetracking data obtained a small number of significant differences in the reception of headings and marginalia. As the differences in learning performance from experiment 2 vanished and differences in the reception of headings and marginalia also decreased, a possible interaction of the learning goal with the hypertext structure is discussed that might have interfered the positive effects of the learning aids. Based on those four experiments, marginalia as an alternative explication of the macrostructure are recommended for both, well-structured hypertext as well as for ill-structured hypertext insofar as the learning goal is a deep comprehension of the text and not the production of an exact summary of the text. Marginalia only seem to foster inference performance but not the factual textbase. However, this is accordance with the assumed benefits of hypertext over linear text. KW - Hypertext KW - Marginalien KW - Lernen KW - Textverstehen KW - Makropropositionen KW - Makrostruktur KW - Access Structure KW - Randbemerkung KW - Construction-Integration-Model Y1 - 2016 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-148136 ER - TY - THES A1 - von der Mühlen, Sarah T1 - Fostering Students’ Epistemic Competences when Dealing with Scientific Literature T1 - Die Förderung epistemischer Kompetenzen von Studierenden im Umgang mit wissenschaftlicher Literatur N2 - The abilities to comprehend and critically evaluate scientific texts and the various arguments stated in these texts are an important aspect of scientific literacy, but these competences are usually not formally taught to students. Previous research indicates that, although undergraduate students evaluate the claims and evidence they find in scientific documents to some extent, these evaluations usually fail to meet normative standards. In addition, students’ use of source information for evaluation is often insufficient. The rise of the internet and the increased accessibility of information have yielded some additional challenges that highlight the importance of adequate training and instruction.The aim of the present work was to further examine introductory students’ competences to systematically and heuristically evaluate scientific information, to identify relevant strategies that are involved in a successful evaluation, and to use this knowledge to design appropriate interventions for fostering epistemic competences in university students.To this end, a number of computer-based studies, including both quantitative and qualitative data as well as experimental designs, were developed. The first two studies were designed to specify educational needs and to reveal helpful processing strategies that are required in different tasks and situations. Two expert-novice comparisons were developed, whereby the performance of German students of psychology (novices) was compared to the performance of scientists from the domain of psychology (experts) in a number of different tasks, such as systematic plausibility evaluations of informal arguments (Study 1) or heuristic evaluations of the credibility of multiple scientific documents (Study 2). A think-aloud procedure was used to identify specific strategies that were applied in both groups during task completion, and that possibly mediated performance differences between students and scientists. In addition, relationships between different strategies and between strategy use and relevant conceptual knowledge was examined. Based on the results of the expert-novice comparisons, an intervention study, consisting of two training experiments, was constructed to foster some competences that proved to be particularly deficient in the comparisons (Study 3). Study 1 examined introductory students’ abilities to accurately judge the plausibility of informal arguments according to normative standards, to recognise common argumentation fallacies, and to identify different structural components of arguments. The results from Study 1 indicate that many students, compared to scientists, lack relevant knowledge about the structure of arguments, and that normatively accurate evaluations of their plausibility seem to be challenging in this group. Often, common argumentation fallacies were not identified correctly. Importantly, these deficits were partly mediated by differences in strategy use: It was especially difficult for students to pay sufficient attention to the relationship between argument components when forming their judgements. Moreover, they frequently relied on their intuition or opinion as a criterion for evaluation, whereas scientists predominantly determined quality of arguments based on their internal consistency. In addition to students’ evaluation of the plausibility of informal arguments, Study 2 examined introductory students’ competences to evaluate the credibility of multiple scientific texts, and to use source characteristics for evaluation. The results show that students struggled not only to judge the plausibility of arguments correctly, but also to heuristically judge the credibility of science texts, and these deficits were fully mediated by their insufficient use of source information. In contrast, scientists were able to apply different strategies in a flexible manner. When the conditions for evaluation did not allow systematic processing (i.e. time limit), they primarily used source characteristics for their evaluations. However, when systematic evaluations were possible (i.e. no time limit), they used more sophisticated normative criteria for their evaluations, such as paying attention to the internal consistency of arguments (cf. Study 1). Results also showed that students, in contrast to experts, lacked relevant knowledge about different publication types, and this was related to their ability to correctly determine document credibility. The results from the expert-novice comparisons also suggest that the competences assessed in both tasks might develop as a result of a more fundamental form of scientific literacy and discipline expertise. Performances in all tasks were positively related. On the basis of these results, two training experiments were developed that aimed at fostering university students’ competences to understand and evaluate informal arguments (Study 3). Experiment 1 describes an intervention approach in which students were familiarised with the formal structure of arguments based on Toulmin’s (1958) argumentation model. The performance of the experimental group to identify the structural components of this model was compared to the performance of a control group in which speed reading skills were practiced, using a pre-post-follow-up design. Results show that the training was successful for improving the comprehension of more complex arguments and relational aspects between key components in the posttest, compared to the control group. Moreover, an interaction effect was found with study performance. High achieving students with above average grades profited the most from the training intervention. Experiment 2 showed that training in plausibility, normative criteria of argument evaluation, and argumentation fallacies improved students’ abilities to evaluate the plausibility of arguments and, in addition, their competences to recognise structural components of arguments, compared to a speed-reading control group. These results have important implications for education and practice, which will be discussed in detail in this dissertation. N2 - Die Fähigkeit, wissenschaftliche Texte und die darin enthaltenen Argumente zu verstehen und kritisch zu beurteilen, ist ein zentraler Aspekt wissenschaftlicher Grundbildung, wird jedoch in der Schule kaum vermittelt. Obwohl Studierende die Behauptungen und Befunde, denen sie in der wissenschaftlichen Literatur begegnen, zu einem gewissen Grad kritisch bewerten, zeigen verschiedene Forschungsergebnisse, dass sie dies nicht in ausreichendem Maße tun und diese Evaluationen oft nicht den normativen Standards entsprechen. Darüber hinaus nutzen Studierende Quellenmerkmale nur unzureichend zur Beurteilung. Die Entstehung des Internets und die damit verbundene zunehmende Verfügbarkeit von Informationen stellen uns zudem vor einige wichtige Herausforderungen im Umgang mit diversen Informationsquellen und unterstreichen die Relevanz entsprechender Trainings und Förderungsprogramme. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Kompetenzen beginnender Studierender, wissenschaftliche Informationen heuristisch und systematisch zu bewerten sowie wesentliche Strategien, die für eine erfolgreiche Beurteilung wissenschaftlicher Informationen benötigt werden, weiter zu erforschen und auf dieser Grundlage Interventionen zu entwickeln, um diese Kompetenzen bei Universitätsstudierenden gezielt zu fördern. Dazu wurden mehrere computergestützte Studien entwickelt, die sowohl qualitative, als auch quantitative Daten, sowie experimentelle Untersuchungsdesigns beinhalten. Die ersten beiden Studien wurden konzipiert, um Förderbedarf gezielt zu ermitteln und Verarbeitungsstrategien zu identifizieren, die in verschiedenen Aufgaben und unter verschiedenen Bedingungen hilfreich sind. Dazu wurden zunächst zwei Experten-Novizen-Vergleiche entwickelt, in denen die Leistungen von deutschen Psychologiestudierenden (Noviz(inn)en) in einer Reihe unterschiedlicher Aufgaben, z.B. bei der systematischen Bewertung der Plausibilität informeller Argumente (Studie 1) oder der heuristischen Bewertung der Glaubwürdigkeit multipler wissenschaftlicher Texte (Studie 2), mit den Leistungen von Wissenschaftler(inn)en aus dem Bereich der Psychologie (Expert(inn)en) verglichen wurden. Die Verwendung von Protokollen lauten Denkens diente dazu, die während der Aufgabenbearbeitung verwendeten Strategien, die die Leistungsunterschiede zwischen Studierenden und Wissenschaftler(inn)en möglicherweise mediieren, in beiden Gruppen genau zu erfassen. Darüber hinaus wurde untersucht, inwiefern unterschiedliche Strategien und die Nutzung bestimmter Strategien sowie relevantes konzeptuelles Wissen zusammenhängen. Basierend auf den Ergebnissen der Experten-Novizen-Vergleiche wurde anschließend eine Interventionsstudie, bestehend aus zwei Trainingsexperimenten, entwickelt, um einige Kompetenzen, die sich in den Vergleichen als besonders defizitär erwiesen hatten, gezielt zu fördern (Studie 3). In Studie 1 wurde untersucht, inwiefern beginnende Studierende in der Lage sind, die Plausibilität informeller Argumente normativ angemessen zu beurteilen und gängige Argumentationsfehler zu erkennen, sowie verschiedene strukturelle Bestandteile von Argumenten zu identifizieren. Die Ergebnisse der Studie 1 legen nahe, dass es vielen Studierenden im Vergleich zu Wissenschaftler(inne)n an relevantem Wissen über die Struktur von Argumenten fehlt und die angemessene Bewertung ihrer Plausibilität für viele von ihnen eine große Herausforderung darstellt. Gängige Argumentationsfehler wurden häufig nicht richtig erkannt. Diese Leistungsunterschiede wurden teilweise durch eine unterschiedliche Strategienutzung mediiert: Studierende zeigten große Schwierigkeit darin, Beziehungen zwischen Argumentbestandteilen ausreichend Beachtung zu schenken. Darüber hinaus verließen sie sich bei der Beurteilung häufig auf ihre Intuition oder Meinung zum Textinhalt, während Wissenschaftler(innen) die Qualität der Argumente in erster Linie auf der Grundlage ihrer internen Konsistenz beurteilten. Neben Plausibilitätsbeurteilungen informeller Argumente untersuchte Studie 2 die Kompetenz beginnender Studierender, die Glaubwürdigkeit multipler wissenschaftlicher Texte angemessen zu beurteilen und dabei auch Quellenmerkmale zur Beurteilung heranzuziehen. Die Ergebnisse zeigen, dass es Studierenden nicht nur schwerfiel, die Plausibilität von Argumenten angemessen zu beurteilen, sondern auch die Glaubwürdigkeit wissenschaftlicher Texte heuristisch zu bewerten. Die Defizite auf Studierendenseite wurden dabei vollständig durch eine unzureichende Nutzung von Quellenmerkmalen mediiert. Wissenschaftler(innen) waren dagegen in der Lage, Strategien zur Beurteilung flexibel zu nutzen. Wenn eine systematische Verarbeitung nicht möglich war (Zeitlimit), griffen sie vor allem auf Quellenmerkmale zurück. Wenn eine systematische Verarbeitung jedoch möglich war (kein Zeitlimit), nutzten sie komplexere normative Kriterien zur Beurteilung, wie etwa die Bewertung der internen Konsistenz der Argumente (Vgl. Studie 1). Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass es Studierenden an relevantem Wissen über verschiedene Publikationsarten fehlte und diese Schwierigkeiten waren korreliert mit der Fähigkeit, die Glaubwürdigkeit von Texten angemessen zu beurteilen. Die Befunde der Experten-Novizen-Vergleiche liefern zudem Hinweise darauf, dass sich die in den unterschiedlichen Aufgaben erfassten Kompetenzen auf der Basis einer allgemeineren Form der wissenschaftlichen Grundbildung und disziplinären Expertise entwickeln könnten. Die Leistungen in unterschiedlichen Aufgaben waren positiv korreliert. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wurden zwei Trainingsexperimente entwickelt, um die Kompetenzen Studierender in Bezug auf das Verständnis und die kompetente Bewertung informeller Argumente, gezielt zu fördern (Studie 3). Experiment 1 beschreibt einen möglichen Interventionsansatz, um Studierende, basierend auf Toulmins (1958) Argumentationsmodell, besser mit der Struktur von Argumenten vertraut zu machen. Die Leistungen der Versuchsgruppe, verschiedene Argumentbestandteile dieses Modells korrekt zu identifizieren, wurden dabei in einem Prä-Post-Follow-up Design mit den Leistungen einer Kontrollgruppe verglichen, in der die Fähigkeit des schnellen Lesens trainiert wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass das Training vor allem für das Verständnis komplexer und weniger typischer Argumente hilfreich war und Elemente, die die Beziehung zwischen verschiedenen Bestandteilen deutlich machten, im Posttest besser verstanden wurden als in einer Kontrollgruppe. Darüber hinaus konnte ein Interaktionseffekt mit der Studienleistung gezeigt werden. Besonders „gute“ Studierende mit hohen Durchschnittsnoten konnten am meisten von diesem Training profitieren. Die Ergebnisse von Experiment 2 zeigten, dass ein Training, in dem das Konzept der Plausibilität, normative Kriterien der Argumentbewertung, sowie Argumentationsfehler vermittelt wurden, die Kompetenzen Studierender, die Plausibilität informeller Argumente normativ angemessen zu beurteilen, im Vergleich mit einer Kontrollgruppe, deutlich verbessern konnte. Die Ergebnisse der genannten Studien liefern wichtige Implikationen für die wissenschaftliche Praxis an den Hochschulen, welche in dieser Arbeit ausführlich diskutiert werden. KW - Textverstehen KW - Wissenschaftliche Literatur KW - Epistemic Competences KW - Higher Education KW - Student KW - Förderung KW - Epistemische Kompetenzen KW - Kompetenzen im Hochschulsektor Y1 - 2018 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-167343 N1 - Prof. Dr. Tobias Richter supervised this dissertation. Two of the studies reported have been published in international journals, the third study was submitted (see references below). References: von der Mühlen, S., Richter, T., Schmid, S. & Berthold, K. (2017). How to Improve Argumentation Comprehension in University Students: Experimental Tests of Two Training Approaches. Manuskript zur Publikation eingereicht. von der Mühlen, S., Richter, T., Schmid, S., Berthold, K. & Schmidt, E. M. (2016). The use of source-related strategies in evaluating multiple psychology texts: A student-scientist comparison. Reading and Writing, 8, 1677–1698. von der Mühlen, S., Richter, T., Schmid, S., Schmidt, E. M. & Berthold, K. (2016). Judging the plausibility of arguments in scientific texts: A student-scientist comparison. Thinking & Reasoning, 22, 221–246. ER - TY - THES A1 - Karageorgos, Panagiotis T1 - Investigating Reading Fluency in German Primary School Children: Interplay of Word Reading Accuracy, Speed, and Prosody T1 - Untersuchung der Leseflüssigkeit bei deutschen Grundschulkindern: Zusammenspiel von Wortlesegenauigkeit, -geschwindigkeit und Prosodie N2 - Reading skills are among the most important basic skills in society. However, not all readers are able to adequately understand texts or decode individual words. Findings from the Progress in International Reading Literacy Study (PIRLS; German: IGLU) show that about one fifth of fourth graders can only establish coherence at the local level, and in some cases they only have a rudimentary understanding of the text they read (Bremerich-Vos et al., 2017). In addition, these reading deficits persist and have a negative impact on academic and professional success (Jimerson, 1999). Therefore, identifying the causes of these deficits and creating opportunities for interventions at an early stage is an important research objective. The aim of this dissertation was to examine the relationship between the aspects of reading fluency and their influence on reading comprehension. Despite the increasing scientific interest in reading fluency in recent years, a research gap still exists in the relationship between word recognition accuracy and both speed and the relevance of prosodic patterns for reading comprehension. Study 1 investigated whether German fourth graders (N = 826) were required to reach a certain word-recognition accuracy threshold before their word-recognition speed improved. In addition, a sub-sample (n = 170) with a pre-/posttest design was examined to assess the extent that the existing word-recognition accuracy can influence the effects of a syllable-based reading intervention on word-recognition accuracy and word-recognition speed. Results showed that word-recognition speed improved after children achieved a word-recognition accuracy of 71%. A positive intervention effect was also found on word-recognition accuracy for children who were below the 71% threshold before the intervention, whereas the intervention effect on word-recognition speed was positive for all children. However, a positive effect on reading comprehension was only found for children who were above the 71% threshold before the intervention. Study 2 investigated the relationship between word-recognition accuracy threshold and word-recognition speed shown in the first study in a longitudinal design with German students (N = 1,095). Word-recognition accuracy and speed were assessed from the end of Grade 1 to 4, whereas reading comprehension was assessed from the end of Grade 2 to 4. The results showed that the developmental trajectories of word recognition speed and reading comprehension were steeper in children who reached the word-recognition accuracy threshold by the end of the first grade than in children who later reached or had not reached this threshold. In Study 3, recurrence analysis (RQA) was used to extract prosodic patterns from reading recordings of struggling and skilled readers in the second (n = 67) and fourth grade (n = 69) and was used for the classification into struggling and skilled readers. In addition, the classification based on the prosodic patterns from the recurrence quantification analysis was compared with the classification of prosodic features from the manual transcription of the reading recordings. The results showed that second-grade struggling readers have lengthier pauses within or between words and take more time between pauses on average, whereas fourth-grade struggling readers spend more time between recurring stresses and have multiple diverse patterns in pitch and more recurring accents. Although the recurrence analysis had a good goodness of fit and provided additional information about the relationship of prosody with reading comprehension, the model using prosodic features from transcription had a better fit. In summary, the three studies in this dissertation provide four important insights into reading fluency in German. First, a threshold in word-recognition accuracy must be achieved before word-recognition speed improves. Second, the earlier this accuracy level is reached, the greater the gain in word-recognition speed and reading comprehension. Third, the intervention effects of a primary school reading intervention are influenced by the accuracy level. Fourth, although incorrect pauses within or between words play an important role in identifying and describing struggling readers in second grade, the importance of prosodic patterns increases in fourth grade. N2 - Lesefähigkeiten zählen zu den wichtigsten Grundfertigkeiten in der heutigen Gesellschaft. Jedoch gelingt es nicht allen Lesern und Leserinnen Texte angemessen zu verstehen oder einzelne Wörter zu dekodieren. Erkenntnisse der Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (PIRLS; Deutsch: IGLU) belegen, dass etwa ein Fünftel der Viertklässler und Viertklässlerinnen Kohärenz nur auf lokaler Ebene herstellen können und in manchen Fällen nur über ein rudimentäres Verständnis des gelesenen Textes verfügen (Bremerich-Vos et al., 2017). Außerdem bleiben diese Lesedefizite bestehen und haben einen negativen Einfluss auf den schulischen und beruflichen Erfolg (Jimerson, 1999). Deshalb ist es wichtig die Ursachen dieser Defizite zu identifizieren und frühzeitig Möglichkeiten für Interventionen zu schaffen. Ziel der vorliegenden Dissertation war es, den Zusammenhang zwischen den Teilaspekten der Leseflüssigkeit und deren Einfluss auf das Leseverständnis näher zu untersuchen. Trotz der zunehmenden wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Leseflüssigkeit in den letzten Jahren, besteht hier eine Forschungslücke sowohl bezüglich des Zusammenhangs zwischen Worterkennungsgenauigkeit und -geschwindigkeit als auch bezüglich der Relevanz prosodischer Muster für das Leseverständnis. In Studie 1 wurde untersucht, ob deutsche Viertklässler und Viertklässlerinnen (N = 826) eine bestimmte Worterkennungsgenauigkeitsschwelle erreichen müssen, bevor sich ihre Worterkennungsgeschwindigkeit verbessert. Darüber hinaus wurde in einer Teilstichprobe (n = 170) mit einem Prä-/Posttest Design untersucht, inwiefern die bestehende Worterkennungsgenauigkeit die Effekte einer silbenbasierten Leseintervention auf die Worterkennungsgenauigkeit und Worterkennungsgeschwindigkeit beeinflussen kann. Die Ergebnisse zeigten, dass die Worterkennungsgeschwindigkeit sich verbesserte, nachdem die Kinder eine Worterkennungsgenauigkeit von 71% erreichten. Zudem zeigten sich ein positiver Interventionseffekt auf die Worterkennungsgenauigkeit für die Kinder, die vor der Intervention unter der 71% Schwelle lagen. Auf die Worterkennungsgeschwindigkeit ergab sich für alle Kinder ein positiver Interventionseffekt. Auf das Leseverständnis hingegen zeigte sich nur für die Kinder, die vor der Intervention über der 71% Schwelle lagen, ein positiver Effekt. Studie 2 untersuchte den in der ersten Studie aufgezeigten Zusammenhang zwischen Worterkennungsgenauigkeitsschwelle und Worterkennungsgeschwindigkeit in einem längsschnittlichen Design mit deutschen Schülerinnen und Schüler (N = 1,095). Die Worterkennungsgenauigkeit und -geschwindigkeit wurden von Ende der Jahrgangsstufe 1 bis Jahrgangsstufe 4 erfasst, während das Leseverständnis von Ende der Jahrgangsstufe 2 bis Jahrgangsstufe 4 erfasst wurde. Die Ergebnisse zeigten, dass die Entwicklungsverläufe der Worterkennungsgeschwindigkeit und des Leseverständnisses bei Kindern, die die Worterkennungsgenauigkeitsschwelle bis Ende der Jahrgangsstufe 1 erreichten, steiler waren als bei Kindern, die diese Schwelle erst später oder gar nicht erreichten. In Studie 3 wurden mit Hilfe der Rekurrenzanalyse (RQA) prosodische Muster aus der Leseaufnahmen leseschwacher und -starker Kinder der Jahrgangsstufe 2 (n = 67) und der Jahrgangsstufe 4 (n = 69) extrahiert und für die Klassifikation in leseschwach und lesestark verwendet. Darüber hinaus wurde die Klassifikation anhand der prosodischen Muster aus der Rekurrenzanalyse mit der Klassifikation prosodischer Merkmale aus der manuellen Transkription der Leseaufnahmen verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass leseschwache Kinder der Jahrgangsstufe 2 längere Pausen innerhalb oder zwischen einzelnen Wörtern machen und im Durchschnitt mehr Zeit zwischen Pausen verstreichen lassen, während leseschwache Kinder der Jahrgangsstufe 4 mehr Zeit zwischen wiederkehrende Betonungen verstreichen lassen, viele Muster bei der Tonhöhe aufweisen und häufiger wiederkehrende Betonungen zeigen. Obwohl die Rekurrenzanalyse eine gute Anpassungsgüte hatte und zusätzliche Informationen zu dem Zusammenhang der Prosodie mit dem Leseverständnis lieferte, ergab sich für das Model mit den prosodischen Merkmalen aus der Transkription eine bessere Anpassungsgüte. Zusammenfassend liefern die drei Studien der vorliegenden Dissertation vier bedeutsame Erkenntnisse bezüglich der Leseflüssigkeit im Deutschen. Erstens: Es gibt eine gewisse Schwelle bei der Worterkennungsgenauigkeit, die erreicht werden muss, bevor sich die Worterkennungsgeschwindigkeit verbessert. Zweitens: Je früher diese Genauigkeitsschwelle erreicht wird, desto stärker ist der Zuwachs in der Worterkennungsgeschwindigkeit und im Leseverständnis. Drittens: Die Interventionseffekte einer Leseintervention in die Grundschule werden von der Genauigkeitsschwelle beeinflusst. Viertens: Während inkorrekte Pausen innerhalb oder zwischen einzelnen Wörtern eine wichtige Rolle für die Identifikation und Beschreibung von leseschwachen Kindern in die Jahrgangsstufe 2 spielen, nimmt die Bedeutung der prosodischen Muster in der Jahrgangsstufe 4 zu. KW - Worterkennung KW - Textverstehen KW - Prosodie KW - word-reading accuracy KW - word-reading speed KW - prosody KW - primary school children Y1 - 2022 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-292612 ER -