2) Lexikalisch wertendE AUSDRÜCKE OHNE HINWEIS
AUF EIN BEWERTUNGSKRITERIUM
Die lexikalisch
wertenden Ausdrücke[1] haben
naturgemäß eine weite Extension. Sie besitzen auf langue-Ebene
Wertbedeutung oder eine wertende Bedeutungskomponente, können in allen
Sachbereichen werten und die bewerteten Objekte auf einer positiv-negativ-Skala
einordnen. Die Norm der Bewertung(srichtung) ist meist aus dem Kontext zu
erschließen. Umgekehrt dienen natürlich alle lexikalisch wertenden Lexeme als
Signal für kontextuell wertende Lexeme und deren Wertungsrichtung.
Aufgeführt
werden in diesem Kapitel nur lexikalische Wertbegriffe, die selbst keine Bedeutungskomponente
aufweisen, die auf ein Bewertungskriterium schließen läßt.[2]
Lexikalisch wertende Begriffe mit Hinweis auf ein Bewertungskriterium sind
zusammen mit kontextuell wertenden Lexemen nach Bewertungskriterien geordnet in
den folgenden Kapiteln aufgeführt.
Die Wertbegriffe
werden aufgrund ihrer lexikalischen Wertbedeutung Lexemgruppen zugeordnet,
ohne die gesamte Wertungsrichtung der jeweiligen Rezension zu berücksichtigen,
die durch Gradierung, Attribuierung oder Negation des betreffenden Wertbegriffes
leicht oder völlig von der lexikalischen Wertbedeutung des Einzelwortes oder
der einzelnen Wortgruppe abweichen kann.
Die Zuordnung
erfolgt gemäß einer vierstufigen Bewertungsskala:
·
lexikalisch hochwertend,
·
lexikalisch (gemäßigt) positiv wertend,
·
lexikalisch (gemäßigt) negativ wertend,
·
lexikalisch sehr negativ wertend.
Da es bei
manchen Lexemen schon Schwierigkeiten bereitet, innerhalb der ersten und
letzten beiden Gruppen die Zugehörigkeit zu entscheiden, wurde auf eine weitere
Differenzierung innerhalb der zweiten und dritten Gruppe verzichtet.[3]
Folgende
Lexemgruppen lassen sich voneinander trennen:
·
allgemein positiv oder negativ wertende Begriffe,
·
bezogen auf den Eindruck des Rezensenten positiv oder
negativ wertende Begriffe,
·
Wertbegriffe mit lexikalisierter ästhetischer Wertung;
außerdem noch
die Sondergruppe der
·
Metaphern, die allgemein positiv oder negativ werten, ohne
einen Bewertungsaspekt anzuzeigen.
2.1) ALLGEMEIN wertende lexikalische wertbegriffe
2.1.1) Positiv wertend
ZIMMER (1986,
141) bemängelt, die Kritik benutze Vokabeln, die keinen Betrachtungsspielraum
lassen, wie z.B. einmalig, gekonnt,
stupend, faszinierend, überzeugend, konkurrenzlos, fesselnd, packend, virtuos,
originell, groß und ebenso die Verneinungen. Zwar finden sich fast alle der
genannten Begriffe im Textkorpus, doch kann die mit ZIMMERs Aussage nahegelegte
durchgängige Extremwertung nicht bestätigt werden. Die Anzahl der Belege für
(gemäßigt) positive Wertungen überwiegt bei weitem die Zahl der hochwertenden Belege;
dasselbe gilt für den negativ wertenden Bereich.
2.1.1.1) Lexikalisch hochwertend
Folgende Lexeme
weisen die Belegstellen auf:
vorzüglich, grandios, brillant,
Brillanz, exzellent, hervorragend, Wunder, herrlich, wunder-bar, wundervoll,
großartig, groß, Großes, glänzend, glänzen, Glanzstück, famos, furios,
voll-endet, vollkommen, makellos, perfekt, trefflich, ugs. stark, toll, Klasse, geh. köstlich, kostbar, Kleinod; außerdem: unübertroffen, Höhepunkt, hochbegabt (Autor),
hochentwickelt.
Kempowski versteht es vorzüglich,
das in den Idyllen lauernde Grauen zu schildern [...] (ZEIT 7.10.88, MODICK
über KEMPOWSKI)
[Zitat aus dem Werk] Das wäre ein vorzüglicher
Schluß gewesen. (FAZ 13.6.88, SEGEBRECHT über RÜCKER)
Der nicht mehr umkehrbaren Trennung
der Liebenden hat die Autorin im Roman „Gouverneur“ (1982) ein grandioses
Monument gesetzt. (FAZ 29.3.88, KURZ über LEUTENEGGER)
Der Leser gerät in den Sog einer grandiosen
Monotonie. (SZ 22.10.88, EGGEBRECHT über RANSMAYR)
Normübererfüllung
bestätigt auch das Adjektiv brillant[4]
bzw. das davon abgeleitete Substantiv Brillanz:
Auch gibt es einige schülerhafte
Maulhurerei und brillant preußisches Tempo. (SZ 16.1.88, KAISER über
BECKER)
Aber er [=Enzensberger] tut es
[=Vorurteile gegen die Literatur zu berücksichtigen] [...] als brillanter
Privatmann [...] brillante zeit- und literaturkritische Aktivität [...]
(SZ 15.11.88, KAISER über ENZENSBERGER)
Goetz parodiert den Tonfall eines
Regierungssprechers mit der gleichen Brillanz und Bosheit wie den eines
[...] (FAZ 24.9.88, WITTSTOCK über GOETZ)
Ebenfalls eine
Höchstbewertung bedeuten exzellent[5]
und hervorragend:
[...], daß er [=Allemann] zum
Beispiel so etwas wie Stottern oder Sich-Verheddern innerhalb eines
thematisch-assoziativen Feldes exzellent zu inszenieren versteht [...]
(SZ 28.5.88, DREWS über ALLEMANN)
Ein gelungener Roman also? Ein hervorragend
komponiertes, gut beobachtetes, gescheit inszeniertes Stück Literatur. (ZEIT
9.12.88, HAGE über NIEDERHAUSER)
Hochwertend
bezüglich des Könnens des Autors
ist es, wenn ihm attestiert wird, daß er ein Wunder vollbringen könne.
Die Autorin vollbringt das
erzählerische Wunder einer Selbstreflexion der Kunst, die nicht
selbstbezüglich bleibt. (ZEIT 29.87.88, CRAMER über BURMEISTER)
Ebenfalls
Normübererfüllung (HANNAPPEL/MELENK 1979, 161) wird durch herrlich (drei Belege) und wunderbar[6]
bzw. wundervoll[7]
attestiert. Diese drei Lexeme sind nicht in die Gruppe der rein ästhetisch
wertenden Lexeme (s.u. Kap. 2.3) aufgenommen, weil - wie die Duden-Lemmata
zeigen - diese Zuordnung nicht eindeutig vornehmbar ist. Wunderbar und wundervoll
sind weitgehend lexikalisiert und nicht mehr unbedingt von Wunder abzuleiten, wie auch im DUDEN angeführt.
UNTERFORSTHUBER
(1982, 67) bemerkt zur Syntagmatik von herrlich:
Die Distribution von herrlich entspricht der des
auch in der Bedeutung sehr ähnlichen wunderbar.
Auch herrlich ist nur als bedingt ästhetisch wertend
zu bezeichnen. In vielen Fällen ist es als eine Möglichkeit der Steigerung von gut
anzusehen und verhält sich dementsprechend. Darin ist es anderen Wörtern wie ausgezeichnet,
hervorragend oder prächtig ähnlich. Im Unterschied zu diesen
jedoch ist in herrlich die ästhetische Wertung als dominierend
anzusehen.
Die Dominanz der
ästhetischen Wertung bei herrlich
kann durch die aufgefundenen Belege nicht verifiziert werden.[8]
Es ist für jeden Beleg eine Substitution mit gut und mit schön
möglich:
[...] als herrliche
Nasenstüber wirken sie [=die Gedichte] sowieso. (SZ 29.5.88, DREWS über
ALLEMANN)
[...] dann aber versöhnt der Autor
gleich wieder mit herrlichen Details [...] (ZEIT 9.12.88, HAGE über
NIEDERHAUSER)
Dieser Roman [...] fesselt [...],
weil Ransmayr mit strenger, herrlich rhythmischer Sprache ohne Scheu die
großen Bilder entfaltet [...] (SZ 22.10.88, EGGEBRECHT über RANSMAYR)
Die gehäufte
Verwendung von herrlich in Joachim
Kaisers Aichinger-Kritik in der SZ 1987 läßt ebenfalls keine eindeutig
ästhetische Wertung erschließen, immer kann die Wertung auch qualitativ sein:
Man kann nur darauf hinweisen, daß
hundert einfache, verängstigte, klagende, rätselvolle Seiten von Ilse Aichinger
herrlich scheu und herrlich sicher auf der Welt sind [...] mit herrlich
großen Metaphern [...] dann läßt sie das herrlich Nicht-Stimmige
unberichtigt, unbelästigt. [...] (SZ 3.12.87, KAISER über AICHINGER)
Als Überschrift
derselben Rezension verwendet Kaiser das hochwertende, präfixoidähnliche Wunder-[9],
dessen Funktion durch die Alliteration noch verstärkt wird:
Wunder-Worte (SZ 3.12.87, KAISER über AICHINGER)
Für wunderbar gilt dasselbe wie für herrlich. Auch UNTERFORSTHUBER (1982,
66) stellt fest, daß teilweise „nicht oder nur schwer zu entscheiden [ist], ob wunderbar
ästhetisch oder qualitativ wertet [...]“.
Wunderbar die Schilderung eines gemeinsamen Skiausflugs [...] (ZEIT
9.12.88, HAGE über NIEDER-HAUSER)
Hier [...] kann [Roth] wunderbar
anschaulich sein. (SZ 17.9.88, LAEMMLE über ROTH)
Wie wunderbar - und wie genau.
(ZEIT 9.12.88, KILB über BECKER)
[...] zwei wunderbare
Wortschöpfungen [...] (ZEIT 5.8.88, VON BECKER über ALLEMANN/ SCHMIDT)
Der wunderbare Humor des
Autors [...] (ZEIT 4.3.88, MODICK über C. ENZENSBERGER)
Die wundervollen literarischen
Eigenschaften des Romans schließen eine Botschaft ein. (SZ 5.10.88, MANTHEY
über WALTER)
Normübererfüllung
und damit ein sehr positives Urteil spiegelt ebenfalls das Adjektiv großartig[10]
wider:
Denn der Unternehmerclan der Winters
inszeniert sich vor den Augen des Erzählers großartig wie von selbst.
(ZEIT 7.10.88, BAUMGART über WALTER)
In einer der großartigsten
Passagen erinnert Cotta sich an eine Rede des Dichters [...] (FAZ 17.9.88,
SCHIRRMACHER über RANSMAYR)
[...] die Sprachkraft eines großartigen
Stilisten [...] (ZEIT 4.3.88, MODICK über ENZENSBERGER)
In der großartigen
Eingangserzählung sind die Motive Freiheit und Erinnerung auf meisterhafte Art
miteinander verknüpft. (SZ 6.7.88, VON SCHIRNDING über TASSONI)
Der Witz, die großartige
Ironie Enzensbergers entsteht immer erst, wenn er seinen Helden [...] auf die
Bühne ruft [...] (FAZ 4.10.88, SCHIRRMACHER über ENZENSBERGER)
Großartig ist Blatters Prosa vor allem dort, wo sie [...] (SZ
9.11.88, BÖHMER über BLATTER)
Er hat dieses Buch groß, großartig
begonnen[...] (ZEIT 7.10.88, LÜDKE über HÄRTLING)
Negativ bewertet
der Rezensent im folgenden Beispiel das rezensierte Buch, aber sehr positiv das
Vorbild der Autorin:
Die Vorbilder sind groß, [...] wohl
zu großartig für die erzählerischen Mittel, die der Autorin zu Gebote
stehen. (ZEIT 25.3.88, KLIER über SCHOLTEN)
Die beiden
letzten Beispiele zeigen, wie die Rezensenten die Adjektive groß und großartig hochwertend als stilistische Varianten einsetzen. Groß hat eine wertende Bedeutungskomponente
neben weiteren polysemen Bedeutungspositionen im DUDEN[11]:
Ein großer Roman: Christoph
Ransmayrs „Die letzte Welt“. (ZEIT 7.10.88, HAGE über RANSMAYR)
Ein großes Stück
Autobiographie. [...] Das Buch, das autobiographisch mit der Leidensgeschichte
seines Autors begann, erschütternd, anrührend, ja groß [...] (ZEIT
7.10.88, LÜDKE über HÄRTLING)
Große, auch den Leser berauschende Literatur [...] (ZEIT
19.8.88, HORSTMANN über EIGNER)
Das ist große Prosa. (ZEIT
12.8.88, RADDATZ über KIRSCH)
[...] sie [=die „Sauwaldprosa“] ist
wie die Jean Pauls ein großer Monolog aus Einfällen und Einreden [...]
(ZEIT 7.10.88, HOHOFF über DICK)
[...] mit herrlich großen
Metaphern (SZ 3.12.87, KAISER über AICHINGER)
Otto F. Walter legt einen großen
Roman kritischer Schweizer Selbstbeschauung vor [...] (SZ 5.10.88, MANTHEY über
WALTER)
Diese Autorin [...] hat das Zeug zu Großem.(SZ
15.10.88, FRANKE über KRAUSS)
Unklar bleibt in
folgendem Beispiel, ob das Adjektiv groß
wertend gebraucht wird oder nicht. Die Gesamtrezension legt jedoch eine sehr
positive Wertung nahe:
Das erfahren Cotta und wir mit ihm in
Ransmayrs großem Panorama vom Ende der Welt. (SZ 22.10.88, EGGEBRECHT
über RANSMAYR)
Im Unterschied
dazu zeigt folgender Beleg eine Verwendung von groß ohne lexikalische Wertbedeutung, kontextuell sogar eher
negativ wertend:
Nach den großen, peinlichen
Gesten: die kleinen, feinen Augenblicke. (ZEIT 25.3.88, KILB über HAHN)
Auch eine
Höchstbewertung ist ausgedrückt durch das Adjektiv glänzend[12], das
Verb glänzen und das Substantiv Glanzstück[13]
dessen präfixoidnahes erstes Element augmentative Funktion hat (BÖHEIM 1987,
206).
Denn in diesem Roman zeigt Stefan
Schütz, [...] daß er eine streckenweise glänzende Prosa schreiben kann
[...] (FAZ 25.6.88, FULD über SCHÜTZ)
[...] eine Täuschung, von Ransmayr glänzend
in Szene gesetzt. (ZEIT 7.10.88, HAGE über RANSMAYR)
[...] um zu demonstrieren, wie glänzend,
heiter-radikal und unverschwitzt Enzensberger schreibt [...] (SZ 15.11.88,
KAISER über ENZENSBERGER)
Seine Prosa glänzt auch hier
mit Intelligenz [...] (FAZ 28.9.88, HINCK über BEYSE)
Für das Glanzstück des Bandes
halte ich [...] (FAZ 21.4.88, HINDERER über CÄMMERER)
Seine Essays gehören zu jenen Glanzstücken
zeitgenössischer Prosa [...] (FAZ 4.10.88, SCHIRRMACHER über ENZENSBERGER)
Ebenfalls sehr
hochwertend sind famos und furios[14]:
Ich stelle mir vor, daß Koflers
maulende Mißgunst, bildlich gesprochen, das Ventil eines Papinschen Topfs sei,
in welchem ein famoses Gemisch aus Galle, Herzblut, Alkohol und
Tristitia brodelt. (SZ 14.9.88, KRAMBERG über KOFLER)
Die furiose Botschaft aus
einer skrupellosen Welt [...] (ZEIT 25.11.88, WINKELS über GENZMER)
[...] eine furiose
Untergangsvision vom Kampf der mythischen Gestalten gegen eine abgelebte
Gesellschaft. (FAZ 25.6.88, FULD über SCHÜTZ)
Sehr positiv
wertet der Rezensent durch vollendet[15]
und betont die vollkommene, makellose Qualität des Bewertungsobjekts.
Sein Trauerspiel vereint die vollendete
Rhetorik [...] mit dem dramaturgischen Raffinement. (FAZ 7.12.88, WIRSING über
HACKS)
[...] und sie [=die Schlußverse eines
Gedichts] pointieren eine Errungenschaft des Lyrikers Krolow, die dieser Band
noch vollendeter als die vorangegangenen Gedichtsammlungen zeigt: den
Altersstil nämlich [...] (FAZ 1.10.88, UEDING über KROLOW)
Das letzte
Beispiel zeigt, daß auch bei sehr positiv wertenden Adjektiven der Komparativ
möglich ist.
Ein Synonym zu vollendet ist vollkommen:
[...] und sie [=die Absicht] gelingt
manchmal schon so vollkommen [...] (FAZ 30.1.88, UEDING über ECKART)
Aber dies Werk [...] ist so reich und
innerhalb seines selbstgestalteten Rahmens auch so vollkommen [...]
(ZEIT 4.3.88, MODICK über ENZENSBERGER)
Eine weitere
Bezeichnung für vollkommene Qualität ist makellos:
So liegt auch in scheinbar makellosen
Erzählpassagen ein dünner Schleier von Kunstgewerbe über dem Text [...] (ZEIT
7.10.88, BRAND über KONEFFKE)
Der letztgenannte Satz wird im
übrigen, weil er so schön makellos und klar ist, viele Male wiederholt
[...] (SZ 15.11.88, RATHJEN über LAEDERACH)
Das Konzept ist makellos [...]
(ZEIT 22.4.88, RATHJEN über POLITYCKI)
Im Grunde ließe
sich die Reihe der hochwertenden Adjektive vollendet,
vollkommen, makellos durch perfekt[16]
fortführen, doch die Rezensionen belegen für dieses Adjektiv eine andere
Bewertungsrichtung. Kontextuell erschließbar ist in Kaisers Kritik eine
negative Wertung:
[Anfang:] Lauter ziemlich perfekte
Sätze. [...] Trotzdem rufe ich, daß mich dieser letzte Lettau-Band, in dem
einiges Wunderhübsche neben viel Perfekt-Belanglosem steht, ein wenig
enttäuscht. (SZ 30.3.88, KAISER über LETTAU)
Sehr positiv
wertet hingegen trefflich[17]:
Soweit zum Trefflichen. (FAZ
26.2.88, WEINZIERL über FRIED)
Mit stark[18],
toll[19]
und Klasse[20]
finden sich auch sehr positiv wertende umgangssprachliche bzw. jugendsprachliche
Wendungen unter den Rezensionen:
[...] zwei wirklich starke
Heimat-Verse [...] ein tolles Stück später Anakreontik („Thrakischer
Nachklang“) (ZEIT 9.12.88, KILB über HENSEL)
[...] vielleicht die tollste -
geglückteste, überzeugendste - Erfindung Allemanns [...] (SZ 29.5.88, DREWS
über ALLEMANN)
[...] die Jandl-Klasse [..]
(ZEIT 5.8.88, VON BECKER über ALLEMANN)
Auf gehobener
Stilebene sehr positiv wertend ist köstlich[21]:
[...]„und sind uns ziemlich nah und
doch sehr fern.“ Ein köstliches „ziemlich“ - [...] (FAZ 4.11.88, HARTUNG
über BERGER)
Ebenfalls das
Wertvolle betonend ist kostbar[22]
und Kleinod[23]:
Das macht ihre Texte kostbar
[...] (ZEIT 22.4.88, NEUMANN über AICHINGER)
Wunderbar die Schilderung eines
gemeinsamen Skiausflugs, ein erzählerisches Kleinod! (ZEIT 9.12.88, HAGE
über NIEDERHAUSER)
Sehr positiv
wertet das Substantiv Höhepunkte,
wenn es - wie im ersten Beispiel - ohne weitere Attribute gebraucht wird.
[...] und einige Szenen sind
wirkliche Höhepunkte [...] (SZ 30.4./1.5.88, LEDANFF über THENIOR)
Stilistische Höhepunkte des
Textes sind sicherlich die Passagen über [...] (SZ 17.9.88, FISCHER über SPÄTH)
Nicht mehr sehr
positiv wertend wirkt das Substantiv, wenn es im dramaturgischen Sinne bzw.
bezüglich der Struktur des rezensierten Werkes eingesetzt wird:
Vor allem das Scene-Treiben ist auf
ein paar szenische Höhepunkte beschränkt. (SZ 30.4./1.5.88, LEDANFF über
THENIOR)
Das Können und Talent des Autors wird sehr
positiv bewertet durch die Präfixoidbildung hochbegabt.
FLEISCHER (1975, 291) bemerkt zu dem augmentativ[24]
gebrauchten Präfixoid hoch-, es
„verbindet sich nicht mit Adjektiven, deren Bedeutung sich auf einen negativ
bewerteten Begriff bezieht [...], ferner besonders auch mit partizipialen
Adjektiven [...].“ Das Präfixoid „vermittelt eine Sprecherwertung der
Anerkennung“. (KÜHNHOLD u.a. 1978, 203) Die Augmentation durch hoch- - vergleichbar mit der durch die
Gradpartikel sehr - des schon positiv
bewerteten Begriffs begabt (s.u. Kap.
2.1.1.2) bewirkt somit die sehr
positive Bewertung.
Gerd-Peter Eigner ist ein solcher
Vermittler, und ein hochbegabter obendrein. (ZEIT 19.8.88, HORSTMANN
über EIGNER)
Das Talent
betreffend wertet auch die Präfixoidbildung hochentwickelt
sehr positiv.
[...] hochentwickelte lyrische
Sensibilität [...] (SZ 15.11.88, KAISER über ENZENSBERGER)
2.1.1.2) Lexikalisch (gemäßigt) positiv
wertend
Folgende Wörter
sind zu dieser Gruppe zu rechnen:
tadellos, niveauvoll, (von) Rang,
anspruchsvoll, zählen, wichtig, reizvoll, Reiz, gehoben, gut, Qualität,
gepflegt, richtig, stimmen, auszeichnen, Vorzug, Vorteil, Mehrwert, Ereignis,
Ent-deckung, nützlich.
Auf den Erfolg der künstlerischen Anstrengung
weisen hin: gelingen, gelungen, geglückt,
sich bewähren, Treffer, Wurf.
Das Können des Künstlers bewerten: können, wissen zu, verstehen zu, vermögen,
fertigbrin-gen, beherrschen, zu Hause sein, Stärke, Fähigkeit,
Nuancierungsfähigkeit, Sinn für ..., Talent (haben), Erzähltalent, Begabung
(haben), begabt.
Im Gegensatz zu makellos ist tadellos[25] als
etwas weniger hochwertend einzustufen.
Es entsteht hier ein tadellos
recherchiertes [...] Zeitbild. (SZ 5.10.88, STROMBERG über ZELLER)
Positiv den Rang
bzw. die Qualität bewertet das abgeleitete Adjektiv niveauvoll[26].
[...] was Einschübe mit niveauvoller
Zeitdiagnose nicht ausschließt. (FAZ 3.5.88, HINCK über KELTER)
Verwandt mit
dieser Bewertung (vgl. DUDEN-Lemma) ist das Substantiv Rang.
Durch die Mansfieldsche Welt ihre
[Hervorhebung d. Rez.] Welt [...] zu deuten [...] das macht den Rang und
den Reiz dieses Buches aus. (SZ 5.10.88, SCHMITT über MOOG)
Mit dem Roman „Das sanfte Gesetz“,
dem Abschluß seiner Freiamt-Trilogie, hat Silvio Blatter endgültig bewiesen,
daß er ein Erzähler von Rang ist [...] (SZ 9.11.88, BÖHMER über BLATTER)
Ebenso positiv
wird die Qualität durch das abgeleitete Adjektiv anspruchsvoll[27]
bewertet.
„Kontrolliert“ ist anspruchsvoller
Lesestoff, dem man sich behutsam und geduldig nähern sollte [...] (FAZ 24.9.88,
WITTSTOCK über GOETZ)
Anspruchsvolle Wortkunst wird hier zum Alibi für alles das, was
„Die letzte Welt“ auf andere Art nicht bieten mag [...] (SZ 22.10.88, KAISER
über RANSMAYR)
Denn in diesem Roman zeigt Stefan
Schütz, [...] daß er eine streckenweise glänzende Prosa schreiben kann,
spannend und anspruchsvoll [...] zugleich. (FAZ 25.6.88, FULD über
SCHÜTZ)
Daß etwas Wert
besitzt und daher positiv bewertet wird, darauf verweist das Verb zählen.
[...] mit [...] Gedichten, die zählen
[...] (SZ 29.5.88, DREWS über ALLEMANN)
Auf die Wichtigkeit[28]
eines Buches verweisen die Rezensenten gern. Auch ZIMMER (1986, 119) bemerkt,
daß vieles, was den Kritikern gefällt, wichtig,
gewichtig oder bedeutend ist.
„Jesus in Osaka“ oder „Der Flug ins
Herz“ sind darum wichtige Beispiele deutscher Gegenwartsprosa. (SZ
1.6.88, SCHMITT über HERBURGER)
[...] und es sind [...] besonders wichtige,
weil streitbare Texte. (ZEIT 9.12.88, AHRENDS über WOLF)
In den
Übergangsbereich zu charakterisierenden Beiwörtern verweist BÖHEIM (1987, 73)
das abgeleitete Adjektiv reizvoll.
Für das zugrundeliegende Substantiv Reiz[29]
weist das Korpus immerhin sechs Belege auf. Dadurch daß das Substantiv Reiz nur gemäßigt positiv wertet, ist es
den Rezensenten möglich, abwägende Urteile, die auch negative Aspekte
einbeziehen, zu fällen (vgl. Beispiele 1-5).
(1) Zwar läßt sich ohne Schwierigkeiten die
zuweilen reizvolle Eigenwilligkeit seiner Prosa bemerken [...] (SZ
15.11.88, FALCKE über BEYSE)
(2) Schenks Gedichte ziehen ihren Reiz
vornehmlich aus der Kunst am Fabulieren [...] (FAZ 25.5.88, HINDERER über
SCHENK)
(3) [Zitat) Kein Zweifel: Selbst hier ist die
Grenze zum Kunstgewerblichen nah, indes haben gerade Gratwan-derungen ihren
eigenen, eigentümlichen Reiz. (FAZ 6.2.88, WEINZIERL über MÜLLER)
(4) Das kann seinen Reiz haben; auf die
Dauer wirkt es ermüdend und leise langweilig. (FAZ 2.12.88, OBER-MÜLLER über
SCHUTTING)
(5) Genau an diesem Punkt lassen sich der Reiz
und die Problematik von Brigitte Burmeisters Prosa erkennen. (FAZ 18.7.88,
BIELEFELD über BURMEISTER)
(6) Durch die Mansfieldsche Welt ihre
[Hervorhebung d. Rez.] Welt [...] zu deuten [...] das macht den Rang und den Reiz
dieses Buches aus. (SZ 5.10.88, SCHMITT über MOOG)
(7) Die Geschichte mit dem lapidaren Titel
„Einer“ bannt durch den Reiz einer schlichten, aber umso präzi-seren
Sprache [...] (ZEIT 4.11.88, WEISS über GSTREIN)
Gemäßigt positiv
wirkt gehoben[30],
auch wenn die Wertung im folgenden Beispiel aufgrund des Substantivs Redakteurslyrik eher negativ ausfällt:
Denkgedichte wie „Bloch bleibt:
Bloch“ zähle ich eher zur gehobenen Redakteurslyrik [...] (ZEIT 9.12.88,
KILB über HENSEL)
Natürlich finden
sich unter den Belegen auch gut-Prädikationen[31]
(s.o. Teil 1, Kap. 3), die als isolierte Prädikationen wenig informativ sind[32],
wie z.B. im folgenden Beleg:
Der Roman ist in seiner Art gut.
(SZ 15.11.88, GRIMMINGER über MÖCHEL)
Doch das Werte-
oder Normensystem des Rezensenten ist kontextuell zu erschließen.[33]
Die Wertungsrichtung oder -intensität wird häufig durch Gradierung variiert.
[...] und sie ist eine gute
Beobachterin [...] (FAZ 2.12.88, OBERMÜLLER über SCHUTTING)
[...] aufregend gute, vor
Lebendigkeit sprühende [...] Gedichte (SZ 28.5.88, DREWS über ALLEMANN)
Gelungen ist das sehr schön in der
Novelle „Der Aufklärungsmacher“ [...]; weniger gut in „Ultima Thule.
Eine Rückkehr.“ (SZ 15.11.88, FALCKE über BEYSE)
Ein gelungener Roman also? Ein
hervorragend komponiertes, gut beobachtetes, gescheit inszeniertes Stück
Literatur. (ZEIT 9.12.88, HAGE über NIEDERHAUSER)
Schnurre jedenfalls, so scheint mir,
ist in den „Zigeunerballaden“ gut über das Unwahrscheinliche ins Wahre
gesprungen. (FAZ 30.12.88, SCHULZ über SCHNURRE)
Die Tatsache, daß nach der Lektüre
vor allem manch gut ausgespielte Szeneneinfälle bleiben, beweist, [...]
Die Trends scheinen in dem kleinen Scene-Buch in ihren Begleiterscheinungen gut
studiert. (SZ 30.4./1.5.88, LEDANFF über THENIOR)
Und unweigerlich verliert auch hier,
wie überall in der Kunst, das bloß Gutgemeinte gegen das Gutgemachte.
(ZEIT 7.10.88, BAUMGART über WALTER)
Für die Güte
bzw. den Wert eines Werks, aber auch das Talent des Autors stehen die Begriffe Qualität und gepflegt (vgl. BÖHEIM 1987, 72).
Lettaus Tendenz, literarische Qualität
gewissermaßen zu erzwingen [...] (SZ 30.3.88, KAISER über LETTAU)
Ihre Qualitäten sind nicht
geringer als die der später geschriebenen [...] (ZEIT 26.2.88, HACKL über
TASSONI)
[...] und [er] schreibt ein gepflegtes
Deutsch [...] (FAZ 13.6.88, SEGEBRECHT über RÜCKER)
Mit richtig wird das außersprachliche
Bezugsobjekt „als den Erwartungen entsprechend, passend bzw. angemessen“
(BÖHEIM 1987, 73) bewertet. Ähnlich urteilt auch das Verb stimmen.
Schnurres Wahl des „historischen
Präsens“ [...] war ein richtiger Griff [...] (FAZ 30.12.88, SCHULZ über
SCHNURRE)
[...] jedes Detail stimmt.
(ZEIT 9.9.88, RADDATZ über BOOCK)
Ein impliziter
Vergleich liegt vor bei der Verwendung der Wörter auszeichnen, Vorzug[34],
Vorteil.
Walser, das zeichnet ihn auch aus,
sensibler und weitaus empfindsamer als der gewöhnliche Bahnsteigbenutzer [...],
sah natürlich das Dilemma. (ZEIT 16.9.88, LÜDKE über WALSER)
Es ist ein Vorzug des Romans,
daß [...] (FAZ 29.3.88, WEGNER über GRÖPER)
[...] zeigt doch der knappe,
titelgebende Eröffnungstext alle Vorzüge des Talents von Herta Müller
[...] (FAZ 6.2.88, WEINZIERL über MÜLLER)
[...] die Geschichten [nehmen] einen
deutlich lyrischen Grundton an. Dies leider nicht immer zu deren Vorteil.
(FAZ 9.7.88, WITTSTOCK über ANDERSON)
Der ganze Roman profitiert von diesem
Gedanken - und dies nicht zu seinem Vorteil. (FAZ 15.3.88, HANK über
DEAN)
Begriffliche
Anleihen aus der Marxschen Theorie nimmt folgende Rezension:
Durch seine Ironie gewinnt Späth den Erzählungen
immer einen sprachlich-ästhetischen Mehrwert für den Leser ab. (SZ
17.9.88, FISCHER über SPÄTH)
Eine
herausragende Leistung wird zum Ereignis,
ein guter Autor metonymisch[35]
zur Entdeckung:
[...] hingerissen zwischen Sprachwitz
und Denklust wird die Lektüre zum Ereignis. (ZEIT 25.3.88, WEISS über
KIESERITZKY)
Das in sieben Zeilen - eine wörtliche
Naturkatastrophe, kein sprachliches Ereignis. (SZ 13.7.88, MANTHEY über
KONRAD)
Das ändert nichts an der Tatsache,
daß dies ein höchst bemerkenswertes Debüt ist, ja eine literarische Entdeckung.
(SZ 4.6.88, CRAMER über SCHMIDT)
Jetzt aber können wir mit dem Buch
einen neuen Erzähler entdecken. (ZEIT 29.1.88, SCHÖDEL über ASCHENBECK)
Ungewöhnlich ist
es, schöner Literatur einen Nutzen zuzusprechen:[36]
[...] und zu solchem Lernen,
Aufmerksamwerden, Fragestellen ist dieses kleine Buch nützlich und
willkommen. (FAZ 15.10.88, SCHULZ über HÄRTLING)
Ebenfalls
(gemäßigt) positiv werten folgende lexikalischen Wertbegriffe mit Bezug auf den
Erfolg der künstlerischen Anstrengung
(BÖHEIM 1987, 44, 128, 154; KIENECKER 1989, 78):
Wertungen wie gelingen[37],
gelungen, geglückt[38],
sich bewähren, Treffer[39],
Wurf[40]
gehen speziell darauf ein, ob der Künstler erfolgreich sein Ziel erreichen konnte,
ob er fähig war, seine Aufgabe zu bewältigen. Äußerst hochwertende
Formulierungen sind in unserem Korpus für diese Lexemgruppe nicht zu finden.
Für das Verb gelingen liegen 29 Belege vor, für gelungen nochmals neun Belege, dies
beweist die Beliebtheit derartiger Formulierungen bei den Rezensenten.
[...] und es gelang ihr
[=Duvanel], die Atmosphäre des Handlungsraumes [...] auf selten mehr als drei
Seiten einzufangen. (SZ 6.8.88, VON BECKER über DUVANEL)
Auf der ersten Seite des Romans gelingt
ihm der Trick, alles zu sagen und nichts zu verraten. (SZ 13.8.88, AUFFERMANN
über HOFMANN)
[...] mehrere [...] gelungene
Wie-Vergleiche [...] (ZEIT 9.12.88, KILB über HENSEL)
Zu den gelungenen Texten von
Erika Burkart gehören gerade jene, die [...] (FAZ 26.7.88, KROLOW über BURKART)
Für geglückt liegen nur drei Belege vor:
Das lange Gedicht konnte, trotz manch
geglückter Zeile, manch prägnantem Bild, im ganzen wenig überzeugen
[...] (FAZ 4.10.88, HIEBER über SOELLNER)
Vielmehr bewährt sich
Rothmanns Erzähltalent [...] nun in einem gänzlich anderen Klima. (ZEIT
7.10.88, VON BECKER über ROTHMANN)
Bilder aus dem
Bereich des Sports liegen den Wertungswörtern Treffer bzw. Wurf
zugrunde:
Denn [...] diese Sammlung enthält
nicht den einen oder anderen „Wurf“, sondern wirkt in jedem ihrer Stücke
als Ausdruck einer souveränen Sprachkunst. (SZ 16.7.88, VON SCHIRNDING über
NESTLER)
Beim Lesen fühlt man sich meist wie
in einer privaten Dia-Vorführung, bei der ein guter Bekannter die
künstlerischen Treffer in einer Masse von Schnappschüssen untergehen
läßt. (FAZ 22.10.88, MIEHE über WOHMANN)
Das Können des Künstlers wird durch Lexeme
bestätigt wie können (vier Belege), wissen zu..., verstehen zu ... (zehn
Belege), vermögen (drei Belege), fertigbringen.
[...] daß Allemann ganz einfach was kann,
ganz enorm viel kann [...] (SZ 28.5.88, DREWS über ALLEMANN)
[...] sie [=die Autorin] weiß
ihre Mittel zu kalkulieren. (ZEIT 9.9.88, HAGE über ZELLER)
[...] [er] versteht zu
dialogisieren [...] (FAZ 13.6.88, SEGEBRECHT über RÜCKER)
Kaum einer vermag die
Verwerfungen und Abgründe in den menschlichen Verhältnissen besser auszuloten
als Walser. (ZEIT 16.9.88, HAGE über WALSER)
Eines bringt Becker fertig:
[...] (SZ 16.1.88, KAISER über BECKER)
Das Können des
Künstlers und seine SICHERHEIT werden gewürdigt mit Lexemen und Wortgruppen wie
beherrschen und zu Hause sein.
Überhaupt beherrscht dieser
Schriftsteller die Kunst des Weglassens, des trockenen Tons. (ZEIT 7.10.88, VON
BECKER über ROTHMANN)
In ihrem [=der Autorin] Bemühen,
private Verhaltensweisen durch historische und gesellschaftliche
Voraussetzungen zu deuten, begibt sie sich leider häufig in Reviere, in denen
sie nicht zu Hause ist. (FAZ 16.3.88, MIEHE über SCHEIB)
Ebenfalls auf
die Fähigkeiten und das Können des Schriftstellers gehen Substantive ein, wie Stärke[41]
(zwei Belege), Fähigkeit (fünf Belege
und das Kompositum Nuancierungsfähigkeit),
Sinn für ..., Talent (haben) (sechs
Belege und das Kompositum Erzähltalent),
Begabung (haben) und das Adjektiv begabt[42].
Daß seine Stärke in der
kühlen, photographischen Technik liegt, muß Herbert Genzmer inzwischen klar
geworden sein. (ZEIT 25.11.88, WINKELS über GENZMER)
Beyse spielt im neuen Band wieder mit
allen seinen Fähigkeiten [...] (FAZ 28.9.88, HINCK über BEYSE)
Über weite Strecken verrät er eine
sprachliche Nuancierungsfähigkeit. (FAZ 29.3.88, WEGNER über GRÖPER)
[...] Sinn für Dramatik [...]
(FAZ 5.7.88, WITTSTOCK über ANDERSON)
Thomas Meinecke hat [...]
schriftstellerisches Talent für die Fixierung und geschickte erzählerische
Überhöhung solcher Kuriositäten. (SZ 5.10.88, HAUCK über MEINECKE)
Vielmehr bewährt sich Rothmanns Erzähltalent
[...] nun in einem gänzlich anderen Klima. (ZEIT 7.10.88, VON BECKER über
ROTHMANN)
Das Abstraktum Talent steht darüber hinaus metonymisch
für Personen[43]:
Dieser Autor ist, trotz einiger
Manierismen, ein ganz eigenständiges, ja beinahe unzeitgemäßes Talent.
(FAZ 17.9.88, SCHIRRMACHER über RANSMAYR)
Dieselbe
Verwendungsweise findet sich bei dem Wort Begabung
- als Abstraktum und metonymisch für die Person des Autors - in derselben
Kritik:
[...] ist man von diesem Buch schon
besiegt, und zwar gründlich. Besiegt von der Prosa, die Christoph Ransmayr
schreibt, und von seiner Begabung, sich einen Weg durch alle Erwartungen
zu bahnen [...] Man lasse sich von der letzten Welt erzählen. Sie zeigt ihren
jungen Autor, das ist gewiß, als eine der großen Begabungen seiner
Generation. (FAZ 17.9.88, SCHIRRMACHER über RANSMAYR)
Monika Cämmerer ist zweifelsohne eine
begabte Lyrikerin und Prosaistin [...] (FAZ 21.4.88, HINDERER über
CÄMMERER)
2.1.2) Negativ wertend
2.1.2.1) Lexikalisch (gemäßigt) negativ
wertend
Ein Überblick
über die Wörter dieser Gruppe:
belanglos, Marginalie, harmlos,
Harmlosigkeit, unbedeutend, unscheinbar, unblendend, unfroh, ungut, zweite
Klasse; unnütz, unnötig, ohne Funktion, bedenklich, gibt zu denken,
zweifelhaft, verhängnisvoll, unselig; billig, schwach, schwächlich, schlecht,
Quark.
Tendenz zur Verschlechterung: sich selbst unterbieten, versanden, verkümmern, verkommen; verschenken,
verspielen, verderben, Sprachverhunzung, zerreden, Zernichtetes, ruinieren.
Kein Erfolg der künstlerischen Anstrengung: mißraten, mißglückt, mißlungen, schief-gehen, scheitern/Scheitern,
daneben(gehen); gut gemeint, Versuch.
Kein Können des Autors: Schwierigkeiten,
Problem, Problematik, problematisch, unfähig, Unvermögen.
Hinweis auf
einen (möglichen) Fehler: Gefahr; Ausrutscher, Unachtsamkeit,
Niveauabfall, Schnitzer, Patzer, Panne, Schwäche, Schwachstelle.- Leiden an,
kranken an, sich versündigen, Einbruch, Entgleisung, Unkorrektheit, Fehler,
Kunstfehler, falsch, Mangel, Untugend, Mißgriff, unangebracht.- Nicht dürfen.
Nichtvorhandensein:
fehlen, gebrechen an, Null, leer,
Inhaltsleere, Leerstelle, hohl, Substanzlosigkeit, sprachlos, nichtssagend.
Zu wenig: mangeln an, Mangel
an, verlorengehen, nicht viel zu sagen haben, wenig zu sagen haben, wenig
ausdrücken; nicht ausreichen, nicht hinauskommen über, dürftig, Dürftigkeit,
spracharm, sich erschöpfen, Grenzen.- Histörchen, Förmchen, Mini-Surrealismus.
Zu viel: übertrieben,
Übertreibung, überzogen, übersteigert, Übersteigerung, überfunktio-nalisiert,
Überreizung, überdreht, overwritten, Überfrachtung; übers Ziel hinausschießen,
sich überschlagen, das Von-allem-Zuviel, Substantiv-Ungetüme, aufdringlich,
inflationär; überflüssig, Redundanz, strecken, -fimmel, -sucht; umständlich,
wortreich, sich ergehen in, wabern, labern, schwadronieren, geschwätzig,
Geschwätz, Geschwätzigkeit, Schwätzerchen, Gerede, redselig.
Keinen Wert,
keine Bedeutung mißt der Rezensent dem Werk bei mit den Ausdrücken belanglos[44]
, Marginalie[45],
harmlos bzw. Harmlosigkeit, unbedeutend
und unscheinbar:
Auch heben sich die Gedichte [...]
wohltuend von einer Reihe belangloser Arbeiten ab, die besser in der
Schublade geblieben wären. (FAZ 21.4.88, HINDERER über CÄMMERER)
Sie [...] deuten eine Schwachstelle
an, nämlich, daß die Geschichten rasch belanglos werden [...] (SZ
30.4./1.5.88, HÜFNER über HAUFS)
Er nimmt Zuflucht zu den Gedanken
anderer [...] und endet doch stets bei Belanglosigkeiten. (FAZ 7.6.88,
MEYHÖFER über MENASSE)
Auf die
Kombination von perfekt und gemäßigt
negativer Wertung wurde schon hingewiesen (vgl. Kap. 2.1.1.1):
Trotzdem rufe ich, daß mich dieser
letzte Lettau-Band, in dem einiges Wunderhübsche neben viel Perfekt-Belanglosem
steht, ein wenig enttäuscht. (SZ 30.3.88, KAISER über LETTAU)
Im nachfolgenden „Schwanenhaus“ reift
die Charge allmählich zum Charakter, die Marginalie zum abendfüllenden
Sujet. (ZEIT 16.9.88, HAGE über WALSER)
Die Entwicklung
zum Positiven verdeutlicht Hage durch die Gegenüberstellung; Marginalie steht für etwas Unwichtiges
und erfährt damit eine gemäßigt negative Wertung.
Der Marginalie ähnlich in Bedeutung und
Wertung sind harmlos bzw. Harmlosigkeit:
[...] bleibt das geschilderte Milieu
[...] häufig trist und harmlos. (SZ 30.4./1.5.88, LEDANFF über THENIOR)
[...] da mißrät ihr jetzt der Text
zur hochgestemmten Bedeutsamkeit, die leicht in beliebige Harmlosigkeit umschlägt.
(SZ 6.8.88, VON BECKER über DUVANEL)
Auch dieser Text ist von
atemberaubender Harmlosigkeit [...]. (SZ 15.6.88, DREWS über HAHN)
Die
ironisierende Kombination mit dem Attribut atemberaubend,
das eine Sensation erwarten läßt, aber keine Harmlosigkeit, verstärkt die negative Wertung.
Als Verneinung
des gemäßigt positiv wertenden bedeutend
wertet unbedeutend gemäßigt negativ:
Artistisch ist das Buch unbedeutend
[...] (ZEIT 9.9.88, RADDATZ über BOOCK)
Nicht mehr trennbar
und damit lexikalisiert ist das Negationspräfix im bedeutungsähnlichen unscheinbar:
Manches ist unscheinbar [...]
(SZ 10.9.88, HÜFNER über DÜRRENMATT)
Aus dem
hochwertenden Adjektiv blendend wird
durch Negationspräfix das im allgemeinen Sprachgebrauch eher ungebräuchliche,
gemäßigt negativ wertende Adjektiv unblendend:
[...] ein überraschend unblendender
Essay. (ZEIT 30.9.88, BAUMGART über ENZENSBERGER)
Nur gemäßigt
abwertend wirkt das Negationspräfix un-
in unfroh und ungut, da ein Antonym zu froh
bzw. gut existiert:[46]
[...] und was zur Allegorie hätte
geraten können für die Vergeblichkeit hilfreicher Bücher, endet mit einem unfrohen
Blackout. (SZ 30.3.88, KAISER über LETTAU)
Das [=ein Höchstmaß an Authentizität
zu fordern] ist ungut, gefährlich. (FAZ 30.4.88, SCHIRRMACHER über
BURGER)
Den Wert eines
Kunstwerks ähnlich herabmindernd wie das Negationspräfix un- ist die in Relation zu erstklassig
bzw. erste Klasse schlechtere
Bewertung mit dem Numerale zweit-:[47]
[Überschrift] Mit erlauchten Worten
Wirkungen zweiter Klasse (SZ 22.10.88, KAISER über RANSMAYR)
Auf den Umstand,
daß ein Bestandteil eines Kunstwerks oder das gesamte Werk ohne Sinn und
Funktion ist, verweisen Begriffe mit Negation wie unnütz, unnötig und ohne
Funktion:
[...] und wo sie [=die Eintragungen]
überraschende Wendungen nehmen, zermürbt Burger sie durch unnütze
Wiederholungen. (FAZ 30.4.88, SCHIRRMACHER über BURGER)
Sie flicht Leseerlebnisse ein, sie
streckt mit unnötigen Geschichten. (SZ 10.9.88, KAISER über NADOLNY)
[...] sie [= die angewendete
Sorgfalt] ließ uns gern über manch unnötig stilisierte Wendung
hinwegsehen. (ZEIT 11.3.88, IRRO über RÜCKER)
[Zitate] - dieses so hochdiffizile
Stilmittel [=Parataxe], dem sich die Härte und Distanz Uwe Johnsons ver-dankt,
ist hier neckisch, weil ohne Funktion eingesetzt. (ZEIT 12.8.88, RADDATZ
über KIRSCH)
Er [=der Autor] scheint sich jedoch
nicht deutlich gemacht zu haben, daß der Leser auf gestalterisches Unver-mögen
schließen muß, wenn die Kunstgriffe [=Perspektivenwechsel, Brüche im
Erzählvorgang] ohne jede er-kennbare Funktion bleiben. (FAZ
22.6.88, JACOBS über SCHERTENLEIB)
Gemäßigt
negative Wertung liegt ebenfalls vor in den Wendungen bedenklich, gibt zu denken, zweifelhaft, etwas deutlicher noch in verhängnisvoll und unselig:
[...] nur werden die Bilder dabei so
schief, die Sätze gar grammatisch so bedenklich, daß man allenfalls von
unfreiwilliger Komik sprechen kann. (SZ 5.10.88, HAUCK über MEINECKE)
Schon daß man die Stories von der sie
tragenden Prosa völlig trennen kann, gibt zu denken. (SZ 10.2.88, KNODT
über ASMODI)
Mit feierlichem Tremolo wird längst
Gedachtes oder schon im Satzbau Zweifelhaftes vorgetragen [...] (FAZ
20.9.88, MIEHE über BLATTER)
Anders als dort [=in „Das Affenhaus“]
hat dieses Prinzip [=Reflexionen- und Metaphernhäufung] in „Die Tiere“ aber
einen verhängnisvollen Effekt [...] (SZ 15.11.88, FALCKE über BEYSE)
Der Autor kam auf den unseligen
Einfall, in einer Sprache zu erzählen, die ihre Herkunft aus dem
Spätex-pressionismus auf keiner Seite verleugnet. (FAZ 31.5.88, KLESSMANN über
ORTMANN)
Noch etwas
deutlicher negativ werten billig[48],
schwach[49],
schwächlich, schlecht[50]
und um-gangssprachlich Quark[51]:
Wie billig wäre es, die zwei
schon älteren Menschen zusammenkommen oder auseinandergehen zu lassen. (SZ
11.6.88, MOSER über BAUR)
[...] ganz schwache Gedichte
[...] (SZ 28.5.88, DREWS über ALLEMANN)
Wenn sie einmal einen Gedanken, einen
Sachverhalt zugespitzt formulieren will, gelangt sie höchstens zu schwächlichen
Paradoxa. (SZ 15.6.88, DREWS über HAHN)
Die negative
Wertung durch das deadjektivische Derivat schwächlich
ist etwas weniger stark ausgeprägt als die Wertung durch schwach, denn derartige Derivate „drücken eine gewisse Abschwächung
aus, das Objekt, auf das sie sich beziehen, hat die angegebene Eigenschaft
nicht in vollem Maße“ (FLEISCHER 1975, 272).
Wenn Bedeutung sich nicht mehr auf
der Linie erzählter Handlung entfalten kann, treiben die Allegorien ihr schlechtes
Eigenleben und beginnen zu wuchern. (FAZ 8.10.88, HANK über SCHNEIDER)
[...] allesamt schlecht
synchronisierte Marionetten [...] (FAZ 17.9.88, GÖRTZ über WALSER)
Abgesehen davon, daß dieser Satz schlechtes
Deutsch ist [...] (FAZ 4.10.88, KRÜGER über WOLF)
[...] wird ein unsäglicher, nicht zu
referierender Quark [...] breitgetreten. (ZEIT 11.3.88, MODICK über
DIEDERICHSEN)
Die Verwendung
von Umgangssprache im Feuilleton der renommierten ZEIT verstärkt die Abwertung
durch den Rezensenten, ebenso die emotionale Wirkung des Adjektivs unsäglich[52].
Eine spezielle
Gruppe unter den (gemäßigt) negativen Ausdrücken ist die mit der Bedeutung, daß
eine Tendenz zur Verschlechterung
vorliegt, bzw. daß etwas schlechter (gemacht) wird:
sich selbst unterbieten; versanden[53],
verkümmern, verkommen; sich verlieren; verschenken[54],
verspielen[55], verderben,
Sprachverhunzung; zerreden, Zernichtetes[56];
ruinieren.
Der Vergleich
mit früheren Werken fällt zu Ungunsten des rezensierten Buches aus:
Mit seinem neuen Band hat sich
der Satiriker Hermann Kant selbst unterboten. (FAZ 17.5.88, HINCK
über KANT)
Doch spricht er [=Roth] mit fremden
Zungen, immer wieder. Thomas Bernhard ist da zu hören in einer Prosa, die sich
zu einer galligen Justizschelte anschickt, aber ohne den hitzigen
Spontanausdruck des Originals matt versandet. (ZEIT 14.10.88, KRAMER
über ROTH)
Allzuviel klingt hier bloß
gutgemeint, bleibt sprachlich uninteressant, so daß die Botschaft Frieds zur
poetisch-prosaischen Predigt, zu neuestzeitlicher Kalenderspruchweisheit verkümmert.
(FAZ 26.2.88, WEINZIERL über FRIED)
Er ist nie komisch, sondern immer nur
geistreich auf jene quecksilbrige Weise, die schnell zu ermüdender Langeweile verkommt.
(ZEIT 22.4.88, RATHJEN über POLITYCKI)
Daß der Autor
Möglichkeiten nicht nutzt oder seine Fähigkeiten nicht richtig einsetzt, so daß
sein Werk von schlechterer Qualität ist, als man es eigentlich erwarten könnte,
kritisieren folgende Rezensionen:
[...] aber er verschenkt
dieses Motiv des Seiltänzers, das er viel zu früh abbricht. (ZEIT 8.1.88,
STÄNNER über AMANN)
Beyse spielt im neuen Band wieder mit
allen seinen Fähigkeiten, verspielt aber seine Wirkungsmöglichkeiten
durch Überreizung. (FAZ 28.9.88, HINCK über BEYSE)
Das Wortspiel
mit spielen und verspielen verdeutlicht den Mißerfolg von Beyses Anstrengung.
Erst in ihren Miniaturen trifft Ulla
Hahn jene Zwischentöne, die sie sonst so protzig verspielt. (ZEIT
25.3.88, KILB über HAHN)
Doch Rücker fügt noch einen inneren Monolog
an, der mit seiner aufdringlichen Symbolik unerträglich ist und alles verdirbt.
(FAZ 13.6.88, SEGEBRECHT über RÜCKER)
Bloß geht es diesmal nicht ums
Schreiben, sondern ums Denken. Weshalb die an der Hochschule eingeübte Sprachverhunzung
hier ihre grausige Wirkung tut. (SZ 5.10.88, HÖBEL über GOETZ)
[...] und [der Text] zerredet
sich am Anspruch, ein Plädoyer für Anders [...] zu sein. (SZ 10.9.88, WEISS
über BURMEISTER)
Die folgenden
Beispiele Zernichtetes und ruinieren stellen schon den Übergang zu
sehr negativ wertenden Lexemen dar:
Aus lauter Zurückgedachtem,
Zurechtgegrübeltem und gedanklich Zernichtetem formt Goetz hier eine
ziemlich genau 270 Seiten lange Hirnwurst. (SZ 5.10.88, HÖBEL über GOETZ)
Es kommt auch vor, daß Allemann ein
Gedicht in der vierten Zeile durch Gebrauch von flottem Szene-Jargon [...] ruiniert
[...] (SZ 28.5.88, DREWS über ALLEMANN)
So, wie sich der Autor in Sprache und
Stil, um Drastik bemüht, immer wieder einmal überschlägt, so ruiniert er
die eigene Figurenführung um des Effektes willen. (SZ 2.3.88, HÜFNER über
RADDATZ)
(Gemäßigt)
negativ und sehr negativ (s.u. 2.1.2.2) werten ebenfalls lexikalische
Wertbegriffe mit Bezug auf den Erfolg
der künstlerischen Anstrengung (vgl. die entspre-chende Gruppe mit
positiver Wertungsrichtung in 2.1.1.2).
Daß ein Werk
oder Teile eines Werks nicht gelungen sind, formulieren die Rezensenten wie
folgt:
mißraten, mißglückt, mißlungen[57],
schiefgehen, scheitern/Scheitern, daneben(gehen); gut ge-meint, Versuch.
Oft jedoch mißrät die Verschiebung
[der Bedeutungen] zur Kinderei. (ZEIT 14.10.88, WINKELS über HER-MANN)
Doch die Realisierung dieses
Vorhabens scheint mir mißraten. (FAZ 31.5.88, KLESSMANN über ORTMANN)
Günter Grass präsentiert eine
mißvergnügte und mißglückte Mischung aus Tagebuch, Reisejournal,
Skizzen-werk und politischem Kommentar. (ZEIT 26.8.88, HAGE über GRASS)
Ich halte es [=das Schlußgedicht] für
mißlungen. (FAZ 3.9.88, HARTUNG über GRASS)
Und das geht manchmal schief.
(ZEIT 12.8.88, RADDATZ über KIRSCH)
Er ist an seinen zu hohen Ansprüchen
ziemlich gründlich gescheitert. (FAZ 28.1.88, ENGEL über KINDER)
Mit einer solchen Vorgabe ist das Scheitern
für einen noch nicht allzu erfahrenen Autor programmiert. (FAZ 23.4.88,
OBERMÜLLER über KRANEIS)
Der Gegenbegriff
zu dem unter 2.1.1.2 aufgeführten positiven Wertbegriff Treffer ist daneben(gehen):
Ein ganzes Stück daneben (SZ
5.10.88, HAUCK über MEINECKE)
Über dasselbe
Buch steht 1989 in der ZEIT:
Der Schuß [in der Handlung des
Buches] geht daneben - wie so manches in diesem Buch. (ZEIT 3.3.89,
KÖRTE über MEINECKE)
Der Mißerfolg
des Autors wird auch dadurch gekennzeichnet, daß ihm nachgesagt wird, er habe
es gut gemeint oder einen Versuch gewagt. Wie die Beispiele zeigen
werden[58],
verleiht eine solche Formulierung per Implikation das Prädikat ‘mißlungen’:
Allzuviel klingt hier bloß gutgemeint
[...] (FAZ 26.2.88, WEINZIERL über FRIED)
Gespräche [...] klingen dann
allenfalls gut gemeint. (FAZ 16.3.88, MIEHE über SCHEIB)
Da ist nichts nur gut gemeint [...]
(SZ 16.7.88, VON SCHIRNDING über NESTLER)
Und unweigerlich verliert auch hier,
wie überall in der Kunst, das bloß Gutgemeinte gegen das Gutgemachte.
(ZEIT 7.10.88, BAUMGART über WALTER)
Hermann Kants neuer Satireversuch
(FAZ 17.5.88, HINCK über KANT)
HINCK (1985, 71)
merkt hierzu an, die gute Absicht sei dem Autor zwar anzurechnen, doch für das
literarische Werk zähle nur deren Realisierung.
Das Können des Autors wird angezweifelt,
indem der Rezensent seiner Beobachtung Ausdruck verleiht, der Autor habe Schwierigkeiten[59],
ein Problem[60] (vier Belege, zusätzlich Problematik und problematisch),
oder indem dem unfähigen[61]
Autor Unvermögen (zwei Belege)
bescheinigt wird. Dies alles widerspricht dem Ideal, ein Autor meistere sicher
und ohne Anstrengung alle Klippen, die ein Werk ihm bieten kann.
Die immer wieder bemerklichen
Unsicherheiten und Unkorrektheiten spiegeln offensichtlich die Schwierigkeiten
mancher Schweizer Autoren, deren Sprachgefühl ganz von ihrem Dialekt geprägt ist.
(FAZ 22.6.88, JACOBS über SCHERTENLEIB)
Stilistisch gibt es allerdings Probleme
im Ertasten eines „unbedingten“ Wissens [...] (SZ 13.3.88, LEDANFF über
SEEHAUS)
Genau an diesem Punkt lassen sich der
Reiz und die Problematik von Brigitte Burmeisters Prosa erkennen. (FAZ
18.7.88, BIELEFELD über BURMEISTER)
Auch wenn man immer wieder in
einzelnen Wortfügungen, Bildern und Passagen die Talente der vielfach bewährten
Lyrikerin Friederike Mayröcker durchspürt, bleibt dieses neue umfangreiche Buch
ein problema-tisches Produkt. (FAZ 15.11.88, JACOBS über MAYRÖCKER)
Ulla Hahn ist zum Beispiel auf weite
Strecken unfähig, überhaupt lyrische Bilder zu finden. (SZ 15.6.88,
DREWS über HAHN)
Er [=der Autor] scheint sich jedoch
nicht deutlich gemacht zu haben, daß der Leser auf gestalterisches Unvermögen
schließen muß, wenn die Kunstgriffe ohne jede erkennbare Funktion bleiben. (FAZ
22.6.88, JACOBS über SCHERTENLEIB)
Eine weitere
Untergruppe der (gemäßigt) negativ wertenden lexikalischen Wertbegriffe stellen
diejenigen mit einem Hinweis auf einen (möglichen) Fehler dar.
Die Rezensenten
verweisen auf einen drohenden Fehler, auf einen kleinen Fehler oder allge-mein
auf einen Fehler des Autors.
Mit dem Hinweis
auf eine Gefahr (+Genitiv) wird ein
drohender Fehler angezeigt:
Ihre [=Schmidts] Texte sind launisch.
Immer lauert die Gefahr eines Umschlags in spannungslose Banalität [...]
(SZ 4.6.88, CRAMER über SCHMIDT)
[...] ohne der Gefahr
sentimentaler Verklärung oder dozierender Langeweile zu erliegen. (FAZ 5.5.88,
FULD über WEINZETTL)
Ein eher
kleinerer Fehler wird mit Ausrutscher[62],
Unachtsamkeit, Niveauabfall, Schnitzer[63],
Patzer[64],
Panne[65],
Schwäche[66],
Schwachstelle angedeutet:
Aber diese kunsthandwerklichen Ausrutscher
können nicht den überaus positiven Gesamteindruck beeinträchtigen. (SZ 13.8.88,
FELDES über HENSEL)
Daß sich der [...] Autor [...] zu
überzogenen Metaphern verführen läßt, sieht man ihm ebenso nach wie kleinere Unachtsamkeiten
in puncto Konjunktiv. (FAZ 2.12.88, WEINZIERL über MÖCHEL)
Und dennoch zu konstatieren, daß Niveauabfälle
jedenfalls nicht ausschließen, daß der Leser mit interessanten Einblicken in
die Trendmiseren der späten achtziger Jahre versorgt wird. (SZ 30.4./1.5.88,
LEDANFF über THENIOR)
[...] wobei es auch mal zu
sprachlichen Schnitzern kommt. (FAZ 1.7.88, MIEHE über BIANCHI)
Der zitierte Satz ist kein einsamer Patzer.
(FAZ 16.3.88, MIEHE über SCHEIB)
Die Chuzpe, mit welcher der Autor
sich auf seine Schlagfertigkeit verläßt, hat zwar gelegentlich Patzer
und Pannen zur Folge [...] (SZ 16.1.88, KAISER über BECKER)
Derartige Ungenauigkeiten stellen
keine spektakulären Katastrophen dar, wohl aber kleine Formulierungs-pannen
[...] (SZ 22.10.88, KAISER über RANSMAYR)
Nein, die Schwächen dieses
Buches sind nicht politischer Natur, sondern literarischer. (FAZ 29.3.88,
WITT-STOCK über NEUMEISTER)
Auch sprachlich zeigt das Buch Schwächen.
(FAZ 22.6.88, JACOBS über SCHERTENLEIB)
Das hängt auch mit der Schwäche
der Komposition zusammen. (FAZ 15.11.88, JACOBS über MAYRÖCKER)
Doch entzündet sich sein Funke
keineswegs nur an kurz angebundener Aktualität, aus der die wenigen Schwachstellen
des Buches resultieren. (SZ 16.7.88, BOGNER über HENISCH)
[...] und [die biographischen Nachrichten
über Dichterlesungen und den Kulturbetrieb] deuten eine Schwachstelle an
[...] (SZ 30.4./1.5.88, HÜFNER über HAUFS)
Auf einen nicht
mehr nur kleinen Fehler weisen Ausdrücke hin, wie z.B. leiden an, kranken an[67],
sich versündigen[68], Einbruch,
Entgleisung[69],
Unkorrektheit, Fehler[70],
Kunstfehler, falsch[71],
Mangel, Untugend, Mißgriff, unangebracht, nicht dürfen.
Der Roman leidet selbst an
dem, was er unablässig diskutiert [...] (SZ 10.9.88, WEISS über BURMEISTER)
Dafür krankt der nächste Satz an
Imponiergehabe. (SZ 22.10.88, KAISER über RANSMAYR)
Hemmungslos versündigt er sich
nun gegen jenes literarische Grundgesetz, das er kurz zuvor noch gewissen-haft
memorierte [...] (FAZ 29.3.88, WITTSTOCK über NEUMEISTER)
Es gibt eher Unsicherheiten und Einbrüche
[...] (SZ 10.2.88, KNODT über ASMODI)
Störend wirken dann um so mehr manche
sprachlichen Entgleisungen. (FAZ 29.3.88, WEGNER über GRÖPER)
[...] fallen [...] sprachliche Entgleisungen
[...] besonders ins Gewicht. (SZ 30.11.88, KÄSSENS über BERKÉWICZ)
Die immer wieder bemerklichen
Unsicherheiten und Unkorrektheiten spiegeln offensichtlich die
Schwierigkei-ten mancher Schweizer Autoren, deren Sprachgefühl ganz von ihrem
Dialekt geprägt ist. (FAZ 22.6.88, JACOBS über SCHERTENLEIB)
[...] fallen [...] grammatische Fehler
[...] ins Gewicht. (SZ 30.11.88, KÄSSENS über BERKÉWICZ)
Andreas Neumeister macht den Fehler
vieler Debütanten [...] (FAZ 29.3.88, WITTSTOCK über NEU-MEISTER)
Wer allerdings [...] dem Erzählprozeß
folgt, den werden solche Kunstfehler nicht nur kaum irritieren [...]
(ZEIT 7.10.88, BAUMGART über WALTER)
[...] falsche Wechsel von
Präsens zu Präteritum [...] (ZEIT 9.9.88, RADDATZ über BOOCK)
Das klingt, aufs Ganze gesehen, falsch
und überdreht. (SZ 2.3.88, HÜFNER über RADDATZ)
[...] und es gibt Lektoratsmängel
[...] (SZ 10.2.88, KNODT über ASMODI)
Es [=das Buch] schmückt sich mit der
Bezeichnung Erzählung - und hat nichts zu erzählen, was drei sprachli-che Untugenden
kaschieren. (ZEIT 12.8.88, DOTZAUER über REICHART)
Aber schwerlich [kann man] darüber
[streiten], daß es ein peinlicher Ransmayrscher Mißgriff [...] ist, von
„immer entlegeneren Orten des Schiffes“ zu orakeln. (SZ 22.10.88, KAISER über
RANSMAYR)
Und irritiert nicht auch das unangebrachte
„wenigstens“ beim Flüchten in „Bewußtlosigkeit oder wenigstens in einen Traum“?
(SZ 22.10.88, KAISER über RANSMAYR)
Aber bei einem Prosastück, das auf
knappstem Raum einen so bewußt hohen Ton anschlägt [...], dürften doch keine
Worte auftauchen wie „einwohnermäßig“ oder die „in ihrer Vielfalt beeindruckende
[Hervorhebung durch den Rezensenten] Vegetation“. (SZ 19.11.88, VON BECKER über
SCHMIDT)
Auf das
komplette Nichtvorhandensein oder
auch auf das Fehlen des rechten Mittelweges, ein zu wenig bzw. zu viel,
wird in den Kritiken ebenfalls hingewiesen. Daß etwas nicht vorhanden ist, wird
ausgedrückt durch Begriffe wie fehlen (acht
Belege), gebrechen[72],
Null, leer[73] (vier
Belege), Leere (zwei Belege), Inhaltsleere, Leerstelle, hohl (zwei
Belege), Substanzlosigkeit[74],
sprachlos, nichtssagend.
[...] und dabei wurde mir klar, was
in und hinter den heiter ziselierten Gebilden Lettaus fehlt. Es ist der
Leidensdruck. (SZ 30.3.88, KAISER über LETTAU)
[... ein Erzähler], dem es an der
Kunst des Weglassens gebricht. (FAZ 28.1.88, ENGEL über KINDER)
[Überschrift] Die Summe [=Titel des
Buches] = Null (ZEIT 25.3.88, LÜDKE über KANT)
„Das schöne Leben“ [=Titel] ist, wie
alles ausgestellte Schöne, leer. (ZEIT 14.10.88, WINKELS über HER-MANN)
Virtuosität wie Leere von
Lettaus perfekter Schreibekunst [...] (SZ 30.3.88, KAISER über LETTAU)
Weil Menasse aber nicht einmal vor
dem durch inflationären Gebrauch längst zu völliger Inhaltsleere
herabgekommenen Begriff der Entfremdung zurückschreckt [...] (FAZ 7.6.88,
MEYHÖFER über MENASSE)
Gewiß, man könnte die häufigen
Spannungsabfälle, die Leerstellen im Text neben turbulent erzählten
Episoden als Stilelement einer posthistorischen Wurstigkeit sehen. (SZ
30.4./1.5.88, LEDANFF über THENIOR)
Allzu durchsichtig sind sie auf einen
scheinbar hintergründigen Effekt hin konstruiert: auf das leider hohle
Pathos der letzten Sätze. (FAZ 13.10.88, FULD über HERMANN)
[...] es ging mir nur eben bei der
Lektüre auf, daß diese Gedichte einfach von erlesener Plattheit und
ausge-pichter Substanzlosigkeit sind [...] (SZ 15.6.88, DREWS über HAHN)
[Überschrift] Wortreich und sprachlos
(SZ 13.7.88, MANTHEY über KONRAD)
Der bezeichnete
Gegensatz zwischen der Menge an verwendeten Wörtern und dem Mangel an
literarisch wertvoller Sprache macht die negative Wertung deutlich.[75]
[...] und knüpft nur noch nichtssagende
Reisebeschreibungen, langatmige Naturschilderungen und Archivdaten aneinander.
(FAZ 29.3.88, WITTSTOCK über NEUMEISTER)
Kein allgemeines
Fehlen, sondern die Tatsache, daß etwas nicht genug (vorhanden) ist, wird
ausgedrückt durch mangeln an, Mangel an,
verlorengehen, nicht viel / wenig zu sagen haben, wenig ausdrücken, nicht
ausreichen (zwei Belege), nicht
hinauskommen über, dürftig[76],
Dürftigkeit, spracharm, sich erschöpfen, Grenzen.
Diesem Thema mangelt es mittlerweile
an Frische [...] (FAZ 3.5.88, HINCK über KELTER)
[...] der Band „Zunge zeigen“ zeigt
vor allem einen erschreckenden Mangel an schriftstellerischer
Selbstkon-trolle. (ZEIT 26.8.88, HAGE über GRASS)
Der widerständigen Behandlung des
heiklen (und wichtigen) Falls geht viel verloren, wenn vor lauter
Details [...] der scharfe Blick auf die zu beschreibende Form weiblicher
Verletzbarkeit verlorengeht [...] (SZ 13.3.88, LEDANFF über SEEHAUS)
Und den Leser beschleicht der
Verdacht, die Autorin wolle mit all der absichtsvoll arrangierten Verwirrung
kaschieren, daß sie im Grunde nicht viel zu sagen hat. (FAZ 3.6.88,
JACOBS über TECHEL)
[...] daß man fast vergessen könnte,
wie wenig der kluge Kopf dahinter einem damit zu sagen hat. (ZEIT
9.12.88, HAMMERSCHMIDT über BEYSE)
Das „Netz“ ihres [=Ulla Hahn]
Gedichts ist sorgsam gesponnen: aus Lautmalereien [...] und großen, tönen-den
Wörtern, die Ungeheures andeuten und ungeheuer wenig ausdrücken. (ZEIT
25.3.88, KILB über HAHN)
Da die eigenen erzählerischen Mittel
offenbar nicht ausreichen, hat sich die Autorin ein Gerüst ausgeliehen
[...] (FAZ 2.3.88, HEINRICH-JOST über SCHOLTEN)
Sie [=biographische Nachrichten über
Dichterlesungen und den Kulturbetrieb] kommen über die übliche Selbstbespiegelung
nicht hinaus [...] (SZ 30.4./1.5.88, HÜFNER über HAUFS)
Für einen Lyriker vom Range Erich
Frieds scheint das ein bißchen dürftig. (FAZ 26.2.88, WEINZIERL über
FRIED)
Und wenn die Autorin einfache Sätze
formuliert, kettet sie diese oft in unübersichtlichen Kommamonstren aneinander,
die zum Hinweghuschen über die Dürftigkeiten verleiten. (ZEIT 12.8.88,
DOTZAUER über REICHART)
[...] und damit erschöpft sich
die Form - und das Lesevergnügen. (SZ 6.8.88, VON BECKER über DUVANEL)
[...] kommt es dann zu Kurzschlüssen,
welche auch die sprachlichen Grenzen der Autorin deutlich machen. (FAZ
25.5.88, HINDERER über SCHMIDT)
Daß etwas nicht
genug oder nicht viel wert ist, wird auch - wie im Kapitel zu den sprachlichen
Bewertungsmöglichkeiten gezeigt[77]
- durch Diminutive wie Histörchen[78]
und das Präfix mini-[79]
ausgedrückt.
Papieren knistert das schelmische Histörchen
mit den Dolmetscherinnen (FAZ 17.5.88, HINCK über KANT)
Ulla Hahn schreibt einer Gesellschaft
nach dem Munde, die nach hübsch restaurierten Sonetten [...] lechzt, nach Förmchen,
nicht nach Formen. (ZEIT 25.3.88, KILB über HAHN)
Manchmal landet eine poetische
Bildlichkeit, die verblüffend sein will, auch nur bei einem Mini-Surrealismus,
der sich zu richtigem Surrealismus verhält wie Bele Bachem zu Giorgio de
Chirico. (SZ 28.5.88, DREWS über ALLEMANN)
Auf ein Zuviel
wird folgendermaßen hingewiesen:
einerseits durch
Wortbildungen mit dem Präfixoid über-
(bzw. in einem Beispiel engl. over-)
wie übertrieben, Übertreibung (zwei
Belege), überzogen, übersteigert,
Übersteigerung, überfunktionalisiert, Überreizung, überdreht (zwei Belege), overwritten, Überfrachtung.
Seine Männergeschichten sind
absichtlich kunstvoll und auf eine absterbende Art übertrieben [...]
(ZEIT 25.3.88, AUFFERMANN über KELTER)
[Überschrift] Thorsten Beckers „Nase“
oder Das Problem der Übertreibung (SZ 16.1.88, KAISER über BECKER)
Daß sich der [...] Autor [...] zu überzogenen
Metaphern verführen läßt, sieht man ihm [...] nach [...] (FAZ 2.12.88,
WEINZIERL über MÖCHEL)
[...] Chiffren, die Söllner [...]
durch übersteigerte, pathetische Bilder und Vergleiche bisweilen um ihre
Glaubwürdigkeit bringt [...] (FAZ 4.10.88, HIEBER über SOELLNER)
Die Einseitigkeiten und Übersteigerungen
bei der Personendarstellung sind derart groß, daß sie zuweilen bloß
witzig-karikaturistisch oder klischeehaft wirken [...] (ZEIT 14.10.88, LÜTZELER
über SPÄTH)
Politycki lähmt den Blick des Lesers
dadurch, daß alles in seiner Prosa überfunktionalisiert ist. (ZEIT
22.4.88, RATHJEN über POLITYCKI)
Beyse spielt im neuen Band wieder mit
allen seinen Fähigkeiten, verspielt aber seine Wirkungsmöglichkeiten durch Überreizung.
(FAZ 28.9.88, HINCK über BEYSE)
Warum manche grotesk sein wollenden
Auftritte der Genervten [...], die [...] einfach nur überdreht sind? (SZ
30.4./1.5.88, LEDANFF über THENIOR)
Vieles [...] scheint „overwritten“,
scheint prunkendes Kunstgewerbe zu sein. (SZ 22.10.88, KAISER über RANSMAYR)
Dazu kommt die mythologische Überfrachtung
[...] (SZ 1.6.88, STADLER über MECKEL)
Andererseits
wird das Verfehlen des rechten Maßes angezeigt mit Begriffen und Wortgruppen
wie übers Ziel hinausschießen, sich
überschlagen, das Von-allem-Zuviel, Substantiv-Ungetüme, aufdringlich,
inflationär (drei Belege).
Naturgemäß schießt er dabei
[=wenn er über Literatur und Politik spricht] zuweilen übers Ziel hinaus,
verirrt sich in Gedankengängen, in die man ihm nicht zu folgen vermag. (FAZ
26.2.88, WEINZIERL über FRIED)
So, wie sich der Autor in Sprache und
Stil, um Drastik bemüht, immer wieder einmal überschlägt, so ruiniert er
die eigene Figurenführung [...] (SZ 2.3.88, HÜFNER über RADDATZ)
Ein hervorstechendes Merkmal der
Sprache in diesem Roman ist das Von-allem-Zuviel [...] (SZ 13.7.88,
MANTHEY über KONRAD)
Substantiv-Ungetüme, gewaltig und schier endlos, rollen einher, der
doppelte Genetiv feiert finstere Auf-erstehung [...] (SZ 5.10.88, HÖBEL über
GOETZ)
Doch Rücker fügt noch einen inneren
Monolog an, der mit seiner aufdringlichen Symbolik unerträglich ist und
alles verdirbt. (FAZ 13.6.88, SEGEBRECHT über RÜCKER)
Der inflationäre Gebrauch
nimmt ihm [=dem Tod] Würde und Bedeutung [...] (FAZ 6.2.88, WEINZIERL über
MÜLLER)
Daß es der Autor
zu gut gemeint hat, zeigen Rezensenten auch mit Begriffen wie überflüssig (drei Belege), Redundanz[80],
strecken, Wiederholungsfimmel,
Metaphernsucht.
Doch die übrigen Abstecher sind
ebenso überflüssig wie ermüdend. (FAZ 29.3.88, WITTSTOCK über
NEUMEISTER)
Redundanz wird vermieden durch Aussparung, Verknappung durch die
intensive Beschreibung eines von Regen, Schwüle und Hitze wie gelähmten Lebens.
(SZ 8.10.88, REINHARDT über ROTHMANN)
[...] sie streckt mit
unnötigen Geschichten. (SZ 10.9.88, KAISER über NADOLNY)
Am enervierendsten freilich ist ihr
Wiederholungsfimmel. (ZEIT 12.8.88, DOTZAUER über REICHART)
Nichts aber verrät den Hochstapler
mehr als seine Metaphernsucht. (FAZ 7.6.88, MEYHÖFER über MENASSE)
Das sprachlich
Überflüssige läßt sich an Bemerkungen ablesen wie umständlich, wortreich
(zwei Belege), sich ergehen in, wabern,
labern, schwadronieren[81],
geschwätzig (zwei Belege), Geschwätz,
Geschwätzigkeit, Schwätzerchen, Gerede[82],
redselig[83].
Jedem Substantiv wird ein Adjektiv
und jedem Adjektiv möglichst noch ein Adverb aufgehalst, was nicht nur
stilistisch umständlich ist [...] (SZ 13.7.88, MANTHEY über KONRAD)
Wortreich, nicht feinsinnig wie der Lord [=Chandos] [...] (FAZ
7.6.88, MEYHÖFER über MENASSE)
Beflissen ergeht sich Asmodi
in der Erörterung [...] (FAZ 12.8.88, HEINRICH-JOST über ASMODI)
Ein [...] Schwadronieren über
absolut alles [...] wabert und labert konturlos [...] (ZEIT
11.3.88, MODICK über DIEDERICHSEN)
Fuchs [...] schwadroniert
nicht mit flachen Tiefsinnigkeiten. (ZEIT 1.4.88, BIERMANN über FUCHS)
Sein jüngstes Werk „Ich bin ein
Krokodil, und du hast Angst“ ist ein Panorama der achtziger Jahre, ein recht geschwätziges
Buch also [...] (FAZ 18.10.88, MEYHÖFER über HEINZEN)
Das ist törichtes Geschwätz,
ohne ernsthafte Anstrengung [...] (FAZ 4.10.88, GÖRTZ über FELS)
Man hat ihm, seit der „Halbzeit“,
1960 [sic] häufig Geschwätzigkeit vorgeworfen. Oft zu Unrecht. (ZEIT
16.9.88, LÜDKE über WALSER)
Am Ende ist er doch nur ein Schwätzerchen,
der Primus Feuerbach. (FAZ 17.10.88, KOOPMANN über BRANDSTETTER)
Die
Belanglosigkeit der Figur wird mit herablassender Geste durch das
Diminutivsuffix -chen verdeutlicht.[84]
[...] beginnt auf einmal nur das Gerede
gegen’s Gerede [...] (ZEIT 5.8.88, VON BECKER über ALLEMANN)
Dank seiner Lakonik wirkt dieser Text
ungemein beredt und nicht redselig wie so viele andere heutzutage. (FAZ
17.12.88, WEINZIERL über GSTREIN)
Auch in diesem
Beleg wird die Wertung verstärkt durch die Gegenüberstellung zweier Adjektive,
die vom selben Verb reden abgeleitet
sind - beredt und redselig.
2.1.2.2) Lexikalisch sehr negativ wertend
Bezeichnenderweise
weist die Gruppe der extrem negativ wertenden Begriffe keine solche Anzahl und
Vielfalt auf wie die bereits behandelten Gruppen. Dies belegt, daß
„geharnischte Verrisse“ (REICH-RANICKI) selten sind.
Folgende
Ausdrücke weist das Korpus auf: kläglich[85],
fatal[86],
grausig[87],
entsetzlich[88].
[...] sie [=die Geschichten] enden
immer kläglich wie in einem undeutlichen Gemurmel. (FAZ 8.1.88, UEDING
über WOLF)
Hermann Kants fatale
„Begebenheit“ [=zweite Überschrift] (ZEIT 25.3.88, LÜDKE über KANT)
Weshalb die an der Hochschule
eingeübte Sprachverhunzung hier ihre grausige Wirkung tut. (SZ 5.10.88,
HÖBEL über GOETZ)
[...] es wimmelt von „spitzen
Fingern“ und anderen entsetzlichen Klischees [...] (ZEIT 9.9.88, RADDATZ
über BOOCK)
Auch unter den
sehr negativen Wertbegriffen finden sich lexikalische Wertbegriffe mit Bezug
auf den Erfolg der künstlerischen
Anstrengung (vgl. 2.1.1.2 und 2.1.2.1).
Im Unterschied
zur entsprechenden Lexemgruppe mit positiver Wertungsrichtung (vgl. 2.1.1.2), die
nur (gemäßigt) positive und keine hochwertenden Wertungsausdrücke enthält, läßt
die Lexemgruppe mit negativer Wertungsrichtung eine Differenzierung in
(gemäßigt) negativ wertende und sehr negativ wertende Lexeme erkennbar werden.
Bezüglich der vierstufigen Wertungsskala fehlt den Einzellexemen dieser Gruppe
also die positivste Bewertungsmöglichkeit, wenn sie nicht durch gradierende
Beiwörter o.ä. realisiert wird (z.B. bestens
gelungen).
Mißlingt dem
Autor das Werk, so wird er sehr negativ wertend als Versager tituliert, sein Werk als Mißgeburt, phraseologisch als Schlag
ins Wasser oder - noch abwertender - als Debakel[89], Desaster[90]
oder Katastrophe[91].
Doch Talent und Ton [...] lassen
[...] Thorsten Becker immer noch als Vielversprechenden erscheinen und
keineswegs als Versager. (SZ 16.1.88, KAISER über BECKER)
Immer schielt der Autor nach dem
allgefälligen Scherz, gelegentlich auch unter dem Preis der grammatischen Mißgeburt.
(FAZ 17.5.88, HINCK über KANT)
[...] zu oft werden Pointen
herbeigezwungen und sind ein Schlag ins Wasser. (FAZ 29.3.88, HINCK über
LETTAU)
Auf Rainald Goetz dürfen wir auch
nach diesem terroristischen Debakel unverdrossen hoffen. (SZ 5.10.88,
HÖBEL über GÖRTZ)
[Kritik an Fehlern des Verlags] Das
Ergebnis ist nicht selten ein graphisches Desaster. (FAZ 4.10.88, HIEBER
über SOELLNER)
Derartige Ungenauigkeiten stellen
keine spektakulären Katastrophen dar, wohl aber kleine
Formulierungs-pannen [...] (SZ 22.10.88, KAISER über RANSMAYR)
2.2)
WERTBEGRIFFE, die die Wirkung des Werks
bzw. die Reaktion des Rezipienten charakterisieren[92]
Der Rezensent
gibt mit den unten aufgeführten Ausdrücken den allgemeinen Eindruck an, den die
Bezugsgröße bei ihm auslöst, oder eine (Gefühls)reaktion, die beim Rezipienten
hervor-gerufen wird, und nimmt damit eine Wertung vor.
Es werden alle
Wortarten berücksichtigt, doch es überwiegen Partizipia I und Adjektive. Nach
der Adjektiv-Einteilung bei HUNDSNURSCHER/SPLETT (1982, 35ff.) sind die Eindrucksadjektive
keiner Adjektiv-Gruppe zuzuordnen. Die Beiwörter, die eine Empfindung
bezeich-nen, die bei jemandem ausgelöst wird, könnten dort zu den sog.
„Reiz-Adjektiven“ gerechnet werden.
2.2.1) Positiv wertend
Folgende
Ausdrücke finden sich im Textkorpus:
man möchte nicht missen, ich mag, ich
schätze, mir gefällt, ist zu preisen; willkommen, sich einnehmen lassen,
erfreulich, sympathisch; interessiert/ interessant, attraktiv, überzeugen/
überzeugend/Überzeugungskraft, eindrucksvoll/beeindrucken, imponieren,
bestechen/beste-chend, überraschend, verblüffend, erstaunlich/staunenmachend,
stupend, frappierend; be-achtlich/beachtenswert, bemerkenswert,
bewunderungswürdig; lesenswert; Genuß, wohltuend, erquickend; berückend,
betörend, entzücken, bezaubernd, faszinierend/faszinieren/Faszino-sum/Faszinationskraft;
berauschend, hinreißend/hingerissen; unvergeßlich/nicht vergessen können;
versöhnen.
Explizit wertend
durch die Verwendung der 1. Person Singular oder der unpersönlichen
Formulierung mit man drückt der Rezensent
seinen Gefallen aus mit den Wendungen man
möchte nicht missen, ich mag, ich schätze, mir gefällt. Lob wird auch
ausgesprochen mit der jedoch sprecherabgewandten Konstruktion ist zu preisen. Auffallend ist, daß drei
Belege aus derselben Rezension stammen; dies läßt auf eine Kontinuität der
subjektiven Formulierungsweise innerhalb einer Rezension schließen. Das Fehlen
weiterer Belege zeigt außerdem, daß die ausgesprochen subjektive
Formulierungsweise in Rezensionen nicht sehr verbreitet bzw. beliebt ist.[93]
Beim Leben auf dem Vulkan möchte
man Sandras Flötentöne nicht missen, und schon gar nicht diesen [...]
Roman. (ZEIT 4.3.88, LÜTZELER über WOHMANN)
Seine Gedichte mag ich wegen
ihrer körperlich kargen Direktheit, und seine Prosa schätze ich auch wegen
der Standpunkte [...]. (SZ 1.6.88, SCHMITT über HERBURGER)
Nein, mir gefällt, daß [...]
(ZEIT 1.4.88, BIERMANN über FUCHS)
[...] darunter gefiel mir der
Moskauer Trinker und Arbeitslose, der [...] (SZ 1.6.88, SCHMITT über
HERBUR-GER)
[...] und er [=der Roman] ist
doch zu preisen. (ZEIT 16.9.88, HAGE über WALSER)
In seiner Freude
über ein gelungenes Werk ist dem Rezensenten ein Buch willkommen[94],
er läßt sich einnehmen von dem Buch,
wenn er es erfreulich findet:
[...] und zu solchem Lernen,
Aufmerksamwerden, Fragestellen ist dieses kleine Buch nützlich und willkommen.
(FAZ 15.10.88, SCHULZ über HÄRTLING)
Gedichte, die durch ihre
anspruchslose Schlichtheit einnehmen: [...] (SZ 1.6.88, STADLER über
MECKEL)
Und diese Perspektive ist es, die von
Gabriele Eckarts Versen unmittelbar einnimmt [...] (FAZ 30.1.88, UEDING
über ECKART)
[...] „bis mir ein Freund riet,
wieder in die deutsche Sprache zurückzukehren“. Das erfreuliche Ergebnis
liegt vor [...] (ZEIT 26.2.88, HACKL über TASSONI)
Von daher ist das Scene-Büchlein erfreulich
originell [...] (SZ 30.4./1.5.88, LEDANFF über THENIOR)
Daß ein Werk als
angenehm empfunden wird, drückt mancher Rezensent auch mit dem Adjektiv sympathisch[95]
aus.[96]
[...] und einer bald klug, bald
linkisch, aber immer sympathisch mit dem Blick von unten
dazuarrangierten Zeitgeschichte. (ZEIT 7.10.88, BAUMGART über WALTER)
Das erst macht Kinders Capriccio
chinois [Hervorhebung durch den Rezensenten], über den ironischen
Etüdencharakter hinaus, sympathisch. (FAZ 29.11.88, WEINZIERL über
KINDER)
Positiv wertet
es der Rezensent, wenn seine Aufmerksamkeit hervorgerufen wird, wenn er interessiert reagiert, da das Buch interessant ist, da der Autor als Denker
attraktiv[97]
ist.
[...] wenn ich behaupte, man müsse
nur wenige Sätze und Seiten von Frau Nadolnys Prosa lesen und sei sogleich
[...] bewegt und interessiert. (SZ 10.9.88, KAISER über NADOLNY)
Lauter Beobachtungen, die anrühren
und interessieren [...] (SZ 10.9.88, KAISER über NADOLNY)
[...] was den Leser am Ende mit dem
Eindruck zurückläßt, er habe es mit mehreren themenverwandten [...] Büchern zu
tun gehabt, von denen einige auch nur mäßig interessant sind. (FAZ
28.1.88, ENGEL über KINDER)
Und dennoch zu konstatieren, daß
Niveauabfälle jedenfalls nicht ausschließen, daß der Leser mit interessanten
Einblicken in die Trendmiseren der späten achtziger Jahre versorgt wird. (SZ
30.4./1.5.88, LEDANFF über THENIOR)
Wenn Uwe Saeger seine repräsentativen
Protagonisten mehr zu literarischen Jokern machte, würde seine Prosa noch um
einiges interessanter. (SZ 12.3.88, SCHMITT über SAEGER)
Hans Magnus Enzensberger ist ein
solch überraschender und attraktiver Denker. (FAZ 4.10.88, SCHIRR-MACHER
über ENZENSBERGER)
Der häufigste rezipientenbezogene
Wertungsausdruck ist überzeugend (elf
Belege), bzw. überzeugen (acht
Belege) und Überzeugungskraft (zwei
Belege):
Überzeugend wie schon lange keins mehr, plädiert dieses Buch
dafür, daß der Weg zum „richtigen Leben“ nicht durch Anpassung, sondern nur
durch Aufbegehren gefunden werden kann. (FAZ 24.9.88,WITTSTOCK über GOETZ)
[...] zwei Prosabände, die durch
ihren ruhigen unangestrengten Erzählton überzeugten [...] (SZ 29.6.88,
BÖHMER über WEINZETTL)
Die Geschichte dieses „Abgangs“ [...]
hat große Überzeugungskraft. (ZEIT 9.9.88, RADDATZ über BOOCK)
Eine Nuance
positiver ist eine Bewertung durch die Lexeme eindrucksvoll[98]
(sechs Belege), beeindrucken und imponieren.
[...] am zweiten und wohl eindrucksvollsten
„Wohin“-Kapitel (SZ 15.11.88, HAGESTEDT über ACHTERNBUSCH)
Die Autorin schildert hier eindrucksvoll
das einfache Leben einer jüdischen Hausangestellten [...] (FAZ 21.4.88,
HINDERER über CÄMMERER)
Aber es beeindruckt doch die
Konzentration und Formstrenge, mit der der achtundzwanzigjährige Autor in
seinem literarischen Debüt zu Werke geht. (ZEIT 7.10.88, BRAUN über KONEFFKE)
[...] doch sobald der Bezugspunkt der
Lektüre eben die Sympathie ist, wird ihr gerade der Walthersche Totalernst imponieren.
(ZEIT 7.10.88, BAUMGART über WALTER)
Ähnlich, doch
die Qualität des rezensierten Werks noch höher einschätzend, wertet bestechend bzw. bestechen.
[...] wie immer in dieser Prosa, wenn
die Autorin Tableaus aus Wolken, Wasser, Luft, Licht und Farben in Worten malt,
sind ihre Sätze von bestechender Klarheit und poetischer Kraft. (SZ
19.11.88, VON BECKER über SCHMIDT)
[...] mit welch bestechender
Logik [...] (SZ 15.11.88, HAGESTEDT über ACHTERNBUSCH)
Gleichwohl besticht noch im
Irrtum das zutiefst Humane seines Engagements. (FAZ 26.2.88, WEINZIERL über
FRIED)
Mag sein, daß einzelne dieser
Erzählungen, für sich allein betrachtet, durchaus zu bestechen
vermöchten. (FAZ 13.12.88, OBERMÜLLER über WOHMANN)
Positiv wertend registriert
ein Rezensent immer, wenn bei ihm Überraschung, Verblüffung oder Erstaunen
hervorgerufen werden, abzulesen an den Begriffen überraschend, verblüffend, erstaunlich[99],
staunenmachend, stupend, frappierend[100].
Im vorliegenden Korpus existiert kein Beleg für eine Negativwertung im Kontext
der genannten Wörter, deren semantische Nähe zu den Aspekten ORIGINALITÄT (auf
den Autor bezogen) und SPANNUNG/UNTERHAL-TUNG (auf den Rezipienten bezogen)
deutlich ist.
Hans Magnus Enzensberger ist ein
solch überraschender und attraktiver Denker. (FAZ 4.10.88, SCHIRRMACHER
über ENZENSBERGER)
Uwe Saegers Prosa gehört in diesem
Frühjahr zu den überraschendsten, den bemerkenswertesten Importen aus
der DDR [...] (FAZ 29.3.88, GÖRTZ über SAEGER)
Überzeugend wirkt diese Prosa immer
dann, wenn Phantasie, ohne den Boden der Erfahrung ganz zu verlassen, verblüffende
Beziehungen oder Gegensätze aus dem Hut zaubert. (FAZ 29.3.88, HINCK über
LETTAU)
Er verfügt über ein erstaunliches
Sprachtalent [...] (FAZ 24.9.88, WITTSTOCK über GOETZ)
Udo Aschenbecks erstaunliches
Prosa-Debüt [...] (ZEIT 29.1.88, SCHÖDEL über ASCHENBECK)
Nirgendwo in diesem erstaunlichen
Text gibt es Überflüssiges, Langatmiges [...] (ZEIT 4.11.88, WEISS über
GSTREIN)
[...] ihnen entgegen stellen sich
Gedichte von erstaunlicher Sensibilität, von berückender Bildlichkeit
[...] (FAZ 4.10.88, HIEBER über SOELLNER)
Von dieser Regel ist „Was ist Was“
die staunenmachende Ausnahme. (ZEIT 4.3.88, MODICK über C. ENZENSBERGER)
Die Entscheidung der Jury war eine
Anerkennung für die stupende erzählerische Vitalität des Autors [...]
(FAZ 10.9.88, JACOBS über SPÄTH)
Norbert Gstrein intoniert dieses
Scheitern an der Liebe und die zunehmende Verwahrlosung des Scheiternden am
Leben mit frappierender Genauigkeit. (ZEIT 4.11.88, WEISS über GSTREIN)
[...] dann aber versöhnt der Autor
gleich wieder mit [...] frappierenden Beispielen [...] (ZEIT 9.12.88,
HAGE über NIEDERHAUSER)
Ein positives
Werturteil ist es auch, wenn der Rezensent kundtut, daß ein Buch in ihm
Beachtung oder sogar Bewunderung hervorruft, und er das Bezugsobjekt somit als beachtlich[101],
beachtenswert[102] , bemerkenswert (neun Belege) oder bewunderungswürdig bezeichnen kann.
Gröper [...] wurde [...] zu einem beachtlichen
Erzähler. (FAZ 29.3.88, WEGNER über GRÖPER)
Boocks Roman ist ein beachtenswerter
Versuch, das Geschehene jenseits von falschen Taten und rechtsverbindlichen
Machtworten zur Sprache zu bringen. (SZ 3.8.88, FALCKE über BOOCK)
Reinhard Gröpers bemerkenswerter
Roman (FAZ 29.3.88, WEGNER über GRÖPER)
Uwe Saegers Prosa gehört in diesem
Frühjahr zu den überraschendsten, den bemerkenswertesten Importen aus
der DDR [...] (FAZ 29.3.88, GÖRTZ über SAEGER)
[...] das ist die Geschichte, die
Brigitte Burmeister auf bewunderungswürdige Weise erzählt. (ZEIT
29.7.88, CRAMER über BURMEISTER)
Demselben
Wortbildungsmuster wie beachtenswert
und bemerkenswert gehört lesenswert (=‘verlangt, daß man das Buch
liest’) an:
[...] das ist der Inhalt dieser
obsessiven, lesenswerten Krankengeschichte. (SZ 29.6.88, KÄSSENS über
EIGNER)
Als Genuß, Wohltat oder auch Erfrischung
wird von manchem Rezensenten die Lektüre eines gelungenen Buches empfunden, dem
er dann die Attribute wohltuend (vgl.
BÖHEIM 1987, 158) bzw. erquickend
verleiht. Mit wohltuend gekoppelt ist
im Kontext aller drei Belege der Aspekt der Zurücknahme, des Bescheidenen,
Nicht-Übertriebenen, mit erquickend
der Aspekt des Neuen, Originellen.
Es ist geradezu ein Genuß,
sich der Sprach- und Bildmächtigkeit des Erzählers Ransmayr zu überlassen.
(ZEIT 7.10.88, HAGE über RANSMAYR)
Das sonst lauthals ausgerufene Ende
der Welt ist dort ins wohltuend leise Private zurückgenommen [...] (FAZ
4.10.88, GÖRTZ über FELS)
Jan Koneffkes Debüt als Autor ist dem
Umfang nach von wohltuender Bescheidenheit. (FAZ 15.10.88, JACOBS über
KONEFFKE)
Es herrscht ein wohltuender
Mangel an Ideologien. (ZEIT 1.4.88, BIERMANN über FUCHS)
Aber dieser Erzähler besitzt [...]
eine erquickend frische Formulierungsgabe. (FAZ 2.12.88, WEINZIERL über
MÖCHEL)
Eine sehr
positive Empfindung, die das Rezensionsobjekt im Rezensenten auslöst, beweisen
Ausdrücke wie berückend, betörend,
entzücken, bezaubernd[103],
faszinierend[104] (vier
Belege)/ faszinieren/Faszinosum[105]/Faszinationskraft;
berauschend, hinreißend (vgl. KRAFT 1971, 51)/ hingerissen.
[...] ihnen entgegen stellen sich
Gedichte [...] von berückender Bildlichkeit [...] (FAZ 4.10.88, HIEBER
über SOELLNER)
[...] betörend zarte und
irritierend schöne Erinnerungsbilder [...] (FAZ 9.7.88, WITTSTOCK über
ANDER-SON)
[...] Formulierungen [...], die mich
mit ihren scheinbaren und zugleich wortwörtlichen Paradoxien entzücken.
(SZ 8.12.88, HARIG über KROLOW)
[...] in einer sehr melodischen, sehr
magischen, bezaubernden und vor allem [...] sehr eigenen Prosa [...]
(ZEIT 9.12.88, HAMMERSCHMIDT über BEYSE)
Im Erzählungsband „Stoffe I - III“
fand er für die Dimensionen im System der Milchstraßen [...] faszinierende
Bilder. (FAZ 2.7.88, HINCK über DÜRRENMATT)
Eine wirklich faszinierende
Reflexion bieten die acht Textstücke „Stilleben mit Kandare“ [...] (SZ 1.6.88,
SCHMITT über HERBURGER)
Die Erzählung fasziniert [...]
(SZ 30.11.88, KÄSSENS über BERKÉWICZ)
Hans Magnus Enzensberger versteht es
seit gut drei Jahrzehnten, [...] immer wieder zu überraschen und zu faszinieren.
(SZ 15.11.88, KAISER über ENZENSBERGER)
Diese Randbewegungen sind die
Bedingung von Brinkmanns unbestreitbarer Qualität, unvermeidlich aber sind sie
auch ein „Faszinosum“. (ZEIT 9.12.88, GREINER über BRINKMANN)
[...] über diesem neuzeitlichen
Mittelalter, von dem eine dunkle Faszinationskraft ausgeht [...] (ZEIT
4.3.88, SCHMID über KURZECK)
Große, auch den Leser berauschende
Literatur [...] (ZEIT 19.8.88, HORSTMANN über EIGNER)
Die großen Gefühle [...] suchen
sympathetische Wirkung auch in einer leidenschaftlichen, hinreißenden Sprache
[...] (FAZ 30.1.88, UEDING über ECKART)
[...] hingerissen zwischen
Sprachwitz und Denklust wird die Lektüre zum Ereignis. (ZEIT 25.3.88, WEISS
über KIESERITZKY)
Eine
überdauernde Wirkung, die das Kunstwerk auf den Rezipienten ausübt, ist
ebenfalls ein Grund, das Werk sehr positiv mit unvergeßlich oder nicht
vergessen können zu bewerten:
[...] entstehen unmittelbar jene
kurzen unvergeßlichen Landschaftsbilder, die wir aus anderen Arbeiten
Hartmut Langes kennen [...] (SZ 30.3.88, BONDY über LANGE)
Wie eh und je entdeckt der Leser
faszinierende, unvergeßliche Bilder [...] (FAZ 6.2.88, WEINZIERL über
MÜLLER)
Diesen Gedichtband [...] wird kaum
einer vergessen können. (SZ 30.1.88, THORN über SCHUTTING)
Führt der
Rezensent einen negativen Aspekt eines Werkes an, der ihn vielleicht betrübt oder ärgert, so daß er enttäuscht
ist (s.u. 2.2.2), so läßt sich manch
abwägender Rezensent durch Positives - um ganz im Bild einer Freundschaft
zwischen Autor und Rezensent zu bleiben - wieder versöhnen.
[...] dann aber versöhnt der
Autor gleich wieder mit herrlichen Details [...] (ZEIT 9.12.88, HAGE über
NIEDERHAUSER)
Nicht jeder
Kritiker läßt sich jedoch wieder versöhnen,
wie das folgende Kapitel negativ wertender Wörter und Wortgruppen zeigt.
2.2.2) Negativ wertend
Die Wörter des
Korpus im Überblick:
mir gefällt nicht, stören/störend,
Ablehnung, unattraktiv, gedämpfte Freude, (Ver-)Stimmungsbilder,
Betrübliches/betrüben, enttäuschen/enttäuschend/Enttäuschung, (sich) ärgern/
ärgerlich; schade, daß ...; einwenden, Zweifel, peinlich/Peinlichkeit,
Unbehagen, mühsam, quälend, nerven/enervierend/nervtötend, schwer
erträglich/unerträglich, ungenießbar; über sich ergehen lassen, überdrüssig,
vermissen, Wünsche offenlassen.
Entsprechend den
positiven Wertungsausdrücken ich mag, mir
gefällt etc. finden sich Belege, die die gegenteilige Aussage zum Inhalt
haben - ausgedrückt durch Negation (mir
gefällt nicht) oder durch Lexeme wie stören[106]/störend
(acht Belege) und Ablehnung.
Vieles, was mir in diesem Buch nicht
gefällt, läßt sich nicht „beweisen“. (ZEIT 12.8.88, RADDATZ über KIRSCH)
Es ist nur ein Hauch von Eitelkeit,
aber er stört um so mehr, als er sich gegen die Sprache der Geschichten
richtet. (SZ 30.4./1.5.88, HÜFNER über HAUFS)
Störend wirken dann um so mehr manche sprachlichen Entgleisungen.
(FAZ 29.3.88, WEGNER über GRÖPER)
Und sie [=die Erzählung] ruft
Verständnislosigkeit und Ablehnung hervor, wo Symbol und Mythisierung
die Wirklichkeit verstellen oder im Kitsch ertränken. (SZ 30.11.88, KÄSSENS
über BERKÉWICZ)
Die positiven
Wertbegriffe attraktiv und erfreulich finden ihre Entsprechung bei
den negativen Wertbegriffen unattraktiv,
gedämpfte Freude, (Ver-)Stimmungsbilder, Betrübliches[107]/
betrüben, enttäuschen/enttäuschend/Enttäuschung, (sich) ärgern/ärgerlich
und der Aussage des Rezensenten schade,
daß ... . Interessant ist, daß der Rezensent Joachim Kaiser dreimal einen
Beleg für die Wortgruppe enttäuschen/enttäuschend/Enttäuschung
liefert und daß zwei Rezensenten von dem Autor Lettau enttäuscht sind.
Vermutlich liegt es auch daran, daß
die geschilderten Ereignisse der sechziger und siebziger Jahre so vergan-gen
und unattraktiv wirken [...]. (FAZ 20.10.88, ENGEL über HOLZWARTH)
So bleibt die Freude über die
Rückkehr Lettaus in die Literatur gedämpft. (FAZ 29.3.88, HINCK über
LETTAU)
(Ver-)Stimmungsbilder der Langeweile [Überschrift] (SZ 8./9.10.88,
SCHLODDER über WOHMANN)
Verschärft wird dies Betrübliche
durch die schlampige Edition der Texte [...]. (FAZ 26.2.88, WEINZIERL über
FRIED)
Dies betrübt um so mehr, als es
[=Ungenauigkeiten etc.] völlig unnötig ist [...] (FAZ 6.2.88, WEINZIERL über
MÜLLER)
Trotzdem rufe ich, daß mich
dieser letzte Lettau-Band, in dem einiges Wunderhübsche neben viel
Perfekt-Belanglosem steht, ein wenig enttäuscht. (SZ 30.3.88, KAISER
über LETTAU)
[...] „Barbarswila“ enttäuscht
nicht. (SZ 17.9.88, FISCHER über SPÄTH)
[...] so enttäuschend ist denn
doch, daß die Erfahrungen eines gelebten Lebens kaum eingingen in die
Mini-Texte. (SZ 30.3.88, KAISER über LETTAU)
Woran liegt es, daß man diesen Band
mit Enttäuschung liest? (FAZ 29.3.88, HINCK über LETTAU)
Da [=in anderen Rezensionen] wurde
eine kunstvoll gedichtete Welt gerühmt, eine schwierige, zeitübergrei-fende
Konstruktion. Um so größer ist nun meine Enttäuschung. (SZ 22.10.88,
KAISER über RANSMAYR)
Wenn dann nun aber, zwischen so
künstlich als gemachten Worten [...] ein Satz steht „Ich würde das Schäf-chen
mit Rosen schmücken, ein sanftes Rosa wäre der Gipfel“ - dann ärgere ich
mich [...] (ZEIT 12.8.88, RADDATZ über KIRSCH)
Vielleicht sollte man sich auch nicht
über die Unregelmäßigkeiten ärgern, die im Verfolgen des Erzählfadens
auftauchen. (SZ 30.4./1.5.88, LEDANFF über THENIOR)
Das [=mißratene Ausdrücke] ärgert
gerade bei einer Autorin, [...] (SZ 19.11.88, VON BECKER über SCHMIDT)
Daß es in Blatters Roman mitunter
esoterisch qualmt, ist nicht so ärgerlich wie die [...] Verschwommenheit
[...] (FAZ 20.9.88, MIEHE über BLATTER)
Ärgerlich daran und wahrhaftig obszön sind nicht allein die
Geschmacklosigkeiten, die der Autor sich gestattet. (FAZ 4.10.88, GÖRTZ über
FELS)
Schade, daß hier die Selbstanrede auf das Stereotyp und die
gekünstelte Genitivmetapher setzt. (SZ 24.2.88, KURZ über HANNSMANN)
Im Gegenzug zu
einer überzeugenden Leistung hat der
Rezensent etwas einzuwenden oder Zweifel.
[...] dann läßt sich sogar einwenden,
daß [...] (FAZ 15.10.88, SCHULZ über HÄRTLING)
Auch gegenüber der thematischen
Orientierung dieser Prosa melden sich Zweifel. (FAZ 15.11.88, JACOBS
über MAYRÖCKER)
Ist ein
Kunstwerk gelungen, imponiert es, ein
mißlungenes ist peinlich (sechs
Belege) oder eine Peinlichkeit (zwei
Belege), es ist nicht wohltuend,
sondern verursacht Unbehagen, es ist
nicht erquickend, sondern mühsam oder sogar quälend zu lesen, statt berückend,
betörend, entzückend, bezaubernd zu sein, kann das Buch nerven, ist enervierend, nervtötend, schwer erträglich oder sogar unerträglich[108]
(vier Belege).
Das ist natürlich pseudo-konkret und
fast so peinlich, wie eine Genitiv-Metapher aus der Lyrik der fünfziger
Jahre meist ist. (SZ 29.5.88, DREWS über ALLEMANN)
Nach den großen, peinlichen
Gesten: die kleinen, feinen Augenblicke. (ZEIT 25.3.88, KILB über HAHN)
Von gnadenloser, fast tollkühner Peinlichkeit
ist allein der Beginn seines Romans [...] (FAZ 7.6.88, MEY-HÖFER über MENASSE)
[...] [der Leser], dem sich der
stilistische Bruch über das Symptom eines leichten Unbehagens bei der
Lektüre zu erkennen gibt. (FAZ 4.10.88, MIEHE über KEMPOWSKI)
Der Weg durch diese Prosa ist mühsam.
(FAZ 3.6.88, JACOBS über TECHEL)
Daß es mir bei der quälenden
Lektüre nicht ein einziges Mal gelungen ist [...] (FAZ 31.5.88, KLESSMANN über
ORTMANN)
Nichts ist ihm dabei zu abgeschmackt,
keine Metapher zu schief, keine Persiflage zu abgedroschen, was bisweilen ganz
lustig ist, zumeist aber gehörig nervt. (ZEIT 25.3.88, SCHMICKL über
MAURER)
Und selbst wenn man geneigt ist, dem
Autor das konjunktional gebrauchte „allein“ als Marotte nachzusehen, wird man
schließlich restlos davon genervt. (SZ 5.10.88, HAUCK über MEINECKE)
Am enervierendsten freilich ist
ihr Wiederholungsfimmel. (ZEIT 12.8.88, DOTZAUER über REICHART)
Auch die wohl augenfälligsten
Manierismen Polityckis - der häufige Ausfall von Vokalen und einige geradezu nervtötende
grammatische Eigenheiten wie der Fortfall zahlreicher Artikel - haben ihre
Funktion, wie der ver-blüffte Leser nach mehr als vierhundert Seiten gesagt
bekommt. (ZEIT 22.4.88, RATHJEN über POLITYCKI)
Schwer erträglich sind die Gedichte aber auf die Dauer vor allem
durch [...] (SZ 15.6.88, DREWS über HAHN)
Unerträglich ist vor allem das bizarre Schummerlicht, in das er
die Szene taucht [...] (FAZ 4.10.88, GÖRTZ über FELS)
[...] und hier [=in der Sprache] wird
das Buch beinahe ungenießbar [...] (SZ 5.10.88, HAUCK über MEINECKE)
Mancher
Rezensent ist von seinem Rezensionsobjekt nicht fasziniert, sondern läßt
dessen Lektüre über sich ergehen und
wird des Romans allmählich überdrüssig.
Wer eine Phantasmagorie von diesem
Ausmaß, dazu noch mit einer so schiefen Motivkonstruktion als Rückgrat, über
sich ergehen lassen soll [...] (SZ 13.7.88, MANTHEY über KONRAD)
[...] und man wird ihrer [=der
Sprache] schon bald gründlich überdrüssig [...] (FAZ 31.5.88)
Daß dem Werk
oder dem Autor etwas fehlt, äußert der Rezensent unpersönlich durch man vermißt (fünf Belege), läßt vermissen oder läßt manche Wünsche offen.
Im ganzen vermißt man in den
längeren Erzählungen jene Folgerichtigkeit, die Kelters gedrängte Erzählungen
ihrer gefestigten Form verdanken. (FAZ 3.5.88, HINCK über KELTER)
Sie [=die Prosa] läßt Kraft
und Biß vermissen. (FAZ 4.10.88, KRÜGER über WOLF)
Ästhetisch also lassen die
Gedichte, die Söllner bis zum Anfang der achtziger Jahre schreibt, manche
Wünsche offen. (FAZ 4.10.88, HIEBER über SOELLNER)
2.3) Lexikalische Wertbegriffe mit eindeutig ästhetischer Wertung
In dieser Gruppe
liegt kein Beleg für einen äußerst positiv oder äußerst negativ wertenden
Begriff vor.
2.3.1) Positiv wertend
Die
Korpus-Begriffe lauten: schön/Schönheit,
hübsch/Wunderhübsches, Kunst, Kunststück, kunstvoll, kunstreich, Sprachkunst,
Schreib(e)kunst, Beschreibungskunst, Beleuchtungskunst, Literatur.
Das (gemäßigt)
positiv wertende Adjektiv schön[109]
hat bezüglich seiner Verwendung eine ausufernde Diskussion entfacht.[110]
OLDEMEYER (1976)
konstatiert verschiedene Ebenen der Schönheitserfahrung: Auf einer ersten Ebene
der Schönheitserfahrung wird noch nicht differenziert, analysiert und
verglichen, sondern ganzheitlich als ‘schön’ empfunden, „was unter zunehmendem
Drang als begehrenswert, als sympathetisch faszinierend, zum mimetischen
Mitmachen oder zur Vereinigung stimulierend wahrgenommen wird.“ (OLDEMEYER
1976, 103) In unserem heutigen Verständnis ist dagegen ‘schön’ selbst schon ein
komparativischer Begriff wie andere Bewertungsausdrücke auch.
Wörter wie ‘schön’, ‘gut’ und andere sind nicht nur als
Adjektive „äußerlich“ graduierbar (steigerbar), sondern enthalten in ihrem
Inhalt selbst bereits als Komponente eine Graduierung [...]. (HARTMANN 1976,
13)
Auf einer
zweiten Ebene werden Normen dafür festgelegt und internalisiert, was im geschichtlich-sozialen
Kontext als ‘schön’ wahrgenommen und bezeichnet werden kann. ‘Schön’ ist auf
der sekundären Ebene, „was in einer sozialen Gruppe hinsichtlich bestimmter,
als ‘wohlgefällig’ bewerteter Qualitäten seiner sinnlichen Erscheinung als das
ideale Normale anerkannt ist.“ (OLDEMEYER 1976, 107) Bei PLATON umfaßt der
Begriff des Schönen (kalón) auch das moralisch Gute (prepón), das
Nützliche (chrésimon) und Lustvolle (hedoné); dies mündet in das
Ideal der kalokagathía. Später werden diese Bereiche voneinander
getrennt, „wenn sich in einer Sprachgemeinschaft ein spezifisches
ästhetisch-künstlerisches Erfahrungsfeld mit eigenen Beurteilungskriterien
herausbildet.“ (OLDEMEYER 1976, 97) Auf einer dritten Ebene der Schönheitserfahrung
wird das künstlerisch Neue als ‘schön’ empfunden; dies bewirkt die Abkehr von
einem einheitlichen Stil und einen Pluralismus von Schönheitsnormen.
Eine
‘schön’-Prädikation stellt zunächst einen interpretativen Akt dar, eine
Operation, die dem als ‘schön’ bezeichneten Gegenstand extern ist. Das
Kunstwerk wird mit einem Schema in Verbindung gebracht, das nicht im
Kunstwerk ist. Gleichzeitig ist diese Operation ein intentionaler,
konstitutiver Akt, „der vermutlich den Akten der Bedeutungsverleihung vergleichbar
ist, die ebenfalls interpretativ-bewertender Art sind.“ (HARTMANN 1976, 15)
Nach KIENECKER
(1989, 78) äußert man mit dem Adjektiv schön
sein Wohlgefallen am Objekt[111]
und fällt damit gleichzeitig ein Appetenzurteil.
Die Bezugsbereiche
für eine ‘schön’-Prädikation sind unbegrenzt[112],
da Schönsein eine Folgequalität[113]
ist, die - intersubjektiv unterschiedlich - einem Gegenstand zugesprochen wird,
wenn er den entsprechenden Eindruck gemacht hat. Der Künstler kann seinen
Schönheitswert dem Rezipienten nicht auf direktem Wege übermitteln, da dieser
selbst sich nicht auf nur rein hermeneutisches Verstehen im Rahmen vorgegebener
Kategorien beschränkt, sondern eine eigene Werterzeugung vornimmt.
‘Etwas Schönes’ ist dann etwas, zu dem der Wert, mit
‘schön’ bezeichnet, hinzu“generiert“ worden ist; ‘das Schöne’ als Benennung des
Begriffs bezeichnet die FOLGE einer zusammenfassenden Operation [...], die das
Verfahrenssubstrat einer Verbegrifflichung für die Klasse mehrerer/aller schönen
Gegenstände, Werke usw. ergibt. (HARTMANN 1976, 19)
Die Produktions-
und Interpretationsregeln im Rahmen der Wertverleihung sind ähnlich denen der
sprachlichen Kommunikation. In beiden Fällen müssen die Kommunikationswerte vom
Adressaten (wieder-)erzeugt werden (vgl. HARTMANN 1976, 25), wobei die
Informationsübertragung der schönen Literatur - anders als in anderen Künsten
- kognitiver und ästhetischer Art ist.
SCHMIDT (1976,
31) zeigt, daß das Prädikat ‘ist schön’ formal ein einstelliges Prädikat ist,
durch die erforderliche Wahrheitsbedingung jedoch zu einem mehrstelligen
Prädikat wird:
„X ist schön für
S zu t1 an l1 aufgrund von Th1 ...“
Entscheidend für die Prädikation wird die subjektive Einstellung des Sprechers
(S) in einer Sprechsituation zu einer bestimmten Zeit (t1) an einem
bestimmten Ort (l1) auf der Grundlage einer impliziten oder
expliziten Theorie des Schönen (Th1). Damit wird klar, daß die
Prädikation eine Bewertung und nicht eine Beschreibung vornimmt, weshalb man
deren Bedeutung höchstens durch die Angabe ihres Gebrauchs zu ergründen
versuchen könnte.[114]
In der
Diskussion zum Bedeutungsumfang des Begriffs Kunst spielt schön seit
der Entdeckung des Häßlichen und der Entstehung abstrakter bzw. konkreter Kunst
keine entscheidende Rolle mehr, da oftmals kein Korrelat in zeitgenössischen
Kunstwerken gefunden werden kann und für wissenschaftstheoretisch bewußte
Ästhetiker der Begriff schön in
seiner Intension und Extension zu vage ist (vgl. SCHMIDT 1976, 38). ‘Schön’ ist
ein „Begriffsschema, dessen intensionale und extensionale Füllung von
den Benutzern dieses Wortes relativ zu impliziten (Geschmack) oder expliziten
(Ästhetik) Normen vorgenommen wird.“ Daher ist der Gebrauch von schön in wissenschaftlichen und
philosophischen Texten nur vertretbar, „wenn seine Intension durch eine
explizite Theorie genau angegeben wird.“ (SCHMIDT 1976, 42)
SCHMIDT (1976,
44) faßt die Debatte zum Begriff schön
zusammen:
„Aufgrund der
Hypothek, die durch inflationären und unreflektierten Gebrauch dieses Ausdrucks
[...] in der Kommunikation über Kunst auf diesem Ausdruck lastet, wird es
schwer fallen, ihn zu rehabilitieren.“ Dennoch beweisen die Rezensionen, daß
alltagssprachlich der Begriff schön
weiterhin ohne genaue Definition verwendet wird als positiv wertender Begriff
im ästhetischen Bereich und seine generell positiv wertende Aussage auch
verstanden wird. Die Kriterien der Wertung legen die Kritiker kaum dar.
In elf der
Belege wird schön als adjektivisches
Attribut eines Substantivs gebraucht und kann als eindeutig ästhetisch wertend
eingestuft werden:
Vom dialektischen Wechselspiel der schönen
Gedichte aus dem Band „Herbstsonett mit Hegel“ [...] (SZ 8.12.88, HARIG über
KROLOW)
In einem besonders schönen
Kapitel schreibt Christa Moog [...] (FAZ 15.12.88, REICH-RANICKI über MOOG)
Und so ist dieser Roman mehr als die
ernste, schöne Kindergeschichte, die er auch ist: Ein Ehe- und
Liebesroman [...] (ZEIT 9.12.88, HAGE über NIEDERHAUSER)
Zwei Belege
zeigen eine Verwendung von schön als
Attribut zu einem Adjektiv:
Der letztgenannte Satz wird im
übrigen, weil er so schön makellos und klar ist, viele Male wiederholt
[...] (SZ 15.11.88, Rathjen über
LAEDERACH)
Das folgende
Beispiel mit einer gehäuften Verwendung von schön
spielt mit dem Gebrauch des Wortes in der Bedeutung, wie sie der DUDEN (vgl.
Anm. 109) unter 1. anführt und der Bedeutung unter 7. „im Hinblick auf Anzahl,
Menge, Ausmaß beträchtlich“. Der positive Tenor der gesamten Kritik und der
Parallelismus der Adjektive mit ihrem Attribut lassen den Schluß zu, daß selbst
die Verbindung schön blöd bezüglich
des Buches positiv wertend gemeint ist, was auch durch die Ästhetik des
Häßlichen untermauert ist:
Alles in allem ein schön
anarchistisches, schön sinnloses, schön blödes, schön
formloses, schön wütendes und trotz der Kürze dazwischen auch wieder schön
abgeschmacktes Buch [...] (ZEIT 7.10.88, KLIER über KOFLER)
In zwei Belegen
ist schön als adverbiale Angabe
gebraucht und ist durch gut
substituierbar, daher liegt keine eindeutig ästhetische Wertung vor. Gerade das
erste Beispiel belegt mit der Parallelität von sehr schön und weniger gut
die Austauschbarkeit:
Gelungen ist das sehr schön in
der Novelle „der Aufklärungsmacher“ [...]; weniger gut in „Ultima Thule. Eine
Rückkehr“. (SZ 15.11.88, FALCKE über BEYSE)
Die Autorin weiß das auch sehr schön
zu pointieren. (FAZ 16.4.88, HARTUNG über HAHN)
Die beiden
Belege, in denen der Begriff Schönheit
auftaucht, sind wiederum eindeutig ästhetisch wertend.
Er erzählt diese Geschichte eines
allmählich ausbrechenden Wahnsinns in lyrischer Schönheit. (FAZ 17.9.88,
SCHIRRMACHER über RANSMAYR)
[...] die transparente Schönheit
der Sprache Enzensbergers ist so verständlich wie erregend [...] (ZEIT 4.3.88,
MODICK über C. ENZENSBERGER)
Das (gemäßigt)
positiv wertende Lexem hübsch[115]
betreffend, bemerkt UNTERFORSTHU-BER (1982, 62) zur Syntagmatik:
Die Belege zu hübsch lassen auf ein syntagmatisches
Verhalten des Lexems schließen, das mit dem von schön bis ins Detail
übereinstimmt. Damit gelten die Bemerkungen zu schön auch in vollem
Umfang für hübsch. Das bedeutet auch, daß es kaum möglich ist, aus den
Kontextbelegen Anhaltspunkte für Seme zu finden, in denen sich die beiden
Sememe unterscheiden.
Der folgende
Beleg ist der Bedeutungsangabe 1.b) des DUDEN zuzuordnen.
Hübsche kleine Raffinesse, auf den großen Schatten [=Thomas Mann]
hinzuweisen. (SZ 15.11.88, GRIMMINGER über MÖCHEL)
Eine Steigerung
zu einem sehr positiv wertenden Lexem erfährt hübsch durch das Präfixoid wunder-:
Trotzdem rufe ich, daß mich dieser
letzte Lettau-Band, in dem einiges Wunderhübsche neben viel
Perfekt-Belanglosem steht, ein wenig enttäuscht. (SZ 30.3.88, KAISER über
LETTAU)
Ebenfalls ein
ästhetisch wertendes Lexem ist der übergeordnete Begriff Kunst, wenn er als
Prädikat den
künstlerischen Bestrebungen eines Individuums verliehen wird, eindeutig
ästhetisch wertend jedoch nur im Sinne der Bedeutungsangabe 1.a des DUDEN[116],
nicht mehr eindeutig, wenn Kunst mit
Genitivattribut, mit erweitertem Infinitiv oder als Basis einer Zusammensetzung
wie Sprachkunst, Schreib(e)kunst,
Beschreibungskunst, Beleuchtungskunst im Sinne von ‘Können’ gebraucht wird.
Da die hierzu vorhandenen Belege jedoch nicht eindeutig eine ästhetische
Wertung ausschließen, sind sie nicht unter der Rubrik ‘Können’ (s.o. 2.1.1.2)
aufgelistet, sondern hier.
Nie wird es Kitsch, nicht immer drum Kunst.
(ZEIT 5.8.88, VON BECKER über SCHMIDT)
Die parallele Formulierungsweise
zeigt einen der ästhetisch negativ wertenden Gegenbegriffe von Kunst, nämlich Kitsch (s.u.).
Kunstgewerbe wird durch
Gebrauchsanweisungen nicht zu Kunst. (ZEIT 12.8.88, RADDATZ über KIRSCH)
Hier beweist die
Gegenüberstellung eine schlechtere Bewertung von Kunstgewerbe als von Kunst.
Die
Lexikalisierung von Kunststück löst
der folgende Beleg durch die Verwendung im Rahmen einer positiv wertenden
Kunstkritik wieder auf:
Sie [=die Chronik] ist [...] ein
lyrisches Kunststück in Prosa [...] (FAZ 12.1.88, GÖRTZ über KIRSCH)
Interessanterweise
findet sich über dieselbe Autorin bei einem anderen Rezensenten dasselbe
Wortspiel:
Sarah Kirsch und ihr Prosakunststück
„Allerlei-Rauh“ [Überschrift] (ZEIT 12.8.88, RADDATZ über KIRSCH)
Zwischen den
beiden Bedeutungsvarianten von Kunst
(‘ästhetisch wertvoll’ und ‘auf Können und Geschick basierend’) angesiedelt
sind die Adjektive kunstvoll[117] (elf Belege) und kunstreich. Es seien alle Belege angeführt, um zu zeigen, daß kein
einziger es ermöglicht, die Bedeutungsvariante nach DUDEN genau festzulegen.
Es gibt wohl kaum einen anderen
deutschsprachigen Autor, der ein Konfetti von Genres und Stilmitteln so kunstvoll
zu einem Hausschatz literarischer Satire häufen kann wie Adolf Endler. (ZEIT
22.4.88, STEINERT über ENDLER)
Briefe an einen Strafgefangenen,
Kindheitserinnerungen [...] - Astrid Gehlhoff-Claes hat sie kunstvoll
montiert. (FAZ 17.2.88, FRISÉ über GEHLHOFF-CLAES)
Häufig löst sich der Bericht auf in kunstvolles
Gestammel [...] (ZEIT 7.10.88, WINKLER über GOETZ)
Sie [=die Gedichte] präsentieren
sich, ohne viel Aufhebens zu machen, präzise, sehr sorgfältig und kunstvoll
gearbeitet. (SZ 13.8.88, FELDES über HENSEL)
Kunstvoll verschlingt die Autorin die physisch verstreichende Zeit
[...] und die psychologische Zeit [...] (SZ 8.12.88, KATZ über JOHANSEN)
Einsichten [...] wie sie der
Erzählung „Mechanik“ innewohnen, auf eine höchst kunstvolle Weise
innewohnen. [...] zu jenem kunstvoll genauen Protokoll der „Mechanik“
einer deutschen Familiengeschichte? (ZEIT 22.1.88, AHRENDS über SCHÄDLICH)
Die Krise lyrischer Innerlichkeit hat
eine eigene Geschichte kunstvoll identifikatorischen Sprechens
hervorge-bracht. [...] Auf diese Strophe mit ihrer kunstvollen
Verknappung im Zentrum folgt ein Gedichtschluß, der diese Szenerien [...]
steigert [...] (SZ 4.6.88, CRAMER über SCHMIDT)
Zu hart und unvermittelt klaffen kunstvoll
spontan und erstaunlich flach, ja nachlässig geschriebene Passagen auseinander.
(ZEIT 7.10.88, BAUMGART über WALTER)
Das ist das Spannende, auch sehr Kunstvolle
an Sarah Kirschs kleiner „Chronik“. (ZEIT 12.8.88, RADDATZ über KIRSCH)
Durch diese in wechselnden
Perspektiven erzählte kunstreiche Parabel über das Trugbild [...] (SZ
5.10.88, AUFFERMANN über KONEFFKE)
Wie oben schon
erwähnt, ist die Bedeutung von Kunst
in folgenden Belegen ebenfalls nicht eindeutig.
Überhaupt beherrscht dieser
Schriftsteller die Kunst des Weglassens, des trockenen Tons. (ZEIT
7.10.88, VON BECKER über ROTHMANN)
Sulzers Kunst besteht darin, die
inneren Vorgänge, das eigentlich nicht Erzählbare, Sprache werden zu lassen
[...] (FAZ 23.7.88, KLESSMANN über SULZER)
Seine Kunst besteht in dem
Wider- und Zusammenspiel von sprachlicher Fülle und konturierender
Perspekti-vierung [...] (SZ 17.9.88, SPÄTH über FISCHER)
Denn [...] diese Sammlung enthält
nicht den einen oder anderen „Wurf“, sondern wirkt in jedem ihrer Stücke als
Ausdruck einer souveränen Sprachkunst. (SZ 16.7.88, VON SCHIRNDING über
NESTLER)
Virtuosität wie Leere von Lettaus
perfekter Schreibekunst [...] (SZ 30.3.88, KAISER über LETTAU)
Aber durch die Schreibkunst
von Klaus Hensel gelingen Zeilen, die [...] (SZ 13.8.88, FELDES über HENSEL)
[...] dies ist das eindrucksvoll Neue
in Jutta Schuttings verdichteter Beschreibungskunst [...]
[...] (und [man] kann [...] zum immer
wieder neu überraschten Entdecker der meisterhaften Beschreibungs-kunst
der österreichischen Erzählerin werden). (SZ 2.11.88, LEDANFF über SCHUTTING)
Hier entfaltet die Autorin ihre
enorme Beleuchtungskunst, die Fähigkeit, mit direktem und indirektem
Licht zu arbeiten [...] (SZ 4.6.88, CRAMER über SCHMITT)
Ebenso wie bei Kunst liegt auch bei dem Gattungsbegriff
Literatur eine ästhetisch positive
Wertung vor, wenn er prädikativ für das Kunstwerk gebraucht wird.
[Zitat] Das ist Literatur.
Nicht für FAZ-Leser. Unbedingt. (SZ 15.11.88, RATHJEN über LAEDERACH)
2.3.2) Negativ wertend
In unserem
Korpus ist das einzige lexikalisch negativ wertende Lexem, das eindeutig eine
ästhetische Wertung beinhaltet, Kitsch[118]
(sechs Belege) bzw. das Kompositum Psychokitsch
oder die Ableitungen kitschig[119]
und verkitscht.
[...] die Passagen, wo sie ihre
Herzensnot ausbreitet, sind nicht frei von Kitsch. (FAZ 17.2.88, FRISÉ
über GEHLHOFF-CLAES)
Maurer erweist sich als Manierist des
Kitsches [...] (ZEIT 25.3.88, SCHMICKL über MAURER)
Ungewöhnlich
auch die Kombination mit dem Attribut sauer:
Sie [=die Altklugheit] äußert sich in
einer wuchtigen, elliptischen Sprache, in einem monologischen Extremismus, der
dem Gestelzten nicht immer entkommt und sich zuweilen auch im Bad des sauren Kitsches
- entschieden zu viele Krähen! - ergeht. (ZEIT 4.3.88, SCHMID über KURZECK)
Die
Gegenüberstellung von Kitsch und Kunst in einer parallelen
Satzkonstruktion wurde schon als Beleg zu Kunst
zitiert:
Nie wird es Kitsch, nicht
immer drum Kunst. (ZEIT 5.8.88, VON BECKER über SCHMIDT)
Der folgende
Beleg zeigt deutlich in seiner Apposition zu Kitsch, daß auch proletarisch
und Kleinkunst ästhetisch negativ
wertend verstanden werden, doch gibt das jeweilige Lemma des DUDEN keinen
Hinweis auf eindeutig ästhetische Wertung.
[...] dem Kitsch, der
proletarischen Kleinkunst oft bedrohlich nahe [...] (FAZ 4.10.88, GÖRTZ über
FELS)
Psychokitsch im Predigtton [Überschrift] (FAZ 7.4.88, FULD über
EISENDLE)
[..] ein kitschiges
Arrangement. (SZ 6.8.88, VON BECKER über DUVANEL)
[..] kitschige Accessoires (SZ
10.2.88, KNODT über ASMODI)
[...] ein bißchen kitschig
beschrieben. (FAZ 1.7.88, MIEHE über BIANCHI)
Verkitscht/verkitschen folgt
dem Wortbildungsmuster, für das FLEISCHER (41975, 331) - das Präfix ver- betreffend - unter anderem angibt:
etwas ist ‘falsch, weg vom rechten Wege’. Verbunden ist damit eine negative
Bewertung wie in ähnlichen desubstantivischen Verben, z.B. verhöhnen, vergiften, verpesten, versalzen, verwässern, verseuchen.
Bisweilen ist man in Versuchung, die
Gedichte einfach Kitsch zu nennen [...], und dieser Versuchung sollte
man ruhig nachgeben: Sie sind der durchaus authentische Ausdruck eines verkitschten
Seelenlebens. (SZ 15.6.88, DREWS über HAHN)
Änhlich wie bei
der Gegenüberstellung von Kitsch und Kunst werden dem positiv wertenden
Begriff Kunst auch die in allen
Belegen negativ wertenden Begriffe Kunstgewerbe[120]
bzw. kunstgewerblich[121]
und Kunsthandwerk[122]
bzw. kunsthandwerklich zugeordnet.
Die Rezen-senten verwenden diese Begriffe wie eindeutig negativ wertende Lexeme
im ästhetischen Bereich, obwohl die Bedeutungsangaben des DUDEN keinen Hinweis
auf eine Wertung enthalten. Anscheinend ist es der Bedeutungsanteil des eher
handwerklichen Herstellens von Gebrauchsgegenständen innerhalb einer
Kunsttheorie, die das l’art pour l’art propagiert, der dazu führt, daß
diese Lexeme wie negative Wertlexeme benutzt werden. Auch wenn sie nicht in die
Gruppe der echten ästhetischen Wertlexeme gehören, seien sie als Gegenbegriffe
zu Kunst hier angeführt.
Kunstgewerbe wird durch Gebrauchsanweisungen nicht zu Kunst.
(ZEIT 12.8.88, RADDATZ über KIRSCH)
Das seit dem Sturm
und Drang negativ konnotierte Element des Handwerklichen, Herstell-baren,
Erlernbaren wird in Raddatz’ Kritik signalisiert durch die Begriffe Kunstgewerbe und Gebrauchsanweisung.
So liegt auch in scheinbar makellosen
Erzählpassagen ein dünner Schleier von Kunstgewerbe über dem Text: [...]
(ZEIT 7.10.88, BRAND über KONEFFKE)
Vieles [...] scheint prunkendes Kunstgewerbe
zu sein. (SZ 22.10.88, KAISER über RANSMAYR)
Beide Kritiken
setzen den Begriff Kunstgewerbe
bedeutungsverwandt mit dem Wort Kitsch
ein, hervorgerufen durch die lexikalische Bedeutung, daß ein Handwerker z.B.
Schmuck künstlerisch gestaltet und das rechte Maß, das ein echter Künstler
internalisiert hätte, verliert, daher auch die Kombination mit dem Adjektiv prunkend.
Die Verwendung
des Adjektivs kunstgewerblich in den
Rezensionen paßt bezeichnenderweise nicht exakt zu der Bedeutungsangabe des
DUDEN. Der Substitutionstest macht dies deutlich:
Aber Amann gelingt es nicht, aus
seiner kunstgewerblichen Requisitenkammer herauszukommen. (FAZ 6.11.88,
KLESSMANN über AMANN)
Nicht
bedeutungsgleich ist der folgende Nebensatz: *[...] aus seiner zum Kunstgewerbe gehörenden Requisitenkammer
herauszukommen. Ebenso ist - entgegen der Angabe im DUDEN - eine Steigerung
des Adjektivs und eine prädikative Verwendung im Zitatzusammenhang denkbar.
Ich entdecke in Ransmayrs Roman viel kunstgewerbliche
Erlesenheit. (SZ 22.10.88, KAISER über RANSMAYR)
Kein Zweifel: Selbst hier ist die
Grenze zum Kunstgewerblichen nah [...] (FAZ 6.2.88, WEINZIERL über MÜLLER)
Solches Kunsthandwerk will nur
noch ins Museum der postmodernen Poesie. (ZEIT 25.3.88, KILB über HAHN)
Der Rezensent
bezieht sich bei seinem Vorwurf auf „erlernte Leistungen“ und Nachahmung bzw.
Epigonalität.
Aber diese kunsthandwerklichen
Ausrutscher können nicht den überaus positiven Gesamteindruck beeinträchti-gen
[...] (SZ 13.8.88, FELDES über HENSEL)
Kunsthandwerklich bezieht
sich hier auf schwächere Gedichte mit Bildern, die nur originell aber nicht
künstlerisch gelungen seien.
2.4) Metaphern
ohne Hinweis auf ein Bewertungskriterium
2.4.1) Positiv wertend
(1)
Synästhetische Metaphern
- Literatur und
Geschmacksempfindung
Ein Rezensent
drückt sein Wohlgefallen an einem literarischen Werk z.B. durch kulinarische
Metaphern[123] aus, daß
es ihm mundet, schmeckt, daß er dem
Werk bescheinigt, es sei schmackhaft, eine Prosapraline.
Der Roman-Cocktail, mit Krimi- und
Gesellschaftssatire-Säften aufgepeppt, mundet nicht [...] (ZEIT 25.3.88,
KLIER über SCHOLTEN)
Mir schmeckt diese Suppe.
[...] Die Titel seiner Publikationen lesen sich schmackhaft: „Vom
Bravsein und vom Schweineigeln“ zum Beispiel [...] (SZ 14.9.88, KRAMBERG über
KOFLER)
Ist ein Sprechcluster wie der, um den
sich der Text „Binnder-Korts Halfzware; eine Erinnerung“ aufbaut [...], schon
für sich genommen eine schweizerische Prosapraline erster Wahl [...] (SZ
15.11.88, RATHJEN über LAEDERACH)
Anscheinend hat
sich der Rezensent im letzten Beispiel von der Herkunft des Schweizer Autors
Laederach zu seiner Metapher verleiten lassen.
Der
Textzusammenhang des folgenden Belegs zeigt, daß das Adjektiv delikat[124]
nicht im kulinarischen Sinne (Anm. 124: Bedeutung 1), sondern im Sinne der
zweiten Bedeutung zu verstehen ist:[125]
[...] delikate lyrische Gebilde
[...] (FAZ 9.7.88, WITTSTOCK über ANDERSON)
(2) Natur
Metaphorisch
funktioniert die Wertung, wenn dem positiv bewerteten Korn das Stroh oder dem
positiv bewerteten Weizen die Spreu gegenübergestellt wird.
Oder um es mit einem Bild aus der ländlichen
Welt seines Helden zu sagen: eine Handvoll Körner unter einem Haufen Stroh.
(FAZ 29.3.88, WITTSTOCK über NEUMEISTER)
Das lange Gedicht konnte, trotz manch
geglückter Zeile, manch prägnantem Bild, im ganzen wenig überzeugen - zuviel Stroh,
zuwenig Korn. (FAZ 4.10.88, Hieber
über SOELLNER)
Man würde sich allerdings wünschen,
daß sie es dem Leser bei ihren zukünftigen Publikationen etwas leichter macht
und selbstkritischer den Weizen von der Spreu sondert. (FAZ
21.4.88, HINDERER über CÄMMERER)
2.4.2) Negativ wertend
(1)
Synästhetische Metaphern
- Literatur und
Geschmacksempfindung
Die Bewertung
des Inhalts eines Lyrikbandes als Brosamen
und das Empfinden eines schalen
Beigeschmacks bei der Lektüre zeigen nicht unbedingt ein großes Werk an.
Sabine Techel steht mit diesen
prosaischen Brosamen noch in den Schranken der Lyrik. (SZ 25./26.6.88,
AUFFERMANN über TECHEL)
Solches demonstrative
Märtyrer-Bewußtsein gibt seiner Prosa einen schalen Beigeschmack von
Effekthasche-rei [...] (FAZ 24.9.88, WITTSTOCK über GOETZ)
(2) Natur
Eine Bewertung
als Naturkatastrophe geht über die
Wertung als Katastrophe insofern
hinaus, als elementare Naturgewalten beschworen werden und die Wirkung
verheerender bzw. gewaltiger ist.
Die entsprechenden Verben und Adjektive
ziehen am Leser vorüber, nicht dieser [=Dorftrottel] selbst: torkelnd, klumpig,
stopplig, verkümmert [...]. Das in sieben Zeilen - eine wörtliche Naturkatastrophe,
kein sprachliches Ereignis. (SZ 13.7.88, MANTHEY über KONRAD)
Schon unter den
positiven Bewertungen wurde auf die Gegenüberstellung von Korn und negativ bewertetem Stroh,
von Weizen und negativ bewerteter
Spreu hingewiesen.
Oder um es mit einem Bild aus der
ländlichen Welt seines Helden zu sagen: eine Handvoll Körner unter einem
Haufen Stroh. (FAZ 29.3.88, WITTSTOCK über NEUMEISTER)
Das lange Gedicht konnte, trotz manch
geglückter Zeile, manch prägnantem Bild, im ganzen wenig überzeugen - zuviel Stroh,
zuwenig Korn. (FAZ 4.10.88, Hieber
über SOELLNER)
Man würde sich allerdings wünschen,
daß sie es dem Leser bei ihren zukünftigen Publikationen etwas leichter macht
und selbstkritischer den Weizen von der Spreu sondert. (FAZ
21.4.88, HINDERER über CÄMMERER)
(3) Menschlicher
Organismus
Aus ärztlicher
Sicht diagnostiziert der Rezensent Erschöpfungssymptome.
Der neue Prosaband des Autors darf an
seinen früheren gemessen werden. Gewisse Erschöpfungssymptome sind
unübersehbar. (FAZ 29.3.88, HINCK über LETTAU)
(4) Sport,
Spiel, Fortbewegung
Wenn das Debüt
eines Autors mißlungen ist, liegt ein Vergleich mit einem Fehlstart im Sport nahe, falls man der Ansicht ist, daß dem Autor
noch weitere Versuche freistehen, die - seinem Talent nach zu urteilen -
gelingen können.
Auf die weiteren Arbeiten Peltzers
[sollte man] hingegen schon [warten]. Ein Fehlstart muß ja nicht mehr
als ein Fehlstart sein. (SZ 9.1.88, MOSER über PELTZER)
(5)
(Elektro)technik
Ist von Kurzschlüssen die Rede, denkt man an
Fehler, die auf falschen oder fehlerhaften Strom- bzw. Sprachverbindungen
beruhen und zerstörerisch wirken. Dies ist anscheinend auf sprachlicher Ebene
der Autorin passiert, deren Werk in folgendem Beleg rezensiert wird.
[...] kommt es dann zu sprachlichen Kurzschlüssen,
welche auch die sprachlichen Grenzen der Autorin deutlich machen. (FAZ 25.5.88,
HINDERER über SCHMIDT)
Nächstes Kapitel: Teil 2
- 3) Künstlerischer Wert, Echtheit, Substanz
[1] Grundlage für die Entscheidung, ob ein Wort als lexikalisch oder kontextuell wertend anzusehen ist, ist das jeweilige Lemma des DUDEN (21995) bzw. des Fremdwörter-DUDEN (41982)
[2] Ähnlich unterscheidet auch KIENECKER (1989, 28) allgemeine Wertwörter wie gut/schlecht, schön/häßlich, hervorragend, meisterhaft, wunderbar, hinreißend von Wörtern literarischer Wertung wie spannend/langweilig, schwülstig, stimmig, originell.
[3] ZHONG (1995, 144) führt zehn Stärkegrade der bewertenden Sprachhandlungstypen an, von DISQUALIFI-ZIEREN (-5) über VORWERFEN (-4), KRITISIEREN (-3), KLAGEN (-2), BEDAUERN (-1), BESCHREI-BEN (0), ERLEICHTERUNG AUSDRÜCKEN (+1), ANERKENNEN (+2), LOBEN (+3), WÜRDIGEN (+4) bis zu RÜHMEN (+5). Eine exakte Zuordnung von Lexemen zu einzelnen Sprachhandlungstypen ist in den wenigsten Fällen möglich, so daß die zehnstufige Skala für die lexemorientierte empirische Untersuchung des Sprachmaterials ungeeignet ist. Bezeichnenderweise gibt ZHONG (1995, 144f.) in seinem viel zu knappen Überblick über Wertlexeme (eineinhalb Seiten!) weder Wertungsrichtung noch Stärke der Bewertung an. Die Wortart Substantiv wird z.B. mit vier Belegstellen und folgendem vagen Kommentar abgehandelt: „Die unter-strichenen Substantive weisen große Unterschiede in der Art der Einstufung auf. Sie sind oft - müssen es aber nicht sein - Indikatoren bestimmter bewertender Handlungstypen.“
[4] DUDEN: „glänzend, hervorragend, ausgezeichnet, sehr gut“
[5] DUDEN: „hervorragend, ausgezeichnet, vortrefflich, vorzüglich“
[6] DUDEN: „1. (seltener) von der Art eines Wunders od. wie ein Wunder erscheinend, [wie] durch ein Wunder bewirkt 2. a) (emotional) [als] überaus schön, gut [empfunden] und deshalb Bewunderung, Entzücken o.ä. hervorrufend b) (ugs.) <intensivierend bei Adjektiven> in beeindruckender, Entzücken o.ä. hervorrufender Weise“
[7] DUDEN: „in so hohem Maße als gut, schön empfunden, daß man es sich nicht besser, schöner vorstellen kann u. dadurch erfreuend [...]“; vgl. BÖHEIM (1987, 61, 62, 81, 167)
[8] Als Beweis werden alle Belege abgedruckt.
[9] Vgl. BÖHEIM 1987, 208
[10] DUDEN: „durch seine ungewöhnliche, bedeutende Art beeindruckend; ausgezeichnet“
[11] DUDEN: „6 [...] b) <nur attr.> mit überduchschnittlichem Aufwand u./od. überdurchschnittlicher Wirkung verbunden, großartig, glanzvoll [...] 6 [...]d) [...] von besonderer Fähigkeit, Qualität; bedeutend, berühmt [...]“
[12] DUDEN: „großartig, hervorragend, ausgezeichnet“
[13] DUDEN: „a) Meisterwerk, Spitzenleistung [...] b) Kleinod, Perle, Juwel, Schatz [...]“
[14] Fremdwörter-DUDEN: „[...] b) mitreißend, glänzend“
[15] DUDEN: „mit allem ausgestattet, was dazu gehört, etw. [Hervorragendes] in vollem Maße zu sein; makellos, unübertrefflich, vollkommen [...]“
[16] DUDEN: „1. so beschaffen, daß nicht das Geringste daran auszusetzen ist; hervorragend [...]“
[17] DUDEN: „[...] b) sehr gut, ausgezeichnet; vorzüglich, vortrefflich“
[18] BÖHEIM (1987, 66, 100, 109) führt stark als Attribut zu Bewertungen des Stimmorgans unter den gemäßigt positiven Ausdrücken an. KILBs Rezension ist - ebenso wie seine Verwendung von stark - Ausdruck einer sehr positiven Bewertung. DUDEN: „[...] 6 [...] b) <nicht adv.> (als Ergebnis einer geistigen od. körperlichen Leistung) sehr gut, ausgezeichnet [...] 8. (Jugendspr.) so großartig, hervorragend, ausgezeichnet, daß das od. der Betreffende (den Sprecher) tief beeindruckt [u. (von ihm) als das Absolute u. einzig Erstrebenswerte angesehen wird]“ WDG: toll: „[...] 4. (umg.) erstaunlich, außergewöhnlich, unglaublich [...] (salopp) großartig, vorzüglich, prachtvoll [...]“
[19] DUDEN: doll: „[...] 2. großartig, prachtvoll [...]“
[20] DUDEN: „[...] 8. (ugs.) Güte, Qualität (in bezug auf bes. hervorragende, Begeisterung od. Bewunderung hervorrufende Leistungen) [...]“
[21] DUDEN: „a) (emotional) (bes. von Speisen, Getränken u. anderen Genüssen) besonders gut, herrlich, schön [...] c) (geh., veraltet) sehr wertvoll (u. als besonders schön empfunden): köstliches Geschmeide [...]“ Auch wenn in der Literaturkritik eine besondere Nähe zu kulinarischen Metaphern zu beobachten ist, liegt für den Textbeleg aus der Lyrikkritik sicher Bedeutung c) vor, auch aus Gründen der stilistischen Ähnlichkeit mit dem rezensierten Text.
[22] DUDEN: „a) sehr wertvoll; erlesen u. deshalb teuer [...]“
[23] DUDEN-Herkunftswörterbuch: „wertvoller Gegenstand, unersetzlicher Wert“
[24] Vgl. BÖHEIM 1987, 204
[25] Vgl. BÖHEIM 1987, 71f.; DUDEN: „in bewundernswerter, auffallender Weise gut, einwandfrei“
[26] DUDEN: Niveau: „[...] 3. geistiger Rang; Stand, Grad, Stufe der bildungsmäßigen, künstlerischen o.ä. Ausprägung“
[27] DUDEN: „a) mit großen [Qualitäts]ansprüchen; wählerisch“
[28] DUDEN: „1. für jmdn., etwas von wesentlicher Bedeutung [so daß viel davon abhängt] [...]“
[29] DUDEN: „[...] 2.a) von jmd. od. einer Sache ausgehende verlockende Wirkung; Antrieb, Antriebskraft [...] b) Zauber, Anmut, Schönheit, Charme [...]“
[30] DUDEN: „[...] 2 [...] b) anspruchsvoll [...] c) gewählt [...]“
[31] DUDEN: gut: „1.a) besonderen Ansprüchen, Zwecken genügend; von zufriedenstellender Qualität, ohne nachteilige Eigenschaften oder Mängel [...] b) seine Fähigkeiten erkennen lassen und seine Aufgabe zur Zufriedenheit erfüllend [...]“
[32] Vgl. die Arbeiten von OSBORNE 1955, GOODMAN 1973, ASCHENBRENNER 1974, SCHMIDT 1976; KIENECKER 1989 (bes. 65)
[33] Vgl. BÖHEIM 1987, 58f., 70f., 78, 79f.
[34] DUDEN: „[...] c) gute Eigenschaft, die eine bestimmte Person od. Sache (im Vergleich mit jmdm. od. etw. anderem) auszeichnet, hervorhebt [...]“
[35] Vgl. SCHIPPAN (1984, 166): „[...] die metonymischen Beziehungen“ zwischen abstrakter Größe und Person beruhen „auf objektiv gegebenen oder gemeinten Zusammenhängen“.
[36] DUDEN nützlich: „Für einen bestimmten Zweck sehr brauchbar; geeignet, einen Nutzen zu erzielen“
[37] DUDEN: „jmds. Bemühungen od. Absicht gemäß erfolgen; durch jmds. Planung od. Bemühung mit Erfolg zustande kommen“
[38] DUDEN: glücken: „[durch günstige Umstände] das erstrebte Ergebnis, den gewünschten Erfolg haben; gelingen“
[39] DUDEN: „1.a) Schuß, Schlag, Wurf o.ä., der trifft [...] b) (Ballspiele) Tor [...] c) (Boxen) Schlag, mit dem der Gegner getroffen wird [...] d) (Fechten) Berührung des Gegners mit der Waffe [...] 2. Gewinn (in einer Lotterie o.ä.) [...] Ü einen T. haben (ugs.; Glück haben); Die 17jährige Oberschülerin ... hofft, nach zahlreichen zweiten Plätzen beim kommenden Jahreshöhepunkt einmal einen ganz großen T. (ugs; den Sieg davontragen) zu können [...]“
[40] DUDEN: „[...] 2. gelungenes [künstlerisches] Werk, etw. Bedeutendes, Erfolgreiches [...]“
[41] DUDEN: „[...] 6.a) Vorhandensein besonderer Fähigkeiten, besonderer Begabung [auf einem bestimmten Gebiet], durch die jmd. eine außergewöhnliche, hohe Leistung erbringt [...]“
[42] Auch BÖHEIM (1987, 56, 59, 86) stuft das Adjektiv begabt als positiv wertend im Hinblick auf Talent und Begabung des Künstlers ein. Vgl. hochbegabt in Kap. 2.1.1.1
[43] Vgl. BÖHEIM 1987, 140 und SCHIPPAN (s.o. Anm. 35)
[44] DUDEN: „[...] bedeutungslos, unwichtig“
[45] Fremdwörter-DUDEN: „1. Anmerkung am Rande einer Handschrift od. eines Buches [...]“
[46] Vgl. Teil 2, Kap. 1
[47] BÖHEIMs scharfer Abgrenzung ist daher nicht zuzustimmen: „Negativ wertende Funktion erhält das Numerale ‘zweit’ nur in den Syntagmen ‘zweite Wahl’ und ‘zweite Qualität’“. (BÖHEIM 1987, 76)
[48] DUDEN: „[...] 2. (abwertend) primitiv“
[49] DUDEN: „[...] 6. [...] b) [...] als Ergebnis einer geistigen od. körperlichen Leistung in der Qualität unzulänglich, dürftig, wenig befriedigend“
[50] DUDEN: „1. von geringer Qualität, viele Mängel aufweisend, minderwertig (Ggs. gut 1), 2. wenig, schwach, unzulänglich, (nach Menge, Stärke, Umfang) nicht ausreichend (Ggs. gut 1), 3. (Ggs. gut 2) 1) ungünstig, nachteilig für etw., nicht glücklich, schlimm b) unangenehm [...]
[51] DUDEN: „[...] 2. (ugs. abwertend) (in den Augen des Sprechers) etw. Wertloses, Belangloses, etw., mit dem sich zu befassen nicht lohnt [...]“
[52] DUDEN: „(geh.) unsagbar a) [nicht adv.] (emotional) äußerst groß, stark; unbeschreiblich [...]“ Daß unsäglich auch im Kontext positiver Wertung verwendbar ist, zeigt folgender Beleg:
[...] diese Substanzen [...] so prägnant [...] auszumünzen, wie ihm [=Kofler] das in den drei unsäglichen Bergsteigersagas der Ouvertüre gelang. (SZ 14.9.88, KRAMBERG über KOFLER)
Ein weiterer Beleg läßt jedoch vermuten, daß der Rezensent das Substantiv Unsäglichkeit als lexikalisch nega-tiv wertend betrachtet:
[...] ein paar Gelegenheitsgedichte, die ob ihrer Unsäglichkeit keineswegs geeignet sind, den Ruhm des Sprachkünstlers Fried zu fördern. (FAZ 26.2.88, WEINZIERL über FRIED)
[53] DUDEN: „[...] 2. immer schwächer werden, nachlassen u. allmählich ganz aufhören [...]“
[54] DUDEN: „[...] 3. ungewollt, unnötigerweise abgeben, vergeben, nicht nutzen [...]“
[55] DUDEN: „1. [...] b) durch eigenes Verschulden, durch Leichtfertigkeit verlieren [...]“
[56] DUDEN: zernichten: „[...] (dichter. veraltet): vernichten [...]“
[57] Vgl. die Ausführungen zu miß- in Teil 2, Kap. 1
[58] Es werden alle Belege aufgeführt, um zu beweisen, daß die Wertung gut gemeint immer negativ ist.
[59] Vgl. BÖHEIM 1987, 145
[60] Vgl. BÖHEIM 1987, 145
[61] DUDEN: unfähig „1. den gestellten Aufgaben nicht gewachsen, nicht fähig [...] 2. zu etw. u. sein (zu etw. nicht in der Lage, nicht imstande sein)“
[62] DUDEN: „[...] 2. (ugs.) Fauxpas [...]“
[63] DUDEN: „ [...] 2. (ugs.) aus Unachtsamkeit o.ä. begangener Fehler, mit dem gegen etw. verstoßen wird [...]“
[64] DUDEN: „1. (ugs.) kleinerer Fehler (bei der Ausführung einer [erlernten] Tätigkeit) [...]“
[65] DUDEN: „[...] c) Fehler, durch gedankenloses od. unvorsichtiges Handeln verursachtes Mißgeschick [...]“
[66] Vgl. aber schwach unter 1.1.2.1
[67] DUDEN: „[...] 2. durch einen bestimmten Mangel in seiner Funktionsfähigkeit o.ä. beeinträchtigt sein [...]“
[68] DUDEN: „[...] (geh.): [an etw., jmdm.] unrecht handeln, schuldig werden“
[69] DUDEN: „ Geschmacklosigkeit, taktlose Äußerung [...]“
[70] DUDEN: „1.a) etw., was falsch ist, vom Richtigen abweicht; eine Unrichtigkeit“
[71] BÖHEIM (1987, 73, 164, 174) ordnet falsch den (gemäßigt) negativen Wertungen zu aufgrund der Bedeutung ‘den Erwartungen nicht entsprechend, nicht passen, nicht angemessen’. Der DUDEN gibt an : „[...] 2. [...] b) mit Mängeln behaftet, Fehler aufweisend; nicht so, wie es sein soll; fehlerhaft“
[72] DUDEN: „[...] (geh.) fehlen, mangeln <unpers.> [...]“
[73] DUDEN: „1. a) nicht mit etw. gefüllt; ohne Inhalt [...]“
[74] DUDEN: Substanz: „[...] 3. <bildungsspr.> das den Wert, Gehalt einer Sache Ausmachende; das Wesentliche, der Kern (einer Sache) [...]“, substanzlos: „<bildungsspr.> keine od. zu wenig Substanz (3) habend [...]“
[75] Ein ähnliches Gegensatzpaar findet sich in der FAZ am 20.8.87: Wortmächtig, aber doch eher spracharm versuchte er [=der Autor] [...] von der trägen Allnacht in tristen Kneipen zu erzählen [...] (HIEBER über KURZECK)
[76] DUDEN: „[...] b) [...] unergiebig und ohne rechten Wert, unzulänglich, kümmerlich [...]“
[77] Teil 2, Kap. 1
[78] DUDEN: Historie: „anekdotenhafte, kurze Geschichte; kleine [scherzhafte] Erzählung; Klatschgeschichte; Anekdote [...]“
[79] Zu mini- bemerkt FLEISCHER (41975, 227), daß das Präfix - im Unterschied zum sachlichen mikro- - die Kleinheit oft emotionalisiert mit pejorativer Nuance bezeichne.
[80] Fremdwörter-DUDEN: „1. Überreichlichkeit, Überfluß, Üppigkeit. [...]“
[81] DUDEN: „wortreich, laut u. lebhaft, unbekümmert, oft auch aufdringlich reden, von etw. erzählen [...]“. Im WDG wird zusätzlich auf die Stilschicht und Wertungsrichtung verwiesen: „umg. abwertend: wortreich, aufdringlich, laut reden [...]; prahlen, aufschneiden [...]“
[82] Auch hier ist auf FLEISCHER (41975, 186) zu verweisen, der zu den Derivaten mit der diskontinuierlichen Konstituente Ge-e bemerkt, daß „eine große Gruppe der Prozeßbezeichnungen [...] gleichzeitig eine pejorative Expressivität“ hat.
[83] Von KÜHNHOLD u.a.(1978, 485) wird -selig1 im Beispiel redselig paraphrasiert mit „X [...] redet gern/ viel/oft“ und dazu bemerkt: “Neben dem denotativen Inhalt kann in den Bildungen mit -selig1 andeutungsweise eine gutmütig- bzw. negativ-ironische Sprecherhaltung festgestellt werden [...]“
[84] Vgl. BÖHEIM 1987, 42, 193ff.
[85] DUDEN: „[...] 2. [...] c) [...] in beschämender Weise [erbärmlich, jämmerlich]“
[86] Fremdwörter-DUDEN: „a) sehr unangenehm und peinlich; Unannehmlichkeiten und Ärger verursachend; in Verlegenheit bringend; mißlich b) unangenehme, schlimme Folgen nach sich ziehend, verhängnisvoll, verderblich, folgenschwer“
[87] DUDEN: „1. Grausen hervorrufend; grauenvoll, entsetzlich, fürchterlich 2. (ugs.) a) in besonders starkem Maße wie eine Art Pein empfunden; so [geartet], daß man es kaum noch ertragen kann, sehr schlimm [...]“
[88] DUDEN: „1. durch seine [nicht für möglich gehaltene] Furchtbarkeit bei jmdn. Entsetzen erregend [...]“
[89] DUDEN: „Zusammenbruch, Niederlage; unheilvoller, unglücklicher Ausgang [...]“
[90] Fremdwörter-DUDEN: „Mißgeschick, Unheil; Zusammenbruch“
[91] Fremdwörter-DUDEN: „1. Unglück von großen Ausmaßen u. entsetzlichen Folgen [...]“
[92] Vgl. KRAFT 1971, 48; BÖHEIM 1987, 88; HUNDSNURSCHER/SPLETT 1982, 35ff.; BALLMER/BREN-NENSTUHL 1982, 25f.
[93] Vgl. Teil 1, Kap. 2
[94] DUDEN: „jmdm. sehr passend, angenehm; erwünscht [...]“
[95] Fremdwörter-DUDEN: „[...] 1. zusagend, anziehend, ansprechend, angenehm [...]“
[96] Vgl. BÖHEIM 1987, 159
[97] DUDEN: „1. anziehend durch besondere, günstige Voraussetzungen, Gegebenheiten; starken Anreiz bietend, verlockend, begehrenswert, erstrebenswert 2. [sehr] anziehend auf Grund eines ansprechenden Äußeren, hübsch, reizvoll“. Daß die klassematische Bestimmung des Lexems bei SOMMERFELDT/SCHREIBER (21977, 63) „Hum/weibl. Geschlecht“ nicht oder nicht mehr stimmt, darauf hat schon UNTERFORSTHUBER (1982, 71) hingewiesen. Doch selbst in der ersten Bedeutungsvariante, die der DUDEN nennt, klingt die Kombination attraktiver Denker ungewöhnlich.
[98] DUDEN: „durch Größe, Schönheit, Großartigkeit o.ä. einen starken Eindruck [...] machend, hinterlassend [...]“
[99] DUDEN: „1. Staunen [u. Bewunderung] erregend [...]“; auch BÖHEIM (1987, 92) merkt an, daß erstaunlich nur positiv wertend verwendet wird.
[100] DUDEN: frappieren „1. in Erstaunen versetzen, überraschen, so daß man sich der unerklärlichen Wirkung nicht entziehen kann [...]“
[101] DUDEN: „ [...] b) recht wichtig und respektabel“; das positive Urteil wird deutlicher in den Bedeutungsangaben des WDG: „ziemlich groß, bemerkenswert [...] b) anerkennenswert“; vgl. auch BÖHEIM (1987, 92, 168).
[102] DUDEN: „Beachtung verdienend, bemerkenswert“
[103] DUDEN: bezaubern: „in Entzücken setzen u. für sich einnehmen, auf jmdn. einen Zauber, Reiz ausüben [...]“
[104] DUDEN: faszinieren: „[...] anziehend, fesselnd, bezaubernd auf jem. wirken [...]“
[105] Fremdwörter-DUDEN: „auf seltsame, geheimnisvolle Weise Faszinierendes, Fesselndes, Anziehendes“
[106] DUDEN: „[...] 3. jmds. Vorstellungen, Wünschen o.ä. zuwiderlaufen u. ihm deshalb mißfallen [...]“
[107] DUDEN: betrüblich „traurig stimmend, unangenehm, mißlich; deprimierend [...]“
[108] KRAFT (1971, 48) ordnet unerträglich in die Gruppe der Begriffe ein, die Gefühle bzw. Strebungen wiedergeben, die den Wert des Objekts danach bemessen, ob es Entzücken, Abscheu oder Langeweile erregt. DUDEN: „a) [...] so geartet, beschaffen, daß es kaum zu ertragen ist [...]“
[109] DUDEN: „1.a) von einem Aussehen, das besonders durch Form und Proportion so anziehend auf jmdn. wirkt, daß es als etwas Besonderes, das man mit großem Wohlgefallen, Genuß anschaut, empfunden wird. b) so beschaffen, daß es in seiner Art besonders reizvoll, ansprechend ist, sehr angenehm oder wohltuend auf das Auge oder Ohr wirkt. c) von einer Art, die jmdm. sehr gut gefällt, die jmds. Geschmack entspricht. d) in einer Weise verlaufend, die angenehme Gefühle auslöst; sich so auswirkend, daß man sich wohl fühlt. [...] 7. <nicht präd.> (ugs.) im Hinblick auf Anzahl, Menge, Ausmaß beträchtlich [...]“.- Vgl. auch BÖHEIM 1987, 70f.
[110] Vgl. S.J. SCHMIDT 1976
[111] Diese Bedeutungsangabe von schön wird fast wörtlich vom WDG bestätigt: „1. jmds. ästhetisches Empfinden sehr angenehm berührend, höchstes, bewunderndes Wohlgefallen hervorrufend a) durch Wirkung aus das Auge b) durch Wirkung auf das Ohr c) die schöne Literatur (Gesamtheit der Dichtung, Belletristik) [...]“
[112] SCHMIDT (1976, 29) verweist darauf, daß schön eine Intension fast so groß wie tun oder machen besitzt , da schön ein vager Begriff ist, dessen Bedeutung in der Alltagssprache durch den kommunikativen Kontext und den sprachlichen Ko-Text offenbar ausreichend festgelegt ist.
[113] Vgl. Teil 1,Kap. 3
[114] Vgl. WITTGENSTEIN, L. (1966): Lectures & Conversations on Aesthetics, Psychology and Religious Belief. Oxford, 11: „In order to get clear about aesthetic words you have to describe ways of living.“ (Zit. nach SCHMIDT 1976, 41)
[115] DUDEN: „1.a) von angenehmem, gefälligem Äußeren; von einer Erscheinung, Gestalt, mit Gesichtszügen, die Wohlgefallen erregen b) so beschaffen, daß es jmdm. gefällt, daß es jmds. Zustimmung findet, jmds. Geschmack trifft c) angenehm klingend [...]“
[116] DUDEN: „1.a) die schöpferische, gestalterische Tätigkeit des Menschen; das Formen, Bilden, Gestalten aus den verschiedensten Materialien od. mit den Mitteln der Sprache bzw. der Töne in Auseinandersetzung mit Natur u. Welt [...]“
[117] DUDEN: „a) künstlerisch ausgeformt und gestaltet [...] c) sehr geschickt [...]“
[118] DUDEN: „aus einem bestimmten Kunstverständnis heraus als geschmacklos empfundenes Produkt der darstellenden Kunst, der Musik od. Literatur; geschmacklos gestalteter, aufgemachter Gebrauchsgegenstand [...]“
[119] DUDEN: „a) auf geschmacklos empfundene Weise gestaltet, einen künstlerischen Wert vortäuschend [...] b) rührselig-sentimental; auf unechte Weise gefühlvoll [...]“ Die Bedeutungsangabe zu kitschig ist breiter als die zu Kitsch, erkennbar an der Bedeutungserweiterung, daß etwas nur vorgetäuscht wird, bzw. unecht ist. So wäre das Adjektiv auch bei den Lexemen in Teil 2, Kap. 3. einzuordnen, die auf die Substanz des Werkes, auf seine Echtheit eingehen.
[120] DUDEN: „Gebiet der bildenden Kunst, das Entwurf u. Herstellung von künstlerisch gestalteten Gebrauchsgegenständen u. von Schmucksachen umfaßt [...]“
[121] DUDEN: „<Adj.; o. Steig.; nicht präd.>: das Kunstgewerbe betreffend, zu ihm gehörend [...]“
[122] DUDEN: „Handwerk, bei dem man sich bemüht, Gebrauchsgegenstände, Schmuckwaren u. dgl. künstlerisch zu gestalten [...]“
[123] Zur Tradition der kulinarischen Metaphern vgl. Teil 1, Kap. 4.
[124] Fremdwörter-DUDEN: „1. auserlesen fein; lecker, wohlschmeckend; Ggs. - indelikat. 2. zart[fühlend], zurückhaltend, behutsam; Ggs. - indelikat. 3. wählerisch, anspruchsvoll. 4. Diskretion erfordernd, nur mit Zurückhaltung, mit Takt zu behandeln, durchzuführen. [...]“
[125] Die Verwendung von delikat erfolgt hier wie in Bedeutungsangabe 1b bei STRAUSS, HASS, HARRAS (1989, 597): „Mit delikat charakterisiert man künstlerische Darbietungen und Produkte, die dem Betrachter oder Zuhörer einen besonderen sinnlichen oder intellektuellen Genuß bereiten, ohne aufdringlich oder vorder-gründig zu sein. Sprecher, die delikat in dieser Weise positiv wertend verwenden, geben damit auch zu erken-nen, daß sie sich selbst als einfühlsame Kenner einschätzen.“