TEIL 3: ZUSAMMENFASSUNG

 

 

 

Journalistische Rezensionen zeitgenössischer Literatur werden in unserer Arbeit als eine Form von Literaturkritik betrachtet mit den Textfunktionen WERTEN und informieren, ge-nauer: BEWERTEN, BEGRÜNDEN, BESCHREIBEN, ERZÄHLEN, LESEANREIZ SCHAFFEN (Überschrift) und EMPFEHLEN/ABRATEN, wobei die subjektive Bewertungs-handlung des Rezensenten immer auf der Basis von Kriterien vollzogen wird, die nicht allgemein bekannt oder anerkannt sind, auch wenn die Rezension diesen Anschein erweckt. Dabei zielt der Rezensent auf ein implizites Einverständnis mit dem Leser ab.

Bezüglich des Aufbaus der Kritiken läßt sich keine generelle Aussage treffen; die individuellen Eigenheiten des Rezensenten, des Autors und des kritisierten Werkes sind entscheidend.

Viele der sprachlichen Merkmale von Rezensionen sind Merkmale der journalistischen Sprache allgemein. Durch die Einbettung in das Feuilleton und durch den literarischen Gegenstand der Kritik zu erklären sind ästhetisierende Sprachtendenzen mit expressiver Wortwahl, unüblichen Metaphern und Vergleichen, originellen Wortbildungen, gehobener Lexik, aber auch umgangs-sprachlichen Wendungen; es bildet sich ein Kritikerfachjargon heraus mit Anspielungen und Vergleichen, Umwertungen wertender Begriffe[1] und einer teilweise wenig konkreten Semantik in vager, ambiger Sprache.

Auf die Kommunikationssituation übertragen, kann dies dazu führen, daß manche Zeitungs­leser die Sprache der Kritiken als Hemmschwelle empfinden und die Rezensionen nicht zur Kenntnis nehmen;[2] ob die Kritiker einen so großen Einfluß auf die Verkaufszahlen der positiv oder negativ besprochenen Bücher haben, wie manchmal behauptet, kann nicht eindeutig entschieden werden, wenn man deren Einfluß mit dem der Verlagswerbung vergleicht.

Wertung an sich stellt für Philosophie und Sprachtheorie ein Problem dar. Die philosophische Diskussion über das Wertproblem läßt sich wie folgt zusammenfassen: Bezüglich des Gehalts der Äußerung „X ist gut“ behauptet die naturalistische Schule, gut habe deskriptiven Gehalt. Nach intuitionistischer Auffassung (v.a. MOORE, SCHELER) hat gut deskriptiven Gehalt, der durch einen besonderen Sinn, die Intuition, wahrnehmbar sei, der echte Erkenntnis ermögliche. Emotivistische Anschauung ist, daß sich im Werturteil Gefühle und Neigungen von Subjekten gegenüber Gegenständen ausdrückten (v.a. AYER, STEVENSON). Pragmatisch orientierte Bedeutungstheorien widersprechen diesen Annahmen: HARE betont die präskriptive Funktion von gut, AUSTIN und SEARLE verweisen auf die unterschiedlichen illokutionären Rollen von (1) EINSTUFEN und (2) BESCHREIBEN, die dennoch eine Ableitung der Proposition des EINSTUFENs von der des BESCHREIBENs zuließen.

Nicht nur für Philosophie und Sprachtheorie stellt Werten ein Problem dar, sondern auch für Literaturwissenschaft und Poetologie: In der literarischen Wertung treten verschiedene Pro­bleme auf, je nach poetologischer Provenienz des Bewertenden. Generell unterscheiden sich die Auffassungen darin, ob der Wert der Literatur in Werk, Autor und Gattung oder aber in der Rezeption bzw. Funktion für Personen und Epochen gesehen wird.

Zur ersten Gruppe gehört die Wertung auf hermeneutischer Basis. Wolfgang KAYSER bevor­zugt eine phänomenologisch-immanente Wertung, die das Schön-Sein mit den Merkmalen der Einheit bzw. Ganzheit als obersten Wert betrachtet, ähnlich auch SENGLE, HASS, EMRICH, WEHRLI und MÜLLER-SEIDEL.[3] Ideologiekritisch innerhalb der hermeneutisch orientierten Wertung urteilen BENJAMIN, ADORNO, LUKÁCS und MARCUSE oder auch ENZENS­BERGER und WALRAFF. An der Spitze der Werthierarchie steht bei den genannten Autoren Emanzipation bzw. das Nicht-Affirmative.[4]

Zur zweiten Gruppe gehört die Wertung auf semiotischer Basis, die Psychologie und Soziologie in ihre Urteile einbezieht. MUKAROVSKÝ geht hypothetisch von einem sich historisch ändernden Kollektivsubjekt aus, das das literarische Zeichen erst konstituiert und semantisiert. Allgemeine Maßstäbe und Normen gibt es für MUKAROVSKÝ nicht, doch zieht er zumindest spannungsvolle Dynamik statischer Harmonie vor. Die Rezeptionsästhetik, ent­wickelt von JAUß und ISER, setzt als höchsten Wert die Übersteigung des literarhistorisch begründeten alten Erwartungshorizonts an und fordert damit möglichst viele neu rezipierbare Bedeutungen.[5] Im Rahmen ihrer poststrukturalistischen bzw. dekonstruktivistischen Theorie suchen BARTHES und DE MAN in erster Linie die durch Brüche im Text hervorgerufene „Wollust“[6], ebenso aber auch Kritik[7] und Innovation[8].

Die Übersicht zeigt, daß es keine aktuelle allgemein gültige, logisch abgesicherte Theorie der Kanonbildung und der literarischen Wertung gibt wie in restriktiveren Poetikkonzepten frühe­rer Jahrhunderte, doch der empirische Teil unserer Arbeit beweist, daß die Wertungskriterien zeitgenössischer Rezensionen aus älteren Wertungskonzepten ableitbar sind. Für die Rezensen­ten spielen dekonstruktivistische Theorien o.ä. in der literaturkritischen Praxis keine Rolle. Das Kriterium KÜNSTLERISCHER WERT, ECHTHEIT, SUBSTANZ findet sich schon in KAYSERs hermeneutischem Wertungsansatz (s.o.), der die ästhetische Form und das „Schön-Sein“ (KAYSER 1958a, 56) an erster Stelle nennt. KÖNNEN und INGENIOSITÄT sind für die Rezensenten insofern wichtig, als das literarische Werk den Eindruck von Sicherheit und Leichtigkeit vermitteln soll. Spätestens seit der Genieästhetik spielt dieses Kriterium eine große Rolle, ebenso das der ORIGINALITÄT, das Normabweichungen positiv bewertet, und das der INNOVATION, das auch von ideologiekritischen und strukturalistischen Positionen aufge­nommen wird. Einige Theoretiker führen die Relevanz des letztgenannten Kriteriums in der Literaturkritik auf den Warencharakter der Literatur zurück. Die Kriterien SPANNUNG und UNTERHALTUNG, die entgegen der Meinung einiger Theoretiker der Literaturkritik wichti­ge Elemente für die journalistischen Rezensionen zeitgenössischer Literatur darstellen, sind als Werte der Literatur schon aus der griechisch-römischen Antike bekannt, ebenso aus der Ba­rockzeit; Klassik und Romantik hingegen tendieren eher zum Erhabenen, Nachdenklichen..

INTELLEKT als Wert, der dem Buch bzw. dem Autor zukommt oder dem Rezipienten abver­langt wird, hat seine Tradition in dem rhetorischen Ziel des docere und dem aufklärerischen Ziel der Vermittlung von Lehre und Moral. GENAUIGKEIT und KLARHEIT sind schon in der klassischen Rhetorik mit der Forderung nach perspicuitas und in Descartes’ „Discours de la Méthode“ (philosophische Forschung und ihre Ergebnisse sollen clare et distincte sein) be­kannt, ebenso im Realismus (z.B. auch zusammen mit dem Kriterium der ANSCHAULICH­KEIT) und in ideologiekritischen Wertungspositionen.

Die Forderung der klassischen Rhetorik nach movere findet sich wieder in dem Wertungs­kriterium GEFÜHL, das z.B. Aristoteles’ und Lessings Wirkungsästhetik wiederaufnimmt. Die in den analysierten Kritiken häufiger zu bemerkende Frage, ob ein literarisches Werk das Ge­fühl der Betroffenheit, repräsentiere bzw. hervorrufe, steht ebenso in der allgemeinen Tradition des ernsten und feierlichen Umgangs der Deutschen mit Literatur wie in der der 68er Revolu­tion und der des Subjektivismus der Wendezeit in den 80er Jahren.

Besonders ideologiekritische Wertungsansätze sehen in der KRITISCHEN KRAFT einen der wichtigsten Werte der Literatur. Emanzipation und damit Herrschafts- und Gesellschaftskritik statt Kompensation durch Literatur sind für die ideologiekritische Wertung ebenso relevant wie für JAUß’ Rezeptionsästhetik, den (Post-)Strukturalisten BARTHES und DE MAN. Das Überwiegen positiv wertender Belege bestätigt eine positive Würdigung des Entlarvens auch in den aktuellen Kritiken des Textkorpus.

Im Gegensatz zum Mangel an einer allgemein akzeptierten aktuellen Theorie der Kanonbildung und literarischen Wertung besteht zumindest über das grobe Handlungskonzept des BEWER­TENs Einigkeit. Das Bewertungskonzept bzw. der Handlungsablauf des BEWERTENs wird mit ZHONG (1995, 33-36) in fünf Phasen eingeteilt:[9] die Phase der mentalen Vorbereitung, der Selektion, des Vergleichs, des Gewichtens und Einstufens und des sprachlich ausge­drückten Handlungsergebnisses. Die zuletzt genannte Phase liefert für den empirischen Teil unserer Arbeit die Basis der Analyse .

Sprachlich können Bewertungen auf verschiedenste Weise differenziert vermittelt werden: auf morphologischer Ebene, auf Wortebene, Satzebene und stilistischer Ebene können positive und negative Bewertungen verschiedenen Grades ausgedrückt werden. Dabei ist zu unterscheiden zwischen lexikalisch und kontextuell wertenden Sprachelementen. Kontextuell wertende Sprachelemente können nur durch die Sprachkompetenz des Analysierenden intuitiv ermittelt werden.

Auf Wortebene kommt besonders den Adjektiven eine besondere Funktion in der Wertung zu, da sie Merkmale und Eigenschaften einer Bezugsgröße näher bestimmen; genauso können jedoch Substantive, Verben und Wortgruppen werten. Im empirischen Teil wird unterschieden zwischen lexikalisch wertenden Ausdrücken (Substantive, Adjektive, Verben, Wortgruppen und Metaphern) ohne Hinweis auf ein Bewertungskriterium und lexikalisch und kontextuell wertenden Ausdrücken, die auf ein Bewertungskriterium verweisen. Die Zuordnung der lexikalisch wertenden Ausdrücke ohne Hinweis auf ein Bewertungskriterium erfolgt zunächst gemäß einer vierstufigen Bewertungsskala (hochwertend, (gemäßigt) positiv bzw. (gemäßigt) negativ wertend und sehr negativ wertend). Außerdem werden folgende Gruppen differenziert: allgemein positiv oder negativ wertend, bezogen auf den Eindruck des Rezipienten positiv oder negativ wertend, ästhetisch wertend und wertende Metaphern, die nicht auf ein Kriterium hinweisen. Dabei fällt auf, daß unter den lexikalisch allgemein wertenden Ausdrücken sehr negative Wertungen selten sind.

Auf morphologischer Ebene sind Steigerungs-, Negations-, Augmentations- und Diminutiv-morpheme für die Wertung relevant. Steigerungsmorpheme für den Komparativ oder Superlativ bewirken semantisch einen Vergleich, weshalb sie im Hinblick auf das Handlungsschema einer Bewertung bedeutsam sind - ebenso wie sprachliche Mittel der Gradabstufung auf anderen Sprachebenen (Gradadverbien, Adjektive, Interrogativadverb wie und Demonstrativpronomen solch).

Häufig zu beobachten ist die Einschränkung des Superlativs durch ein Modalitätsadverb wie wohl oder vielleicht (z.B.: [...] sein bisher wohl dichtester Text [...]) als Zeichen der Subjektivität und Scheu vor dem extremen Lob seitens des Rezensenten.

Auch Negationsmorpheme können Wertungen hervorrufen bzw. modifizieren: Die Negierung eines positiv wertenden Wortes erzeugt meist eine gemäßigt negative Wertung, besonders wenn z.B. Antonyme zu den betreffenden einfachen Adjektiven vorhanden sind (gut - schlecht/ungut). Darüberhinaus wird durch die Negierung auf eine präsupponierte oder zu präsupponierende Norm verwiesen. Negativ wertende Negationsmorpheme des Korpus sind miß-, pseudo-, Schein-, Möchtegern- und kontextuell -los.

Augmentativmorpheme bietet das Korpus nur in positiver Wertungsrichtung (Glanz- und hoch-), Diminutivmorpheme in negativer Wertungsrichtung (-chen, Mini-).

Darüber hinaus gibt es weitere Morpheme mit pejorativer Expressivität, z.B. -erei, -elei, -el-n und Ge-+-e. Typisch für die Wertungen in den Rezensionen sind Umwertungen, wie z.B. die Verwendung der Adjektive geistreich, heiter, unangreifbar und Sprach-Optimismus in negativ wertendem Zusammenhang.

Innerhalb von Satzgliedern oder auf Satzebene sind Differenzierungen und Modifizierungen von Wertungen durch Grad-, Modal- und Abtönungspartikeln und Negationswörter beobacht­bar.

Eine wichtige Funktion hinsichtlich des Bewertens auf Stil- bzw. Textebene haben bildhafte Ausdrucksweisen wie Metaphern und Vergleiche. Mit WEINRICH (1976, 320) wird eine Metapher „als ein Wort in einem konterdeterminierenden Kontext“ aufgefaßt, daher liegt im empirischen Teil der Arbeit bei der Metaphernanalyse der Schwerpunkt auf der Zuordnung von Bildspendern und Bildempfängern. Ob eine aktuelle oder schon lexikalisierte Metapher vor­liegt, entscheidet sich nach dem DUDEN-Eintrag.

 

Folgende Übersicht zeigt die bildspendenden Bereiche der Metaphern und deren Zuordnung zu den jeweiligen Wertungskriterien mit den Wertungsrichtungen; dabei sind die Wertungskri-terien numeriert wie im empirischen Teil der Arbeit:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2 = ohne Hinweis auf ein Bewertungskriterium, 3 = KÜNSTLERISCHER WERT, ECHT-HEIT, SUBSTANZ, 4 = KÖNNEN UND INGENIOSITÄT, 5 = ORIGINALITÄT UND INNOVATION, 6 = SPANNUNG UND UNTERHALTUNG, 7 = INTELLEKT, 8 = KRITI-SCHE KRAFT, 9 = GEFÜHL, 10 = GENAUIGKEIT UND KLARHEIT.[10]

                              Kriterien

Bildspender

2

3

4

5

6

7

8

9

10

1) Synästhetische Metaphern:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

a) Sehempfindung: Malerei

 

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+ -

b) Sehempfindung: unbelebte

    Natur (Feuer)

 

+

        

 

 

 

 

 

 

c) Sehempfindung:

    Licht/Leuchten allg.

 

+ -

 

 

 

 

 

 

 

d) Hörempfindung: Musik

 

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+ -

+

 

 

 

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+ -

e) Geschmacksempfindung:

    Essen/Trinken

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+ -

 

+ -

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+ -

 

 

f) Geruchsempfindung: Parfum

 

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+

 

 

 

 

 

 

2) Eigennamen

 

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+ -

+

+

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3) Andere Textsorten

 

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4) Andere Kunstepochen

 

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5) Theater, Spiel1

 

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6) Film

 

 

 

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-

 

 

 

7) Zirkus

 

 

 

+ -

 

 

 

 

 

8) Unbelebte Natur

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+ -

 

+

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9) Menschlicher Organismus

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+

+ -

 

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10) Psychologie (Hypnose)

 

 

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11) Bestimmte Altersgruppen

 

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12) Schule

 

 

 

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13) Sport, Spiel2, Fortbewegung

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+ -

 

+ -

 

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14) Handwerk allg.

 

+

-

 

 

 

 

 

 

15) Berufe/ Handwerk speziell:

      Friseur, Metzger, Chirurg

 

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+ -

 

 

 

 

 

 

16) Technik

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+ -

17) Büro(kratie), Beamtentum

 

 

 

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-

 

 

 

 

18) Handel

 

 

 

-

 

 

 

 

 

19) Stoff, Bekleidung (Weben,

      Knüpfen)

 

+ -

-

-

 

 

 

 

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20) Materialien

 

+ -

 

-

 

 

 

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-

 

 

Eigennamen:

Im positiv wertenden Bereich sind Eigennamen (zumeist Schriftsteller) folgenden Kriterien zugeordnet:

·      2x KÜNSTLERISCHER WERT (Erich Kästner, Hans Scholz),

·      24x KÖNNEN/INGENIOSITÄT (Günter Grass, Prosper Merimée, Max Frisch, Botho Strauß, Heinrich von Kleist, Uwe Johnson, Brigitte Kronauer, Elfriede Jelinek, Gisela von Wysocki, Peter Handke, Hans Magnus Enzensberger, H. C. Artmann, Karl Krolow, Helmut Heißenbüttel, Ernst Jandl, Oskar Pastior, Paul Celan, Alan Sillitoe, Hofmannsthal - Lord Chandos, W. H. Auden, T. S. Eliot, Else Lasker-Schüler, Marieluise Fleisser; Giorgio de Chirico),

·      1x ORIGINALITÄT/INNOVATION (Jean Paul),

·      5x SPANNUNG/UNTERHALTUNG (Laurence Sterne, Flann O’Brien, Richard Brautigan, John Fante, J. M. Simmel),

·      2x INTELLEKT (Patricia Highsmith, Ernst Jandl),

·      5x KRITISCHE KRAFT (Erich Kästner, Lautréamont, Bonaventura, Céline, Thomas Bern­hard),

·      4x Gefühl (Marie von Ebner-Eschenbach, Johanna Walser, Sören Kierkegaard, Franz Kafka),

·      3x GENAUIGKEIT/KLARHEIT (Walter Benjamin, Else Lasker-Schüler, Marieluise Fleisser).

 

Im negativ wertenden Bereich gibt es für Eigennamen nur wenige Belege:

·      5x KÜNSTLERISCHER WERT (Thomas Gottschalk, Paul Heyse, Emanuel Geibel, Friederike Kempner, Kg.in Marie Antoinette),

·      1x KÖNNEN/INGENIOSITÄT (Bele Bachem),

·      1x ORIGINALITÄT/INNOVATION (Krystiane Allert-Wybranietz)

·      1x INTELLEKT (J. M. Simmel).

 

Als einziger Autor wird Kästner positiv wertend zwei Kriterien zugeordnet: mit seinem Roman „Fabian“ dem KÜNSTLERISCHEN WERT und mit seinem Gedicht „Sachliche Romanze“ der KRITISCHEN KRAFT.

Von den insgesamt 54 Eigennamen werden 46 positiv wertend und nur acht negativ wertend gebraucht.

 

Andere Textsorten:

Andere Textsorten werden in den 21 Beispielen als Bildspender nur negativ wertend benutzt:

·      11x KÜNSTLERISCHER WERT ((kleinbürgerliches) Trauerspiel, Operette, Groschenro-man, Mickey-Mouse-Comic, Kinoreklame, Kolportage, Tagebuch, Feature, Feuilleton, Unterhaltungsliteratur),

·      4x KÖNNEN/INGENIOSITÄT (Drehbuch, Feature, Redakteurslyrik, Reiseführerprosa),

·      2x ORIGINALITÄT/INNOVATION (2x Kalenderspruch),

·      1x SPANNUNG/UNTERHALTUNG (Predigt),

·      1x INTELLEKT (Märchen),

·      2x GENAUIGKEIT/KLARHEIT (journalistisch, reportagehaft).

Die negative Wertung der anspruchsvollen Literatur resultiert häufig daraus, daß Beispiele aus der Unterhaltungsliteratur, der sog. „leichten Muse“, angeführt werden oder aus dem Pressebe-reich.

 

Bestimmte Altersgruppen:

Negativ wertend ist dieser bildspendende Bereich folgenden Kriterien zugeordnet:

·      1x KÜNSTLERISCHER WERT (Pubertierende),

·      1x KÖNNEN/INGENIOSITÄT (Primaner).

Positiv wertend dem folgenden Kriterium:

·      1x GEFÜHL (Schüler).

Dieser Wertungszuordnung liegt die Einschätzung zugrunde, daß Pubertierende und Primaner (18/19 Jahre) zu geringer künstlerischer Leistung fähig seien und zu Schwärmertum und Selbstüberschätzung neigten. Die positive Wertung durch den Vergleich mit Schülern erfolgt aufgrund der Annahme, daß sie beim Ausdruck ihrer Gefühle echt und unverstellt seien.

Mit Schule und Büro(kratie)/Beamtentum werden jeweils nur negative Wertungen verbunden:

Schule:

·      3x ORIGINALITÄT/INNOVATION (2x Schule, 1x Hausaufgaben),

·      2x SPANNUNG/UNTERHALTUNG (Geschichtsunterricht, schulbuchtrocken).

 

Büro(kratie)/Beamtentum:

·      2x ORIGINALITÄT/INNOVATION (bürokratisch, Kanzleistil),

·      1x SPANNUNG/UNTERHALTUNG (Standesbeamter),

·      1x GENAUIGKEIT/KLARHEIT (Schnellregistratur).

 

Materialien:

Materialien werden ebenfalls überwiegend negativ wertend gebraucht:

·      3x KÜNSTLERISCHER WERT (Seifenblase, Pappmaché, Gips),

·      1x ORIGINALITÄT/INNOVATION (Papier),

·      2x GEFÜHL (2x Marmor),

·      1x GENAUIGKEIT UND KLARHEIT (Kleister).

Positiv wertend treten Materialien nur in zwei Belegen auf:

·      2x KÜNSTLERISCHER WERT (Gold, Glas).

 

Weiterführende Forschungsarbeiten könnten die Frage untersuchen, ob die nicht auf das Deutsche begrenzten Ergebnisse unserer Arbeit Aussagekraft nur für den deutschsprachigen Raum besitzen, oder ob z.B. die Wertungskriterien und die verwendeten Metaphern auch aus Rezensionen fremdsprachiger Zeitungen ableitbar sind. Ebenso interessant wäre die differen­zierte Betrachtung der in unserer Arbeit ausgeklammerten Fragen, welcher Art der Zusammen­hang zwischen Bewertungskriterien und Bewertungsaspekten ist, ob es sprachliche Muster für Teilhandlungen des Bewertens gibt oder ob einzelne Rezensenten bestimmte Sprachhand­lungsmuster, Kriterien, Metaphern und sprachliche Wendungen bevorzugen

 

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[1] Perfekt wird negativ wertend verwendet, mit schön blöd oder Trivialität werden positive Wertungen ausge­sprochen, abgeschmackt findet sich in positiven und negativen Wertungen.

[2] Nach NAUMANN (1988, 12f.) nutzen nur 15% der ZEIT-Leser das ZEIT-Feuilleton.

[3] Vgl. Teil 2, Kap.3: Künstlerischer Wert, Echtheit, Substanz und Kap. 9: Gefühl

[4] Vgl. Teil 2, Kap.8: Kritische Kraft

[5] Vgl. Teil 2, Kap.5: Originalität/Innovation

[6] Vgl. Teil 2, Kap.9: Gefühl

[7] Vgl. Teil 2, Kap.8: Kritische Kraft

[8] Vgl. Teil 2, Kap.5: Originalität/Innovation

[9] Vgl. die ausführliche Darstellung in Teil 1, Kap. 3.3

[10] Zum elften Kriterium (ANSCHAULICHKEIT) existieren keine Metaphern.