Synthese von molekularen Werkzeugen zur Visualisierung und Untersuchung des Sphingolipidmetabolismus und weiterer biologischer Prozesse
Synthesis of molecular tools to visualize and study sphingolipid metabolism and other biological processes
Please always quote using this URN: urn:nbn:de:bvb:20-opus-286992
- Die Zelle stellt die kleinste Einheit des Lebens dar und zeichnet sich durch die hoch koordinierte Anordnung von mehreren Millionen (Bio-)Molekülen zu einem mikrometergroßen Objekt aus. Als struktureller Bestandteil der Lipiddoppelschicht eukaryotischer Zellen spielt neben Sterolen und Glycerolipiden die Verbindungsklasse der Sphingolipide eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der Membranintegrität.[472] Darüber hinaus sind bioaktive Sphingolipide bei vielen grundlegenden zellulären Prozessen wie Apoptose, Wachstum, Differenzierung,Die Zelle stellt die kleinste Einheit des Lebens dar und zeichnet sich durch die hoch koordinierte Anordnung von mehreren Millionen (Bio-)Molekülen zu einem mikrometergroßen Objekt aus. Als struktureller Bestandteil der Lipiddoppelschicht eukaryotischer Zellen spielt neben Sterolen und Glycerolipiden die Verbindungsklasse der Sphingolipide eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der Membranintegrität.[472] Darüber hinaus sind bioaktive Sphingolipide bei vielen grundlegenden zellulären Prozessen wie Apoptose, Wachstum, Differenzierung, Migration und Adhäsion entscheidend beteiligt.[87,120] Ein gestörtes Gleichgewicht des Sphingolipidmetabolismus und Defekte der entsprechenden Stoffwechselwege stehen im Zusammenhang mit vielen Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Adipositas, Arteriosklerose, chronischen Entzündungen und Autoimmunerkrankungen sowie viraler und bakterieller Pathogenese.[22,143,473,474] Die Entwicklung und Anwendung von Sphingolipidanaloga als potenzielle Wirkstoffe rückten in den letzten Jahren immer weiter in den Fokus der interdisziplinären Forschung von Biologen, Chemikern und Medizinern. Als bekanntestes Beispiel ist Fingolimod (FTY720) zu nennen, das als Sphingosin-1-phosphat-Mimetikum heute unter dem Markennamen Gilenya® erfolgreich als Arzneistoff zur Behandlung von Multipler Sklerose eingesetzt wird.[475] Es besteht jedoch die Gefahr, dass Fingolimod zur Schädigung anderer Zellfunktionen und zu gravierenden Nebeneffekten wie Bradykardie führen kann.[476] Da Sphingolipide ebenfalls in der Kontrolle von bakteriellen und viralen Infektionen essentiell beteiligt sind, spielen Sphingolipide und deren synthetisch dargestellte Derivate vermehrt eine Rolle in der Wirkstoffentwicklung im Kampf gegen pathogene Krankheitserreger.[175,477-479] Die Wirkweise von antimikrobiellen Sphingolipiden ist bisher nicht vollständig aufgeklärt. Für eine Weiterentwicklung von bekannten Medikamenten gegen verschiedene Krankheiten oder für die Entwicklung neuartiger Wirkstoffe gegen Erreger ist eine umfassende Untersuchung der zugrundeliegenden zellulären Mechanismen auf molekularer Ebene entscheidend. Hierfür finden aufgrund der relativ einfachen Detektion mittels Fluoreszenzmikroskopie häufig fluoreszenzmarkierte Sphingolipidderivate breite Anwendung.[480] Die kovalent gebundene Farbstoffeinheit bringt jedoch wesentliche Nachteile mit sich, da sich die Biomoleküle durch die veränderte Struktur und Polarität in ihren biologischen Eigenschaften von den natürlichen Substraten unterscheiden können. Die Verwendung von bioorthogonal funktionalisierten Biomolekülen umgeht dieses Problem, da die strukturellen Änderungen minimal gehalten werden. Nach dem zellulären Einbau dieser Derivate ist eine schnelle und spezifische Konjugation mit einem komplementären Fluorophor zu einem gewünschten Zeitpunkt durch sogenannte Click-Reaktionen wie CuAAC oder SPAAC möglich.[12,46] Das Prinzip der Click-Chemie wurde bereits auf eine Vielzahl an Biomolekülen wie Sphingolipide, Fettsäuren, Aminosäuren, Proteine, Kohlenhydrate, Nukleoside oder Nukleinsäuren (DNA und RNA) übertragen.[47,280] Jedoch bedarf es weiterer spezifisch modifizierter Verbindungen, die vielfältige bioorthogonale Reaktionen für die Untersuchung von Zellprozessen zulassen ‒ sowohl in vitro als auch in vivo. Um neue Therapieansätze gegen verschiedene Krankheiten zu entwickeln und schwerwiegende Nebenwirkungen zu vermeiden, ist die detaillierte Erforschung hochkomplexer Zellvorgänge auf molekularer Ebene von entscheidender Bedeutung. Das Ziel dieser Arbeit war daher die Synthese und Charakterisierung von molekularen Werkzeugen, die in Kombination mit verschiedenen aktuellen Mikroskopie- und Massenspektrometriemethoden die Visualisierung und Untersuchung des Sphingolipidmetabolismus und weiterer biologischer Prozesse ermöglichen. Zusammenfassend wurde in dieser Arbeit eine Vielzahl an Sphingolipiden und deren bioorthogonal funktionalisierte Analoga ausgehend von der Aminosäure L-Serin erfolgreich synthetisiert. Die vorgestellten Verbindungen eignen sich in Kombination mit Massenspektrometrie und Fluoreszenz- oder Elektronenmikroskopie als molekulare Werkzeuge zur Untersuchung des komplexen Sphingolipidmetabolismus sowie des Einbaus und der Dynamik von Sphingolipiden in Modell- und Zellmembranen. Sowohl in humanen und tierischen Zellen als auch in Bakterien wurden die azidmodifizierten Sphingolipide durch Click-Reaktionen visualisiert, um ein verbessertes Verständnis von bakteriellen und viralen Infektionsprozessen zu erhalten. Der modulare Ansatz der Click-Chemie ermöglicht die Verwendung verschiedener komplementär funktionalisierter Farbstoffe, die unterschiedliche Eigenschaften bezüglich der Membrandurchgängigkeit oder Absorptions- und Emissionswellenlängen besitzen und somit je nach biologischer Fragestellung gezielt eingesetzt werden können. Alles in allem tragen die in dieser Arbeit synthetisierten Verbindungen dazu bei, die Rolle von Sphingolipiden bei Infektionsprozessen und Krankheitsverläufen auf subzellulärer Ebene aufzuklären. Dadurch wird ein entscheidender Beitrag für die Entwicklung neuartiger Wirkstoffe gegen bakterielle oder virale Erreger sowie innovativer Therapien gegen verschiedene humane Krankheiten geliefert.…
- The cell represents the smallest unit of life and is characterized by the highly coordinated arrangement of several million (bio)molecules to form a micrometer-sized object. As a structural component of the lipid bilayer of eukaryotic cells, in addition to sterols and glycerophospholipids, the compound class of sphingolipids plays a central role in maintaining membrane integrity.[472] In addition, bioactive sphingolipids are critically involved in many basic cellular processes such as apoptosis, growth, differentiation, migration andThe cell represents the smallest unit of life and is characterized by the highly coordinated arrangement of several million (bio)molecules to form a micrometer-sized object. As a structural component of the lipid bilayer of eukaryotic cells, in addition to sterols and glycerophospholipids, the compound class of sphingolipids plays a central role in maintaining membrane integrity.[472] In addition, bioactive sphingolipids are critically involved in many basic cellular processes such as apoptosis, growth, differentiation, migration and adhesion.[87,120] A disturbed balance of the sphingolipid metabolism and defects in the corresponding metabolic pathways are associated with many diseases such as cancer, diabetes, obesity, arteriosclerosis, chronic inflammation and autoimmune diseases as well as viral and bacterial pathogenesis.[22,143,473,474] The development and application of sphingolipid analogues as potential active ingredients have moved more and more into the focus of interdisciplinary research by biologists, chemists and medical professionals in recent years. The best-known example is fingolimod (FTY720), which is now successfully used as a sphingosine-1-phosphate mimetic under the brand name Gilenya® as a drug for the treatment of multiple sclerosis.[475] However, there is a risk that fingolimod can damage other cell functions and lead to serious side effects such as bradycardia.[476] Since sphingolipids are also essential for the control of bacterial and viral infections, sphingolipids and their synthetically produced derivatives are playing an increasing a role in the development of active ingredients in the fight against pathogenic germs.[175,477-479] The mode of action of antimicrobial sphingolipids has not yet been fully elucidated. A comprehensive investigation of the underlying cellular mechanisms at the molecular level is crucial for further development of known drugs against various diseases or for the development of novel active substances against pathogens. Due to the relatively easy detection by fluorescence microscopy, fluorescence-labeled sphingolipid derivatives are widely used for this purpose.[480] However, the covalently bonded dye unit has significant disadvantages since the biological properties of the biomolecules can differ from the natural substrates concerning structure and polarity changes. The usage of bioorthogonally functionalized biomolecules avoids this problem because the structural changes are kept to a minimum. After the cellular incorporation of these derivatives, rapid and specific conjugation with a complementary fluorophore at a desired point of time is possible by so-called click reactions such as CuAAC or SPAAC.[12,46] The concept of click chemistry has already been applied to a large number of biomolecules such as sphingolipids, fatty acids, amino acids, proteins, carbohydrates, nucleosides or nucleic acids (DNA and RNA).[47,280] However, further specifically modified compounds are required, allowing diverse bioorthogonal reactions for the investigation of cell processes – both in vitro and in vivo. In order to develop new therapeutic approaches against numerous diseases and to avoid serious side effects, detailed research into highly complex cell processes at the molecular level is of crucial importance. Therefore, the aim of this work was the synthesis and characterization of molecular tools which, in combination with several current microscopy and mass spectrometry methods, enable the visualization and investigation of the sphingolipid metabolism and other biological processes. In summary, a variety of sphingolipids and their bioorthogonally functionalized analogues were successfully synthesized in this work starting from the amino acid L-serine. In combination with mass spectrometry and fluorescence or electron microscopy, the presented compounds are suitable as molecular tools for the investigation of the complex sphingolipid metabolism as well as the incorporation and dynamics of sphingolipids in model and cell membranes. The azide-modified sphingolipids were visualized by click reactions in human and animal cells as well as in bacteria to gain a better understanding of bacterial and viral infection processes. The modular approach of click chemistry enables the use of different complementarily functionalized dyes that have different properties in terms of membrane permeability or absorption and emission wavelengths and can therefore be used in a targeted manner depending on the biological issue. All in all, the compounds synthesized in this work help to elucidate the role of sphingolipids in infection processes and disease progression at subcellular level. This makes a decisive contribution to the development of novel active substances against bacterial or viral pathogens as well as of innovative therapies against various human diseases.…
Author: | Julian FinkGND |
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URN: | urn:nbn:de:bvb:20-opus-286992 |
Document Type: | Doctoral Thesis |
Granting Institution: | Universität Würzburg, Fakultät für Chemie und Pharmazie |
Faculties: | Fakultät für Chemie und Pharmazie / Institut für Organische Chemie |
Referee: | Prof. Dr. Jürgen Seibel, Prof. Dr. Markus Sauer, Prof. Dr. Anke Krüger |
Date of final exam: | 2022/09/12 |
Language: | German |
Year of Completion: | 2023 |
DOI: | https://doi.org/10.25972/OPUS-28699 |
Dewey Decimal Classification: | 5 Naturwissenschaften und Mathematik / 54 Chemie / 547 Organische Chemie |
GND Keyword: | Chemische Synthese; Sphingolipide; Click-Chemie; Organische Synthese |
Tag: | Infektionsprozesse; Sphingolipidanaloga; Sphingolipidderivate; Sphingolipidstoffwechsel; Wirkstoffentwicklung; bioorthogonale Markierung |
Release Date: | 2023/09/13 |
Licence (German): | CC BY-NC-SA: Creative-Commons-Lizenz: Namensnennung, Nicht kommerziell, Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International |