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Biomechanik von Insekten-Pflanzen-Interaktionen bei Nepenthes-Kannenpflanzen

Biomechanics of insect-plant interactions in Nepenthes pitcher plants

Please always quote using this URN: urn:nbn:de:bvb:20-opus-26101
  • Interaktionen zwischen Insekten und Pflanzen können auf chemischen oder mechanischen Faktoren beruhen. Mechanische Faktoren spielen eine besonders wichtige Rolle bei den Fallen karnivorer Pflanzen. Ziel dieser Arbeit war es, die Rolle mechanischer Faktoren in der Interaktion zwischen der Kannenpflanze Nepenthes bicalcarata und der Ameise Camponotus schmitzi aufzuklären, bei der Ameisen Gegenanpassungen zu spezialisierten pflanzlichen Fangstrukturen entwickelt haben. Im Rahmen meiner Arbeit habe ich mich mit den Fragen beschäftigt, 1) welcheInteraktionen zwischen Insekten und Pflanzen können auf chemischen oder mechanischen Faktoren beruhen. Mechanische Faktoren spielen eine besonders wichtige Rolle bei den Fallen karnivorer Pflanzen. Ziel dieser Arbeit war es, die Rolle mechanischer Faktoren in der Interaktion zwischen der Kannenpflanze Nepenthes bicalcarata und der Ameise Camponotus schmitzi aufzuklären, bei der Ameisen Gegenanpassungen zu spezialisierten pflanzlichen Fangstrukturen entwickelt haben. Im Rahmen meiner Arbeit habe ich mich mit den Fragen beschäftigt, 1) welche Kannenstrukturen und welche Mechanismen für den Fang von Arthropoden wichtig sind und 2) welche speziellen Anpassungen C. schmitzi-Ameisen für das Leben auf ihrer karnivoren Wirtspflanze besitzen. Bisher wurde angenommen, dass Nepenthes-Kannen Tiere mit Hilfe von rutschigen Wachskristallschichten fangen. Ich konnte zeigen, dass ein weiterer, bisher unbekannter Fangmechanismus existiert, welcher auf speziellen Oberflächeneigenschaften des Kannenrandes (Peristom) und "Insekten-Aquaplaning" basiert. Das Peristom besitzt eine regelmäßige Mikrostruktur, welche dafür sorgt, dass die Oberfläche vollständig mit Wasser benetzbar ist, so dass sie bei feuchter Witterung von homogenen Flüssigkeitsfilmen überzogen ist. Auf dem trockenen Peristom können Ameisen ohne Schwierigkeiten laufen und Nektar von den am inneren Peristomrand gelegenen Nektarien ernten. Wird die Oberfläche aber beispielsweise durch Regen nass, rutschen die meisten Tiere ab und stürzen in die Kanne. Messungen der Reibungskräfte von Weberameisen (Oecophylla smaragdina) auf dem Peristom von N. bicalcarata zeigten, dass Flüssigkeitsfilme auf der Oberfläche die Anhaftung der Haftorgane (Arolien) verhindern, und dass die Mikrostruktur des Peristoms auch den Einsatz der Krallen unterbindet. Versuche an Nepenthes alata zeigten darüber hinaus, dass dieser Fangmechanismus des Peristoms auch für Nepenthes-Arten mit wachsbereifter Kanneninnenwand essentiell, und die Wachsschicht eher für die Retention gefangener Tiere wichtig ist. Zur Analyse der ökologischen Auswirkungen des "Aquaplaning"-Fangmechanismus habe ich die Peristomfeuchte von Nepenthes rafflesiana var. typica-Kannen zeitgleich mit meteorologischen Daten im Feld kontinuierlich aufgezeichnet und mit Experimenten zur Beurteilung der Fangeffizienz der Kannen kombiniert. Die Ergebnisse dieser Versuche zeigen, dass die Kannen abhängig vom Befeuchtungsgrad des Peristoms zeitweise sehr effiziente Fallen mit Fangraten von 80% sein können, während sie zu anderen Zeiten vollkommen ineffizient sind. Die Variation der Peristomfeuchte wird durch Regen, Kondensation und von den Peristomnektarien sezerniertem Nektar verursacht. Es ist zu vermuten, dass die nur zeitweise und unvorhersehbare Aktivierung der Nepenthes-Kannenfallen durch Nässe der Evolution von Vermeidungsstrategien bei Beutetieren entgegenwirkt. Im Rahmen der Untersuchungen, welche mechanischen Anpassungen C. schmitzi-Ameisen für das Leben auf N. bicalcarata besitzen habe ich mich auf die Fragen konzentriert, wie es den Ameisen gelingt den Peristom-Fangmechanismus zu umgehen und welche Anpassungen sie besitzen um in der Kannenflüssigkeit tauchend und schwimmend nach Nahrung zu suchen. Im Gegensatz zu generalistischen Arten stürzen C. schmitzi-Ameisen auf dem nassen Peristom nicht ab. Durch selektive Manipulation der tarsalen Haftstrukturen konnte ich demonstrieren, dass die Arolien für die Peristomlauffähigkeit der C. schmitzi-Ameisen eine wesentliche Rolle spielen. Für das Furagieren in der Kannenflüssigkeit verfügen C. schmitzi-Ameisen über ein sich wiederholendes, stereotypes Verhaltensmuster, welches aus einer Unterwasserlauf- und einer Oberflächenschwimmphase besteht. Meine Untersuchungen dieses Verhaltensmusters zeigten, dass die Ameisen am Ende der Unterwasserlaufphase mit Hilfe ihres stets vorhandenen Auftriebs zur Flüssigkeitsoberfläche aufsteigen. Dabei taucht ein Teil ihres Hinterleibs aus der Kannenflüssigkeit auf, was den Ameisen die Sauerstoffaufnahme aus der Luft ermöglicht. Nach dem Auftauchen schwimmen C. schmitzi-Ameisen mittels schneller Beinbewegungen an der Oberfläche der Kannenflüssigkeit. Dabei ähnelt die Bewegungskoordination ihrer Beine dem bei Ameisen für die Fortbewegung an Land typischen Dreifußgang. Ein Vergleich der Kinematik von schwimmenden und laufenden C. schmitzi-Ameisen hat gezeigt, dass schwimmende Ameisen ihre Beine in der Schlagphase mit einer höheren Winkelgeschwindigkeit als in der Rückholphase bewegen, während dies bei den laufenden Tieren genau umgekehrt ist. Ferner strecken schwimmende Ameisen ihre Beine während der Schlagphase weiter aus als in der Rückholphase, wohingegen laufende Ameisen in beiden Bewegungsphasen vergleichbare Beinradien aufweisen. Dies lässt den Schluss zu, dass die Schwimmkinematik der C. schmitzi-Ameisen eine abgewandelte Form ihrer Laufkinematik darstellt, welche für die Erzeugung von Vortrieb im Wasser optimiert wurde.show moreshow less
  • Insect-plant interactions based on either chemical or mechanical factors, play a key role in nature. Mechanical factors are of particular importance for the animal traps of carnivorous plants. The aim of this study is to clarify the role of mechanical factors in the interaction between the pitcher plant Nepenthes bicalcarata and its ant partner, Camponotus schmitzi which has evolved counter adaptations against the specialised capture structures of the plant. This study investigates two questions, firstly, which of the pitchers' structures andInsect-plant interactions based on either chemical or mechanical factors, play a key role in nature. Mechanical factors are of particular importance for the animal traps of carnivorous plants. The aim of this study is to clarify the role of mechanical factors in the interaction between the pitcher plant Nepenthes bicalcarata and its ant partner, Camponotus schmitzi which has evolved counter adaptations against the specialised capture structures of the plant. This study investigates two questions, firstly, which of the pitchers' structures and which mechanisms are important for the capture of arthropods and secondly, what are the special adaptations that enable the C. schmitzi ants to live on their carnivorous host plant. It has so far been suggested, that Nepenthes pitchers capture prey by means of slippery epicuticular wax crystals. I was however able to show, that another, yet unknown capture mechanism exists. It is based on the special surface properties of the pitcher rim (peristome) and on the phenomenon of insect "aquaplaning". The peristome is characterized by a regular microstructure with radial ridges of smooth overlapping epidermal cells, which form a series of steps toward the pitcher interior. This surface is completely wettable by water, so that under humid weather conditions it is covered by homogenous liquid films. If the peristome is dry, ants can run freely on it and harvest nectar from the nectaries at the inner margin of the peristome. As soon as the peristome surface is wetted, for example by rain, it becomes extremely slippery for insects, so that most of the ant visitors are trapped. By measuring the friction forces of weaver ants (Oecophylla smaragdina) on the peristome of N. bicalcarata, I was able to show that the liquid films on the surface disrupt attachment for the soft adhesive pads (arolia) and that the surface topography impedes the use of claws. Experiments on Nepenthes alata demonstrated that the trapping mechanism of the peristome is also essential in Nepenthes species with waxy inner pitcher walls, indicating that the waxy surfaces are more important for the retention rather than the capture of prey. I investigated the ecological implications of the "aquaplaning" capture mechanism in Nepenthes rafflesiana var. typica by combining meteorological data and continuous field measurements of peristome wetness with experimental assessments of the pitchers’ capture efficiency. My results demonstrate that pitchers can be highly effective traps with capture rates as high as 80% but are completely ineffective at other times. These dramatic changes are due to the wetting conditions of the peristome. Variation of peristome wetness and thus the variation of capture efficiency is caused by rain, condensation, and nectar secreted from the peristome nectaries. I propose that the intermittent and unpredictable activation of Nepenthes pitcher traps prevents the evolution of avoidance strategies in prey animals. In the second part of my study I investigated the mechanical adaptations that the C. schmitzi possess in order to live on N. bicalcarata. I focused on two principal questions, how are the ants able to circumvent the peristome capture mechanism and what adaptations do they need in order to swim and dive in the digestive fluid. In contrast to generalist ants, C. schmitzi ants are capable of running on the wet peristome without difficulties. Through selective manipulation of tarsal attachment structures I was able to demonstrate, that the arolia are essential for the ants’ capability to run on the wet peristome. Whilst foraging in the pitcher fluid C. schmitzi ants show a repetitive stereotyped behaviour pattern, consisting of an underwater running and surface swimming phase. My analysis of this behaviour pattern showed that at the end of the underwater running phase the ants advance to the fluid surface with the aid of buoyancy. When reaching the surface film parts of the ants’ gaster and head emerge. I was able to show that while foraging in the pitcher fluid the emerging of the gaster is crucial for the respiration of the ants. After emersion the ants swim at the surface of the pitcher fluid using fast leg movements. Hence the leg coordination is similar to a tripod gait which is typical for their locomotion on land. A comparison between the kinematics of swimming and running C. schmitzi ants showed that whilst swimming, the angular velocity of their legs is higher in the stroke than in the recovery, whereas the opposite is true whilst running. Furthermore the swimming ants stretch their legs further in the stroke than in the recovery whereas the leg radius of running ants does not vary much throughout a step. It can be concluded that the swimming kinematics of C. schmitzi ants derives from the kinematics of their running and has been optimized for generating thrust in water.show moreshow less

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Metadaten
Author: Holger Florian Bohn
URN:urn:nbn:de:bvb:20-opus-26101
Document Type:Doctoral Thesis
Granting Institution:Universität Würzburg, Fakultät für Biologie
Faculties:Fakultät für Biologie / Theodor-Boveri-Institut für Biowissenschaften
Date of final exam:2007/12/21
Language:German
Year of Completion:2007
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 57 Biowissenschaften; Biologie / 570 Biowissenschaften; Biologie
GND Keyword:Biomechanik; Kannenpflanze; Rossameise; Fleischfressende Pflanzen; Aquaplaning; Mikrostruktur; Symbiose; Kinematik
Tag:Insekten-Pflanzen-Interaktion; schwimmende Ameisen
Camponotus; Nepenthes; capture mechanism; insect-plant interactions; swimming ants
Release Date:2008/02/04
Advisor:Dr. Walter Federle