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Die Liste der interessanten nachzuweisenden Analyte ist lang. Deswegen besteht ein großer Bedarf zur Entwicklung neuer fluoreszierender und kolorimetrischer Chemosensoren. Ziel der vorliegenden Arbeit war daher die Synthese und Charakterisierung neuer optischer bzw. fluoreszierender und kolorimetrischer Chemosensoren mit dem Fokus auf die beiden Substanzklassen der Naphthalinbisimide und Perylenbisimide.
Der erste Arbeitsschwerpunkt befasste sich mit wasserlöslichen Naphthalinbisimiden und ist in drei Unterkapitel aufgeteilt (Kapitel III – 1.1.-1.3., Abbildung 79). Im ersten Unterkapitel (Kapitel III – 1.1.) wurden die Synthesen und optischen Eigenschaften der am Kern Amino-substituierten NBIs 60a-h, mit Dicarbonsäureresten in Imid-Position und 61a-h, mit 2-Dimethylaminoethyl-Gruppen, in polaren Lösungsmitteln beschrieben. Die systematische Anbringung verschiedener Amino-Substituenten mit steigendem elektronenziehendem Charakter der Aminoreste diente der mechanistischen Aufklärung der optischen Eigenschaften. Eine vollständige Untersuchung der optischen Eigenschaften erfolgte in wässriger Pufferlösung bei pH 2.1 sowie in Methanol und Acetonitril. Der Einfluss der Imid-Substituenten auf die optischen Eigenschaften war wie zu erwarten gering. Die verschiedenen Kern-Substituenten verursachten hingegen eine hypsochrome Verschiebung der Absorptions- und Fluoreszenzmaxima mit steigendem elektronenziehendem Charakter der an der Aminogruppe angebrachten Reste. Ein unerwarteter Trend konnte im Fall der Fluoreszenzquantenausbeute beobachtet werden. In den protischen Lösungsmitteln Wasser und Methanol wurde eine lineare Abhängigkeit gegenüber der Hammett-σmeta-Konstante ermittelt. Mit steigendem elektronenziehendem Charakter der Kern-Amino-Substituenten erfuhr die Quantenausbeute einen Anstieg auf bis zu 39% in Wasser für NBI 60h, 61h und 45% in Methanol für 60h. Die Tatsache, dass in Acetonitril keine solche Abhängigkeit gegenüber der Hammett-Konstante beobachtet werden konnte legte eine intermolekulare Wasserstoffbrücken-Bindung im angeregten Zustand als konkurrierenden Prozess zur Fluoreszenz nahe. Dieser Prozess tritt zwischen den Lösungsmittel-Molekülen und der Akzeptorgruppe (Carbonyl-Sauerstoff) der NBIs, welcher einen strahlungslosen Relaxationsprozess bzw. Fluoreszenzlöschung zur Folge hat, auf. Der Einfluss dieses Prozesses lässt sich durch die Stärke des elektronenziehenden Amino-Substituentens steuern. Die NBIs 60a-h zeigten zudem in potentiometrischen Titrationen in Wasser eine pH-Unabhängigkeit der optischen Eigenschaften bezüglich des Imid-Substituentens. Dies macht die NBIs mit Dicarbonsäureresten für die Anwendung in biologischen Systemen im neutralen pH-Milieu oder als chemische Sensoren besonders geeignet.
Aufgrund dieser interessanten Befunde wurde im zweiten Unterkapitel (Kapitel III – 1.2.) das dihalogenierte NBI 58 hinsichtlich der Sensoreigenschaften gegenüber primären, sekundären und tertiären Amin- bzw. Diamindampf sowie zur Frischekontrolle von Fleisch untersucht. Die Absorptions- und Fluoreszenz-spektroskopische Untersuchung des Dünnschichtfilms von NBI 58 zeigte die erfolgreiche, selektive Detektion von primären Aminen und Diaminen bzw. biogenen Aminen. Zum einen konnte mit bloßen Auge ein Farbumschlag von gelb nach rot und zum anderen Änderungen in den Absorptionsspektren wie die Entstehung einer neuen bathochrom verschobenen Bande im Dünnschichtfilm beobachtet werden. Die Erhöhung der Fluoreszenz wie auch die NMR-spektroskopische Untersuchung konnte hingegen ausschließlich in Lösung detektiert werden. Hiermit konnte die kovalente Wechselwirkung der Amin-Moleküle mit dem NBI 58 nachgewiesen werden. Trotz der erfolgreichen Detektion biogener Amindämpfe erwies sich NBI 58 aufgrund der zu geringen Reaktivität als ungeeigneter chemischer Sensor zur Frischekontrolle von Fleisch.
Das dritte und letzte Unterkapitel (Kapitel III – 1.3.) dieses Abschnittes bestand in der Synthese monochlor-monoamino-substituierter NBIs am Kern (65a,b und 66) und der Wechselwirkungen dieser Farbstoffe mit DNS/RNS. Die NBIs 65a,b und 66 wiesen in der Imidstellung 3-Trimethylammoniumpropyl auf, um die Wasserlöslichkeit zu gewährleisten und die elektrostatische Wechselwirkung mit dem negativ geladenen Phosphatrückgrad der DNS/RNS zu bewirken. Am Kern wurden die Aminosäuren (S)-2,3-Diaminopropionsäure (L-Dap) (65a) und (S)-2,6-Diaminohexansäure (L-Lys) (65b) sowie 2-Trimethylammoniumethylamin (66) eingefügt. Die Untersuchungen mit Hilfe von thermischen Denaturierungsstudien zeigten mit allen NBIs eine deutliche Schmelzpunkterhöhung der DNS/RNS (ΔTm-Werte zwischen 17 und 35 °C), was die Bildung von NBI/Polynukleotid-Komplexen nahelegte. Diese Komplex-Bildung konnte erneut aufgrund enormer Fluoreszenzlöschung in fluorimetrischen Titrationsstudien bestätigt werden. Hier wurden Bindungskonstanten zwischen logK = 5.9 und 7.2 M-1 ermittelt, wobei NBI 65a und poly(dG-dC)2 der stärksten Bindungsaffinität und NBI 65a und poly(dA-dT)2 der schwächste zugeordnet werden konnte. Für NBI 66 wurde die zweithöchste Bindungsaffinität zu Polynukleotid ct-DNS (logK = 7.08 M-1) beobachtet, während dieser Farbstoff sowie 65a,b nur geringe Bindungskonstanten mit dem Polynukleotid polyA-polyU zeigten. Mit Hilfe der CD-spektroskopischen Messungen wurde der Bindungsmodus und die Unterschiede in den Bindungseigenschaften der Farbstoffe mit DNS/RNS ermittelt. Der Großteil aller NBI-Verbindungen interkalierte in einer parallelen Anordnung zwischen die Basenpaare der Polynukleotide. Für NBI 65a und poly(dG-dC)2 ließ sich jedoch eine perpendikulare Anordnung zu den Basenpaaren beobachten. ITC-Titrationsstudien komplettierten letztendlich die Untersuchungen zwischen NBIs und Polynukleotiden. Neben Interkalation als Bindungsmodus konnte zusätzlich aufgrund der relativ hohen Entropiewerte eine Wechselwirkung zwischen den Substituenten am Kern und den Phosphatgruppen in der kleinen Furche festgestellt werden. Zusammengefasst sind die sterischen Hinderungen der Amino-Substituenten und die Furcheneigenschaften von ds-DNS/RNS entscheidend.
Der zweite Arbeitsschwerpunkt ist ebenfalls in drei Unterkapitel (Kapitel III – 2.1.-2.3.) aufgeteilt und befasste sich mit der Synthese und den Sensoreigenschaften kernfunktionalisierter Perylenbisimide (Abbildung 80). Im ersten Abschnitt (Kapitel III – 2.1) wurde die Synthese und die optischen Eigenschaften in Lösung der am Kern einfach und zweifach Kronenether-funktionalisierten PBIs 77a,b und 71a,b untersucht. In Imidstellung waren alle PBIs mit 2-Trimethylammoniumethyl-Resten funktionalisiert, um eine Löslichkeit in polaren Lösungsmitteln zu gewährleisten. Die Buchtpositionen wurden jeweils ein- bzw. zweifach mit den Kronenether-Einheiten 2-Hydroxymethyl-15-Krone-5 und 2-Hydroxymethyl-18-Krone-6 substituiert. Die anschließende Untersuchung der optischen Eigenschaften der PBIs zeigten bei einer Konzentration von 10-5 M in Acetonitril den monomeren Zustand und in Wasser die Ausbildung von H-Aggregaten. Die Fluoreszenzquantenausbeuten erfuhren in Acetonitril mit steigender Kronenether-Ringgröße eine Zunahme von 73% auf 81% für die PBIs 71a,b und eine vernachlässigbare geringe Zunahme von 49% auf 51% für die PBIs 77a,b. Die Abnahme der Quantenausbeute vom zweifach funktionalisierten zum einfach funktionalisierten PBI um ca. 30% ließ sich durch die stärker ausgeprägten strahlungslosen Relaxationsprozesse dieses flexibleren Moleküls im angeregten Zustand erklären.
Im zweiten Unterkapitel (Kapitel III – 2.2.) wurden die Selbstassemblierungseigenschaften der synthetisierten PBIs 71a,b und 77a,b in Gegenwart verschiedener Metallionen (Na+, K+, Rb+, Mg2+, Ca2+ und Ba2+) untersucht. Hier konnte eine Abhängigkeit von der Größe des Kronenether-Rezeptors sowie von der Art der Metallionen gezeigt werden. Die Absorptions- und Fluoreszenz-spektroskopischen Studien der zweifach funktionalisierten PBIs 71a und 71b bei einer PBI-Konzentration von c = 10-5 M zeigten ausschließlich für das 15-Krone-5-Derivat 71a und Ba2+ eine erfolgreiche Ausbildung von PBI-Stapeln mit H-artiger exzitonischer Kopplung. Aufgrund dessen erfuhr das Absorptionsmaximum eine stetige Abnahme einhergehend mit einer hypsochromen Verschiebung und die Fluoreszenz eine vollständige Löschung. Zudem konnte eine 1:1-Stöchiometrie der PBI-Stapeln ermittelt werden. Die Anpassung der spektroskopischen Änderungen an die Hill-Gleichung bestätigte letztendlich die Bildung eines [2+2]-Sandwich- bzw. Dimer-Komplexes in einem positiv kooperativen Bindungsprozess, in dem mittels ITC eine enorme Stabilisierung der Ba2+-Komplexierung aufgrund der π-π-Wechselwirkung zwischen zwei PBI-Molekülen, beobachtet wurde. Die Durchführung der Titrationsexperimente bei einer höheren PBI-Konzentration (c = 10-4 M) zusammen mit DOSY-Experimenten versicherten auch in diesem Fall die Formation diskreter Dimerkomplexe. Das einfach funktionalisierte PBI 77a zeigte in der Anwesenheit von Ba2+ ähnliche optische Änderungen. Die nachfolgenden Untersuchungen bzw. Interpretationen bestätigten die Bildung eines [1+2]-Dimerkomplexes mit H-artiger exzitonischer Kopplung, welches aufgrund der flexibleren Komplexstruktur keine Stabilisierung der Ba2+-Komplexierung erfuhr.
Neben der Metallionen-Komplexierung war PBI 71b auch in der Lage, in einer 1:2-Stöchiometrie aromatische Aminosäuren und Dipeptide zu erkennen (Kapitel III – 2.3.), da hier sowohl die Ammoniumgruppen der Aminosäuren und Dipeptide mit den Kronenethereinheiten als auch die aromatischen Einheiten mit dem PBI-Kern wechselwirken können. Fluoreszenz-Titrationsexperimente zeigten, dass die Aminosäuren L-Tryptophan und L-Tyrosin, welche elektronenreiche aromatische Gruppen aufweisen, und Dipeptide, die diese Aminosäuren enthalten, die Fluoreszenz des PBIs stark löschen. Die Bindungskonstanten der Wirt-Gast-Komplexierung in Acetonitril konnten aufgrund eines statischen Löschungsprozesses aus den Fluoreszenztitrationsdaten bestimmt werden. Hier wurde beobachtet, dass die Bindungsstärke von der Größe und der elektronischen Natur der aromatischen Einheiten sowie von dem Abstand zwischen der Ammoniumgruppe und der aromatischen Einheit in Aminosäuren und Dipeptiden abhängt. Die stärkste Bindung konnte zwischen Ala-Trp und PBI 71b mit einem Wert von 3.1 x 105 M-1 beobachtet werden. NMR-Studien bestätigten ebenfalls die Wirt-Gast-Komplexierung, ließen jedoch offen, ob es zu der Bildung von zwei Diastereomeren aufgrund der eingeschränkten Umwandlung der Atrop-Enantiomere (P und M) des PBI 71b kommt oder zu der Bildung von vier Diastereomeren infolge des Chiralitätszentrums im Kronenether.
Zusammenfassend wurden in dieser Arbeit Naphthalinbisimde und Perylenbisimide hinsichtlich ihrer Eignung als optische Chemosensoren untersucht. Die NBI-Derivate agierten aufgrund ihrer interessanten optischen Eigenschaften als chemische Sensoren selektiv für primären Amindampf und für die DNS/RNS-Wechselwirkung. Im Fall der PBI-Verbindungen wurden hervorragende fluorometrische Chemosensoren ermittelt, die Ba2+-Ionen und elektronenreiche aromatische Aminosäuren und Dipeptide in einer deutlichen Fluoreszenzlöschung detektieren können.
Die Therapie von bakteriellen Infektionen beruht heutzutage zum Großteil auf dem Einsatz von Antibiotika. Die schnelle Entwicklung und rasche Verbreitung von resistenten Stämmen mancher Erreger gegen diese Antibiotika stellt ein enormes Problem für das Gesundheitswesen dar. Da momentan zur Antibiotikatherapie keine Alternativen bestehen, kommt der Erforschung neuer potenzieller Wirkstoffe eine sehr große Bedeutung zu. In einem Screening-Verfahren lagen die minimalen Hemmkonzentrationen einiger bisquartärer Bisnaphthalimide gegen Staphylococcus aureus und S. epidermidis im Bereich von 0,6 bis 2,5 µg/ml. Die Substanz mit den geringsten minimalen Hemmkonzentrationen war MT02. Daraufhin wurde das Wirkungsspektrum von MT02 gegen Bakterien detaillierter untersucht und gefunden, dass die Substanz vorwiegend gegen Gram-positive Erreger und nicht gegen Gram-negative Bakterien wirksam ist. Zytotoxizitätstests ergaben eine geringe bis nicht nachweisbare Toxizität gegen verschiedene Zelllinien im Bereich von 73 bis mehr als 150 µg/ml. Um die Wirkungsweise von MT02 genauer zu untersuchen wurden zunächst DNA-Microarray-Untersuchungen an S. aureus durchgeführt. Deren Ergebnisse ließen einen Einfluss der Substanz auf viele Gene des DNA-Metabolismus erkennen. Inkorporationsstudien mittels radioaktiver Ganzzellmarkierung bestätigten die Auswirkung von MT02 auf den DNA-Stoffwechsel. Durch kompetitive Inkubation wurde festgestellt, dass MT02 in der Lage ist Ethidiumbromid von DNA zu verdrängen bzw. dessen Bindung zu verhindern. Genauere Untersuchungen mittels Oberflächen-Plasmon-Resonanz ergaben, dass MT02 konzentrationsabhängig, reversibel und sequenzunspezifisch an DNA bindet. Die thermodynamischen Dissoziationskonstanten lagen im Mittel bei ca. 4 x 10-8 mol/l und beschrieben somit eine relativ starke Bindung von MT02 an DNA. Neben diesem primären Wirkungsmechanismus der DNA-Bindung gaben mehrere Befunde Hinweise auf einen sekundären Wirkmechanismus, der die Zellwand-Struktur bzw. Zellwand-Biosynthese beinhaltet. Eine MT02-resistente Mutante von S. aureus HG001 konnte durch vielfaches Passagieren in MT02-haltigem Medium generiert werden. Diese erzeugte bei Wachstum mit hohen Konzentrationen an MT02 einen roten Phänotyp. Die Natur dieses roten Farbstoffes konnte bislang nicht aufgeklärt werden, jedoch gibt es Hinweise, dass dieser auf Abbauprodukte von MT02 zurückzuführen ist. In einem weiteren Projekt wurde mittels Transkriptionsstudien die Auswirkung von verschiedenen bekannten Antibiotika sowie von neuen Wirkstoffen auf das Transkriptom von S. epidermidis untersucht. Die Ergebnisse dieser Studien können durch vergleichende Analysen als Grundlage für die Einordnung des Wirkmechanismus neuer Substanzen dienen.
Die Wirksamkeit eines Arzneistoffs hängt in entscheidendem Maße von seiner Wasserlöslichkeit ab. Schlechte Löslichkeit bedeutet eine große positive Änderung der Freien Energie während des Lösevorgangs. Hinweise zu finden, die zum besseren Verständnis des Lösungsprozesses führen, ist das Ziel dieser Arbeit. Auf der Grundlage des Hess’schen Satzes wird der Lösungsprozess in Ersatzprozesse zerlegt. Die Teilschritte der Ersatzprozesse werden thermodynamisch, kalorimetrisch und quantenchemisch beschrieben. Freie Energien, Standardenthalpien und Standardentropien der Teilschritte werden erfasst und beurteilt. Weitere physikochemische Größen werden gemessen oder berechnet, die mit den einzelnen Teilschritten in Zusammenhang stehen können. Einfache Naphthalinderivate dienen als Modellsubstanzen. Dies sind zwei einfach und sieben zweifach hydroxylierte Naphthaline, 1-Naphthylamin, 4-Chlor-1-naphthol und 2-Naphthalinthiol. Zum einen wird der Lösungsvorgang als Summe aus Sublimation und anschließender Solvatation betrachtet. Die Freien Sublimationsenergien werden aus dem experimentell ermittelten Sublimationsdampfdruck berechnet. Dies geschieht mittels einer Hochvakuumapparatur oder einer gaschromatographischen Methode. Je mehr polare Gruppen am Grundgerüst sind, desto höher ist der energetische Aufwand, das Molekül zu sublimieren. Die Freie Energie beträgt für Naphthalin 30,5 [kJ·mol-1], für einfach substituierte Naphthaline 40,1 und 45,3 [kJ·mol-1] und für zweifach hydroxylierte Naphthaline 51,8 bis 67,5 [kJ·mol-1]. In ähnlichem Verhältnis stehen auch die Freien Solvatationsenergien. Diese werden mittels AMSOL, eines quantenchemischen semiempirischen Rechenprogramm, für zwei Parametrisierungen AM1 und PM3 berechnet. Die Löslichkeit der Substanzen in Wasser wird ermittelt, und daraus die Freie Lösungsenergie berechnet. Der Unterschied in den Freien Lösungsenergien ist trotz des größeren Energieaufwandes der substituierten Derivate bei der Sublimation um ca. 10 [kJ·mol-1] je polarer Gruppe nicht deutlich. Die Ursache ist die Energiefreisetzung während der Solvatation, die mit zunehmenden polaren Gruppen mehr Energie freisetzt. Gründe dafür sind vermehrte Wasserstoffbrückenbindungen und stärkere Dipol-Dipol-Wechelswirkungen der höher substituierten Naphthaline. Ein den Freien Energien ähnliches Bild ergibt sich bei der Betrachtung der Standardenthalpien. Die Standardsublimationsenthalpie wird aus Sublimationsdrücken bei unterschiedlichen Temperaturen berechnet, die Standardlösungsenthalpie mittels Kalorimetrie und die Standardsolvatationsenthalpie aus der Differenz der beiden vorangegangenen. Adsorptionsmessungen werden durchgeführt, um kalorimetrische Falschmessungen durch Adsorption von Wasser an die Substanzen auszuschließen. Die Ursachen für ein den Freien Energien ähnliches Verhalten sind die gleichen. Eine Ausnahme bildet 1,3-Dihydroxynaphthalin, bei dem die Standardlösungsenthalpie um den Faktor 4 größer ist als bei den restlichen Dihydroxynaphthalinderivaten. Die Standardentropien werden aus den vorher gewonnenen Größen berechnet. Die Standardsublimationsentropien der untersuchten Substanzen liegen zwischen 162 und 350 [J·mol-1·K-1]. Ebenso steigen sie beim Lösevorgang mit Ausnahme von 2-Naphthalinthiol. Dort liegt die Ursache in der mangelnden Hydrophilie, so dass sowohl beim Lösen als auch beim Mischen der Ordnungszustand zunimmt. Bei der Solvatation sinkt die Entropiealler Substanzen mit Ausnahme von 1,3- Dihydroxynaphthalin. Eine Beurteilung aufgrund der Entropien zwischen den Naphthalinen zu machen, ist anhand der Messergebnisse nicht möglich. Die zweite Betrachtungsweise legt dem Lösungsprozess das Schmelzen und anschließende Mischen der Substanz mit dem Lösungsmittel zugrunde. Die Standardschmelzenthalpie wird kalorimetrisch aus Schmelzpunkt, Differenz der Wärmekapazitäten und der Schmelzwärme am Schmelzpunkt ermittelt. Die Standardmischungsenthalpien werden aus der Differenz von kalorimetrisch gemessener Standardlösungsenthalpie und Standardschmelzenthalpie berechnet. Die Standardschmelzenthalpien der Dihydroxynaphthaline sind geringer. Dies hat allerdings in den höheren Schmelzpunkten seine Ursache. Das chlorierte 1-Naphthol liegt mit seinem Schmelzverhalten im Bereich des einfachen 1-Naphthols, so dass das Chloratom scheinbar keine große Rolle im Schmelzprozess spielt. Die Änderungen der Entropien während des Schmelzprozesses werden aus den gleichen Größen wie die Standardschmelzenthalpie gewonnen. Die Mischungsentropie wird aus der Differenz von Schmelz- und Lösungsentropie berechnet. Die Ordnung während des Mischungsvorganges nimmt bei allen untersuchten Substanzen zu außer bei 2-Naphthalinthiol und Naphthalin. Beide hydrophoben Moleküle haben in wässriger Lösung weniger Möglichkeiten sich anzuordnen als in der Schmelze. In die Berechnung der Schmelzentropien gehen die Schmelztemperaturen mit ein. Je höher der Schmelzpunkt ist, desto niedriger ist die Standardschmelzentropie. Die Solvatationsenergien werden mittels AM1- und PM3-Parametrisierung in AMSOL berechnet und mit dem experimentell ermitteltem Wert verglichen. Die Berechnungsmethoden zeigen eine statistisch nicht unterscheidbare gleiche Korrelation von r2 = 0,97 für AM1 und r2 = 0,98 für PM3. Die Berechnung der Freien Solvatationsenergie setzt sich aus einzelnen Teilbeträgen zusammen. Ein Teil ist die freiwerdende Polarisationsenergie, die mit zunehmender Zahl polarer Substituenten ansteigt, da Partialladungen häufiger auftreten und polarisiert werden können. Auch die Oberflächenenergie trägt zur stärkeren Solvatation polar substituierter Naphthaline bei. Van der Waals-Oberflächen und –Volumina der untersuchten Moleküle werden mittels AMSOL berechnet. Die Oberflächen der Dihydroxynaphthaline liegen bei ca. 375 [Ǻ2], die einfach substituierten darunter. Die Volumina der Dihydroxynaphthaline werden zu ca. 146 [Ǻ3] berechnet. Berechnete logarithmierte Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten werden mit den experimentell ermittelten verglichen. Zur Berechnung wird eine AM1- und PM3-Parametrisierung verwendet. Beide Parametersätze können nur unzureichend Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten berechnen. Die Bestimmtheitsmaße r2 liegen unter 0,79. Modellrechnungen weisen als abschließende Beurteilung auf einzelne Größen hin, die mit Freier Sublimationsenergie, Freier Solvatationsenergie und Freier Lösungsenergie in engerem Zusammenhang stehen. Die Einflussgrößen werden auf maximal drei festgelegt, um eine Zufallskorrelation auszuschließen. Es lässt sich ein Modell für die Freie Sublimationsenergie berechnen, das für AM1-Berechnungen ein Bestimmtheitsmaß von r2 = 0,984 zeigt und die Moleküloberfläche, die Wechselwirkung von Polarisationsenergie und Molekülvolumen und das quadrierte Molekülvolumen mit einbezieht. Für PM3-Berechnungen werden das Molekülvolumen, das Dipolmoment in der Gasphase und die Wechselwirkung von Polarisationsenergie und Molekülvolumen herangezogen, wobei das Bestimmtheitsmaß r2 = 0,986 ist. Die experimentell ermittelte Freie Sublimationsenergie der untersuchten Substanzen kann durch drei berechnete Parameter beschrieben werden. Beim Modell zur Freien Solvatationsenergie werden Polarisationsenergie, Oberflächenenergie und Schmelztemperatur als die entscheidenden Einflussparameter herangezogen. Das Bestimmtheitsmaß r2 erreicht 0,979 für AM1-Berechnungen und 0,983 für PM3-Berechnungen. Das Modell zur Berechnung der Freien Lösungsenergie beruht auf der Polarisationsenergie, der Schmelztemperatur und dem Molekülvolumen bei AM1-Berechnungen. Statt des Molekülvolumens wird bei PM3-Berechnungen als dritte Größe die Schmelzwärme herangezogen. Die Korrelation ist mit r2 = 0,847 bei AM1-Berechnungen und r2 = 0,879 bei PM3-Berechnungen nicht zufällig, aber nicht so deutlich wie bei den beiden anderen Modellierungen. Ausblickend lässt sich festhalten, dass auch 13 Substanzen für eine umfassende theoretische Erfassung der Ersatzprozesse zum Lösungsvorgang nicht ausreichen. Ein wichtiger Schritt wird die Beschreibung der Kristallstruktur und der Gitterenergie sein, um befriedigende Löslichkeitsvorhersagen machen zu können.