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Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es die aktuelle Versorgungskontinuität in der psychotherapeutischen Versorgung hinsichtlich der Zusammenarbeit des (teil-)stationären und des ambulanten Sektors aus Sicht der niedergelassenen Psychotherapeut:innen zu untersuchen, diese in den wissenschaftlichen Kontext einzuordnen und – falls möglich – erste Möglichkeiten zur Verbesserung der derzeitigen Versorgungskontinuität aufzuzeigen.
In Zusammenarbeit mit dem Arbeitsbereich für Medizinische Psychologie und Psychotherapie im Zentrum für psychische Gesundheit des Universitätsklinikums Würzburg wurde hierzu ein Fragebogen entwickelt und acht ausgewählten psychotherapeutischen Fachgesellschaften beziehungsweise Psychotherapeutenkammern mit der Bitte um Weiterleitung an deren Mitglieder zugesandt.
In der vorliegenden Studie wurden – neben einer Globalbeurteilung – im Speziellen die Teil-aspekte des Austauschs, der entsprechenden Rahmenbedingungen und die Bereitstellung des poststationären ambulanten Psychotherapieplatzes betrachtet. Die Studienergebnisse bilden den derzeitigen Status Quo der psychotherapeutischen Versorgungslage aus Sicht der niedergelassenen Psychotherapeut:innen ab und weisen im Zuge dessen auf einige Defizite in den untersuchten Teilaspekten hin. Die aufgestellten Nebenfragestellungen zeigen gleichsam aber auch Ansatzunkte für Lösungen auf.
Aufgrund der besonderen Relevanz der aufgezeigten Ergebnisse, gilt es – zur Ermöglichung einer adäquaten kontinuierlichen psychotherapeutischen Versorgung – eine weitergehende Betrach-tung der aufgezeigten Defizite vorzunehmen. Für ein umfassendes Bild sind zudem kongruente Folgearbeiten mit dem Augenmerk auf der Sichtweise der (teil-)stationären Behandlungseinrichtungen und der Patient:innen notwendig. Insbesondere vor dem Hintergrund der limitierten Möglichkeiten der vorliegenden Arbeit gilt es große repräsentative und nationale Studien anzustreben. Hierzu wäre die Etablierung zentral verwalteter Register zur Bündelung der bisherigen und zukünftigen Forschungsarbeiten im Bereich der Psychotherapie wünschenswert. Vor allem vor dem Hintergrund zahlreicher Modellprojekte erscheint dies sinnvoll und könnte einen wichtigen Beitrag zur Optimierung der derzeitigen psychotherapeutischen Forschungs- und Versorgungslage beitragen.
In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, inwiefern die Angstaktivierung Einfluss auf den Therapieprozess und den Therapieerfolg bei der Behandlung spezifischer Phobien hat. Obwohl expositionsbasierte Therapieverfahren nachweislich effektiv sind und vor allem bei der Behandlung spezifischer Phobien als die Methode der Wahl gelten, sind deren genauen Wirkmechanismen doch noch nicht völlig geklärt. In zwei empirischen Studien wurde hier die von Foa und Kozak (1986, 1991) in der „Emotional Processing Theory“ als notwendig postulierte Rolle der Angstaktivierung während der Exposition untersucht. In der ersten Studie wurde auf Grundlage tier- und humanexperimenteller Befunde untersucht, ob durch eine Reaktivierung der Angst und darauffolgende Exposition innerhalb eines bestimmten Zeitfensters (= Rekonsolidierungsfenster) die Rückkehr der Angst verhindert werden kann. Ziel dieser Untersuchung war die Übertragung bisheriger Ergebnisse aus Konditionierungsstudien auf eine klinische Stichprobe. Die spinnenphobischen Untersuchungsteilnehmer (N = 36) wurden randomisiert entweder der Reaktivierungsgruppe (RG) oder einer Standardexpositionsgruppe (SEG) zugewiesen. Die RG bekam vor der Exposition in virtueller Realität (VRET) fünf Sekunden lang einen Reaktivierungsstimulus - eine virtuelle Spinne - dargeboten, woraufhin zehn Minuten standardisierte Wartezeit folgte. In der SEG wurde die Angst vor der Exposition nicht reaktiviert. 24 Stunden nach der VRET wurde in einem Test die spontane Rückkehr der Angst erfasst. Entgegen der Annahmen führte die Reaktivierung vor der VRET nicht zu einer geringeren Rückkehr der Angst in der Testsitzung 24 Stunden später. Die Angst kehrte in keiner der beiden Versuchsgruppen zurück, was sich bezüglich subjektiver Angstratings, für Verhaltensdaten und auch für physiologische Maße zeigte. Auch zeigte sich ein grundsätzlich positiver Effekt der Behandlung, bei der im Anschluss noch eine Exposition in vivo stattfand. Ein Follow-Up nach sechs Monaten ergab eine weitere Reduktion der Spinnenangst. Die Ergebnisse legen nahe, dass sich die experimentellen Befunde zu Rekonsolidierungsprozessen aus Konditionierungsstudien nicht einfach auf ein Therapiesetting und die Behandlung spezifischer Phobien übertragen lassen. Die zweite Studie befasste sich mit der Frage, ob Koffein die initiale Angstaktivierung erhöhen kann und ob sich dies positiv auf den Therapieerfolg auswirkt. Die spinnenphobischen Studienteilnehmer (N = 35) wurden in einem doppelblinden Versuchsdesign entweder der Koffeingruppe (KOFG) oder der Placebogruppe (PG) zugeordnet. Die KOFG erhielt eine Stunde vor Beginn der VRET eine Koffeintablette mit 200 mg Koffein, die PG erhielt als Äquivalent zur gleichen Zeit eine Placebotablette. Eine Analyse der Speichelproben der Probanden ergab, dass sich die Koffeinkonzentration durch die Koffeintablette signifikant erhöhte. Dies führte jedoch nicht, wie erwartet, zu einer höheren Angstaktivierung während der VRET, weshalb unter anderem diskutiert wird, ob evtl. die Koffeinkonzentration zu niedrig war, um anxiogen zu wirken. Dennoch profitierten die Teilnehmer beider Versuchsgruppen von unserem Behandlungsangebot. Die Spinnenangst reduzierte sich signifikant über vier Sitzungen hinweg. Diese Reduktion blieb stabil bis zum Follow-Up drei Monate nach Studienende. Zusammengefasst lässt sich zur optimalen Höhe der Angstaktivierung aufgrund der hier durchgeführten beiden Studien keine exakte Aussage machen, da sich die Versuchsgruppen in beiden Studien hinsichtlich der Höhe der Angstaktivierung zu Beginn (und auch während) der Exposition nicht unterschieden. Es lässt sich aber festhalten, dass die VRET und auch die in vivo Exposition in beiden Studien effektiv Angst auslösten und dass sich die Angst in beiden Gruppen signifikant bis zu den Follow-Ups (sechs bzw. drei Monate nach Studienende) signifikant reduzierte. Die Behandlung kann also als erfolgreich angesehen werden. Mögliche andere Wirkfaktoren der Expositionstherapie, wie z.B. die Rolle der wahrgenommenen Kontrolle werden neben der Höhe der Angstaktivierung diskutiert.
Der Arzt und Philosoph Hans Lungwitz (1881-1967) schuf nach Jahren der Tätigkeit als Sozialreformer und praktischer Arzt und nach intensiver Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse eine eigene Weltanschauungslehre, die Psychobiologie, deren Kernstück die Lösung des Leib-Seele-Problems bildet. Die Entstehung des Bewusstseins ist Lungwitz zufolge an die Hirnfunktionen gekoppelt und damit rein biologischer Natur – die Seele ist nicht existent. Auf insgesamt mehr als 5000 Seiten - in einem achtbändigen ,Lehrbuch der Psychobiologie’ sowie drei weiteren Büchern – wandte er seine Erkenntnisse auf sämtliche Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften an und entwickelte eine eigene Form der Psychotherapie, die er Erkenntnistherapie nannte und mit der er vierzig Jahre lang Patienten behandelte. Trotz zahlreicher Anstrengungen gelang es ihm nicht, seine Lehre zu etablieren. In dieser Arbeit wird die Resonanz auf die Psychobiologie Lungwitz’ in Form von binnen fünfzig Jahren in Fachzeitschriften und in der Tagespresse erschienener Rezensionen untersucht. Des weiteren werden mögliche Gründe für den ausgebliebenen Durchbruch der Psychobiologie erörtert.
Diese Arbeit soll der Bestandsaufnahme dienen, inwieweit psychotherapeutische Interventionen dazu beitragen können, das Betreuungsangebot von Tumorpatienten zu ergänzen. In erster Linie wird dabei der Frage nachgegangen, ob diese Interventionen geeignet sind, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Da bereits seit dem Beginn psycho-onkologischer Forschung diskutiert wurde, ob psychische Einflussfaktoren und entsprechende Interventionen nicht auch den Krankheitsverlauf bei Krebs mitbestimmen können, soll auch dieser Aspekt aus aktueller Sicht heraus beleuchtet werden. Schließlich soll darauf eingegangen werden, ob psychotherapeutische Interventionen für Tumorpatienten gerade in modernen Gesellschaften mit ihren kostspieligen Gesundheitssystemen eine sinnvolle Ergänzung des medizinischen Betreuungsangebotes für alle Beteiligten darstellen können. Im Zusammenhang dieser Arbeit werden darunter einerseits das maximale Ausnutzen vorhandener schulmedizinischer Strukturen und andererseits ein möglicher Kostenvorteil durch die Kombination schulmedizinischer und psychosomatischer Therapien verstanden.
Experienzielle Kommunikation. Wie kann soziales Miteinander in komplexen Situationen gelingen?
(2016)
Wie ist im „Chaos“ der Postmoderne ein soziales Miteinander möglich, das Stabilität und Halt bietet und in dem sich Individuen dennoch in ihrer Autonomie völlig frei entfalten können?
Tony Hofmann skizziert in seiner Dissertation Antworten auf diese essenzielle Frage. Das Herzstück des Buches, das „Prozessmodell der experienziellen Kommunikation“, zeichnet sich durch eine achtsamkeitsorientierte, körper- und erlebensbezogene Grundhaltung aus (Focusing). Menschen, die experienziell kommunizieren, erleben
• Kongruenz der eigenen Intention mit den tatsächlichen, ausgesprochenen Worten (Ich - Ich),
• ein schöpferisches Potenzial im Kontakt mit dem jeweiligen Gegenüber (Ich - Du) und
• die Freiheit, auf die (oft unvorhersehbare) Eigendynamik eines Gesprächs aktiv Bezug nehmen zu können (Ich - Es/Wir).
Hiervon ausgehend werden pädagogische Prinzipien und konkrete Fragesätze abgeleitet, die in der Praxis anwendbar sind. Sie ermöglichen eine stimmige Bezogenheit aufeinander, bei der Gegensätze zur Ressource werden.
Die Arbeit richtet sich an Kolleginnen und Kollegen, die an Hochschulen, aber auch in pädagogischen, sonderpädagogischen und psychosozialen Praxisfeldern tätig sind, und die ein Interesse daran haben, ein eindeutiges und klar kommunizierbares fachliches Profil, sowie persönliche Stimmigkeit im beruflichen Handeln zu entwickeln.
No abstract available
Die Behandlungserwartung des Patienten stellt eine für den Therapieerfolg bedeutsame Variable dar. Aufgrund verschiedener Vorbefunde stellt sich die Frage, ob Patienten mit unterschiedlicher Symptomatik unterschiedliche Behandlungserwartungen aufweisen. Die Berechnung des Zusammenhangs zwischen Behandlungserwartung und Symptomatik bei einer Stichprobe von 757 Psychotherapiepatienten (62% Frauen, 38% Männer, Altersmittelwert 36,6 Jahre) ergibt zahlreiche signifikante Korrelationen zwischen den drei Behandlungserwartungsskalen „gesprächsorientiert“, „verhaltensorientiert“, „somatisch orientiert“ und den SCL-90-R-Skalen, so dass sich ein deutlicher, aber unspezifischer Zusammenhang zwischen Behandlungserwartung und Symptomatik ergibt. Außerdem bestehen signifikante Zusammenhänge zwischen Patientenalter und niedrigerer Schulbildung auf der einen und somatisch orientierter Behandlungserwartung auf der anderen Seite. Die vom Therapeuten beurteilte Diagnose und die Beeinträchtigungsschwere besitzen keine substanziellen Korrelationen zur Behandlungserwartung. Da die SCL-90-R starke Skaleninterkorrelationen aufweist und die neun Skalen durch Faktorenanalysen nur unzureichend abzubilden sind, ist die Entwicklung einer Kurzversion der SCL-90-R zu begrüßen - allerdings sollte diese verstärkt auch somatische Symptome miterfassen. Insgesamt sollten Behandlungserwartungen im Rahmen der Therapieplanung den ihnen für die Therapiemotivation nachgewiesenen Stellenwert erhalten. Es bietet sich die Möglichkeit eines besseren Verständnisses des Patienten mit dem Potenzial höherer Compliance und niedrigerer Reaktanz.
Körperpsychotherapie etabliert sich zunehmend und ist keine neue Entdeckung. Bereits vor über 120 Jahren war bekannt, dass über den Körper die Psyche erreicht werden kann und damit die verbale Psychotherapie effektiver und gegebenenfalls erst möglich wurde. Wissenschaftliche Untersuchungen sprechen dafür, dass Körperpsychotherapie heute als fünfte Säule der allgemein anerkannten psychotherapeutischen Verfahren (PA, TP, VT, ST) angesehen werden kann. Sie hat sich aus der atemtherapeutischen und der Bewegung der Gymnastik sowie der Verwendung in der Psychoanalyse entwickelt. Sie ist weitestgehend in die tiefenpsychologische und verhaltenstherapeutische Psychotherapie integriert und kann zu den humanistischen Verfahren gezählt werden. Anwendung findet die Körperpsychotherapie beispielsweise in der Psychosomatischen Medizin sowie auf verschiedenen Gebieten der Psychotherapie. Laut den hier vorgelegten Befunden erreicht die Arbeit am Körper nonverbal Verarbeitetes, das sich tief in das implizite Körpergedächtnis eingegraben hat, lange bevor ein junger Mensch das Sprechen erlernte. Eine Möglichkeit, dies konzeptuell einzuordnen und therapeutisch nutzbar zu machen, ist das Modell der „verkörperten Selbstwahrnehmung“ nach Fogel, das Teile des Körperschemas beinhaltet. In der Bindungsbeziehung nicht adäquates Eingehen auf die kindlichen Bedürfnisse hat weitreichende Folgen auf das weitere Leben. In Untersuchungen konnte gezeigt werden, wie sich Störungen in der Entwicklung eines Kindes in Form von Körperschemastörungen und Körperdissoziationen, in Emotionsregulations- und als Entwicklungstraumastörung manifestieren können. Diese sind weit verbreitet und Teil einer Gesellschaft, die auf Leistung und Effizienz ausgerichtet ist und in Zusammenhang mit chronischem Stress stehen. Evolutionsgeschichtlich begründete Überlebensmuster werden durch chronischen Stress aktiviert und sind Ursache zahlreicher Erkrankungen. Hierfür liefert Porges mit seiner Polyvagal-Theorie einen neuen neurobiologischen Erklärungsansatz. Durch eine Imbalance stressauslösender und entspannender Faktoren zugunsten des Stresses werden körpereigene Selbstheilungskräfte der Selbstregulation verhindert und die Resilienzfähigkeit eingeschränkt. Selbstregulation und Resilienz sind vorhanden, wenn das Ruhe- und Bindungssystem dominiert im Gegensatz zur Kampf-, Flucht- und Erstarrungsreaktion. In seiner Hypothese zeigt Porges auf, wie das autonome Nervensystem Verhaltensweisen beeinflusst und wie diesen begegnet werden kann. Durch den sympathischen Zweig wird die An- und Verspannungsreaktion auf körperlicher Seite mit den auch auf der psychischen Seite verbundenen Reaktionen vermittelt. Diesem kann durch die parasympathisch vermittelte Oxytocin-Freisetzung begegnet werden. Durch eine Balance dieser beiden Waagschalen kann körperliche und seelische Gesundheit sowie Resilienzfähigkeit gefördert werden. Die Körperpsychotherapie bietet auch aus meiner Sicht eine noch unterschätzte Möglichkeit, die Balance wieder herzustellen. Eine Methode, die positive durch Oxytocin vermittelte heilsame Reaktionen in Gang zu setzt, stellt die berührende Körperarbeit dar wie sie beispielsweise nach der Rosen-Methode praktiziert wird. Körperpsychotherapie im Allgemeinen kann in der Behandlung von Depressionen, Angst- und psychosomatischen Störungen hilfreich sein. Sie ist empirisch in einer umfassenden Theorie begründet und fundiert auf neurobiologischen und neurowissenschaftlichen Erkenntnissen. Aus Sicht der Autorin handelt es sich bei der Körperpsychotherapie angesichts der vorliegenden Befunde und theoretischen Wirkkonzepte um einen therapeutischen Ansatz, der wesentlich dazu beitragen kann, die Behandlung psychischer Störungen kosteneffizienter und wirksamer zu gestalten. Um differenzierter zwischen theoretischem Potential und tatsächlich nachweisbaren Effekten körperpsychotherapeutischer Methoden unterscheiden zu können, ist es aus meiner Sicht dringend zu empfehlen, körperpsychotherapeutische Arbeitsansätze exakter zu erforschen. Beispielsweise wäre es lang- oder mittelfristig auch wünschenswert, Forschungsdaten für eine präzisere Indikationsstellung zur Verfügung zu haben. Dabei wäre beispielweise zu klären, welche Verfahren für welche Störungsbilder, in welchem Behandlungssetting und für welche Behandlungsdauer in Frage kommen. Auch fehlen hinsichtlich der Kontraindikationen belastbare Forschungsdaten zu den oben benannten Empfehlungen diverser Vertreter der Körperpsychotherapie. Aufgrund des hohen Erklärungspotentials für das individuelle Erleben psychisch beeinträchtigter Personen, das beispielsweise die Polyvagal-Theorie nach Porges oder die verkörperte Selbstwahrnehmung nach Fogel bieten, erscheint mir auch die Forderung nach einer Berücksichtigung körperpsychotherapeutischer Theorien und Methoden in der Ausbildung von Ärzten und Psychologen nachvollziehbar und sinnvoll. Aufgrund der in dieser Arbeit zusammengetragenen Ergebnisse halte ich es für dringend empfehlenswert, die Körperpsychotherapie als eigenständiges Behandlungselement in die fachgerechte Versorgung psychisch Erkrankter aufzunehmen, sofern keine der erwähnten Kontraindikationen dem widersprechen.
Depressionen und Angststörungen sind die beiden häufigsten psychischen Erkrankungen. Für Angststörungen wurde in zahlreichen Untersuchungen die Bedeutung veränderter Muster in den basalen emotional-assoziativen Lernprozessen für die Ätiologie und Aufrechterhaltung der Erkrankung gezeigt. Hierzu zählen eine verstärkte Akquisitionsreaktion auf den konditionierten Stimulus, Defizite in der Inhibition der Furchtreaktion auf den Sicherheit signalisierenden Stimulus, Übergeneralisierung und Beeinträchtigungen in der Extinktion konditionierter Reaktionen.
Aufgrund der hohen Prävalenzen einer Komorbidität mit Depressionen rückte in den letzten Jahren zunehmend die Untersuchung der genannten Prozesse bei Depressionen in den Fokus. Hierfür konnten bisher keine einheitlichen Ergebnisse gezeigt werden.
Weiterhin wird der Subtyp der ängstlichen Depression einerseits mit hohen Prävalenzen beschrieben, andererseits zeigen Untersuchungen eine schlechtere Prognose, stärkere Einschränkungen in der Funktionalität und ein schlechteres Ansprechen auf die Therapie im Vergleich zu depressiven Patienten ohne hohes Ängstlichkeitsniveau.
In dieser Arbeit wurden die Akquisition, Generalisierung und Extinktion in einem differentiellen Konditionierungsparadigma bei schwer depressiven ängstlichen und nicht ängstlich-depressiven Patienten sowie einer gesunden Kontrollgruppe untersucht. Ängstliche und nicht ängstlich-depressive Patienten zeigten ein beeinträchtigtes Sicherheitslernen in der Akquisition und Beeinträchtigungen in der Extinktion der konditionierten Furcht. Es ergaben sich keine Unterschiede hinsichtlich der Stärke der Generalisierung zwischen Patienten und den gesunden Kontrollen und es konnten keine differenzierenden Muster zwischen den ängstlich- und den nicht ängstlich-depressiven Patienten gezeigt werden.
Zusammenfassend weisen die Ergebnisse auf Veränderungen im Furchtlernen bei Patienten mit Depressionen hin. Es konnten keine Belege für unterschiedliche Mechanismen im Furchtlernen von ängstlich- und nicht ängstlich-depressiven Patienten gefunden werden. Unsere Ergebnisse stützen somit die Klassifikation der ängstlichen Depression als Subtyp der Depression. Weiterhin weisen die Ergebnisse der beeinträchtigten Extinktion bei Patienten mit Depressionen darauf hin, dass Expositionselemente, welche bei der Therapie von Angststörungen als Verfahren der Wahl eingesetzt werden, auch bei der Behandlung von Depressionen integriert werden sollten, um so den Therapieerfolg zu verbessern.