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Mit Hilfe von Assoziationsstudien wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit versucht, die Rolle verschiedener Kandidatengene (vesikulärer Monoamintransporter VMAT2, Dopamintransporter DAT, Brain Derived Neurotrophic Factor BDNF) bei Persönlichkeitsmerkmalen und psychiatrischen Erkrankungen näher zu beleuchten. C. Robert Cloninger postuliert in seiner biosozialen Persönlichkeitstheorie eine genetische Grundlage von Temperamentfaktoren, die im dopaminergen, serotoninergen und noradrenergen Transmittersystem zu finden sei. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde daher untersucht, ob Gene in Schlüsselpositionen monoaminerger Transmittersysteme - das Gen des vesikulären Monoamintransporters und des Dopamintransporters - die Ausprägung von Persönlichkeitsfaktoren beeinflussen. Außerdem wurde nach einer Assoziation von Genvarianten des vesikulären Monoamintransporters mit suizidalem Verhalten und der Panikstörung geforscht. Weiterhin flossen Ergebnisse zum Dopaminrezeptor D4 und zum Brain Derived Neurotrophic Factor ein. In dieser Arbeit konnte ein Zusammenwirken von Genvarianten des vesikulären Monoamintransporters und des Dopaminrezeptors D4 auf die Ausprägung der Persönlichkeitsdimension TPQ-Novelty Seeking (F2,244 = 3,851, p = 0,023) gezeigt werden. Auch ergab sich, dass die Gene des Dopamintransporters und des Brain Derived Neurotrophic Factors die Dimensionen TPQ-Harm Avoidance (F1,266 = 6,868, p = 0,009) und NEO-PI-R-Neurotizismus (F1,266 = 6,027, p = 0,015) modulieren. Letztgenannte Ergebnisse weisen deutlich darauf hin, dass mehrere Gene bei der Ausprägung von Persönlichkeitsdimensionen interagieren, die mit ängstlichem und depressivem Verhalten in Verbindung stehen. Da Persönlichkeitszüge die Entstehung von suizidalem Verhalten und die Entwicklung von Angsterkrankungen beeinflussen und weil diese Verhaltensabnormitäten entscheidend durch monoaminerge Prozesse modifiziert werden, wurde auch nach einer Assoziation von Varianten des vesikulären Monoamintransporters mit dem Suizid und der Panikstörung gesucht. In beiden Fällen fielen die Ergebnisse negativ aus. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass der vesikuläre Monoamintransporter ursächlich nicht in Zusammenhang mit suizidalem Verhalten und der Panikstörung steht. Möglicherweise spielt jedoch nur der hier untersuchte allelische Marker keine Rolle. Andere polymorphe Regionen dieses Gens könnten dagegen die Entwicklung solcher Verhaltensabnormitäten begünstigen. Auch können Einschränkungen, die durch das Studiendesign bedingt waren, für die hier beschriebenen Resultate verantwortlich sein. Die Bereitschaft zu suizidalem Verhalten wird - nach zahlreichen Studienergebnissen - ganz entscheidend von Prozessen im serotoninergen System geprägt. Bei der Ausbildung der Panikstörung wirken verschiedene monoaminerge Neurotransmitter, wie Noradrenalin, Dopamin und Serotonin zusammen. So scheint der vesikuläre Monoamintransporter, der zu all diesen Überträgerstoffen eine Affinität besitzt, nach wie vor in diesem Zusammenhang ein interessantes Kandidatengen. Zukünftig sind Untersuchungen in Form von familienbasierten Studien oder Zwillings-Adoptionsstudien nötig, um weiterführende Erkenntnisse zur genetischen Grundlage von suizidalem Verhalten und der Panikstörung zu gewinnen. TPQ: Tridimensional Personality Questionnaire; Cloninger, 1987 NEO-PI-R: NEO-Persönlichkeitsinventar, revidiert; Costa, McCrae, 1992
Das serotonerge System bildet schon seit Jahrzehnten einen Schwerpunkt in der psychiatrischen Grundlagenforschung. Seinen weit verzweigten Leitungsbahnen wird eine global-modulatorische Eigenschaft für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen unterschiedlichen Hirnregionen und unterschiedlichen Neurotransmitter-systemen zugeschrieben (Hüther und Rüther, 2000). Darüber hinaus ist die serotonerge Neurotransmission ein Hauptmodulator emotionalen Verhaltens, das Angst und Ängstlichkeit ebenso umfasst wie Aggression und Impulsivität (Lesch et al., 2003). In der vorliegenden Arbeit wurden im Sinne eines Kandidatengenansatzes zwei Assoziationsstudien durchgeführt. Im ersten Teil wurde versucht, eine mögliche Assoziation zwischen der Erkrankung an affektiven Störungen und drei vorbeschriebenen SNPs des FEV-Gens aufzudecken. FEV ist das humane Homolog des in mehreren Tierversuchen untersuchten Pet-1-Gens, dem vor allem eine zentrale Bedeutung in der embryonalen Entwicklung des serotonergen Systems zugeschrieben wird. Zusätzlich wurde ein 286 bp langer Abschnitt des Exon 3 sequenziert, um die Häufigkeit der sieben in diesem Abschnitt beschriebenen SNPs bei unipolar depressiven Patienten abzuschätzen und ggf. neue Varianten zu detektieren. Der zweite Teil untersuchte das Auftreten zweier bereits von anderen Autoren beschriebener SNPs des TPH2-Gen bei an der adulten Form des ADHS leidenden Patienten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Die im zentralen serotonergen System dominierende Tryptophanhydroxylase 2 (TPH2) ist das erste, geschwindigkeitsbegrenzende Enzym der Serotonin-Biosynthese. Die Genotypisierung der einzelnen SNPs erfolgte mit unterschiedlichen Methoden. So kam sowohl die PCR, der Restriktionsenzymverdau, die Minisequenzierung (SNaPshot®) als auch die MALDI-ToF Massenspektrometrie und die Sequenzierung zum Einsatz, die Auftrennung einzelner Schnittprodukte erfolgte durch die Gelelektrophorese.
Die erste Stichprobe umfasste 270 Patienten (davon 179 weiblich) mittleren Alters mit einer Diagnose aus dem affektiven Formenkreis (180 mit bipolar-affektiver Störung gemäß den DSM-IV Kriterien, weitere 90 Patienten mit einer rezidivierenden unipolaren depressiven Störung) sowie 362 (davon 174 weibliche) Kontrollpersonen. Die Stichproben der zweiten Studie umfassten 284 am adulten ADHS (Diagnose nach DSM IV) leidende Patienten (140 davon weiblich) und 120 Kontrollpersonen (61 davon weiblich).
Statistisch wurden die Daten sowohl auf Einzelmarker- als auch auf Haplotypniveau ausgewertet. In beiden Studien konnte keine Assoziation der untersuchten Polymorphismen des FEV- bzw. TPH2-Gens mit der jeweiligen Erkrankung (affektive Störung / adultes ADHS), weder auf Einzelmarker- noch auf Haplotypniveau, nachgewiesen werden. Die Sequenzierung des 286 bp langen Abschnitts von Exon 3 des FEV-Gens zeigt eine ausgeprägte Konservierung der Sequenz dieses Gens, wie sie auch von anderen Autoren beschrieben wurde.
Die hier untersuchten Kandidatengene FEV und TPH2 sind auch weiterhin interessante Ansatzpunkte für die psychiatrische Grundlagenforschung. Die Aufklärung der genauen Wirkungsweise von FEV und seine Rolle in der Entwicklung des menschlichen serotonergen Systems erscheint jedoch vordergründig, um zunächst Funktion, Interaktionen und mögliche pathogenetische Mechanismen aufzudecken und dann gezielter die Einflüsse bestimmter Polymorphismen zu untersuchen.
Eine wesentliche Rolle hinsichtlich der Pathophysiologie der ADHS scheint der komplexe Prozess der Signaltransduktion an der neuronalen Synapse innezuhaben. Dieser wird bewerkstelligt durch ein komplexes Zusammenspiel sogenannter SNARE-Proteine, unter anderem dem synaptosomal-assoziiertem Protein SNAP-25. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung potentiell-funktioneller Varianten des Kandidatengens SNAP-25 auf eine Assoziation mit der ADHS in einer deutschen Stichprobe. Bei den untersuchten Single-Nukleotid-Polymorphsimen handelt es sich dabei um SNP rs6077690 im Promotorbereich und SNP rs363006 in Intron 8 des Kandidatengens SNAP-25, deren Assoziation mit der ADHS in der Fachliteratur beschrieben ist. Desweiteren wurde ein bis lang nicht untersuchter SNP,rs6039769 in diese Studie miteinbezogen.
Zwangsstörungen, im englischen als Obsessive Compulsive Disorder (OCD) bezeichnet, sind sowohl in der Erwachsenen- als auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie bekannte Krankheitsbilder, die mit einer Lebenszeitprävalenz von 2,5 – 3% zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter gehören. Sie stellen in der Regel eine erhebliche Belastung sowohl für die betroffenen Kinder als auch für deren Familie dar und schränken den alltäglichen Lebensablauf je nach Ausprägung erheblich ein. Familien- und Zwillingsuntersuchungen zeigen, dass bei Zwangsstörungen eine deutliche familiäre Belastung vorliegt. Gerade bei einer frühen Manifestation im Kindesalter (auf englisch als early onset bezeichnet) konnten Familienstudien zeigen, dass genetische Faktoren eine besonders ausgeprägte Rolle spielen. Diese formalgenetischen Studien legen weitere Untersuchungen auf molekulargenetischer Ebene für Zwangsstörungen im Kindes- und Jugendalter nahe. Pharmakologische Studien und erste molekulargenetische Studien verweisen zudem auf einen Zusammenhang zwischen Zwangs- und Angstsymptomen und dem Serotoninstoffwechsel. Selektive Serotonin Wiederaufnahme-Hemmer (Selective Serotonine Reuptake Inhibitors, SSRI) und tricyclische Antidepressiva sind bei der Behandlung von Zwangsstörungen besonders wirksam. Auch im Kindes- und Jugendalter sind diese Medikamente aufgrund ihrer positiven Wirkung bei Zwangsstörungen Mittel der ersten Wahl. Insgesamt wird die Pathogenese der Zwangsstörungen nach aktuellem Forschungsstand als multifaktoriell angenommen. Dabei bezieht sich bisher die überwiegende Zahl der Untersuchungen auf Zwangsstörungen erwachsener Patienten. Nach aktuellem Kenntnisstand handelt es sich bei der vorliegenden Arbeit um die ersten familienbasierten Assoziationsstudien bei Kindern und Jugendlichen mit Zwangsstörungen. Zielsetzung dieser Arbeit war die Untersuchung einer Assoziation von Varianten in ausgewählten Genen des serotonergen Systems und juvenilen Zwangsstörungen. Die Auswahl der Kandidatengene für Zwangsstörungen erfolgte auf patho-physiologischen Überlegungen: Die Tryptophanhydroxylase als geschwindigkeits-bestimmendes Enzym in der Synthese von Serotonin, der Serotonin-1B-Rezeptor als Zielorgan mit autoregulierender Funktion auf das serotonerge System, sowie der Serotonintransporter, der, therapeutisch genutzt, von SSRIs blockiert wird. Untersuchungen zu den genannten Kandidatengenen liegen bei erwachsenen Patienten mit Zwangsstörungen vor, die Ergebnisse sollten in unserer Studie repliziert werden. 64 Kinder und Jugendliche, sowie deren leibliche Eltern wurden in die Untersuchung eingeschlossen. In den vorliegenden molekulargenetischen Untersuchungen konnten für Varianten im Tryptophanhydroxylase-1-Gen und dem Serotonin-1B-Rezeptor-Gen kein Zusammenhang mit Zwangsstörungen bei Kindern und Jugendlichen gesehen werden. Die funktionelle Variante des Serotonintransporter-Gens, die zu einer höheren Aktivität des Transporters führt, wurde tendenziell häufiger bei den Patienten mit Zwangsstörungen beobachtet. Der Befund entspricht damit in der Richtung den früheren Befunden von erwachsenen Patienten.
Schizophrenie und die bipolar-affektive Erkrankung sind mit einer Lebenszeitprävalenz von ca. 1% häufige psychiatrische Krankheitsbilder. Die genaue Ätiologie beider Krankheiten ist bisher noch nicht eindeutig geklärt, allerdings nimmt man jeweils eine multifaktorielle Genese an, bei der eine genetische Anfälligkeit im Zusammenspiel mit Umweltfaktoren zur Krankheitsentstehung führt. Es bestehen für beide Krankheiten diverse pathophysiologische Modelle, besonders interessant ist dabei eine Dysregulation der Neurotransmitter. Neben Dopamin und GABA steht auch Glutamat, ein häufiger exzitatorischer Neurotransmitter im ZNS, im Verdacht, eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der Schizophrenie zu spielen. Bei der bipolar-affektiven Erkrankung stehen besonders Veränderungen der monoaminergen Neurotransmission im Vordergrund. Eine Beteiligung des Glutamatsystems wird ebenfalls diskutiert. NOS1AP liegt auf Chromosom 1q22, einem aus Kopplungsstudien bekannten Suszeptibilitätslokus für Schizophrenie. Bereits in diversen anderen Studien wurde Assoziation auf Einzelmarker- und Haplotypebene festgestellt. NOS1AP interagiert mit der NOS-I und führt zu einer Translokation dieses Enzyms ins Zytosol, wodurch es dem Calciumeinstrom durch den glutamatergen NMDA-Rezeptor entzogen wird. Auf diese Weise ist es zu einem geringeren Grad aktiv und produziert weniger NO. Aufgrund der funktionellen Verbindung mit dem NMDA-Rezeptor und der NOS-I, die beide im Verdacht stehen, an der Pathogenese der Schizophrenie beteiligt zu sein, ist NOS1AP ein interessantes Kandidatengen. 14 SNPs im Bereich des NOS1AP-Gens und daraus resultierende Haplotypen wurden mittels Primerextension und MALDI-ToF Massenspektrometrie bei 245 Patienten mit Schizophrenie, 90 Patienten mit bipolar-affektiver Erkrankung und 360 Kontrollpersonen analysiert. Dabei konnte für drei SNPs (rs1538018, rs945713 und rs4306106) jeweils eine nominelle Assoziation mit Schizophrenie festgestellt werden. Auch nach Durchführung eines Permutationstests blieb für rs1538018 und rs945713 ein statistischer Trend bestehen. Bei Betrachtung der Haplotypen ließ sich lediglich nominelle Assoziation eines Haplotyps mit Schizophrenie nachweisen. Die geschlechtsspezifische Analyse ergab für die männlichen Patienten im Permutationstest eine grenzwertig signifikante Assoziation von rs1538018 und rs945713, während zwei Haplotypen nur eine nominelle Assoziation zeigten. Bei den weiblichen Patienten ließ sich weder eine allelische noch eine haplotypische Assoziation nachweisen. Für die bipolar-affektive Erkrankung wurden keine Assoziationen, weder auf Einzelmarker- noch auf Haplotyp-Ebene festgestellt. Die grenzwertige Assoziation der SNPs mit Schizophrenie macht eine pathogenetische Beteiligung von NOS1AP an Schizophrenie denkbar. Es sind jedoch noch weitere Replikationsstudien, auch in anderen Kollektiven, notwendig, um besser einschätzen zu können, welchen Einfluss NOS1AP tatsächlich für die Krankheitsentstehung hat.