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In der Behandlung neuropathischer und anderer chronischer Schmerzen werden trizyklische Antidepressiva bereits mit Erfolg eingesetzt, die nebenwirkungsärmeren SSRI zeigen jedoch nur einen mäßigen Erfolg. In dieser Studie gingen wir der Frage nach, inwieweit 5-HTT -/- Mäuse, die als Modell einer lebenslangen Behandlung mit SSRI gelten, in einem chronisch entzündlichen Schmerzmodell ein anderes Schmerzverhalten zeigen als Wild-typen und ob sich auf neuronaler Ebene durch das Ausschalten des 5-HT Transporters Ursachen für ein geändertes Schmerzverhalten finden lassen. Von besonderem Interesse war dabei auch, welche Rolle 5-HT in der peripheren Schmerzvermittlung zukommt. Mit standardisierten Testverfahren wurden die 5-HTT -/- Mäuse und Wildtypmäuse nach i.pl. Injektion von CFA auf zwei Schmerzqualitäten hin untersucht. Die Schmerzschwelle für taktile Reize wurde mit von Frey Haaren bestimmt, zur Testung der Hitzehyperalgesie wurde eine Infrarotwärmequelle benutzt. Anschließend wurden an dem Gewebe immunhistochemische Analysen durchgeführt und mittels HPLC der Gehalt an 5-HT in verschiedenen Gewebeproben bestimmt. Es konnte gezeigt werden, dass Mäuse mit dem Genotyp 5-HTT -/- gegenüber dem Wildtyp von einer durch CFA-Injektion induzierten Hitzehyperalgesie weitgehend unbeeinträchtigt bleiben. Gleichzeitig bestand bei den KO-Mäusen im Vergleich zu den Wildtypen eine deutlichere Abnahme der Hautinnervation sowie eine stärker ausgeprägte Verletzung von DRG-Neuronen, entsprechend einer erhöhten neuronalen Vulnerabilität gegenüber CFA. Im Gewebe der KO-Mäuse fand sich durchweg weniger 5-HT als bei Wildtypen, in DRG-Neuronen der KO-Mäuse war weiterhin weniger BDNF detektierbar. Wir postulieren, dass für die reduzierte Hitzehyperalgesie bei den KO-Mäusen unter anderem der geringere Gewebespiegel von 5-HT und damit folglich in einer Art Ursachen-Wirkungskette auch die geringeren Gewebespiegel von BDNF und 5-HIAA mit ihren entsprechenden Auswirkungen verantwortlich sind. 5-HTT -/- Mäuse als Modell für eine lebenslange Behandlung mit SSRI sind also nicht nur wie kürzlich beschrieben im neuropathischen Schmerzmodell, sondern auch in einem chronisch entzündlichen Schmerzmodell weitgehend vor einer Hitzehyperalgesie geschützt. Unter der Berücksichtigung dieser Daten sollte daher der Einsatz von SSRI in der Behandlung chronischer Schmerzen erneut überprüft werden.
Schmerz gehört zu den Kardinalsymptomen einer Entzündung. Im Wesentlichen kann die Entstehung von Schmerz am Ort des Entzündungsgeschehens auf das Einwandern (Diapedese) von Leukozyten aus dem peripheren Blut-strom in das Gewebe zurückgeführt werden. Dort findet sowohl die Produktion von Zytokinen und Chemokinen statt, welche weitere Entzündungszellen rekrutieren und die Entzündungsreaktion verstärken, als auch die Freisetzung von Opioidpeptiden, die schmerzlindernd wirken.
In Vorarbeiten der Arbeitsgruppe konnte eine Opioidfreisetzung aus neutrophilen Granulozyten nach Stimulation mit bakteriellen Antigenen oder Chemokinen \(in\) \(vitro\) nachgewiesen werden. Diese führen \(in\) \(vivo\) eine Antinozizeption herbei. Für neutrophile Granulozyten wurden der Chemokinrezeptor CXCR1/2 sowie der Formylpep-tidrezeptor als Signal-transmittierende Rezeptoren identifiziert. Über den klassischen Mechanismus der Exozytose gelangt das Beta-Endorphin somit in das Gewebe und interagiert mit Opioidrezeptoren auf primär sensorischen Nervenendigungen. \(in\) \(vivo\) äußerte sich die Freisetzung des Opioidpeptids in einer Anhebung mechanischer Schmerzschwellen, die durch den Opioidrezeptorantagonisten Naloxon aufgehoben werden konnten. Die Bindung, vornehmlich an MOP, führt zur Erniedrigung des cAMP-Spiegels, zur Hyperpolarisation der Nervenzelle und zur Verminderung von Schmerzschwellen.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen Monozyten als führende Zellpopulation der späten Entzündungsphase. Es sollte untersucht werden, welche Rezeptoren eine Opioidfreisetzung aus Monozyten vermitteln sowie welche intrazellulären Signalwege involviert sind.
Humane Monozyten wurden isoliert und \(in\) \(vitro\) mit dem bakteriellen Antigen Lipopolysaccharide (LPS) stimuliert. Dieses steht exemplarisch für mikrobielles Infektgeschehen und Entzündung. In den Zellüberständen wurde mittels ELISA die Beta-Endorphin-Konzentration ermittelt. Weiterhin wurden Opioidgehalt und -freisetzung in der nicht-klassischen CD14+CD16+ Monozytensubpopulation im Vergleich zu klassischen CD14+CD16- Monozyten analysiert. Zur weiteren Aufklärung des Rezeptors, welcher die Opioidfreisetzung vermittelt, wurde der niedermolekulare TLR4-Antagonist TAK-242 genutzt.
Wir fanden eine Zunahme der Beta-Endorphin-Freisetzung nach Stimulation mit LPS im Vergleich zur unstimulierten Kontrolle. Eine Zugabe des TLR4-Inhibitors reduzierte die Beta-Endorphin-Freisetzung signifikant. TLR4 agiert somit als PRR für die Opioidfreisetzung aus Monozyten. CD14+CD16+ Monozyten enthalten einen geringeren Anteil an Beta-Endorphin und setzten dementsprechend weniger frei. Ihre Rolle als pro-inflammatorisch und ihre Beteiligung an der Genese inflammatorischer Krankheitsbilder wird dadurch gestützt.
Die Signalkaskade, über die diese Freisetzung erfolgt, konnte durch den Einsatz von Rezeptorinhibitoren dahingehend entschlüsselt werden, dass eine Beteiligung des IP3-Rezeptors sowie von intrazellulärem Calcium wichtig ist. Ferner wurde evident, dass auch eine basale Freisetzung existiert, die über denselben Weg verläuft.
Durch die Behandlung mit dem TLR4-Antagonisten TAK-242, der die Freisetzung von Beta-Endorphin \(in\) \(vitro\) unterdrückt, wird auch die analgetische Wirkung von LPS \(in\) \(vivo\) aufgehoben. TLR4 Agonisten sind daher potentielle alternative Analgetika, welche die endogene Schmerzkontrolle unterstützen könnten. Jedoch fließen viele Wechselwirkungen wie z.B. proalgetische Wirkungen von TLR4 in das komplexe Gefüge der Immunzellantwort ein. Diese wurden nicht weiter untersucht. Vor einer klinischen Anwendung müssten solche Effekte näher betrachtet werden.