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Durch die Spleißreaktion werden nicht-kodierende Sequenzelemente (Introns) aus eukaryotischen Vorläufer-mRNAs entfernt und die kodierenden Sequenzelemente (Exons) miteinander zu einem offenen Leserahmen verbunden. Dieser zentrale Prozessierungsschritt während der eukaryotischen Genexpression wird durch das Spleißosom katalysiert, das aus den vier kleinen nukleären Ribonucleoproteinpartikeln (snRNPs) U1, U2, U4/U6 und U5, sowie einer Vielzahl weiterer Proteinfaktoren gebildet wird. Alle snRNPs besitzen eine gemeinsame ringförmige Kernstruktur, die aus sieben gemeinsamen Sm-Proteinen (SmB/B‘-D1-D2-D3-E-F-G) besteht, die ein einzelsträngiges Sequenzmotiv auf der snRNAs binden. Während sich diese, als Sm-Core-Domäne bezeichnete Struktur in vitro spontan ausbilden kann, erfolgt die Zusammenlagerung in vivo in einem assistierten und hochregulierten Prozess. Dieser ist abhängig von insgesamt mindestens 12 trans-agierenden Faktoren, die in den PRMT5- und SMN-Komplexen organisiert sind. Der PRMT5-Komplex agiert in der frühen Phase der Zusammenlagerung, indem er die Sm-Proteine durch die Untereinheit pICln rekrutiert und die symmetrische Methylierung von Argininresten in den C terminalen Schwänzen von SmB/B‘, SmD1 und SmD3 katalysiert.
Als Resultat dieser frühen Phase befinden sich die Sm-Proteine SmD1-D2-E-F-G und SmB/B‘-D3 in zwei getrennten und durch pICln organisierten Komplexen. Während SmB/B‘-D3-pICln am PRMT5-Komplex gebunden bleibt, existiert der zweite Komplex als freies Intermediat mit einem Sedimentationskoeffizienten von 6S. Diese Intermediate können nicht mit RNA assoziieren, sodass für die Fortsetzung des Zusammenlagerungsprozesses die Interaktion der Sm-Proteine mit pICln aufgelöst werden muss. Dies geschieht in der späten Phase der Sm-Core-Zusammenlagerung, in der die Sm-Proteine vom SMN-Komplex (bestehend aus SMN, Gemin2-8 und unrip) übernommen werden und pICln dissoziiert wird. Dadurch werden die Sm-Proteine für ihre Interaktion mit der snRNA aktiviert und können auf die Sm-Bindestelle transferiert werden, wodurch die Formierung des Sm-Core abgeschlossen wird.
Im Rahmen dieser Arbeit konnten mit Hilfe einer Kombination röntgenkristallographischer und elektronenmikroskopischer Methoden zwei wichtige Intermediate dieses Zusammenlagerungs-prozesses strukturbiologisch charakterisiert werden. Bei diesen Intermediaten handelt es sich um den 6S-Komplex, sowie um ein Sm-Protein-Transferintermediat mit einem Sedimentations-koeffizienten von 8S. In diesem ist der 6S-Komplex an zwei zentrale Untereinheiten des SMN-Komplexes (SMN und Gemin2) gebunden, während pICln den Komplex noch nicht verlassen hat. Der 8S-Komplex stellt daher ein „gefangenes“ Intermediat zwischen der frühen und späten Phase der Zusammenlagerung dar.
Zunächst gelang es eine erste Kristallform des rekombinant hergestellten 8S-Komplexes zu erhalten, die jedoch keine Strukturlösung erlaubte. Durch eine kombinierte Optimierung der Kristallisationsbedingung und der verwendeten Proteine wurde eine weitere ähnliche Kristallform erhalten, mit der die Kristallstruktur des 8S-Komplexes gelöst werden konnte. Die Kristallisation des 6S-Komplexes gelang im Anschluss auf Basis der Hypothese, dass Kristalle beider Komplexe aufgrund der kompositionellen Verwandtschaft zwischen 6S und 8S auch Ähnlichkeiten in der Architektur ihrer Kristallgitter aufweisen könnten. Daher wurden innerhalb von pICln gezielt Aminosäuren substituiert, die sich innerhalb von Kristallkontakten der 8S-Kristalle befanden und konformationell eingeschränkt waren. Mit entsprechend rekonstituierten 6S-Präparationen konnten dann zwei Kristallformen erzeugt werden, die eine Strukturlösung des 6S-Komplexes ermöglichten.
Durch die Kristallstruktur des 6S-Komplexes konnte für pICln eine strukturelle Mimikry der Sm-Proteine identifiziert werden. Diese ermöglicht eine Bindung der Sm-Proteine und eine frühzeitige topologische Organisation des Sm-Pentamers D1-D2-F-E-G in einer geschlossenen hexameren Ringstruktur. Die Kristallstruktur des 8S-Komplexes zeigt, wie der SMN-Komplex über Gemin2 an das Sm-Pentamer bindet. In Kombination mit einer EM-Struktur des 8S-Komplexes gelang es weiterhin, einen plausiblen Mechanismus für die Elimination von pICln und die Aktivierung der Sm-Proteine für die snRNA-Bindung zu formulieren. Somit konnten diese Arbeiten zu einem besseren Verständnis der Funktionen von trans-agierenden Faktoren bei Zusammenlagerung von RNA-Protein-Komplexen in vivo beitragen.
Retinitis pigmentosa (RP) ist eine vererbte Form der Erblindung, die durch eine progressive Degeneration von Photorezeptorzellen in der Retina verursacht wird. Neben „klassischen“ RP-Krankheitsgenen, die direkt oder indirekt mit dem Sehprozess und der Aufrechterhaltung der Photorezeptoren in Verbindung stehen, können auch Mutationen in Genen für konstitutive Spleißfaktoren zur Photorezeptordegeneration führen. RP kann daher als Paradebeispiel einer Erkrankung mit paradoxer Gewebespezifität angesehen werden: Defekte in essentiellen und ubiquitär exprimierten Genen führen zu einem Phänotyp, der nur wenige Zelltypen betrifft. Um Einblicke in diesen außergewöhnlichen Pathomechanismus zu erhalten, wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit ein Tiermodell für Spleißfaktor-vermittelte RP im Zebrafisch Danio rerio etabliert. Zunächst wurde gezeigt, dass eine RP verursachende Punktmutation des Spleißfaktors Prpf31 auch in dessen Zebrafisch-Homolog zu einem Verlust der physiologischen Aktivität führt. Als Modell für die Prpf31-Mangelsituation diente dann die durch ein Antisense-Morpholino induzierte partielle Reduktion der Prpf31-Expression in Zebrafischlarven. Konsistent mit einem RP-Phänotyp zeigte sich in diesen Larven eine starke Beeinträchtigung des Sehvermögens. Sie wurde – ebenfalls analog zu RP – durch defekte Photorezeptoren verursacht, die bei ansonsten normal entwickelter Retina eine deutlich veränderte Morphologie aufwiesen. Daraufhin konnten in einer genomweiten Transkriptomanalyse der Augen von Prpf31-defizienten Larven erstmals in vivo photorezeptorspezifische Gene identifiziert werden, deren Expression durch den Mangel an Prpf31 beeinträchtigt war. Im zweiten Teil der Arbeit wurde untersucht, ob es neben den bereits bekannten RP-Krankheitsgenen weitere Spleißfaktoren gibt, deren Defekt die Degeneration von Photorezeptoren auslösen kann. Dazu wurde in Zebrafischlarven ein Mangel an Prpf4 erzeugt, einem Spleißfaktor, der bislang nicht mit RP in Verbindung gebracht worden war. Der Phänotyp dieser Fische war nicht von dem des Prpf31 RP-Modells zu unterscheiden. Dies lieferte einen Hinweis darauf, dass auch Defekte in Prpf4 in der Lage sein könnten, RP auszulösen. Tatsächlich konnte durch genetisches Screening ein RP-Patient mit einer Punktmutation in Prpf4 identifiziert werden (Kollaboration mit Hanno Bolz, Universität Köln). Die biochemische Analyse dieser Mutation zeigte, dass sie zu einem Defekt der Integration von Prpf4 in spleißosomale Untereinheiten und zu dessen Funktionsverlust in vivo führt. Mit dem in dieser Arbeit etablierten Tiermodell konnte zum ersten Mal in vivo ein von Spleißfaktor-Mutationen verursachter Pathomechanismus von Retinitis pigmentosa nachvollzogen werden. Die vom Prpf31-Mangel betroffenen Photorezeptortranskripte stellen vielversprechende Kandidaten für die Vermittlung der Gewebespezifität dar und unterstützen die Hypothese, dass ihre ineffiziente Prozessierung den RP-Phänotyp auslöst. Die Entdeckung eines weiteren Spleißfaktors, dessen Defizienz ebenfalls zu defekten Photorezeptoren führt, zeigt, dass offenbar der Funktionsverlust des Spleißosoms generell in der Lage ist, die Degeneration dieser Zellen zu verursachen. Dies ist nicht zuletzt auch von klinischer Relevanz, da vermutet werden kann, dass sich unter den vielen bisher nicht identifizierten RP-Krankheitsgenen weitere Spleißfaktoren befinden.