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Phonologische Bewusstheit stellt die Kompetenz dar, Sprache in kleinere Einheiten wie einzelne Silben und Phoneme untergliedern zu können. Sie ist damit eine wichtige Vorläuferfertigkeit für den Schriftspracherwerb.
Die vorliegende Arbeit untersucht die Entwicklung der phonologischen Bewusstheit während des letzten Kindergartenjahres. Zum einen werden die faktorielle Struktur und die Messinvarianz der phonologischen Bewusstheit im Verlauf des letzten Kindergartenjahres analysiert. Als zweiter Aspekt werden die wechselseitigen Zusammenhänge der phonologischen Bewusstheit mit weiteren phonologischen, frühen schriftsprachlichen und sprachlichen Kompetenzen im Vorschulalter untersucht. Der dritte Aspekt bezieht sich auf die institutionelle Förderung phonologischer Bewusstheit bei Vorschulkindern im Kindergarten. Hier werden die Effekte einer expliziten Förderung durch das Trainingsprogramm „Hören, lauschen, lernen“ (Küspert & Schneider, 2018) und einer impliziten Förderung im Kindergartenalltag sowie inzidentelle Einflüsse durch Erwartungseffekte untersucht.
Zur Untersuchung der Fragestellungen wurde ein längsschnittliches Design mit zwei Messzeitpunkten zu Beginn und Ende des letzten Kindergartenjahres verwendet. Die Stichprobe umfasste 390 Vorschulkinder. Für die statistischen Analysen wurden im Wesentlichen Strukturgleichungsmodelle verwendet.
Die Ergebnisse zur Struktur der phonologischen Bewusstheit zeigten Schwierigkeiten bei der längsschnittlichen Abbildung des Konstrukts im Vorschulalter. Da die Tests zur Erfassung der phonologischen Bewusstheit im weiteren Sinne (auf Reim- und Silbenebene) Deckeneffekte aufwiesen und sich im Vorschulalter insbesondere die phonologische Bewusstheit im engeren Sinne (auf Phonemebene) entwickelt, wurde das latente Konstrukt der phonologischen Bewusstheit im Weiteren ausschließlich durch Messverfahren zur Erfassung der phonologischen Bewusstheit im engeren Sinne modelliert. Zudem ließ sich lediglich schwache Messinvarianz etablieren, sodass die Befunde auf einen qualitativen Wandel des Konstrukts während des letzten Kindergartenjahres hindeuten.
Die Befunde zu Zusammenhängen der phonologischen Bewusstheit mit weiteren phonologischen, frühen schriftsprachlichen und sprachlichen Kompetenzen ergaben komplexe wechselseitige Effekte. Die phonologische Bewusstheit sagte dabei die Entwicklung früher schriftsprachlicher Kompetenzen vorher, während sich die Entwicklung der phonologischen Bewusstheit selbst auch durch grammatikalische Kompetenzen erklären ließ.
Bei den Analysen zur Förderung der phonologischen Bewusstheit im Vorschulalter war insbesondere die explizite Förderung durch „Hören, lauschen, lernen“ (Küspert & Schneider, 2018) effektiv. Für die Effektivität des Programms waren zudem die Implementationsbedingungen im Kindergarten relevant. Hier erwies sich vor allem eine vorherige Schulung der Erzieher(innen) als positiv sowie auch eine Abweichung vom Manual in organisatorischer Hinsicht, sodass das Training nicht täglich, sondern mehrmals pro Woche in größeren Abschnitten stattfand. Auf die implizite Förderung der phonologischen Bewusstheit konnte lediglich indirekt über das Wissen der Erzieher(innen) über Sprach- und frühe Schriftsprachförderung geschlossen werden. Das Wissen der Erzieher(innen) über die Förderung phonologischer Bewusstheit war dabei nicht von Bedeutung für die Kompetenzentwicklung der Kinder. Stattdessen wirkte sich das Wissen über sprachliche Fördermaßnahmen, insbesondere bezüglich Maßnahmen bei Aussprachstörungen, günstig auf die Entwicklung der phonologischen Bewusstheit aus. Neben Effekten einer expliziten und impliziten Förderung der phonologischen Bewusstheit waren auch inzidentelle Effekte aufgrund der Urteile der Erzieher(innen) über die Kompetenzen der Kinder nachweisbar. Auch hier wirkten sich die Einschätzungen der sprachlichen Kompetenzen in den Bereichen Aussprache, Wortschatz und Grammatik auf die Entwicklung der phonologischen Bewusstheit aus, während die Einschätzung der phonologischen Bewusstheit selbst durch die Erzieher(innen) die weitere Entwicklung nicht vorhersagen konnte.
Insgesamt sprechen die Befunde für komplexe Zusammenhänge der phonologischen Bewusstheit mit weiteren phonologischen, frühen schriftsprachlichen und sprachlichen Kompetenzen, die auch bei der Konzeption von Fördermaßnahmen berücksichtigt werden sollten.
Die Entwicklung mathematischer Kompetenzen beginnt bereits vor Schuleintritt und wird durch viele Faktoren beeinflusst. In der vorliegenden Arbeit wird primär untersucht, ob die phonologische Bewusstheit als (meta-)sprachliche Kompetenz auch für die frühe mathematische Kompetenzentwicklung bedeutsam ist und ob sich bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund vergleichbare Zusammenhänge finden lassen. Ein weiterer Schwerpunkt bildet die Überprüfung von differenziellen Effekten von ausgewählten, mathematischen Vorschultrainings sowie eines Trainings der phonologischen Bewusstheit auf die mathematischen Kompetenzen unter Berücksichtigung des Migrationshintergrundes. Die statistischen Analysen basieren auf einer Stichprobe von über 370 Kindern, die im Verlauf der Längsschnittstudie zu vier Messzeitpunkten, jeweils am Beginn und Ende des Vorschul- bzw. ersten Schuljahres, untersucht wurden. Durch Berechnung hierarchischer Regressionsanalysen ließ sich global kein zusätzlicher Erklärungsbeitrag der phonologischen Bewusstheit neben den mathematischen Ausgangskompetenzen feststellen. Der Vergleich der beiden Migrationsgruppen ergab keine strukturellen Unterschiede. Die Überprüfung von spezifischen Effekten durch mathematische Vorschulprogramme (Krajewski et al., 2007; Friedrich & de Galgóczy, 2004; Preiß, 2004, 2005) und von unspezifischen Effekten durch ein Training der phonologischen Bewusstheit und der Buchstaben-Laut-Zuordnung (Küspert & Schneider, 2008; Plume & Schneider, 2004) auf die mathematischen Kompetenzen lieferte nur vereinzelt positive Effekte, die jedoch bei Berücksichtigung von individuellen und familiären Kontrollvariablen reduziert wurden. Die Generalisierbarkeit der Ergebnisse ist durch die komplexe Datenstruktur verbunden mit kleinen Stichprobengrößen in den jeweiligen Faktorenstufen limitiert. Insgesamt ermöglicht die vorliegende Arbeit eine differenzierte Betrachtung der mathematischen Kompetenzentwicklung bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund und liefert wichtige Implikationen für Forschung und Praxis.
Programmansätze und deren Einsatz in vorschulisch, schulisch und außerschulisch bildenden Kontexten erfreuen sich der zunehmenden Beliebtheit. Ein breites und nicht nachlassendes Interesse in Forschung und Praxis kommt insbesondere vorschulischen Trainingskonzepten zuteil, denen das Potenzial zugesprochen wird, später auftretenden Schwierigkeiten beim Erwerb der Schriftsprache wirksam vorzubeugen.
Das Würzburger Trainingsprogramm »Hören, lauschen, lernen« stellt einen konzeptionell auf schriftspracherwerbstheoretischen Annahmen fundierten und mit mehreren evaluierenden Studien erprobten Trainingsansatz dar. Dieser bezweckt, Kindern den Erwerb des Lesens und Schreibens zu erleichtern. Dem Anspruch, späteren Lese-Rechtschreibschwierigkeiten effektiv vorzubeugen, unterliegt die vorschulische Förderung bereichsspezifischer Kompetenzen des Schriftspracherwerbs, insbesondere der Kompetenz phonologische Bewusstheit. Die Förderung wird optimal ausgeschöpft, sofern Empfehlungen einer qualitativen Implementierung umgesetzt werden, die als Manualtreue, Durchführungsintensität, Programmdifferenzierung, Programmkomplexität, Implementierungsstrategien, Vermittlungsqualität und Teilnehmerreaktion spezifiziert sind.
Zunehmend diskutiert sind in der Trainingsforschung, neben der theoretischen Fundierung und dem zu erbringenden Nachweis an empirischer Evidenz von Programmansätzen, Kriterien der Praxistauglichkeit. Daher befasst sich die vorliegende Arbeit mit der Frage der Programmrobustheit gegenüber Trainereffekten. Es nahmen 300 Kinder an dem Würzburger Trainingsprogramm teil und wurden 64 Kindern gegenübergestellt, die dem regulären Kindergartenprogramm folgten. Angeleitet durch das erzieherische Personal fand das 5-monatig andauernde Training innerhalb des Vorschuljahres statt. Die kindliche Entwicklung in den bereichsspezifischen Kompetenzen der phonologischen Bewusstheit und der Graphem-Phonem-Korrespondenz wurde vor und nach der Trainingsmaßnahme sowie zum Schulübertritt und in den Kompetenzen des Rechtschreibens und Lesens zum Ende des ersten Schuljahres untersucht. Es ließen sich unmittelbar und langfristig Trainingseffekte des eingesetzten Programmes nachweisen; indessen blieb ein Transfererfolg aus.
Der Exploration von Trainereffekten unterlag eine Eruierung der Praxistauglichkeit des Trainingsprogrammes anhand der erfolgten Implementierung durch das anleitende erzieherische Personal. Aus der ursprünglich mit 300 Kindern aus 44 involvierten Kindergärten bestehenden Datenbasis wurden drei Subgruppen mit insgesamt 174 Kindern aus 17 Kindergärten identifiziert, bei denen deutliche Diskrepanzen zu unmittelbaren, langfristigen und transferierenden Effekten des Trainingsprogrammes auftraten. Exploriert wurden Unterschiede in der Durchführung, um Rückschlüsse auf qualitative Aspekte der Programmimplementierung zu ziehen. Die Befunde des Extremgruppenvergleichs deuteten an, dass weniger Aspekte der Manualtreue und Durchführungsintensität ausschlaggebend für die Programmwirksamkeit waren; vielmehr schien für die Wirksamkeit des Trainingsprogrammes die Implementierung in der Art und Weise, wie die Trainingsinhalte den Kindern durch das erzieherische Personal vermittelt waren, entscheidend zu sein. Befunde zur eruierten Teilnehmerreaktion, die auf differenzielle Fördereffekte verweisen, stellten die Trainingswirksamkeit insbesondere für Kinder heraus, bei denen prognostisch ein Risiko unterstellt war, später auftretende Schwierigkeiten mit der Schriftsprache zu entwickeln. Ferner zeichnete sich ab, dass neben der Qualität der Programmimplementierung scheinbar auch Unterschiede in der schulischen Instruktionsmethode des Lesens und Schreibens einen nivellierenden Einfluss auf den Transfererfolg des Programmes ausübten. Theoretische und praktische Implikationen für den Einsatz des Trainingsprogrammes wurden diskutiert.