TY - THES A1 - Müller, Jochen T1 - Psychophysiologische Reaktivität bei Alexithymie : ein experimenteller Beitrag zur Validierung des Alexithymiekonstruktes T1 - Psychophysiological reactivity in Alexithymia. An experimental contribution to the validation of the construct of Alexithymia. N2 - Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, einen Beitrag zu leisten zur Klärung der Beziehung zwischen Alexithymie und den subjektiven und physiologischen Reaktionen auf emotionale Situationen. Kern des Persönlichkeitsmerkmals ‘Alexithymie’ ist die Schwierigkeit, eigene Gefühle zu identifizieren und anderen mitzuteilen (Bagby & Taylor, 1999a). Ähnlich wie bei anderen Formen emotionaler Hemmung wurde auch bei Alexithymie eine erhöhte physiologische Reaktivität angenommen, die auch mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko verbunden sein soll (Stress-Alexithymie Hypothese, Martin & Pihl, 1985). Demnach führt eine in Stresssituationen durch mangelnde Emotionsregulation erhöhte und verlängerte physiologische Aktivität bei alexithymen Personen zu körperlichen Erkrankungen. In der Entkopplungshypothese (Papciak, Feuerstein & Spiegel, 1985) geht man bei Alexithymie unspezifischer als bei der Stress-Alexithymie Hypothese von einer Dissoziation der physiologischen Aktivität und den subjektiven Angaben zu Gefühlen oder emotionaler Erregung aus. Zu diesen Hypothesen liegen jedoch nur wenige und zudem widersprüchliche empirische Befunde vor. Die zentrale Frage der vorliegenden Arbeit lautete daher, ob sich hoch und niedrig alexithyme Personen in ihren subjektiven und physiologischen Reaktionen auf emotionale und belastende Situationen unterscheiden. Dazu wurde je eine experimentelle Untersuchung mit gesunden Probanden (n=43) und mit Patienten einer psychosomatischen Klinik (n=82) durchgeführt. Alle Probanden wurden nach der 20-Item Toronto-Alexithymieskala (Bagby, Parker & Taylor, 1994) in hoch und niedrig alexithyme Personen eingeteilt. Nach der Induktion von Emotionen und Belastungen (durch Filmausschnitte, Hyperventilation und einen modifizierten Stroop-Test) wurden die Reaktionen der Versuchspersonen hinsichtlich ihrer Gefühle, Körperempfindungen und physiologischen Parameter erfasst. Wie erwartet berichteten hoch alexithyme Gesunde und besonders Patienten im Vergleich zu niedrig Alexithymen stärkere negative Emotionen (v.a. Angst) und in einigen Bereichen stärkere körperliche Empfindungen im tonischen Niveau (vor der Emotionsinduktion). Jedoch ergaben sich entgegen den Erwartungen keine Gruppenunterschiede in den physiologischen Variablen. Durch Darbietung von Filmausschnitten wurden die Zielemotionen Traurigkeit und Ärger in ausreichender Stärke induziert. Während der Filme zeigten hoch Alexithyme stärkere Angst als niedrig Alexithyme. Signifikante Unterschiede zwischen hoch und niedrig alexithymen Personen in den Zielemotionen der Filmausschnitte oder anderen Emotionen fanden sich jedoch nicht. Allerdings beurteilten in beiden Untersuchungen weniger hoch als niedrig alexithyme Personen die Zielemotion Traurigkeit als stärkste Emotion während der traurigkeitsinduzierenden Filme. Hoch alexithyme Gesunde und stärker noch Patienten berichteten stärkere körperliche Empfindungen sowie größere Schwierigkeiten, ihre Gefühle während der Filmausschnitte in Worte zu fassen. Signifikante Unterschiede in der physiologischen Reaktivität auf die Filmausschnitte waren jedoch nicht nachweisbar. Vergleichbare Ergebnisse wie bei der Emotionsinduktion zeigten sich ebenfalls bei körperlicher und kognitiver Belastung. Die Befunde der vorliegenden Untersuchungen gelten damit für emotionale Situationen sowie auch für körperliche und kognitive Belastungen. Weder die Vorhersagen der Stress-Alexithymie Hypothese noch die der Entkopplungshypothese konnten in den vorliegenden Untersuchungen bestätigt werden. Ingesamt sprechen die Befunde daher dafür, dass eine mögliche höhere Vulnerabilität alexithymer Personen für körperliche Krankheiten nicht auf eine verstärkte physiologische Reaktivität auf spezifische emotionale Situationen zurückzuführen ist. Die Ergebnisse weisen allerdings auf eine in der Entkopplungshypothese nicht postulierte Dissoziation zwischen der objektiv messbaren und der wahrgenommenen physiologischen Reaktivität bei hoch alexithymen Patienten hin. Die stärkere Fokussierung auf körperliche Empfindungen lässt einen verstärkten Bericht körperlicher Symptome sowie ein verstärktes Krankheitsverhalten dieser Patienten erwarten. N2 - Alexithymia describes a set of characteristics which are believed to reflect deficits in the processing and regulation of emotions. The core characteristics are a difficulty identifying one's own feelings and communicating them to others. Several studies show a relationship between alexithymia and illness. A possible mechanism is postulated in the ‘Stress-Alexithymia Hypothesis' (Martin & Phil, 1985): an inadequate regulation of emotions in stressful situations leads to a heightened and prolonged physiological activity, which in turn causes physical illness. The present study tested the predictions of this hypothesis in a non-clinical and a clinical sample. It was examined if high and low alexithymic patients differ in the tonic level and their reactions with regard to their subjective feelings and physiological variables. A sample of 43 non-patients was divided into high (n=19) and low (n=24) alexithymics according to a median-split of the total score of the 20-item Toronto Alexithymia Scale (TAS-20). Additionally, out of a sample of 347 inpatients of a large hospital for psychosomatic disorders, 82 patients with a mean age of 48 years were selected for high (n=39) or low (n=43) alexithymia using the TAS-20. Emotions as well as bodily and mental stress were induced using films, hyperventilation, and an emotional Stroop-task. Heart rate and skin conductance level were continuously recorded. Patients rated their actual emotional and physical state. During the films the alexithymic group reported significantly more difficulty expressing their feelings and a higher intensity of physical sensations. However, there were no significant differences between the two alexithymia groups with regard to the emotional and physiological responses to the films and the tasks. It is concluded that a supposed higher susceptibility of alexithymic individuals to physical disease seems not to be linked to higher physiological responses to specific emotional situations. However, an increased illness behaviour is expected in alexithymic patients. KW - Alexithymie KW - Psychophysiologische Reaktion KW - Alexithymie KW - Physiologie KW - Reaktivität KW - TAS KW - Emotion KW - Alexithymia KW - Physiology KW - Reactivity KW - TAS KW - Emotion Y1 - 2003 UR - https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/opus4-wuerzburg/frontdoor/index/index/docId/656 UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bvb:20-opus-7575 ER -