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Justus Heck untersucht vergleichend Formen der Konfliktvermittlung in segmentären Gesellschaften einerseits und funktional differenzierten Gesellschaften andererseits. Während in gering differenzierten sozialen Systemen diese selbst als implizite Dritte fungieren, unabhängig davon, ob konkrete Personen schlichtend intervenieren, und die Vermittlung ritualhafte Züge trägt, ermöglichen funktional differenzierte Gesellschaften verfahrensförmige, formalisierte und professionalisierte Vermittlungen.
Über Eskalation
(2024)
Das Phänomen der Eskalation von Auseinandersetzungen zwischen Konfliktparteien ist seitens der Philosophie und Ethik bislang kaum untersucht worden. Dietmar Hübner nimmt sich dieses Desiderates an und analysiert die normative Tiefenstruktur von Eskalationen als Schlüssel zu einem Verständnis der Stabilität eskalierender Konflikte, ihrer psychosozialen Dynamik sowie paradoxal erscheinender Ausdrucksformen.
Martin Dinges’ Konzept der „Justiznutzung“ meint eine Instrumentalisierung der Justiz beispielsweise mittels einer gleichzeitigen oder alternativen Nutzung verschiedener justizförmiger Angebote nach Opportunitätskriterien. Ausgehend von diesem Konzept, ermittelt er Gemeinsamkeiten mit und Differenzen zu der Nutzung medizinischer Angebote in der europäischen Frühmoderne.
Jutta Kneisel, Anna K. Loy, Oliver Nakoinz und Stefanie Schaefer-Di Maida formulieren ein Modell, das verschiedene Stufen der Eskalation und der Deeskalation von Konflikten unterscheidet, und untersuchen für die Südzone des Nordischen Kreises sowie für Polen, wie die Deeskalationsstufen in der materiellen Kultur der Bronze- und frühen Eisenzeit – von einzelnen Objekten bis hin zur Umgestaltung von Landschaften – Ausdruck fanden.
Raimund Karl diskutiert Konfliktlösungsmodi, wie sie üblich waren während der allmählichen Herausbildung (staatlicher) Zentralgewalten in Europa. Die frühen europäischen Rechtssysteme bestanden in der Explikation mündlich tradierter oder der Verschriftlichung lokal konstituierter Rechtsverständnisse, für die trotz der entstehenden Zentralgewalten vor allem Selbsthilfemechanismen maßgebend waren.
Auf der Suche nach Frieden. Zur Gestaltung von Nachkriegsordnungen – eine archäologische Spurensuche
(2024)
Ein in der archäologischen Konfliktforschung bislang wenig beachtetes Thema, die Geschehnisse nach Kampfhandlungen und die Etablierung einer Nachkriegsordnung, verbunden mit der Entstehung symbolischer Landschaften als Element einer Erinnerungskultur, behandelt Stefan Burmeister, der unter anderem die Ereignisse nach dem sog. Karfreitagsgefecht der Bundeswehr am 2. April 2010 in Afghanistan und die Rolle der materiellen Kultur in diesem Kontext analysiert.
Lotta Mayer fragt nach akephalen Konfliktkonstellationen in Gesellschaften, in denen entweder eine Zentralgewalt zwar existiert, jedoch faktisch nicht willens bzw. nicht in der Lage ist, Konflikte zu regulieren, oder aber den Konfliktparteien selbst daran gelegen ist, ein Eingreifen der Zentralgewalt durch klandestines Handeln zu verhindern, und sie deshalb auf Formen der Selbstregulation von Konflikten zurückgreifen
In einer ethnologisch-vergleichenden Perspektive zeigt Christoph Antweiler auf, dass auch in nichtindustriellen Gesellschaften Gewaltlosigkeit aktiv hergestellt werden muss, welche Ressourcen und kulturellen Kompetenzen dazu erforderlich sind und welche Rolle dritte Personen oder Instanzen dabei spielen können. Mechanismen gewaltfreier Konfliktregelung beschreibt er anhand des Fallbeispiels der Semai in Malaysia.
Auf der Grundlage einer quantitativen Analyse untersucht Hans-Jürgen Brandt Konfliktlösungen und deren Wandel unter der Bedingung des Rechtspluralismus in andinen Gemeinschaften Perus und Ecuadors. Die indigene Justiz ist einerseits wegen ihrer friedensstiftenden und integrativen Funktion angesehen, sie ist andererseits aber nicht universalistisch orientiert und steht, beispielsweise im Hinblick auf Körperstrafen, zuweilen in Widerspruch zu den Menschenrechten.
Ebenfalls ethnologisch-vergleichend befasst sich Jürg Helbling mit dem Einfluss bestimmter Drittparteien auf den Verlauf tribaler Kriege: den Alliierten einer Lokalgruppe, die sie im Kampf gegen einen Feind unterstützen, und einem gemeinsamen Feind, gegen den sich zwei Lokalgruppen verbünden. Beide Typen von Drittparteien beeinflussen nicht nur die Einhegung oder Beilegung von Gewaltkonflikten, sie können auch zu ihrer Verlängerung und Verschärfung beitragen.