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Ziel dieser Studie war es, zu untersuchen, ob dendritische Zellen eine Rolle beim ischämischen Schlaganfall spielen. Zur Beantwortung dieser Fragestellung wurde ein Mausmodell gewählt, in dem es nach Administration von Diphterietoxin zur selektiven Depletion CD11c positiver Zellen kommt (C.FVB-Tg(Itgax-DTR/EGFP)57Lan/J). Hierbei wird der Diphterietoxinrezeptor unter dem CD11c Promotor (ITGAX) exprimiert. Aufgrund der Wiederherstellung dendritischer Zellen nach ca. 24 Stunden waren wiederholte Applikationen von Diphterietoxin notwendig. Die Zusammensetzung anderer Immunzellen wurde dabei im Wesentlichen nicht geändert.
Für eine Schlaganfallinduktion wurde eine tMCAO (transient middle cerebral artery occlusion) durchgeführt. Hierbei wird durch Okklusion der A. cerebri media mittels Verschlussfilament für 30 oder 60 Minuten ein Schlaganfall im Mediastromgebiet induziert.
Es wurden unterschiedliche Verschlusszeiten, Zeitpunkte und Depletionsraten untersucht. In keinem der Versuchsansätze kam es zu einer signifikanten Veränderung des Schlaganfallvolumens nach Depletion CD11c positiver Zellen.
Mittels quantitativer real-time PCR wurde die Expression unterschiedlicher Zytokine nach tMCAO und CD11c-Depletion untersucht. An Tag 1 nach Schlaganfallinduktion und hoher Depletionsrate ergab sich eine Verminderung der Expression von IL-1β und IL-6, während an Tag 3 und niedriger Depletionsrate die Expression dieser Zytokine nach CD11c-Depletion zunahm. Grund hierfür könnte die Expression dieser Zytokine durch andere Zellen des Immunsystems, wie etwa neutrophile Granulozyten oder Mikroglia/Makrophagen sein, die möglicherweise einer regulatorischen Funktion durch die Interaktion von Dendritischen Zellen und regulatorischen T-Zellen unterliegen. Weitere experimentelle Ansätze sind notwendig, um diese Fragestellung beantworten zu können.
TGF-β zeigte durchgehend in allen Versuchsanordnungen eine verminderte Expression nach der Depletion dendritischer Zellen. Es ist naheliegend, dass dieses neuroprotektiv-regulatorische Zytokin direkt einer Produktion durch dendritische Zellen oder von nachfolgend aktivierten T-Zellen unterliegt.
In immunhistochemischen Studien konnte des Weiteren keine Änderung des Immigrationsverhaltens von CD11b+ Zellen ins Gehirn gesehen werden.
Diese Studie unterliegt jedoch einigen Limitationen. So stellte sich im Laufe der Experimente heraus, dass die wiederholte Applikation von Diphterietoxin zu einer erhöhten Mortalität der Versuchstiere führte. Nach Fertigstellung der Experimente erschien hierzu eine Publikation, welche die wiederholte Administration von DTX und die Entwicklung einer Myokarditis im gewählten Mausmodell in Zusammenhang brachte.
Die hohe Mortalität und hohe Rate an Langzeitbehinderungen nach einem erlittenen Schlaganfall verdeutlichen die Relevanz bestmöglicher Akutversorgung bei Schlaganfallpatienten. Daher ist es unentbehrlich, dass die Akuttherapie bei Schlaganfall stets überprüft und bei Bedarf optimiert wird. Der Großteil der Studien, die sich mit Verbesserungsmaßnahmen in der akuten Schlaganfallversorgung befassen, wird in großen städtischen Krankenhäusern bzw. Universitätsklinika durchgeführt. Studien zu diesem Sachverhalt, die in ländlichen Kliniken durchgeführt wurden, sind noch begrenzt vorhanden. Mit dieser Studie evaluieren wir, ob sich durch die Implementierung neuer Optimierungsmaßnahmen Verbesserungen in den relevanten Qualitätsindikatoren ergeben. Die Ergebnisse sind daher von besonderer Bedeutung, da es für nicht-universitäre Kliniken nur eine begrenzte Anzahl an Studien gibt, die sich mit dieser Thematik beschäftigen.
Bei einem ischämischen Schlaganfall bestehen neben dem Verlust von neuronalen Zellen auch dysfunktionale Signale, die sich pathologisch auf die tieferen motorischen Zentren des zentralen Nervensystems auswirken können. Mittels tiefer Hirnstimulation kann die Weiterleitung pathologischer Signale im Bereich des neuronalen Netzwerks unterbrochen werden. In dieser Arbeit wurde ein Tiermodell verwendet, in welchem bei insgesamt 18 Ratten ein photothrombotischer Schlaganfall des rechten sensomotorischen Kortex induziert wurde. Nachdem bei jedem Tier eine Mikroelektrode in den Bereich des pedunkulopontinen tegmentalen Nucleus implantiert worden war, wurde eine kontinuierliche tiefe Hirnstimulation über 10 Tage durchgeführt. Die Gegenüberstellung der Fall- und Kontrollgruppe im Beam-Walking- und Ladder-Rung-Walking-Test ergab hierbei keine Verbesserung der motorischen Defizite durch die Intervention. Das Ergebnis lässt sich vor dem Hintergrund neuerer Erkenntnisse einordnen, nach welchen der pedunkulopontine tegmentale Nucleus nicht für die Bewegungsinitiierung verantwortlich ist.
Die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten erfordert ein interdisziplinäres Vorgehen. Dies ist im klinischen Alltag oft nur schwer umsetzbar. Im Jahr 2011 wurde daher im Neurologischen Rehabilitationszentrum Quellenhof in Bad Wildbad ein spezielles Behandlungskonzept für Schlaganfallpatienten entwickelt. Mit dieser Studie sollte die Wirksamkeit dieses neuen Konzepts untersucht werden. Dabei wurde die Behandlung im Schlaganfallkonzept mit der bisher üblichen Behandlung verglichen. Zielparameter waren der Barthel-Index und die modifizierte Rankin-Skala bei Aufnahme und bei Entlassung. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl die bisherige Behandlung als auch die Behandlung im Schlaganfallkonzept effektiv sind. Im Schlaganfallkonzept konnte jedoch ein größerer Zugewinn an alltagsrelevanten Fähigkeiten erzielt werden; zudem berichteten Pflegekräfte und Therapeuten eine verbesserte Zusammenarbeit. Somit steigert das Schlaganfallkonzept nicht nur die Alltagskompetenz der Patienten, sondern auch den Wissenstransfer zwischen den Berufsgruppen und die Interdisziplinarität.
Beim ischämischen Schlaganfall führt ein thrombotischer Verschluss von gehirnversorgenden Arterien zu einer akuten Durchblutungsstörung, mit der Folge von neurologischen Defiziten. Primäres Therapieziel ist es, diese Blutgerinnsel aufzulösen, um die Sauerstoffversorgung des Gehirns wiederherzustellen und den ischämischen Hirnschaden zu begrenzen. Dazu stehen die intravenösen Thrombolyse mit rt-PA (rekombinanter Gewebe-Plasminogen-Aktivator) sowie die endovaskuläre mechanische Thrombektomie zur Verfügung. Häufig kann ein Schlaganfall, trotz erfolgreicher Rekanalisation der Gefäße, zu einer weiteren Größenzunahme des Infarktes und neurologischen Defiziten bei den Patienten führen. Diese Größenzunahme beruht zum einen auf einem sich entwickelnden Hirnödem und zum anderen auf entzündlichen Prozessen. Zahlreiche Hinweise deuten darauf hin, dass der Schlaganfall ein Zusammenspiel aus thrombotischen und entzündlichen Ereignissen ist, ein Phänomen, das als Thromboinflammation bezeichnet wird. Aufgrund der begrenzten Behandlungsmöglichkeiten ist die Entwicklung neuer Therapieansätze für den ischämischen Schlaganfall besonders wichtig. Agaphelin und Ixolaris sind Proteine aus den Speicheldrüsen von Hämatophagen, für welche in früheren Studien eine starke antithrombotische Wirkung bei gleichzeitig geringem Blutungsrisiko nachgewiesen wurde. Diese möglichen antithrombotischen Effekte wurden in dieser Studie im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit im Mausmodell der zerebralen Ischämie untersucht. Die Behandlung der Mäuse mit Agaphelin 1 Stunde nach transienter Okklusion der Arteria cerebri media (tMCAO) führte zu kleineren Schlaganfallvolumina und geringeren neurologischen Defiziten an Tag 1 nach dem Schlaganfall. Die Mortalität der Mäuse war bis Tag 7 deutlich gesunken. Aus klinischer Sicht ist ebenfalls relevant, dass der starke antithrombotische Effekt von Agaphelin im Mausmodell nicht mit einem erhöhten Risiko für intrazerebrale Blutungen einherging. Diesem protektiven Effekt von Agaphelin lagen eine verminderte intrazerebrale Thrombusbildung, eine abgeschwächte Entzündungsantwort und eine Stabilisierung der Blut-Hirn-Schranke sowie eine Reduzierung der Apoptose zugrunde. Nach der Gabe von Ixolaris 1 Stunde nach tMCAO waren zwar signifikant geringere Infarktgrößen messbar, diese führten allerdings nicht zu einer Verbesserung der neurologischen Defizite. Zudem verursachte die Gabe von Ixolaris schon 24 Stunden nach tMCAO erhebliche intrazerebrale Blutungen und auch die Mortalität der Mäuse war zu diesem Zeitpunkt bereits erhöht. Aufgrund dieser massiven Nebenwirkungen scheint Ixolaris kein geeigneter Kandidat für eine humane Anwendung zu sein. Bei Agaphelin hingegen könnte es
sich um einen vielversprechenden Kandidaten für die Behandlung des ischämischen Schlaganfalls handeln. Vor einer möglichen Testung von Agaphelin in klinischen Studien, sind weitere translationale Untersuchungen notwendig, um ein noch präziseres Verständnis für die Wirksamkeit und Sicherheit von Agaphelin zu gewinnen. Insgesamt stellt die Hemmung thromboinflammatorischer Prozesse, ohne eine Erhöhung der Blutungskomplikationen, eine vielversprechende Option zur Behandlung des ischämischen Schlaganfalls dar.
Prädiktion des Verschlusses großer intrakranieller Arterien anhand präklinischer Schlaganfallscores
(2021)
2015 konnte in mehreren Studien ESCAPE, EXTENDED IA, MR CLEAN, REVASCAT, SWIFT-PRIME eine signifikante Überlegenheit der mechanischen Thrombektomie verglichen mit der alleinigen i. v. Lysetherapie mit rtPA bezogen auf Revaskularisierung bei Patienten mit einer LVO (large vessel occlusion) nachgewiesen werden. Diese neue Therapiemöglichkeit erforderte eine Aufteilung der Patienten die von einer Thrombektomie profitieren (LVO) und der Patienten, die keiner Thrombektomie zugeführt werden können (nLVO). Die zentrale Fragestellung der Studie ist: Kann ein symptomorientierter Schlaganfallscore die Wahrscheinlichkeit eines großen intrakraniellen Gefäßverschlusses mit hinreichender Präzision vorhersagen und kann auf Basis dieser Vorhersage ein Patient direkt in ein übergeordnetes Schlagfanfallzentrum gebracht werden, obwohl sich dadurch eine Bridging Lysetherapie verzögern würde?
Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen führten wir eine monozentrische Querschnittstudie durch, in deren Rahmen 215 Patienten rekrutiert wurden. Die Rekrutierung erfolgte mittels eines aus Subitems bereits etablierter Schlafanfallscores (FAST, CPSS, LAPSS, 3ISS, RACE), zusammengesetzten Fragebogens. Die ausgefüllten Fragebögen wurde in Excel digitalisiert und mittels SPSS, Signifikanz und Odds Ratio berechnet. Anschließend wurde aus den signifikanten Subitems mit der höchsten Odds Ratio ein neuer einfach anzuwendender Schlaganfallscore, bestehend aus den präklinisch erhobenen Daten gebildet (Würzburg Score of Large Vessel Occlusions, WOLVE- Score). Weiter wurden Signifikanz, Odds Ratio, Sensitivität und Spezifität des WOLVE-Score mit denen der oben genannten etablieren Scores verglichen.
In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob zerebrale Mikroblutungen (CMB) bereits im frühen Verlauf nach ischämischem Schlaganfall (IS) oder Transitorisch-Ischämischer Attacke (TIA) mit kognitivem Abbau assoziiert sind und ob spezifische kognitive Domänen besonders betroffen sind. Der Vergleich zweier Probandengruppen mit IS/TIA und CMB bzw. IS/TIA ohne CMB hinsichtlich ihrer Ergebnisse in der neuropsychologischen Testbatterie CERAD ergab, dass CMB bereits sechs Monate nach dem zerebrovaskulären Ereignis mit einem kognitiven Abbau assoziiert sind. Multilokuläre CMB zeigen eine stärkere Auswirkung auf die Kognition als solche CMB, die in einer einzigen Hirnregion gefunden wurden. Zudem wurde eine signifikante Korrelation zwischen dem Grad der kognitiven Einschränkung und der Anzahl der CMB errechnet. Die separate Betrachtung derjenigen Testungen, welche das episodische Gedächtnis erfassen, zeigte eine Beeinträchtigung der Testpersonen beim Wiedererkennen von zuvor gelernten Wörtern. Bei der Untersuchung des semantischen Gedächtnisses der ProbandInnen fiel eine signifikant eingeschränkte phonematische Wortflüssigkeit auf, die semantische Flüssigkeit und das Benennen jedoch waren weniger betroffen. Die Domäne „Visuokonstruktive Fähigkeiten“ wurde ebenfalls in drei Untertests beurteilt. Hierbei zeigten sich keine Defizite der Testgruppe beim Abzeichnen der dargebotenen Figuren, die Reproduktion hingegen war signifikant gestört. Es zeigte sich keine CMB-bedingte Einschränkung der exekutiven Funktionen.
Die Rolle thromboinflammatorischer Vorgänge in der Pathogenese des ischämischen Schlaganfalls ist in den letzten Jahren immer mehr in den wissenschaftlichen Fokus gerückt. Plasmakallikrein (PK) spaltet von hochmolekularem Kininogen (KNG) Bradykinin (BK) ab und ist dadurch Ausgangspunkt des proinflammatorischen Kallikrein-Kinin-Systems (KKS). Zum anderen kann es den Gerinnungsfaktor XII (FXII) aktivieren, den Ausgangspunkt der intrinsischen Gerinnungskaskade. Es initiiert also sowohl inflammatorische als auch thrombotische Vorgänge. Daher wurde in dieser Arbeit der Effekt einer Blockade PKs in einem Mausmodell der fokalen zerebralen Ischämie untersucht – und zwar sowohl durch genetische Depletion als auch durch pharmakologische Blockade. Beide Ansätze brachten einen nachhaltigen protektiven Effekt in Bezug auf Infarktgrößen und funktionelles Outcome, ohne die Blutungsgefahr zu erhöhen.
In dieser Studie wurden Schlaganfallpatienten untersucht, die einen ausgedehnten Infarkt im Versorgungsgebiet der A.cerebri media erlitten und wegen Bewusstseinstrübung (sog. Maligner Mediainfarkt) auf der Neurologischen Intensivstation des Universitätsklinikums Würzburg im Zeitraum von 1991 bis 2005 behandelt wurde, um herauszufinden, welchen Einfluss eine operative Behandlung auf den kritisch erhöhten Hirnsdrucks zusätzlich zur konservativen Intensivtherapie auf Mortalität sowie langfristige Lebensqualität hatte. Insgesamt konnten die Daten von 292 Patienten ausgewertet werden, wovon 259 konservativ und 33 operativ behandelt worden waren. Es zeigte sich insgesamt, dass eine stillschweigende günstige Selektion für eine Trepanation sprach (jünger, eher keine Aphasie, weniger Komorbiditäten). Die Hemikraniektomie senkte die Mortalität in der Akutphase hochsignifikant (K: 22, 4%, T: 3,0%; p=0,009). Sie hatte erwartungsgemäß auch einen positiven Einfluss auf das Vigilanzniveau: die Quote von wachen Patienten war bei Entlassung der Trepanierten um 66% höher als bei Aufnahme, bei den konservativ Behandelten war sie nur um 33,3 % gestiegen. Das vorherrschende Symptom bei Aufnahme und Entlassung war eine motorische bzw. sensomotorische Hemiparese. Der Anteil der Aphasiker bei den 201 konservativ therapierten Patienten, die den stationären Aufenthalt überlebt haben, ist von bei Aufnahme 56,2% auf bei Entlassung 48,6% gesunken. Bei den 32 trepanierten Patienten ist er dagegen mit 50% gleich geblieben, obwohl 2/3 aller Patienten an der nicht-dominanten Hemisphäre operiert worden waren. Es war und ist auch nicht zu erwarten, dass eine Entlastung von Hirndruck qualitativ die hirninfarktbedingten Symptome beseitigt. Die Nachbefragung der Patienten fand im Schnitt 64,7 Monate nach erlittenem Mediainfarkt statt. Inzwischen waren von den 259 konservativ Behandelten 47,1% verstorben, von den 33 Hemikraniektomierten nur 24,2%. Die poststationäre Mortalität im weiteren Verlauf war anteilsmäßig gering (K: 24%, T: 21,2%). Die Überlebensdauer der Trepanierten war dreimal so lang wie die der nicht operierten (K: 11,6 Monate, T: 34,4 Monate). Diese Unterschiede im Langzeitüberleben sind wahrscheinlicher auf die geringeren Komorbiditäten der Trepanierten zurückzuführen, als auf die stattgehabte Operation an sich. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass die durch Trepanation frühzeitiger verbesserte Wachheit sich auch günstig auf lebensverkürzende Folgekomplikationen ausgewirkt haben könnte. In der Nachbefragung zeigte sich, dass bezüglich der erworbenen körperlichen Funktionsdefizite, gemessen am Barthel Index, zwischen den beiden Kollektiven kein signifikanter Unterschied bestand. Die ehemals konservativ behandelten Patienten kamen auf durchschnittlich 75, die trepanierten Patienten auf 60 von 100 Punkten. Im Lebensalltag schlägt sich dieser Unterschied von 15 Punkten relevant nieder, aber insgesamt liegen beide Patientenkollektive im Bereich einer leichten bis nicht vorhandenen Abhängigkeit. Die vergleichbaren Langzeitdaten von Patienten mit Mediainfarkt liegen in einem ähnlichen Bereich. Erstmalig werden hier Langzeitdaten solcher Patienten über die Lebensqualität vorgelegt, gemessen mit dem SF-36. Nachvollziehbar zeigte sich ein deutlicher Unterschied zur Lebensqualität der Durchschnittsbevölkerung, insbesondere im Bereich der körperlichen Belastbarkeit. Für uns unerwartet günstig fielen die Antworten auf der eher psychologischen Ebene aus. Es zeigten sich bei allen Punkten des SF-36 keine signifikanten Unterschiede zwischen dem konservativ behandelten und den hemikraniektomierten Patienten, so dass die Operation als solche keinen eigenständigen Einfluss auf die langfristige Lebensqualität nahm. Zusammengefasst verbesserte die osteoklastische Trepanation des raumfordernden malignen Mediainfarkts die Überlebenschance in der Akutphase signifikant, was mit inzwischen publizierten kontrollierten Studienergebnissen übereinstimmt. Der Langzeitverlauf nach überlebter Akutkrankheit gestaltet sich unabhängig von der Trepanation. Es gibt aufgrund der erworbenen Behinderung eine weiterhin relativ hohe längerfristige Sterblichkeit. Bemerkenswert ist, dass die Selbsteinschätzung der Lebensqualität von Patienten mit einer erheblichen infarktbedingen körperlichen Behinderung psychologisch-emotional nur geringfügig von der Selbstwahrnehmung in der nicht- behinderten Durchschnittsbevölkerung. Dass bedeutet, dass Spekulationen über die zukünftige Lebensqualität keinen Einfluss auf die Operationsindikation nehmen sollten.
Das Körperselbstgefühl stellt einen elementaren, jedoch selten beachteten Bestandteil unserer Wahrnehmung dar, ohne dass wir den Alltag nicht bewältigen könnten. Umso gravierender ist es, wenn dieses Selbstverständnis für den eigenen Körper oder für einen Körperteil durch z.B. einen Schlaganfall verloren geht. Die Grundlagen der Entstehung und der Störung des Körperselbstgefühles sind bisher nur teilweise bekannt. Diese Studie hat zwei Aspekte des Körperselbstgefühles bei Schlaganfallpatienten un-tersucht: die Störung der Puppenhandillusion als eine Unfähigkeit, eine Illusion der Zu-gehörigkeit einer Puppenhand zum eigenen Körper zu empfinden und Asomatognosie als eine spontane Störung des Zugehörigkeitsgefühles zur eigenen Hand. Mit der so genannten Puppenhandillusion (PHI) kann auf einfache Weise die Basis der Selbstidentifikation untersucht werden. Innerhalb kurzer Zeit entsteht bei dem Proban-den der Eindruck, eine vor ihm liegende Puppenhand gehöre zu ihm. Die PHI entsteht, wenn die eigene, für den Probanden verdeckte Hand und eine für den Probanden sicht-bare, direkt über der eigenen Hand platzierte, lebensgroße Puppenhand zeit- und orts-synchron an den Fingern mit Pinseln berührt und bestrichen werden. Es wurden 120 gesunde Probanden und 70 Schlaganfallpatienten an beiden Händen mit der PHI untersucht und das Vorhandensein der PHI durch einen anschließend beantworteten Fragebogen festgestellt. Zusätzlich wurden 64 Schlaganfallpatienten auf das Vorhandensein einer Asomatognosie hin untersucht. Eine Analyse der ischämischen Läsionen der Schlaganfallpatienten wurde mit den dif-fusionsgewichteten MRT-Bildern und frei im Internet erhältlicher Software durchge-führt. Die Ischämien wurden manuell als regions of interest (ROI) markiert und in den Standardraum des MNI152-Gehirns transformiert. Rechtshemisphärische Läsionen wurden über die Mittellinie gespiegelt. Es wurden Subtraktionsanalysen und ein voxel-based lesion-symptom mapping (VLSM) zur Feststellung der für die PHI und eine nor-male Somatognosie essentiellen Hirnregionen angewandt. Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) als reversible Läsionstechnik wurde über dem ventralen prämotorischen Kortex bei 8 Probanden durchgeführt. Erstmals wurde eine große Gruppe gesunder Probanden mit der PHI untersucht. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Auftreten der PHI in Bezug auf Alter, Geschlecht, Körperseite und Händigkeit. Die PHI konnte bei 86% der Probanden an beiden Händen induziert werden. Bei der rTMS-Untersuchung konnte nach Stimulation des prämotorischen Kortex keine signifikante Änderung des Illusionserlebnisses beobachtet werden. Eine kontraläsional gestörte PHI fand sich bei 11 (16%), eine bilateral gestörte PHI bei zusätzlich 7 (10%) der 70 Schlaganfallpatienten. Wir fanden Läsionsvoxel innerhalb der subkortikalen weißen Substanz in direkter struk-tureller Nähe zum prämotorischen, präfrontalen und parietalen Kortex sowie zur Insel-region, welche eine signifikante Assoziation mit kontraläsionaler bzw. beidseitiger PHI-Störung aufweisen. Eine kontraläsionale Asomatognosie wurde bei 18 (28%) von 64 Schlaganfallpatienten gefunden. Asomatognosie korrelierte nicht mit einer gestörten PHI- weder in der klini-schen Untersuchung noch hinsichtlich der Läsionslokalisation. Unsere Resultate sind vereinbar mit einer Rolle des prämotorischen Kortex und dessen subkortikalen Verbindungen, sowie parietaler Hirnregionen und der Inselregion bei der Entstehung der PHI. Bei Schlaganfallpatienten korrelierte eine Störung der PHI und eine Asomatognosie nicht miteinander, folglich gehen wir von zwei unabhängig voneinander bestehenden Mechanismen aus, denen verschiedene neuronale Netzwerke zugrunde liegen.