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Am westlichen Rand der sogenannten Windsheimer Bucht wurde in den Jahren 2012–2019 der Randbereich einer, nach allgemeiner Befundlage wohl nur kurzfristig bestehenden, Siedlung der älteren Linearbandkeramik ausgegraben. Herausragende Einzelbefunde sind ein vollständiger und ein baugleicher halber Grundriss eines Langhauses mit Y-Pfostenstellung. Anhand der keramischen Funde ist eine Einordnung an den Beginn der Phase Flomborn möglich, ältestbandkeramische Elemente sind allerdings noch deutlich vertreten. Somit liegt ein wichtiger Fundplatz für diesen Übergangsbereich vor. Radiocarbondaten stützen eine Datierung ins 51. Jh. v. Chr. Beobachtungen zur Verfüllungsgeschichte und Sedimentgenese an den hausbegleitenden Gruben lassen Erkenntnisse zur Bauweise erwarten.
No abstract available.
Archäobotanische Großrestuntersuchungen in der frühneolithischen Fundstelle Gallmersgarten-Mörlbach erbrachten, trotz geringer Fundmengen, ein zeittypisches Kulturpflanzenspektrum. Drei Getreidearten – Emmer (Triticum dicoccon), Einkorn (Triticum monococcum), Nacktgerste (Hordeum vulgare) –, eine Hülsenfrucht – Erbse (Pisum sativum) – und Lein (Linum usitatissmum) als Öl- und Faserpflanze fanden sich in den Proben, welche aus archäologischen Strukturen genommen wurden. Wildpflanzen wie Weißer Gänsefuß (Chenopodium album-Typ), Schwarzer Nachtschatten (Solanum nigrum) oder Gezähnter Feldsalat (Valerianella dentata) könnten durchaus die bandkeramische Küche bereichert haben. Als Besonderheit dürfte das Grannenfragment von Pfriemengras (Stipa) gelten, welches in den wohl offenen Wäldern in der Umgebung der Siedlung wuchs.
In Schönbach wurden im Rahmen der Erschließung eines Neubaugebiets Reste einer frühneolithischen Siedlung auf der „Aindlinger Terrassentreppe“ gefunden, die im Areal der Ausgrabung u. a. acht Hausgrundrisse, Öfen und zahlreiche Schlitzgruben umfassten. Sechs der Hausgrundrisse lassen durch Überlagerungen auf eine gewisse Siedlungskontinuität mit mindestens zwei Phasen schließen. Die Häuser entsprechen grundsätzlich in Ausrichtung und Aufbau dem Typus der Zeitstellung. Etwas aus dem Rahmen fallen jedoch die unterdurchschnittliche Größe der Häuser und der Siedlungsstandort mit einer Lage von etwa 460 m üNN und außerhalb der üblichen Lössböden.
Perlen aus grünem Gestein stellen eine regional sehr eng auf das östliche Südbayern begrenzte Besonderheit innerhalb der Linienbandkeramischen Kultur (LBK) dar. Mithilfe petrographischer und chemischer Analysen derartiger Stücke aus Stephansposching und Aiterhofen-Ödmühle können Chlorit und seltener Serpentinit als Rohmaterialien identifiziert werden. Dabei handelt es sich jeweils um ausgesprochen weiche Gesteine. Zwar ist eine Herkunft aus dem Bereich des Bayerischen Waldes – und somit aus der Nähe der Fundorte – möglich, kann aber nicht belegt werden.
Im Landkreis Regensburg, zwischen den Ortschaften Sünching und Riekofen wurde 2020/21 im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen eine Kreisgrabenanlage der späten Münchshöfener Kultur entdeckt. Die ovaloide, SSW-NNO-orientierte Anlage umspannte ehemals ein Areal von 110 × 70 m, wurde aber nur partiell ergraben. Sie besteht aus zwei großen Außengräben, zwei kleineren Innengräbchen, von denen eines als Palisadengräbchen identifiziert wurde, sowie aus drei Querriegeln. Die Außengräben deuten eine Zweiphasigkeit des Grabenwerks an. Ursprünglich wurde es mit Eingängen im Norden und Südosten angelegt. Der nördliche Eingang wurde später geschlossen und der südöstliche stark verkleinert. Eingangssituationen in den Innengräbchen ließen sich nicht beobachten.
Bemerkenswert ist das Riekofener Erdwerk dadurch, dass es über eine mehrphasige Innenbebauung verfügt. Hervorzuheben sind hierbei die Reste dreier NNW-SSO ausgerichteter Wandgräbchenbauten, von denen bayernweit nur wenige vergleichbare Exemplare bekannt sind. Ein weiterer, wenngleich nicht vollständig gesicherter Wandgräbchenbau findet sich am einstigen nördlichen Eingang der Anlage. Ferner konnten die Grundrisse dreier, wohl ebenfalls münchshöfenzeitlich datierender Pfostenbauten dokumentiert werden. Gebäude dieser Art finden ebenfalls nur wenige Vergleiche und stellen, wie die Wandgräbchenbauten eine wichtige Bereicherung des bisher bekannten Quellenbestands dar.
Für die Steinartefakte der ältesten Linearbandkeramik (LBK) liegen bisher kaum mikrofossile oder chemische Analysen zur Herkunftsbestimmung der Rohmaterialien vor, was das Bild der Rohmaterialversorgung auf einem sehr allgemeinen Niveau hält. Es werden die Rohmaterialanalysen des Inventars Langenbach-Niederhummel, Lkr. Freising, Obb., vorgestellt und mit dem bisherigen Forschungsstand diskutiert. Es zeigt sich die intensive Anbindung an das Revier des Ortenburger Raumes, was die Bedeutung der Isar als Verbindungsweg unterstreicht. Aufgrund der technologischen Analyse des Inventars ist von einer Produktion innerhalb der Siedlung auszugehen, was auf eine Selbstversorgung der Siedlung schließen lässt. Dies betont, dass sich die Siedlung in einer eher isolierten Position befand und es noch kein etabliertes Weitergabenetzwerk für Austauschprozesse gab. Mehrere Rohmaterialtypen weisen über das Verbreitungsgebiet der ältesten Linearbandkeramik hinaus. Vor allem die angezeigten transalpinen Verbindungen lassen sich durch weitere Beispiele in einen räumlichen und zeitlichen Kontext setzen. Die Ergebnisse bestätigen eine Kontinuität dieser Routen seit dem Mesolithikum, die sich nach der Linearbandkeramik auch in späteren neolithischen Phasen abzeichnen. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse stellt sich die Frage nach dem Mobilitätsfaktor, der ursächlich für solche Rohmaterialbezüge ist.
Im Rahmen bauvorgreifender Untersuchungen durch die Stadtarchäologie Straubing unter Leitung von Frau Ildiko Bősze konnten in den Jahren 2018 und 2019 im Südosten von Straubing, im Bereich des dortigen Wasserwerks, Teile einer älterlinienbandkeramischen Siedlung erfasst werden. Neben einigen Gruben und vier Hausgrundrissen kamen im nördlichen Bereich der Fläche die Überreste zweier Grubenöfen zu Tage, die hier ausführlich besprochen werden sollen. Als in den letzten Jahren selten anzutreffende Befundgattung und aufgrund ihrer auffällig unterschiedlichen Konstruktionsweisen mit und ohne Steinpflasterung bilden die beiden Straubinger Grubenöfen zwei interessante Untersuchungsobjekte. Mit der Verbreitung der Grubenöfen vom Rheinland bis zum Donauknie und der zeitlichen Beschränkung praktisch ausschließlich auf die LBK handelt es sich um ein Konstruktionsprinzip, das in der Zeit vor den ersten Ackerbauern und auch im anschließenden Mittelneolithikum nicht genutzt wurde (Pechtl 2008, 72–74). Es erscheint daher erstrebenswert, die Befunde sowie die anzusprechende Keramik aus den beiden Grubenöfen aufzuarbeiten und vorzulegen.
Bauvorgreifende Ausgrabungen für die Erweiterungen eines Baugebietes in der Gemeinde Postau, Lkr. Landshut, ergaben eine kleine Fundstelle der Michelsberger Kultur. Die Keramik aus drei Befunden datiert auf Basis formenkundlicher Überlegungen an den Übergang zwischen der Münchshöfener und der Altheimer Kultur. Funde dieser in Südostbayern verbreiteten Kulturstufen fehlen im Inventar jedoch vollständig.
Obwohl die Siedlung von Postau-Obere Gartenstraße südlich des Verbreitungsschwerpunktes der Michelsberger Kultur in Nordbayern liegt, fügt sie sich in eine Reihe bekannter Fundstellen im Isartal ein. Dies legt den Verdacht nahe, dass die Isar von den Trägern der Michelsberger Kultur als Verkehrsweg genutzt wurde.
Bauvorgreifende Ausgrabungen für die Erweiterungen eines Baugebietes in der Gemeinde Postau, Lkr. Landshut, ergaben eine kleine Fundstelle der Michelsberger Kultur. Die Keramik aus drei Befunden datiert auf Basis formenkundlicher Überlegungen an den Übergang zwischen der Münchshöfener und der Altheimer Kultur. Funde dieser in Südostbayern verbreiteten Kulturstufen fehlen im Inventar jedoch vollständig.
Obwohl die Siedlung von Postau-Obere Gartenstraße südlich des Verbreitungsschwerpunktes der Michelsberger Kultur in Nordbayern liegt, fügt sie sich in eine Reihe bekannter Fundstellen im Isartal ein. Dies legt den Verdacht nahe, dass die Isar von den Trägern der Michelsberger Kultur als Verkehrsweg genutzt wurde.
Erratum zu Thomas Richter, Die Michelsberger Fundstelle Postau-Obere Gartenstraße, S. 135–143 https://doi.org/10.25972/WUP-978-3-95826-219-5-135 in L. Husty / T. Link / J. Pechtl (Hrsg.), Neue Materialien des Bayerischen Neolithikums 4 – Tagung im Kloster Windberg vom 12. bis 14. November 2021. Würzburger Studien zur Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie 8 (Würzburg 2023). https://doi.org/10.25972/WUP-978-3-95826-219-5
Justus Heck untersucht vergleichend Formen der Konfliktvermittlung in segmentären Gesellschaften einerseits und funktional differenzierten Gesellschaften andererseits. Während in gering differenzierten sozialen Systemen diese selbst als implizite Dritte fungieren, unabhängig davon, ob konkrete Personen schlichtend intervenieren, und die Vermittlung ritualhafte Züge trägt, ermöglichen funktional differenzierte Gesellschaften verfahrensförmige, formalisierte und professionalisierte Vermittlungen.
Über Eskalation
(2024)
Das Phänomen der Eskalation von Auseinandersetzungen zwischen Konfliktparteien ist seitens der Philosophie und Ethik bislang kaum untersucht worden. Dietmar Hübner nimmt sich dieses Desiderates an und analysiert die normative Tiefenstruktur von Eskalationen als Schlüssel zu einem Verständnis der Stabilität eskalierender Konflikte, ihrer psychosozialen Dynamik sowie paradoxal erscheinender Ausdrucksformen.
Martin Dinges’ Konzept der „Justiznutzung“ meint eine Instrumentalisierung der Justiz beispielsweise mittels einer gleichzeitigen oder alternativen Nutzung verschiedener justizförmiger Angebote nach Opportunitätskriterien. Ausgehend von diesem Konzept, ermittelt er Gemeinsamkeiten mit und Differenzen zu der Nutzung medizinischer Angebote in der europäischen Frühmoderne.
Jutta Kneisel, Anna K. Loy, Oliver Nakoinz und Stefanie Schaefer-Di Maida formulieren ein Modell, das verschiedene Stufen der Eskalation und der Deeskalation von Konflikten unterscheidet, und untersuchen für die Südzone des Nordischen Kreises sowie für Polen, wie die Deeskalationsstufen in der materiellen Kultur der Bronze- und frühen Eisenzeit – von einzelnen Objekten bis hin zur Umgestaltung von Landschaften – Ausdruck fanden.
Raimund Karl diskutiert Konfliktlösungsmodi, wie sie üblich waren während der allmählichen Herausbildung (staatlicher) Zentralgewalten in Europa. Die frühen europäischen Rechtssysteme bestanden in der Explikation mündlich tradierter oder der Verschriftlichung lokal konstituierter Rechtsverständnisse, für die trotz der entstehenden Zentralgewalten vor allem Selbsthilfemechanismen maßgebend waren.
Auf der Suche nach Frieden. Zur Gestaltung von Nachkriegsordnungen – eine archäologische Spurensuche
(2024)
Ein in der archäologischen Konfliktforschung bislang wenig beachtetes Thema, die Geschehnisse nach Kampfhandlungen und die Etablierung einer Nachkriegsordnung, verbunden mit der Entstehung symbolischer Landschaften als Element einer Erinnerungskultur, behandelt Stefan Burmeister, der unter anderem die Ereignisse nach dem sog. Karfreitagsgefecht der Bundeswehr am 2. April 2010 in Afghanistan und die Rolle der materiellen Kultur in diesem Kontext analysiert.
Lotta Mayer fragt nach akephalen Konfliktkonstellationen in Gesellschaften, in denen entweder eine Zentralgewalt zwar existiert, jedoch faktisch nicht willens bzw. nicht in der Lage ist, Konflikte zu regulieren, oder aber den Konfliktparteien selbst daran gelegen ist, ein Eingreifen der Zentralgewalt durch klandestines Handeln zu verhindern, und sie deshalb auf Formen der Selbstregulation von Konflikten zurückgreifen
In einer ethnologisch-vergleichenden Perspektive zeigt Christoph Antweiler auf, dass auch in nichtindustriellen Gesellschaften Gewaltlosigkeit aktiv hergestellt werden muss, welche Ressourcen und kulturellen Kompetenzen dazu erforderlich sind und welche Rolle dritte Personen oder Instanzen dabei spielen können. Mechanismen gewaltfreier Konfliktregelung beschreibt er anhand des Fallbeispiels der Semai in Malaysia.
Auf der Grundlage einer quantitativen Analyse untersucht Hans-Jürgen Brandt Konfliktlösungen und deren Wandel unter der Bedingung des Rechtspluralismus in andinen Gemeinschaften Perus und Ecuadors. Die indigene Justiz ist einerseits wegen ihrer friedensstiftenden und integrativen Funktion angesehen, sie ist andererseits aber nicht universalistisch orientiert und steht, beispielsweise im Hinblick auf Körperstrafen, zuweilen in Widerspruch zu den Menschenrechten.