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Chirurgische Nahtmaterialien werden nach ihren Konstitutionsmerkmalen und deren geschichtlicher Entwicklung beschrieben. Hierbei wird gezielt auf die Entwicklung der physikalischen und biologischen Eigenschaften eingegangen. Nahtmaterialien sind das Ergebnis der Erfahrungen operativer Tätigkeiten seit 2000 v. Chr. und gezielter wissenschaftlicher Forschung seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Um 1500 v.Chr. ist die Wundnaht zum ersten Mal dokumentiert (Papyri Edwin Smith und Ebers, Ägypten). Man bediente sich jenerzeit vorwiegend der Leinenfäden oder ähnlicher Materialien zum Wundverschluss. Aus der Literatur sind Hinweise auf weitere Ausgangsmaterialien bekannt, die uns einen Einblick in die operativen Tätigkeiten chinesischer, indischer, ägyptischer, griechischer und römischer Ärzte vor hunderten von Jahren geben. Naturprodukte wie Baumrinde, Dornen, Schleimharze oder auch Pergament werden als Nahtmaterial verwendet. Die von Walter v. Brunn 1928 beschriebene Ameisennaht, die als Ursprung der heutigen Wundklammerung anzusehen ist, wurde schon von arabischen Ärzten wie Abû`l-Qasim (~1000 n.Chr.) und italienischen Chirurgen wie Mondino de Liucci (1275-1326) und Bruno von Longoburgo(~1252) angewandt. Haare von Mensch und Tier, Federkiele, Darmsaiten und schließlich die Seide komplettieren neben anorganischen Stoffen das Nahtmaterialsortiment bis ca. 1930. Von da an gewannen synthetische Fäden zunehmend an Bedeutung, bis zu den heute bekannten Nahtmaterialien aus z.B. Polyamid (Nylon®), Polyglactin (Vicryl®), Polyglykolsäure (Dexon®) oder Polydioxanon (PDS®) und viele andere mehr. Zunächst waren die Chirurgen durch das Einbringen von Fremdmaterial in die Wunde mit schwerwiegenden Problemen konfrontiert. Infektionen, Abstoßungsreaktionen und unzureichender Wundverschluss beschreiben nur einen Teil der Komplikationen und Schwierigkeiten, denen ein Arzt, besser der Patient, bei der Wundversorgung ausgesetzt war. Bis zur Einführung der Antisepsis und Asepsis in der Chirurgie mit Pasteur (1822-1895) und Lord Lister (1827-1912), war der Ausgang nach Versorgung einer Wunde durch die "blutige Naht" häufig letal. Während man nun Ende des 19. Jahrhunderts um Sterilisationsverfahren und Darreichungsformen von Nahtmaterialien bemüht war, widmete man sich auch speziellen Handhabungseigenschaften von chirurgischen Fäden sowie - bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts - auch deren Verhalten im Gewebe. Die Armierung chirurgischer Fäden gipfelt um 1920 in der Entwicklung der atraumatischen Nadel-Faden-Kombinationen, die eine minimale Traumatisierung des Stichkanals zum Ziel hatte. Heute sind chirurgische Nahtmaterialien Mittelpunkt eines ausgereiften Industriezweiges. Ausgangsmaterialien werden hinsichtlich ihres Einsatzbereiches modifiziert, um dem Operateur ein Fadenmaterial maximaler Qualität an die Hand zu geben. Um ein Nahtmaterial als Mittel zum Wundverschluss einzuordnen und seine Wirkung im Gewebe einschätzen zu können, können folgende Kriterien zur Beschreibung und Evaluierung chirurgischen Nahtmaterials aufgestellt werden: Konstitutionsmerkmale (Degradationsverhalten, Filament-Architektur, Oberflächeneigenschaften, Durchmesser, Beschichtung, Farbe), unterscheidende Parameter in vitro und in vivo (Zugfestigkeit, Knotenhalt, Dehnbarkeit, Elongation, Gewebeverträglichkeit, Quellung, Dochtwirkung, Funktionszeit), Handhabungseigenschaften, Sterilität, Armierung und Verpackung. Ziel ist es, die historischen Wurzeln der einzelnen Eigenschaften aufzudecken und ihre Entwicklung bis in die Neuzeit zu verfolgen.