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Festkörperbasierte Einzelphotonenquellen als Grundbausteine der Quanteninformationstechnologie
(2016)
Die vorliegende Arbeit hatte das Ziel basierend auf Halbleiternanostrukturen eine effiziente und skalierbare Quelle einzelner und ununterscheidbarer Photonen zu entwickeln. Dies ist eine Basiskomponente von zukünftigen quantenphysikalischen Anwendungen wie der Quantenkommunikation oder dem Quantencomputer. Diese Konzepte nutzen gezielt quantenmechanische Systeme um einerseits Kommunikation absolut abhörsicher zu machen oder um neuartige Computer zu konstruieren, die bestimmte Aufgaben - wie die Produktzerlegung großer Zahlen - effizienter lösen als heutige Systeme. Ein mögliche Realisierung der Quantenkommunikation ist beispielsweise die Schlüsselverteilung zwischen zwei Parteien durch Verwendung des BB84-Protokolls. Dazu wird eine Lichtquelle benötigt, welche die physikalisch kleinstmögliche Lichtmenge - ein einzelnes Photon - aussendet. Der Kommunikationskanal wird dann über verschiedene Polarisationszustände dieser Photonen gegen ein Abhören nach außen hin abgesichert. Da die maximale Kommunikationsdistanz aufgrund von Verlusten im Quantenkanal beschränkt ist, muss das Signal für größere Distanzen mit Hilfe eines sog. Quantenrepeaters aufbereitet werden. Ein solcher kann ebenfalls unter Verwendung von Einzelphotonenquellen realisiert werden. Das Konzept des Quantenverstärkers stellt aber die zusätzliche Anforderung an die Einzelphotonenquelle, dass die ausgesendeten Lichtteilchen in der Summe ihrer Eigenschaften wie Energie und Polarisation immer gleich und somit ununterscheidbar sein müssen.
Auf Basis solcher ununterscheidbarer Photonen gibt es zudem mit dem linear optischen Quantenrechner auch mögliche theoretische Ansätze zur Realisierung eines Quantencomputers. Dabei kann über die Quanteninterferenz von ununterscheidbaren Photonen an optischen Bauteilen wie Strahlteilern ein Quanten-NOT-Gatter zur Berechnung spezieller Algorithmen realisiert werden.
Als vielversprechende Kandidaten für eine solche Lichtquelle einzelner Photonen haben sich in den letzten Jahren Halbleiter-Quantenpunkte herauskristallisiert. Dank des festkörperbasierten Ansatzes können diese Strukturen in komplexe photonische Umgebungen zur Erhöhung der Photonen-Extraktionseffizienz und -Emissionsrate eingebettet werden. Ziel dieser Arbeit war somit eine effiziente Quelle einzelner ununterscheidbarer Photonen zu realisieren. Im Hinblick auf die spätere Anwendbarkeit wurde der Fokus zudem auf die skalierbare bzw. deterministische Fabrikation der Quantenpunkt-Strukturen gelegt und zwei technologische Ansätze - die kryogene in-situ-Lithographie und das positionierte Wachstum von Quantenpunkten - untersucht.
Im ersten experimentellen Kapitel dieser Arbeit wird ein neuartiges Materialsystem vorgestellt, welches sich zur Generation einzelner Photonen eignet. Es können spektral scharfe Emissionslinien mit Linienbreiten bis knapp über 50 µeV aus Al$_{0,48}$In$_{0,52}$As Volumenmaterial beobachtet werden, wenn diese Schicht auf InP(111) Substraten abgeschieden wird. In Querschnitt-Rastertunnelmikroskopie-Messungen wurden ca. 16 nm große Cluster, welche eine um ungefähr 7 % höhere Indiumkonzentration im Vergleich zur nominellen Zusammensetzung des Volumenmaterials besitzen, gefunden. Über die Simulation dieser Strukturen konnten diese als Quelle der spektral scharfen Emissionslinien identifiziert werden. Zudem wurde mittels Auto- und Kreuzkorrelationsmessungen nachgewiesen, dass diese Nanocluster einzelne Photonen emittieren und verschieden geladene exzitonische und biexzitonische Ladungsträgerkomplexe binden können.
Anschließend wurde der Fokus auf InGaAs-Quantenpunkte gelegt und zunächst im Rahmen einer experimentellen und theoretischen Gemeinschaftsarbeit die Kohärenzeigenschaften eines gekoppelten Quantenpunkt-Mikrokavität-Systems untersucht. Über temperaturabhängige Zwei-Photonen Interferenz Messungen und dem Vergleich mit einem mikroskopischen Modell des Systems konnten gezielt die Bestandteile der Quantenpunkt-Dephasierung extrahiert werden. Auf diesen Ergebnissen aufbauend wurde die gepulste, strikt resonante Anregung von Quantenpunkten als experimentelle Schlüsseltechnik etabliert. Damit konnten bei tiefen Temperaturen nahezu vollständig ununterscheidbare Photonen durch eine Zwei-Photonen Interferenz Visibilität von über 98 % nachgewiesen werden.
Für ein skalierbares und deterministisches Quantenpunkt-Bauelement ist entweder die Kontrolle über die Position an welcher der Quantenpunkt gewachsen wird nötig, oder die Position an der eine Mikrokavität geätzt wird muss auf die Position eines selbstorganisiert gewachsenen Quantenpunktes abgestimmt werden. Im weiteren Verlauf werden Untersuchungen an beiden technologischen Ansätzen durchgeführt.
Zunächst wurde der Fokus auf positionierte Quantenpunkte gelegt. Mittels in das Substrat geätzter Nanolöcher wird der Ort der Quantenpunkt-Nukleation festgelegt. Durch die geätzten Grenzflächen in Quantenpunkt-Nähe entstehen jedoch auch Defektzustände, die negativen Einfluss auf die Kohärenz der Quantenpunkt-Emission nehmen. Deshalb wurde an diesem Typus von Quantenpunkten die strikt resonante Anregung etabliert und zum ersten Mal die kohärente Kopplung des Exzitons an ein resonantes Lichtfeld demonstriert. Zudem konnte die deterministische Kontrolle der Exzitonbesetzung über den Nachweis einer Rabi-Oszillation gezeigt werden.
Abschließend wird das Konzept der kryogenen in-situ-Lithographie vorgestellt. Diese erlaubt die laterale Ausrichtung der Mikrokavität an die Position eines selbstorganisiert gewachsenen Quantenpunktes. Damit konnte gezielt die Emission eines zuvor ausgewählten, spektral schmalen Quantenpunktes mit nahezu 75 % Gesamteffizienz eingesammelt werden. Die Ununterscheidbarkeit der Quantenpunkt-Photonen war dabei mit einer Zwei-Photonen Interferenz Visibilität von bis zu $\nu=(88\pm3)~\%$ sehr hoch. Damit wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Einzelphotonenquelle realisiert, aus der sich sehr effizient kohärente Photonen auskoppeln lassen, was einen wichtigen Schritt hin zur deterministischen Fabrikation von Lichtquellen für quantenphysikalischen Anwendungen darstellt.
Exziton-Polaritonen (Polaritonen), hybride Quasiteilchen, die durch die starke Kopplung von Quantenfilm-Exzitonen mit Kavitätsphotonen entstehen, stellen auf Grund ihrer vielseitigen und kontrollierbaren Eigenschaften einen vielversprechenden Kandidaten für die Entwicklung einer neuen Generation von nichtlinearen und integrierten elektrooptischen Bauteilen dar. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung und Untersuchung kompakter elektrooptischer Bauelemente auf der Basis von Exziton-Polaritonen in Halbleitermikrokavitäten.
Als erstes wird die Implementierung einer elektrisch angeregten, oberflächenemittierenden Polariton-Laserdiode vorgestellt, die ohne ein externes Magnetfeld arbeiten kann. Dafür wird der Schichtaufbau, der Q-Faktor, das Dotierprofil und die RabiAufspaltung der Polariton-Laserdiode optimiert. Der Q-Faktor des finalen Aufbaus beläuft sich auf Q ~ 16.000, während die Rabi-Aufspaltung im Bereich von ~ 11,0 meV liegt. Darauf aufbauend werden Signaturen der Polariton-Kondensation unter elektrischer Anregung, wie ein nichtlinearer Anstieg der Intensität, die Reduktion der Linienbreite und eine fortgesetzte Verschiebung der Emission zu höheren Energien oberhalb der ersten Schwelle, demonstriert. Ferner werden die Kohärenzeigenschaften des Polariton-Kondensats mittels Interferenzspektroskopie untersucht.
Basierend auf den optimierten Halbleiter-Mikroresonatoren wird eine Kontaktplattform für die elektrische Anregung ein- und zweidimensionaler Gitterstrukturen entwickelt. Dazu wird die Bandstrukturbildung eines Quadrat- und Graphen-Gitters unter elektrischer Anregung im linearen Regime untersucht und mit den Ergebnissen der optischen Charakterisierung verglichen. Die erhaltenen Dispersionen lassen sich durch das zugehörige Tight-Binding-Modell beschreiben. Ferner wird auch eine elektrisch induzierte Nichtlinearität in der Emission demonstriert. Die untersuchte Laser-Mode liegt auf der Höhe des unteren Flachbandes und an der Position der Γ-Punkte in der zweiten Brillouin-Zone. Die zugehörige Modenstruktur weist die erwartete Kagome-Symmetrie auf. Abschließend wird die Bandstrukturbildung eines SSH-Gitters mit eingebautem Defekt unter elektrischer Anregung untersucht und einige Eigenschaften des topologisch geschützten Defektzustandes gezeigt. Dazu gehört vor allem die Ausbildung der lokalisierten Defektmode in der Mitte der S-Bandlücke. Die erhaltenen Ergebnisse stellen einen wichtigen Schritt in der Realisierung eines elektrisch betriebenen topologischen Polariton-Lasers dar.
Abschließend wird ein elektrooptisches Bauteil auf der Basis von Polaritonen in einem Mikrodrahtresonator vorgestellt, in dem sich die Propagation eines PolaritonKondensats mittels eines elektrostatischen Feldes kontrollieren lässt. Das Funktionsprinzip des Polariton-Schalters beruht auf der Kombination einer elektrostatischen Potentialsenke unterhalb des Kontaktes und der damit verbundenen erhöhten ExzitonIonisationsrate. Der Schaltvorgang wird sowohl qualitativ als auch quantitativ analysiert und die Erhaltenen Ergebnisse durch die Modellierung des Systems über die GrossPitaevskii-Gleichung beschrieben. Zusätzlich wird ein negativer differentieller Widerstand und ein bistabiles Verhalten in der Strom-Spannungs-Charakteristik in Abhängigkeit von der Ladungsträgerdichte im Kontaktbereich beobachtet. Dieses Verhalten wird auf gegenseitig konkurrierende Kondensats-Zustände innerhalb der Potentialsenke und deren Besetzung und damit direkt auf den räumlichen Freiheitsgrad der PolaritonZustände zurückgeführt.