615 Pharmakologie, Therapeutik
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Anästhetika-induzierte Präkonditionierung (APC) mit Desfluran vermittelt einen endogenen Schutzmechanismus gegen den Ischämie/Reperfusionsschaden im Tiermodell mit männlichen C57BL/6 Mäusen. Die Calcium-Calmodulinkinase IIδ (CamKIIδ) spielt eine zentrale Rolle im intrazellulären Calciumhaushalt und beim Ischämie/Reperfusionsschaden.
Ein Ergebnis dieser Studie zeigt, dass eine Desfluran-vermittelte Reduktion der Herzinfarktgröße in Wildtyptieren, nicht aber in Mäusen mit homozygotem genetischen Knock-Out (KO) der CaMKIIδ stattfindet. Weiterhin wird gezeigt, dass der CaMKIIδ KO die Expression von Phospholamban (PLB) und die Phosphorylierung von PLB an der Aminosäurestelle Serin 16 im Vergleich zum Wildtyp mehr als verdoppelt, ermittelt via Western-Immunoblotting. Darüber hinaus wird gezeigt, dass die Expression des β1 –Adrenorezeptors (AR) in Tieren mit homo- und heterozygotem CaMKIIδ KO im Vergleich zum Wildtyp signifikant erhöht ist. APC mit Desfluran hebt diese erhöhte β1 –AR Konzentrationen im homozygoten, aber nicht im heterozygoten KO auf. Dies zeigt, dass sich die β1 –AR Expression entsprechend der CaMKIIδ Verfügbarkeit adaptiert, dieser Effekt aber durch APC unterbunden werden kann.
Ischämische Postkonditionierung beschreibt in der Kardioprotektion ein Phänomen bei dem kurze Wechsel von Reperfusion und Ischämie zu Beginn der Wiedereröffnung eines verschlossenen Gefäßes dazu führen den Ischämie/Reperfusions-Schaden zu begrenzen. Verschiedene Kaliumkanäle in der inneren mitochondrialen Membran sind in aktiviertem Zustand an der Kardioprotektion durch Konditionierung beteiligt. Die Rolle des Calcium-aktivierten Kalium-Kanals mit großer Leitfähigkeit (BKCa) in der ischämischen Postkonditionierung wurde bisher nicht untersucht. In der vorliegenden Arbeit wurde die Hypothese getestet, dass die ischämische Postkonditionierung durch den BKCa vermittelt wird. Derzeit wird die mPTP als wichtigster Endeffektor der Kardioprotektion in Prä- und Postkonditionierung beschrieben. Als weitere Hypothese wurde überprüft, ob die mPTP dem BKCa in der Signalvermittlung der ischämischen Postkonditionierung nachgeschaltet ist.
Die Experimente wurden an einem etablierten in-vivo-Myokardinfarktmodell der Maus durchgeführt. Männliche C57BL6-Mäuse wurden randomisiert auf 13 verschiedene Gruppen verteilt. In den einzelnen Gruppen wurden IPOST sowie Aktivatoren und Inhibitoren von BKCa und mPTP in verschiedensten Kombinationen verabreicht. Es wurden die Infarktgrößen in den Gruppen bestimmt und miteinander verglichen.
Es konnte gezeigt werden, dass der BKCa an der Kardioprotektion durch IPOST beteiligt ist. Die Blockade des BKCa hob die Effekte der IPOST auf. Auch die mPTP ist an der IPOST beteiligt. Durch Öffnung der mPTP mittels Atractyloside wurde die IPOST aufgehoben. Trotz der Blockade des BKCa durch Iberiotoxin führte CYC A in der Kombination IbTx+CYC A zur Infarktgrößenreduktion. In der Gruppe NS1619+ATRA fand sich eine Infarktgrößenreduktion gegenüber CON und ATRA.
Insgesamt zeigt sich, dass IPOST kardioprotektiv ist und über BKCa und mPTP vermittelt wird. Anhand der vorliegenden Ergebnisse kann eine mögliche Interaktion von BKCa und mPTP nicht abschließend beurteilt werden.
Die rechtzeitige Reperfusion eines ischämischen Gewebes kann einen zusätzlichen Schaden induzieren. Gezielte Interventionen in der frühen Reperfusionsphase können diesen sogenannten Reperfusionsschaden jedoch vermindern. Letzteres Phänomen beschreibt der Begriff Postkonditionierung. Volatile Anästhetika sind in der Lage, den genannten Mechanismus zu aktivieren. Dieser Vorgang wird Anästhetika-induzierte Postkonditionierung (APOST) genannt. Die vorliegende Arbeit hatte zum Ziel, die Rolle des mitochondrialen Kalzium-abhängigen Kalium-Kanals mit großer Leitfähigkeit (mBKCa) und der mitochondrialen permeability-transition-Pore (mPTP) in der Desfluran-induzierten Postkonditionierung zu beleuchten.
Zur Untersuchung der genannten Phänomene wurde ein etabliertes in vivo-Mausmodell des akuten Myokardinfarkts verwendet. Hierbei reduzierte die Gabe von 1,0 MAC Desfluran in der frühen Reperfusionsphase die Infarktgröße signifikant. Somit konnte eine Desfluran-induzierte Postkonditionierung beobachtet werden. Die pharmakologische Aktivierung des mBKCa mittels NS1619 reduzierte die Infarktgröße in einem vergleichbaren Ausmaß wie Desfluran. Weiterhin zeigten sich keine additiven Effekte bei der Kombination beider Interventionen. Als Bestätigung dessen hob die Blockade des mBKCa mittels Iberiotoxin die APOST auf. Diese Ergebnisse lassen auf eine Beteiligung des mBKCa bei der Desfluran-induzierten Postkonditionierung schließen. Durch Pharmakologische Aktivierung der mPTP mittels Atractylosid wurde die APOST aufgehoben. Das Gegenexperiment zeigte keine additiven Effekte bei gleichzeitiger Desflurangabe und Inhibierung der mPTP mittels Cyclosporin A. Die alleinige mPTP-Inhibition resultierte in Infarktgrößen, welche mit denen bei Desflurangabe vergleichbar waren. Folglich erscheint eine Beteiligung der mPTP an der Desfluran-induzierten Postkonditionierung wahrscheinlich. Die Aktivierung der mPTP konnte die kardioprotektiven Auswirkungen der mBKCa-Öffnung nicht vollständig aufheben. Ebenso wurde durch Inhibition der mPTP der Effekt der mBKCa-Blockierung nur teilweise aufgehoben. Demzufolge scheint die Signalvermittlung der APOST über den mBKCa, zumindest teilweise, mPTP-unabhängig zu sein.
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie demonstrieren eine Beteiligung des mBKCa und der mPTP an der Desfluran-induzierten Postkonditionierung in Mäusen in vivo. Weiterhin legen sie die Vermutung nahe, dass die Signalvermittlung der APOST über den mBKCa teilweise unabhängig von der mPTP erfolgt.