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Trotz zahlreicher medizinischer Fortschritte sind Krebserkrankungen weiterhin eine der häufigsten Todesursachen weltweit (Bhupender S. Chhikara und Keykavous Parang 2023). Dabei ist das Multiple Myelom (MM) die zweithäufigste Krebserkrankung des blutbildenden Systems und für ca. 20% aller Todesfälle durch hämatologische Erkrankungen verantwortlich (Derlin und Bannas 2014). Die Krankheit gilt als schwer heilbar, die Patienten leiden unter schwerwiegenden Symptomen und die aktuelle Standardtherapie mittels hochdosierter Chemotherapeutika geht mit starken Nebenwirkungen einher (Cowan et al. 2022). Insofern besteht ein großes Interesse daran, neue und ergänzende Behandlungsmethoden zu finden. In der Forschung etablierte und bereits mit vielversprechenden Ergebnissen an Menschen mit anderen Krebserkrankungen getestete Verfahren sind die Methionin- (MetR) (Kaiser 2020) bzw. Cysteinrestriktion (CysR) (Garcia-Bermudez et al. 2020). Deshalb wurde in der vorliegenden Arbeit in vitro überprüft, ob diese Methoden grundsätzlich einen möglichen Ansatz für die Therapie des MM darstellen. Untersucht wurden die murine MPC11- sowie die humanen L363- und KMS12-BM-Zelllinien des MM. Dabei konnte die antiproliferative Wirkung der Restriktionen bestätigt werden. Darüber hinaus wurde nachgewiesen, dass der Mangel der Aminosäuren nicht über endogene Stoffwechselwege kompensiert werden kann, die Zellen also von der exogenen Zufuhr abhängig sind. Des Weiteren wurde das Metabolom der MPC11-Zellen unter MetR massenspektrometrisch analysiert und ein charakteristischer „metaboler Fingerabdruck“ erstellt. Die Proliferationshemmung ohne Rückgang der Zellzahlen unter den Anfangswert zusammen mit den die gesunde Morphologie der Zellen dokumentierenden EVOS Bildern belegt das Vorliegen eines Low-Energy-Metabolismus (LEM) ohne Absterben der Zellen (Schmitz et al. 2021a). Als geeignete Marker (charakteristischer „metabolen Fingerabdruck“) für einen MetR induzierten LEM eignen sich das bereits in L929-Zellen herauskristallisierte Absinken des Kreatins, der Aminosäuren und Purine bzw. Pyrimidine sowie der Anstieg des Acetoacetats. In den MPC11-Zellen kommen zusätzlich eine Zunahme der Folsäure und eine Abnahme des SAM, SAH und MTA aus dem Methionin- bzw. MTA-Zyklus, des Pentose-5-Phosphats aus dem Pentose-Phosphat-Weg und des Hexose- und Glyceralphosphats sowie des Pyruvats und des Laktats aus der Glykolyse hinzu. Kein klassischer Marker für einen LEM, aber aufgrund des signifikanten Anstiegs dennoch als auffällige Abweichung unter MetR zusätzlich erwähnenswert, ist der deutliche Anstieg des Cystins.
Diese Dissertation analysiert BMP2 und BMP2-Derivate als neue therapeutische Strategien für die Behandlung des Multiplen Myeloms (MM). Das MM ist eine maligne neoplastische Erkrankung des Knochenmarks mit Plasmazellvermehrung und erhöhten Leveln an Aktivin A im Blutserum, wobei eines der Hauptsymptome das Auftreten von schmerzvollen Osteolysen ist. In den letzten Jahren rückte Aktivin-A als interessantes Target zur Behandlung des Multiplen Myeloms in den Vordergrund. Die Reduzierung der Aktivin-A Level durch decoy-Rezeptoren führte zu einer signifikanten Verbesserung der Osteolysen und einem reduzierten Proliferationsverhalten der neoplastischen B-Zellen, sowohl im Tierexperiment als auch in Studien der klinischen Phase II. Die Aktivin-A-Antagonisierung ist somit ein neuer und vielversprechender Ansatz in der Therapie des Multiplen Myeloms.
Das Bone Morphogenetic Protein 2 ist aufgrund seiner molekularen und biologischen Eigenschaften ein interessantes Target für die Therapie des Multiplen Myeloms. Es ist auf molekularer Ebene ein Aktivin-A-Antagonist, besitzt aber auch osteoinduktives Potential und apoptotische bzw. anti-proliferative Eigenschaften auf neoplastische B-Zellen. Da die in der Literatur bereits beschriebenen, durch Mitglieder der TGF-β-Familie induzierten Apoptosemechanismen, noch nicht genauer untersucht waren, wurde in dieser Arbeit die BMP2-induzierte Apoptose in 10 unterschiedlichen humanen MM-Zellen analysiert. Erstens konnte dabei nachgewiesen werden, dass 7 von 10 Zelllinien nicht BMP2-responsiv waren. Eine genauere Untersuchung ergab, dass neben der Expression spezifischer BMP-Rezeptoren auch die Expression von inhibitorischen Smad-Proteinen über die BMP2-Responsivität entscheidet. Zweitens zeigte die genauere Analyse der Apoptosemechanismen, dass entgegen der in der Literatur publizierten Ergebnisse, BMP2 keine apoptotische Wirkung auf die von uns untersuchten Zelllinien hat. Mehrere verschieden durchgeführte Experimente, u.a. die Verwendung von spezifischen Inhibitoren des programmierten Zelltodes, unterstützen dieses Ergebnis und klassifizieren BMP2 als einen rein anti-proliferativen Faktor.
Der letzte Teil der Arbeit befasst sich mit der Analyse von potentiellen Aktivin-A-Antagonisten in Form verschiedener BMP2- und GDF5-Derivate und inwiefern sie sich zum Einsatz in der Therapie des Multiplen Myeloms eignen. Die unterschiedlichen Eigenschaften der einzelnen Mutanten wurden in verschiedenen Zellsystemen getestet. So konnte aufgezeigt werden, dass neben einer erhöhten biologischen Aktivität in Form eines gesteigerten osteoinduktiven und anti-proliferativen Potentials auf neoplastische B-Zellen (Superagonisten), sich die verschiedenen Derivate als Super-Antagonisten zu Aktivin A eignen und damit unterschiedlichen Ansprüchen der adjuvanten Therapie im Multiplen Myelom gerecht werden.