Institut für Politikwissenschaft und Soziologie
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Die Corona-Krise stellt eine der größten Herausforderungen in der Geschichte der EU dar. Aufgrund der geringen Kompetenzen der EU im Gesundheitsbereich liegt die Pandemiebekämpfung fast ausschließlich in den Händen der Mitgliedstaaten. Diese reagierten jedoch zunächst mit „nationalen Reflexen“ und unsolidarischem Verhalten. Erst nach Überwindung des ersten Schocks im Frühjahr 2020 konnte die EU sichtbarer bei der Krisenbewältigung werden. Den Höhepunkt stellte die Einigung auf das historische 750 Mrd. EUR schwere Corona-Hilfspaket „Next Generation EU“ (NGEU) dar, welches mit einer gemeinsamen Schuldenaufnahme einen Präzedenzfall geschaffen hat.
Diese Arbeit untersucht, wie die EU auf die Pandemie reagiert hat und ob diese Reaktion zu ihrer Stärkung führen kann. Sie soll einen Beitrag zum besseren Verständnis der Geschehnisse in der EU zwischen Januar 2020 und Mai 2021 leisten. Hierfür werden zunächst die Kompetenzen der EU im Gesundheitsbereich und beim Katastrophenschutz sowie deren Nutzung in der Pandemie aufgezeigt. Hauptteil der Arbeit ist die Untersuchung von Entstehung und Inhalt des NGEU-Hilfspaktes. Hier zeigt sich, dass die EU – mit Hilfe des deutsch-französischen Motors – zur Solidarität zurückgefunden hat. Die Schwerpunktsetzung von NGEU verdeutlicht, dass neben dem Wiederaufbau auch die aktuellen Kernthemen der EU – Digitalisierung und Klimaschutz – einen zentralen Stellenwert einnehmen. Damit kann NGEU zur wesentlichen Stärkung der EU beitragen. Eine Stärkung ist ebenfalls im Gesundheitsbereich festzustellen, wo erste Schritte zu einer Gesundheitsunion vollzogen wurden.
Die COVID-19 Pandemie und ihre gesamtgesellschaftlichen Folgen werden zum Stresstest für die globale Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“. Mit dieser Agenda verfolgt die Weltgemeinschaft seit dem Jahr 2000 das Ziel, Frauen in Situationen von gewaltsamen Konflikten und in der Phase des Wiederaufbaus vor Gewalt und Menschenrechtsverletzungen zu schützen, ihnen eine belangvolle Partizipation im Friedensprozess zu ermöglichen und so zu einem gendersensiblen Friedensbildungsprozess beizutragen. Im vorliegenden Beitrag wird argumentiert, dass die Folgen der Corona-Krise einen Rückfall im Implementierungsprozess der Agenda auslösen könnten, insbesondere in Bezug auf Geschlechterstereotype. Es wird diskutiert ob bestimmte als traditionell-weiblich perzipierte Rollen verfestigt werden und welche Auswirkungen diese Beobachtung auf die Zukunft der globalen Agenda haben könnte. Von besonderer Bedeutung ist hierbei das Konzept der globalen Fürsorge.
Editorial
(2020)
No abstract available.
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Zum Zusammenhang von Staatlichkeit und lokalen Selbstregelungen: Einige theoretische Überlegungen
(2020)
Dieses Working Paper widmet sich dem Zusammenhang von Staatlichkeit und lokalen Selbstregelungen. Mittels eines deduktiven Zugangs werden verschiedene theoretische Szenarien dieses Zusammenhangs durchgespielt. Hierbei handelt es sich neben den generellen Zusammenhängen der beiden Regelungsformen um den Umfang der Regelungen, die Beziehungsformen zwischen den Regelungsvarianten, den Voraussetzungen zur Implementierung von Regelungen sowie der Verknüpfung der Regelungsformen mit dem Konzept der Staatlichkeit.
Die Studie erweitert das Forschungsfeld um drei wesentliche Erkenntnisse: Erstens, dass es neben dem postulierten negativen Zusammenhang von staatlichen Regulierungen und lokalen Selbstregelungen noch weitere hypothetisch anzunehmende Zusammenhänge geben kann. Zweitens, dass neben staatlicher Regulierung und lokalen Selbstregelungen auch regelungsfreie Regelungsbedarfe existieren und stärker in den Blick genommen werden sollten. Drittens, dass der Grad der Staatlichkeit unabhängig vom Ausmaß staatlicher Regulierung betrachtet werden sollte.
Previous research has shown that female doctoral graduates earn less than male doctoral graduates; how-ever, the determinants of this gender pay gap remain largely unexplored. Therefore, this paper investigates the determinants of the early career gender pay gap among doctoral graduates in Germany. By relying on effects on the supply and demand sides and feedback between them, I theoretically derive determinants of the gender pay gap that comprise doctoral and occupational characteristics. Using data from a representative German panel study of the 2014 doctoral graduation cohort, I analyse the gender pay gap two years after graduation. I apply linear regression on the logarithmic gross monthly earnings and Oaxaca-Blinder de-composition to examine the explanatory contribution of the determinants to the gender pay gap. The anal-yses reveal that female graduates earn 27.2 % less than male graduates two years after graduation. Male graduates being paid a premium outside academia partly drives this gender pay gap. The considered deter-minants largely explain the overall gender pay gap, the most important determinants being working hours, doctoral subject, industry, professional experience gained after graduation, company size, and academic employment. The results offer new insights on the determinants of the early career gender pay gap among doctoral graduates and thereby shed light on one dimension of gender inequalities in post-doctoral careers.
The nucleus of statehood is situated at the local level: in the village, the neighborhood, the city district. This is where a community, beyond the level of the family, first develops collective rules that are intended to ensure its continued existence. But usually this is not the only level of governance at play. Above it, there are supralocal formations of power, varying in scope from regional networks to empires, which supplement the local orders or compete with them. The premise of this Research Unit is that local forms of self-governance are especially heterogeneous and prominent, wherever supralocal statehood exists in the mode of weak permeation. The central question of our approach is how local forms of self-governance work in this context. We will examine the relations to the state level as well as to other local groups as they develop over time; the scope and spatial contingency of forms of self-governance; their legitimization and the interdependency with the organization and collective identity of those groups which carry them out; finally, we will turn our attention to the significance of self-governance for the configuration of weak statehood. The empirical focus will be at the local level, which has so far been largely neglected in the research on governance beyond the state. In order to achieve this, we will work with case studies that are structured by categories and situated in geographical areas and time periods that lie outside of modern Europe with its particular development of statehood since the Late Middle Ages: in Antiquity, and in the Global South of the present. By incorporating these different time frames, we hope to contribute to overcoming the dichotomy between the modern and pre-modern era, which is often given canonical status. Our goal is to create a comparative analysis of different configurations of order as well as the development of a typology of patterns of local governance. The structure of the empirical comparison itself promises methodological insights, since it will entail recognizing, dealing with, and overcoming disciplinary limitations. Starting with the identification of typical patterns and processes, we hope to gain a better grasp of the mechanisms by which local configurations of order succeed, while at the same time advancing the theoretical debate. This will allow us to make an interdisciplinary contribution to the understanding of fundamental elements of statehood and local governance that are of central importance, especially in the context of weak statehood. The insights we hope to gain by adopting this historical perspective will contribute to understanding a present that is not based exclusively on its own, seemingly completely new preconditions, and will thus significantly sharpen the political analysis of various forms of governance.
Ganze 27 Jahre lang regierte Blaise Compaoré die westafrikanische Republik Burkina Faso. Am 15. Oktober 1987 putschte er sich mit Hilfe eines von ihm angeleiteten Staatsstreichs, bei dem sein Vorgänger Thomas Sankara ermordet wurde, an die Macht. Die außenpolitische Ausgangssituation Burkina Fasos zu Beginn der Amtszeit Blaise Compaorés war verheerend: Die anti-kapitalistische Außenpolitik Sankaras hatte den rohstoffarmen Binnenstaat von seinen wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Partnern isoliert und die neue Regierung war durch den gewalttätigen Staatsstreich international gebrandmarkt. Trotz dieser außenpolitisch schwierigen Ausgangslage entwickelte sich Blaise Compaoré im Zeitverlauf seiner präsidialen Amtszeit zu der zentralen Figur der regionalen Diplomatie in Westafrika. Er konnte in den 2000er Jahren durch Konfliktmediationen im unmittelbaren geografischen Umfeld Burkina Fasos eine Führungsrolle in der westafrikanischen Subregion einnehmen.
Die vorliegende Arbeit analysiert die außenpolitischen Entwicklungen Burkina Fasos während der präsidialen Amtszeit Blaise Compaorés. Der Fokus der Analyse liegt auf der Frage, wie sich Burkina Faso unter Blaise Compaoré als Regionalmacht in Westafrika etablieren konnte. In diesem Zusammenhang werden die außenpolitischen Mittel, mit denen Blaise Compaoré die Grundsituation der politischen Isolation seines Amtsantritts in eine regionale Führungsrolle in Westafrika umwandeln konnte, herausgestellt.
Interdisziplinarität markiert ein Forschungsprogramm, das unterschiedliche Konjunkturen erlebt hat. Auch wenn es aktuell wieder an Zuspruch gewinnt, bleiben oftmals die Konturen der Vorstellung von Interdisziplinarität verschwommen. Wenn eine Forschungsgruppe dezidiert die interdisziplinäre Perspektive aufgreift, ist es daher zwingend geboten, sich über den Begriff und seine Implikationen zu verständigen.
Darauf aufbauend zeigen wir, wie sich die DFG-Forschungsgruppe 2757 interdisziplinär aufstellt und vernetzt, um eine komplexe Fragestellung zu klären, die durch Einzelforschung nicht befriedigend behandelt werden kann. Dazu erläutern wir zunächst die in interdisziplinärer Reflexion gewonnenen und ausgewählten begrifflichen Grundlagen, Theorien und Methoden und präsentieren die entsprechenden Grundideen unserer Forschungsgruppe. Auf dieser Basis beschreiben wir deren organisatorische Tektonik sowie die inhaltlichen und methodischen Verbindungen der einzelnen Teilprojekte. Somit präzisieren wir unsere Vorstellung von interdisziplinärer Zusammenarbeit im Sinne einer vernetzten Forschung.
Wir erarbeiten mit unserem Vorgehen in interdisziplinärer Hinsicht einen angemessenen Zugang zur Thematik, der es erlaubt, die grundlegenden Fragen aus unterschiedlichen epistemologischen Perspektiven zu beleuchten und damit umfassender zu erfassen, als es aus einer rein disziplinären Sicht möglich wäre. Weiterhin streben wir eine Erweiterung und Vertiefung unseres methodischen Vorgehens an, indem verschiedene fachspezifische Methoden verwendet und kombiniert werden. Auf dieser Grundlage versprechen wir uns innovative Ergebnisse, die theoretische und methodologische Aspekte betreffen.
Der Nucleus von Staatlichkeit liegt auf der lokalen Ebene, im Dorf, im Viertel, in der Nachbarschaft. Hier entwickelt eine Gemeinschaft jenseits der Familie zuerst kollektive Regeln, die ihren Fortbestand sichern sollen. Meist ist aber nicht nur diese Regelungsebene vorhanden. Über ihr stehen überlokale Herrschaftsformationen – von regionalen Verbünden bis zum Imperium –, welche die Ordnungsangebote vor Ort ergänzen oder mit ihnen konkurrieren. Örtliche Selbstregelungen sind, so die Prämisse dieser Forschungsgruppe, dann besonders vielfältig und ausgeprägt, wenn überlokale Staatlichkeit im Modus der schwachen Durchdringung existiert. Wie lokale Selbstregelungen in diesem Kontext funktionieren, ist unsere zentrale Forschungsfrage. Wir untersuchen die Relationen zu den staatlichen Ebenen wie zu anderen lokalen Gruppen in ihrem zeitlichen Verlauf, wir analysieren die Reichweite und die räumliche Bedingtheit von Selbstregelungen, fragen nach ihrer Legitimierung sowie nach der Interdependenz zu Organisation und kollektiver Identität der sie tragenden Gruppen; schließlich wenden wir uns der Bedeutung der Selbstregelungen für die Ordnungsform der schwachen Staatlichkeit zu. Der empirische Fokus liegt auf der lokalen Ebene, die in der bisherigen Forschung zum Regieren jenseits des Staates wenig beachtet wurde. Dazu wird in kategorial strukturierten Fallstudien gearbeitet, die in räumlichen und zeitlichen Bereichen außerhalb der europäischen (Sonder-)Entwicklung von Staatlichkeit seit dem Hochmittelalter situiert sind: in der griechisch-römischen Antike und im Globalen Süden der Gegenwart. Mit der unterschiedlichen Zeitstellung möchten wir zur Überwindung der oft als kanonisch geltenden Dichotomie zwischen Moderne und Vormoderne beitragen. Angestrebt wird sowohl die komparative Analyse der verschiedenen Ordnungsarrangements als auch die typologische Erfassung lokaler Regelungsmuster. Allein von der Anlage des empirischen Vergleichs erwarten wir methodischen Ertrag, denn es gilt disziplinäre Beschränkungen zu erkennen, mit ihnen umzugehen und sie zu überwinden. Ausgehend von der Identifizierung typischer Muster und Prozesse, möchten wir theoriebildend die Mechanismen für das Gelingen lokaler Ordnungsarrangements im Ganzen besser abschätzen. Somit leisten wir einen entscheidenden interdisziplinären Beitrag zum Verständnis basaler Elemente von Staatlichkeit, die gerade im Kontext schwacher Staatlichkeit von elementarer Bedeutung sind. Diese in historischer Perspektive gewonnenen Erkenntnisse sollen helfen, die Gegenwart nicht nur aus ihren eigenen, scheinbar völlig neuartigen Voraussetzungen heraus zu begreifen, und so die politische Analyse diverser Governance-Formen erheblich schärfen.