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Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Untersuchungen zur Lewis-Basizität von Carbonylkomplexen der Gruppe 8 durchgeführt. Hierzu wurde eine Reihe von Komplexen mit GaCl3 als Lewis-Säure zu den entsprechenden Lewis-Addukten umgesetzt. Durch Analyse der experimentell ermittelten spektroskopischen und strukturellen Parameter sowie auf der Basis von Transferexperimenten wurde die relative Lewis-Basizität dieser Verbindungen zueinander bestimmt.
Durch Umsetzung von Eisenpenta-, -tetra- und -tricarbonylkomplexen mit den sterisch anspruchslosen Liganden PMe3, IMe und CNtBu mit der Lewis-Säure GaCl3 wurde eine Serie von GaCl3-Addukten dargestellt und diese durch NMR- und IR-Spektroskopie sowie Röntgenstruktur- und Elementaranalyse vollständig charakterisiert.
Während die Eisentetracarbonyladdukte 36-38 die gleiche cis-Geometrie aufweisen ist die Adduktbildung bei den Eisentricarbonylen 43-45 mit Konformationsänderungen in den Addukten 46, 48 und 49 verbunden. Hierbei zeigen die GaCl3-Addukte 46, 48 und 49 drei unterschiedliche Geometrien. Vergleicht man die Fe-Ga-Bindungslängen beziehungsweise die Winkelsummen der ClGa-Cl-Winkel, so zeichnet sich ein Trend für die Lewis-Basizität in Abhängigkeit von der Natur der σ-Donorliganden ab. Demnach weisen die IMe-substituierten Eisencarbonyle im Vergleich zu den PMe3- beziehungsweise tBuNC-substituierten Analoga die höchste Lewis-Basizität auf. Zudem konnte belegt werden, dass die Lewis-Basizität auch durch die Anzahl an σ-Donorliganden im Komplex erhöht wird.
Die schrittweise Erhöhung des sterischen Anspruchs der Liganden in den Eisencarbonylen erschwert die Adduktbildung und äußert sich auch in der trans-ständigen Anordnung der Lewis-Säure. Die Gegenwart von zwei sterisch anspruchsvollen Liganden verhindert indes die Adduktbildung mit GaCl3 und es kommt zu einer Disproportionierung der Lewis-Säure in eine kationische [GaCl2]+-Einheit, welche an das Eisenzentrum koordiniert und eine anionische [GaCl4]--Einheit, die als Gegenion fungiert.
Neben dem elektronischen und sterischen Einfluss der Liganden auf die Lewis-Basizität und die Adduktbildung in Eisencarbonylen wurde auch der Einfluss des Zentralatoms untersucht. Hierzu wurden analoge Ruthenium- und Osmiumcarbonyle dargestellt und mit der Lewis-Säure GaCl3 umgesetzt. Hierbei wurde die Ligandensphäre im Vergleich zu den Eisencarbonylen nicht verändert.
Um die M-Ga-Bindungsabstände untereinander vergleichen zu können, wurde aufgrund der unterschiedlichen Kovalenzradien der Zentralmetalle der relative Abstand (drel) herangezogen, wodurch die relativen Lewis-Basizitäten abgeschätzt werden konnten. Hierbei konnte der gleiche Trend wie bei den Eisencarbonyladdukten beobachtet werden, dass mit steigender Anzahl an σ-Donorliganden die Lewis-Basizität erhöht wird. Weiterhin liegt aufgrund der kleineren drel-Werte die Vermutung nahe, dass sowohl Ruthenium-, als auch Osmiumcarbonyle Lewis-basischer sind als die entsprechenden Eisencarbonyle.
Diese Befunde wurden weiterhin durch Transferexperimente untermauert. Hierzu wurden verschiedene GaCl3-Addukte mit Carbonylkomplexen in CD2Cl2 umgesetzt und eine eventuelle Übertragung der Lewis-Säure GaCl3 NMR-spektroskopisch verfolgt. Hierdurch konnte gezeigt werden, dass die Lewis-Säure GaCl3 jeweils erfolgreich auf die Komplexe mit der höheren Anzahl an σ-Donorliganden übertragen wird, was deren höhere Lewis-Basizität belegt. Zudem konnte bestätigt werden, dass Ruthenium- und Osmiumcarbonyle Lewis-basischer als die analogen Eisencarbonyle sind, zwischen Ruthenium und Osmium bei gleicher Ligandensphäre jedoch kaum Unterschiede in der Lewis-Basizität vorgefunden werden. Zusätzlich wurden auch ausgewählte Gruppe 8-Carbonyladdukte mit dem literaturbekannten Platinkomplex [(Cy3P)2Pt] (7) umgesetzt. Hierbei wurde in allen Fällen ein Transfer von GaCl3 auf die Platinverbindung beobachtet, welche demnach die stärkste Lewis-Base in dieser Studie darstellt.
Neben einkernigen GaCl3-Addukten wurden auch dinukleare Gruppe 8-Carbonyle dargestellt. Hierzu wurde anstelle von GaCl3 die Lewis-Säure Ag+ eingesetzt, was zur Bildung der zweikernigen Addukte 83-86 führte. Hierdurch konnte gezeigt werden, dass neben den Hauptgruppenmetallen wie Gallium auch Gruppe 8-Addukte mit Übergangsmetallen zugänglich sind.
Des Weiteren konnten die zweikernigen Komplexe 87-89 mit chelatisierenden beziehungsweise verbrückenden Liganden dargestellt und deren Reaktivität gegenüber GaCl3 untersucht werden. Der Unterschied zwischen diesen beiden Ligandenarten besteht darin, dass der M-M-Abstand bei Verwendung von chelatisierender Liganden eher gering ist, weshalb hier immer noch M-M-Wechselwirkungen möglich sind, während diese bei Verwendung eines Brückenliganden verhindert werden.
Ausgewählte Gruppe 8-Carbonyle wurden auch in Bezug auf ihre katalytische Aktivität in der Hydrosilylierung von Benzaldehyd (90) mit Phenylsilan (91) untersucht. Hierbei konnte gezeigt werden, dass NHC-substituierte Carbonylkomplexe einen höheren Umsatz ermöglichen als Phosphan- oder Isocyanid-substituierte Verbindungen. Zudem wurde deutlich, dass die analogen Ruthenium- und Osmiumcarbonyle eine wesentlich geringere Aktivität bei der Hydrosilylierung aufweisen als die Eisenanaloga, trotz einer höheren Lewis-Basizität.
Abschließend konnten Halogenidabstraktionsreaktionen exemplarisch an den GaCl3-Addukten 46, 66 und 76 durch Umsetzung mit GaCl3 demonstriert werden, wodurch die kationischen dimeren Komplexe 104-106 erhalten wurden. In diesen Komplexen sind formal zwei [(Me3P)2(OC)3M-GaCl2]+-Einheiten durch Ga-Cl-Wechselwirkungen miteinander verbrückt. Im Gegensatz dazu führte die Umsetzung von 46, 66 und 76 mit Na[BArCl4] (101) zu keiner Chloridabstraktion. Stattdessen konnte eine Verbrückung zweier GaCl3-Adduktfragmente durch zwei Natriumkationen beobachtet werden.
Die vorliegende Arbeit stellt einen Beitrag zur Chemie des höherkoordinierten Siliciums dar. Dabei standen die Synthese und Charakterisierung neuer neutraler tetra-, penta- und hexakoordinierter Silicium(IV)-Komplexe sowie die Synthese, Charakterisierung und Reaktivität eines neuartigen Donor-stabilisierten Silylens im Vordergrund.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden das Silan 16, die neutralen tetrakoordinierten Silicium(IV)-Komplexe 36, 37', 38'·C6H5CH3, 40'∙C6H5CH3, 41 und 42, die neutralen pentakoordinierten Silicium(IV)-Komplexe 2‒8, 10·0.5C6H5CH3, 11, 12, 15, 17‒20 und 39', die neutralen hexakoordinierten Silicium(IV)-Komplexe 21‒23, das Donor-stabilisierte trikoordinierte Silylen 25, der neutrale tetrakoordinierte Silicium(II)-Komplex 35 sowie das Lithiumamidinat 1·2Et2O erstmalig dargestellt und charakterisiert. Die Charakterisierung dieser Verbindungen erfolgte durch NMR-Spektroskopie in Lösung und im Festkörper, durch Kristallstrukturanalyse sowie durch Elementaranalyse. Die Synthesen und Eigenschaften dieser Verbindungen können wie folgt zusammengefasst werden:
Synthese und Charakterisierung neutraler pentakoordinierter Silicium(IV)-Komplexe
Ausgehend von entsprechenden Silicium(IV)-haltigen Vorstufen wurden die neutralen pentakoordinierten Silicium(IV)-Komplexe 2‒8, 10·0.5C6H5CH3, 11, 12, 15 und 17‒20 dargestellt. So konnten die Verbindungen 2, 5, 7 und 8 durch Umsetzung der entsprechemden Trichlorsilane bzw. Tetrachlorsilan mit 1 in Diethylether erhalten werden. Diese Verbindungen besitzen an den beiden Stickstoff-Atomen des Amidinato-Liganden jeweils eine sterisch sehr anspruchsvolle Diisopropylphenyl-Einheit (Dipp), welche den Einbau eines zweiten Amidinato-Liganden nicht zulässt und sich so ausschließlich pentakoordinierte Silicium(IV)-Komplexe bilden. Durch Weiterreaktion von 2 und 5 mit Lithiumdimethyl- bzw. Kaliumbis(trimethylsilyl)amid entstanden die Komplexe 3, 4 und 6.
Die Si-Koordinationspolyeder von 2‒8 im Kristall entsprechen denen von stark verzerrten trigonalen Bipyramiden, wobei die Stickstoff-Atome des Amidinato-Liganden eine axiale bzw. äquatoriale Position besetzen. Die zweite axiale Position wird jeweils von einem Chloro-Liganden eingenommen. Die genannten Verbindungen besitzen alle einen stark gespannten viergliedrigen SiN2C-Ring mit mehr oder weniger stark ausgeprägter Elektronendelokalisation innerhalb de N‒C‒N-Fragmentes, welcher durch den Amidinato-Liganden mit dem Si-Koordinationszentrum gebildet wird und hauptverantwortlich für die starke Verzerrung der Si-Koordinationspolyeder ist.
Die Verbindungen 10·0.5C6H5CH3, 11 und 12 entstanden durch Umsetzung der entsprechenden Trichlorsilane mit 9 und zwei Moläquivalenten Triethylamin in Tetrahydrofuran. Durch Weiterreaktion von 11 mit Benzolthiol bzw. Benzolselenol und Triethylamin in Tetrahydrofuran wurden die Komplexe 18 und 19 gebildet. Die Verbindungen 15 und 20 entstanden mittels einer Transsilylierungsreaktion von 14 mit Azidotrimethylsilan bzw. 11 mit Trimethylsilyl(phenyl)tellurid in Tetrahydrofuran. Verbindung 17 wurde durch Umsetzung von Cl2Si(OPh)Me (16) mit 9 und zwei Moläquivalenten Triethylamin in Tetrahydrofuran erhalten.
Die Si-Koordinationspolyeder von 10·0.5C6H5CH3, 11, 12, 15 und 17‒20 im Kristall entsprechen denen von stark verzerrten trigonalen Bipyramiden, wobei der tridentate N,N',S- bzw. N,N',O-Ligand zwei Fünfringe mit dem Si-Koordinationszentrum ausbildet. Das Pyridin-Stickstoff- und das Schwefel-Atom des N,N',S-Liganden (bzw. Sauerstoff-Atom des N,N',O-Liganden) besetzen die axialen Bindungspositionen.
Synthese und Charakterisierung neutraler hexakoordinierter Silicium(IV)-Komplexe
Die neutralen hexakoordinierten Silicium(IV)-Komplexe 21 und 22 wurden durch Umsetzung von Trichlorsilan mit zwei Moläquivalenten des entsprechenden Lithiumamidinats in Diethylether dargestellt.
Die Si-Koordinationspolyeder von 21 und 22 im Kristall entsprechen denen von stark verzerrten Oktaedern, wobei jeweils eines der beiden Stickstoff-Atome der zwei Amidinato-Liganden trans zueinander angeordnet sind. Die beiden anderen Stickstoff-Atome der Amidinato-Liganden befinden sich in trans-Position zum Chloro- bzw. Hydrido-Liganden.
Der neutrale hexakoordinierte Silicium(IV)-Komplex 23 wurde durch Umsetzung des pentakoordinierten Silicium(IV)-Komplexes 11 mit 8-Hydroxychinolin und Triethylamin in Tetrahydrofuran dargestellt.
Das Si-Koordinationspolyeder von 23 im Kristall entspricht dem eines stark verzerrten Oktaeders, wobei der dreizähnige N,N',S-Ligand eine mer-Anordnung einnimmt und das Chinolin-Stickstoff-Atom und das Kohlenstoff-Atom des Methyl-Liganden trans zueinander stehen.
Mit den hier beschriebenen Synthesen konnte gezeigt werden, dass pentakoordinierte Chlorosilicium(IV)-Komplexe ‒ wie beispielsweise 2, 5 oder 11 ‒ sehr gut geeignete Ausgangsstoffe für die Darstellung neuartiger penta- und hexakoordinierter Silicium(IV)-Verbindungen darstellen.
Synthese und Charakterisierung eines neuartigen Donor-stabilisierten Silylens
Nachdem alle Versuche, ein entsprechendes Donor-stabilisiertes Silylen durch Basen-induzierte reduktive HCl-Eliminierung der penta- bzw. hexakoordinierten Chlorohydridosilicium(IV)-Komplexe 2‒4, 21 und 22 darzustellen, fehlschlugen, wurde daraufhin der pentakoordinierte Dichlorosilicium(IV)-Komplex 6 mit zwei Moläquivalenten elementarem Kalium in Tetrahydrofuran erfolgreich zum trikoordinierten Donor-stabilisierten Silylen 25 umgesetzt.
Das Si-Koordinationspolyeder von 25 entspricht dem eines stark verzerrten (Pseudo)tetraeders, wobei die drei Bindungspositionen von den Stickstoff-Atomen und eine vierte von dem freien Elektronenpaar eingenommen werden. Die starke Verzerrung ist auf den stark gespannten viergliedrigen SiN2C-Ring des Komplexes zurückzuführen.
Reaktivität des Donor-stabilisierten Silylens 25
Der trikoordinierte Silicium(II)-Komplex 25 reagierte mit Eisenpentacarbonyl in Toluol im Sinne einer nukleophilen Substitutionsreaktion unter Ausbildung einer Si–Fe-Bindung zum neutralen tetrakoordinierten Silicium(II)-Komplex 35.
Das Si-Koordinationspolyeder von 35 im Kristall entspricht dem eines stark verzerrten Tetraeders. Das Fe-Koordinationspolyeder entspricht dem einer stark verzerrten trigonalen Bipyramide, wobei der sterisch sehr anspruchsvolle Silylen-Ligand interessanterweise eine axiale Bindungsposition am Eisen-Koordinationszentrum einnimmt.
Desweiteren wurde 25 mit den Aziden Me3SiN3, PhSCH2N3 und (PhO)2P(O)N3 in Toluol im Sinne einer oxidativen Addition unter Abspaltung von elementarem Stickstoff zu 36, 37' bzw. 38'·C6H5CH3 umgesetzt. Bemerkenswert ist, dass bei der Reaktion mit PhSCH2N3 zu 37' eine Umlagerungsreaktion stattfindet, wobei eine Si–S-Bindung geknüpft und ein Si–N=CH2-Fragment gebildet wird. Bei der Reaktion von 25 mit (PhO)2P(O)N3 zu 38'·C6H5CH3 wird ein Sauerstoff-verbrücktes Dimer gebildet, wodurch ein achtgliedriger Ring mit zwei Silicium(IV)-Zentren aufgebaut wird.
Die Si-Koordinationspolyeder von 36, 37' und 38'·C6H5CH3 im Kristall entsprechen denen von stark verzerrten Tetraedern, wobei der Amidinato-Ligand nur in Verbindung 36 bidentat an das Silicium-Zentrum koordiniert ist, während für 37' und 38'·C6H5CH3 ein monodentater Koordinationsmodus beobachtet wird.
Durch Umsetzung von 25 mit N2O, S, Se bzw. Te in Toluol entstanden ebenfalls im Sinne einer oxidativen Addition die tetra- bzw. pentakoodinierten Silicium(IV)-Komplexe 39', 40'·C6H5CH3, 41 und 42. Die Verbindungen 39' und 40'·C6H5CH3 sind Dimere der eigentlichen Zielverbindungen 39 und 40, wobei 40' bei höheren Temperaturen zu dem Monomer 40 dissoziiert, welches dann nach Abkühlen auf Raumtemperatur auch in Lösung stabil ist. Die Verbindungen 41 sowie 42 bilden jedoch ausschließlich Monomere.
Die Si-Koordinationspolyeder von 39' im Kristall entsprechen dem einer stark verzerrten trigonalen Bipyramide, während die Si-Koordinationspolyeder von 40'·C6H5CH3, 41 und 42 denen eines stark verzerrten Tetraeders entsprechen. Dabei ist der Amidinato-Ligand in 39', 41 und 42 bidentat, in 40'·C6H5CH3 dagegen monodentat an das Silicium-Koordinationszentrum koordiniert ist.
Mit den hier beschriebenen Synthesen konnte gezeigt werden, dass das Donor-stabilisierte Silylen 25 ein außergewöhnliches Reaktivitätsspektrum aufweist und damit ein sehr interessantes Synthesepotential zur Darstellung neuartiger Silicium(II)- und Silicium(IV)-Komplexe besitzt.
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit wurde in drei Teilbereiche untergliedert. Der erste Teil beschäftigte sich mit der Untersuchung des anionischen Systems K[(OC)3M(PMe3)(SiR3)] (M = Fe, Ru, Os; R = Me, Et, Ph) und dessen Reaktivität gegenüber Dihalogenboranen. Der zweite Teil widmete sich der Untersuchung der Reaktivät des Eisenbis(borylen)komplexes 45 gegenüber verschiedenen Lewis-Basen und Lewis-Säuren. Im letzten Teil der Arbeit wurde die Insertion von Metallfragmenten der Übergangsmetalle der Gruppe 8 in die M=B-Doppelbindung des Borylenkomplexes 28 untersucht.
Durch Umsetzungen der anionischen Osmiumverbindung 64 mit Cl2BDur und Br2BDur konnten die Borylkomplexe 67 und 68 erhalten werden (SCHEMA 56). Die Untersuchungen zum sterischen Einfluss des Silylsubstituenten zeigten, dass die Osmiumkomplexe 65 und 66 mit SiEt3- bzw. SiPh3-Substituenten in die entsprechenden Borylkomplexe überführt werden können, wobei diese Spezies nicht analysenrein isoliert werden konnten.
Der Borylkomplex 68 konnte nachfolgend weder unter thermischen Bedingungen, noch unter Verwendung der Lewis-Base Pyridin bzw. des Halogenabstraktionsmittels Na[BArCl4] in einen terminalen Osmiumborylenkomplex umgewandelt werden (Schema 57).
Anfängliche Studien zur Reaktivität der anionischen Rutheniumverbindungen 81-83 gegenüber Dihalogenboranen haben sich auf den sterischen Einfluss der borgebundenen Arylsubstituenten konzentriert. Hierdurch konnte gezeigt werden, dass eine Ph-Substitution keine ausreichende Stabilisierung der entstehenden Borylkomplexe liefert. Im Gegensatz dazu erwies sich der sterische Anspruch von Duryl- und Mesitylsubsituenten als ideal für die Bildung stabiler Borylkomplexe, wohingegen die sterische Überfrachtung der Supermesityl- und Terphenylsubstituenten eine Salzeliminierungsreaktion von vornherein verhindert.
Der Einfluss des Halogensubstituenten in X2BDur (X = Cl, Br) wurde anhand der Reaktivität gegenüber 81 näher untersucht. In beiden Fällen konnten die entsprechenden Borylkomplexe 84 und 85 isoliert und charakterisiert werden. Da bei der Umsetzung mit Br2BDur auch noch weitere Produkte zu erkennen waren, wurde der sterische Einfluss des Silylsubstituenten in 82 und 83 auf die Produktverteilung bei Reaktion mit Br2BDur untersucht. Es hat sich gezeigt, dass die Wahl der Reaktionsbedingungen einen starken Einfluss auf den Reaktionsverlauf ausübt. So konnte durch regelmäßiges Entgasen der Reaktionslösung der Rutheniumborylenkomplex 86 erhalten werden, während eine thermische Reaktionsführung unter CO-Atmosphäre selektiv zu einer Silylboraneliminierung führte, dessen Produkt indirekt über die Bildung von [(OC)4Ru(PMe3)] (75) nachgewiesen werden konnte (Schema 59).
Während die Umsetzung der analogen Eisenspezies K[(OC)3Fe(PMe3)(SiEt3)] (92) mit Cl2BDur lediglich zu Zersetzung führte, konnte im Verlauf der Reaktion mit Br2BDur eine neue, sehr interessante Reaktivität beobachtet werden. Hier war die Salzeliminierungsreaktion mit einer Alkylboraneliminierung verbunden, wobei der intermediär entstehende Silylenkomplex (95) in situ zum dinuklearen, zweifach-verbrückten Bis(silylen)komplex 94 dimerisierte (SCHEMA 60). Unter photolytischen Bedingungen konnte 94 weiter in den dreifach-verbrückten Bis(silylen)komplex 96 überführt werden, welcher den ersten strukturell charaktersierten Komplex dieser Art darstellt.
In SCHEMA 61 sind alle relevanten Reaktivitäten des Systems K[(OC)3M(PMe3)(SiR3)] gegenüber X2BDur (X = Cl, Br) zusammen mit den Ergebnissen vorangegangener Arbeiten in einer Übersicht dargestellt.
Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigte sich mit der Reaktivität des Eisenbis(borylen)komplexes [(OC)3Fe(=BDur){=BN(SiMe3)2}] (45). Zunächst wurde 45 mit verschiedenen Lewis-Basen umgesetzt. Während die Umsetzungen mit verschiedenen NHCs (IMe, IMes, IDipp) nur zu Zersetzung führte, konnte durch die Reaktion mit cAACMe der außergewöhnliche Komplex 98 isoliert und vollständig charakterisiert werden (SCHEMA 62). Dieser stellt das erste Beispiel für eine intramolekulare Spaltung eines Carbonylliganden in einem einkernigen Komplex dar.
Anschließend wurde die Reaktivität von 45 gegenüber den Lewis-Säuren BBr3, AlBr3 und GaBr3 untersucht. Während die Umsetzung von 45 mit AlBr3 lediglich zu Zersetzung führte, konnte mit GaBr3 als Hauptprodukt Br2BDur nachgewiesen werden. In einem möglichen Reaktionsmechanismus ist die Reaktion mit einer 1,2-Addition des GaBr3 unter Bildung eines Gallylkomplexes verbunden, welcher nach Abspaltung von Br2BDur in einen instabilen Gallylenkomplex übergeht (SCHEMA 63).
Die Umsetzung von 45 mit BBr3 lieferte bei tiefen Temperaturen den zweikernigen Tris(borylen)komplex 100 (SCHEMA 64), welcher ein Analogon des wohlbekannten Fe2(CO)9 darstellt.
Das abschließende Kapitel dieser Arbeit befasste sich mit der Insertion von Metallfragmenten der Gruppe 8-Übergangsmetalle in die M=B-Doppelbindung von [(OC)5Mo=BN(SiMe3)2] (28). Während bei den Umsetzungen von 28 mit [(OC)4Fe(PMe3)] (90) und [(OC)4Ru(PMe3)] (75) die MOLPs 104 und 105 nur NMR-spektroskopisch nachgewiesen werden konnten, war die Isolierung des MOLPs 103 sowie dessen strukturelle Charakterisierung möglich (SCHEMA 65). Bemerkenswert ist hierbei, dass die Reaktion sowohl unter thermischen als auch unter photolytischen Bedingungen durchgeführt werden kann.