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In der vorliegenden Arbeit werden die Sensorikeigenschaften der lumineszierenden metallorganischen Gerüstverbindungen (metal-organic frameworks, MOFs) ■(3@∞)[Ba0.98Eu0.02(Im)2] (1), ■(3@∞)[Sr0.90Eu0.10(Im)2] (2), ■(3@∞)[Tb(Im)3] (3), ■(2@∞)[Tb2Cl6(4,4‘-bipy)3]•2(4,4‘-bipy) (4) und ■(2@∞)[Eu2Cl6(4,4‘-bipy)3]•2(4,4‘-bipy) (5), sowohl in Form der Bulksubstanzen als auch in Form von mixed-matrix membranes (MMMs) gegenüber den Analyten Wasser, Methanol, Ethanol und Isopropanol untersucht und mittels kinetischer Betrachtungen quantitativ beschrieben.
Hierfür wurde ein Versuchsaufbau konstruiert, der den Anforderungen einer quantitativen Erfassung der Sensorikeigenschaften genügt und einflussgebende externe und interne Parameter, wie die Konzentration des Analyten, Temperatur, Druck, Probenmenge und Probenoberfläche standardisiert, um eine möglichst genaue Erfassung der auftretenden Veränderung der Lumineszenzintensität zu ermöglichen. Zusätzlich wurde eine mathematische Betrachtung genutzt, um die Ergebnisse der Experimente zu interpretieren und in einen Gesamtkontext zu setzen.
Für jedes der fünf Modellsysteme wurde je eine Messreihe gegen ein breites Spektrum an relativen Feuchten (Wasser als Analyt) bei 25 °C durchgeführt. Der in allen Fällen auftretende Lumineszenzverlust ließ sich jeweils mittels einer Exponentialfunktion beschreiben und zur Bestimmung der konzentrationsabhängigen Reaktionskonstanten sowie der Halbwertszeiten nutzen. Die gewonnenen Informationen wurden verwendet, um die Reaktionskonstanten und die Schwellenwerte der Sensorik der jeweiligen Systeme zu bestimmten.
In weiteren Versuchsreihen wurde der Messaufbau genutzt und der Einfluss der Alkohole Methanol, Ethanol und Isopropanol auf die Lumineszenz der MOFs ■(3@∞)[Ba0.98Eu0.02(Im)2] (1), ■(2@∞)[Tb2Cl6(4,4‘-bipy)3]•2(4,4‘-bipy) (4) und ■(2@∞)[Eu2Cl6(4,4‘-bipy)3]•2(4,4‘-bipy) (5) bei verschie-denen Konzentrationen in der Gasphase und bei unterschiedlichen Temperaturen untersucht, quantitativ bestimmt und gemäß der vorangegangen Messreihen für Feuchte beschrieben. Zusätzlich wurde die Veränderung des Lumineszenzmusters der MOFs ■(2@∞)[Tb2Cl6(4,4‘-bipy)3]•2(4,4‘-bipy) (4) und ■(2@∞)[Eu2Cl6(4,4‘-bipy)3]•2(4,4‘-bipy) (5) untersucht.
Die Möglichkeiten der Prozessierung von ■(3@∞)[Ba0.98Eu0.02(Im)2] (1), und ■(2@∞)[Tb2Cl6(4,4‘-bipy)3]•2(4,4‘-bipy) (4) wurden im Hinblick auf eine praktische Anwendung im Bereich der Sensorik hin untersucht. Hierfür wurden die jeweiligen Bulksubstanzen via Dropcoating in die drei Polymere Polystyrol (PS), Polyvinychlorid (PVC) und Polymethylpenten (TPX) eingebettet. Die so dargestellten MMMs wurden auf ihre Sensorikeigenschaften hin untersucht und der Lumineszenzverlust wurde quantitativ beschrieben. Des Weiteren wurde die korrespondierende Bulksubstanz, in Bezug auf die (konzentrationsabhängigen) Reaktionskonstanten und Halbwertszeiten, mit den MMMs verglichen. Im Rahmen einer Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Janiak der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf wurden die MOFs ■(3@∞)[Ba0.98Eu0.02(Im)2] (1) und ■(3@∞)[Sr0.90Eu0.10(Im)2] (2) in Polysulfon (PSF) eingebettet und ebenfalls auf ihre Fähigkeit zur Feuchtesensorik hin untersucht.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit war es erstmals möglich, die Sensoreigenschaften der genutzten MOFs und CPs (1 - 5) quantitativ zu erfassen und mathematisch zu beschreiben. Ebenso konnte das entwickelte Sensorikkonzept erfolgreich auf die Erfassung von verschiedenen Alkoholen in der Gasphase übertragen werden (für System 1, 4 und 5). Anschließend war es möglich, die genutzten Modellsysteme 1, 2 und 4 unter dem Erhalt der Lumineszenzeigenschaft in verschiedene Polymere einzubetten und deren Eigenschaften zur Feuchtesensorik ebenfalls quantitativ zu erfassen und mathematisch zu beschreiben.
Im letzten Abschnitt der Arbeit wurden die beiden porösen ZIFs (zeolitic imidazolate frameworks) Na-Rho-ZMOF (6) und Zn(nmIm)2 (7) mit einer Terbiumnitratlösung behandelt, um durch die Füllung der Kavitäten die Lumineszenzeigenschaft der Terbiumionen in das ZIF zu implementieren. Der Grad und die Qualität der Befüllung wurden anschließend analytisch auf Lumineszenzeigenschaften hin untersucht. Hierbei konnte die Befüllung von Na-Rho-ZMOF (6) erfolgreich nachgewiesen werden, während es bei Zn(nmIm)2 (7) nicht zu einer Befüllung des Porensystems kam.
Die vorliegende Arbeit ist in zwei Teile gegliedert und befasst sich im ersten Abschnitt mit der stöchiometrischen und katalytischen Aktivierung von Element-Element-Bindungen an NHC-stabilisierten Eisen(II)-Komplexen. Im Fokus der Untersuchungen steht hierbei sowohl die Isolierung und Charakterisierung neuartiger NHC-stabilisierter Eisen-Komplexe sowie deren Nutzung als Katalysatoren in der Hydrosilylierung von Carbonylverbindungen und der Hydrophosphanierung von Mehrfachbindungssystemen. Der zweite Teil dieser Arbeit ist der Reaktivität N-heterocyclischer Carbene gegenüber Hauptgruppenelement-Verbindungen wie beispielsweise Chlorsilanen, Stannanen, Phosphanen und Alanen gewidmet. Neben der Aufklärung mechanistischer Details der Reaktionen ist die übergangsmetallfreie Hydrodefluorierung von Fluoraromaten zentraler Bestandteil dieser Untersuchungen.
Die Synthese unterschiedlicher terminaler Gruppe 6 Borylenkomplexe wurde durchgeführt. Dabei wurden neben NMR- und IR-spektroskopischen Untersuchungen, die Identitäten der Verbindungen mittels Röntgenkristallographie festgestellt. Ferner wurden Studien zur Reaktivität des nucleophilen Borzentrums in diesen Verbindungen durchgeführt und die erhaltenen Reaktionsprodukte ebenfalls durch die oben genannten Spektroskopiemethoden charakterisiert. Dabei lag das Augenmerkt besonders auf der Darstellung von monovalenten Borverbindungen, sowie Verbindungen mit Bor-Element-Mehrfachbindungen.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Synthese, Reaktivität und den physikalischen Eigenschaften verschiedener Cyanoborate. Es gelang die optimierte Synthese des Tricyanofluoroborates M[BF(CN)3] (M = Na, K) mittels Lewis-Säure-Katalyse. Aus diesem Borat wurde mittels Reduktion das Bor-zentrierte Nukleophil B(CN)3 2− hergestellt, welches ebenfalls über die äußerst ungewöhnliche Depronotierung des [BH(CN)3]− -Anions zugänglich ist. Das B(CN)3 2− -Dianion wurde erfolgreich mit diversen Elektrophilen wie z.B. Alkylhalogeniden, CO2, CN+-Quellen sowie per- und teilfluorierten Aromaten umgesetzt. Darüber hinaus ergibt die Synthese mit Tricyanohalogenoborat-Anionen das ungewöhnlich stabile gekoppelte Diborat-Dianion [B2(CN)6]2−, welches über einen SN2-Mechanismus entsteht und eine elektronenpräzise B-B-Bindung aufweist. Ferner wurden Ionische Flüssigkeiten mit Perfluoraklylcyanoboraten hergestellt und die physikalischen Parameter systematisch und ausführlich untersucht.
Teil 1: Synthese und Reaktivität neuer Bor-haltiger Heterocyclen
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Versuche unternommen, neue Borolverbindungen auf Basis des 2,3,4,5-Tetrakis(pinakolboryl)buta-1,3-diendiyl-Rückgrates mit unterschiedlichen Substituenten am Borzentrum darzustellen. Des Weiteren wurde ein neues Borolsystem auf Basis des Tetraphenylbutadien-Gerüstes synthetisiert, das die elektronenziehende Perfluorphenylgruppe als Bor-ständigen Substituenten trägt. Durch experimentelle Gegenüberstellung der strukturellen und spektroskopischen Parameter konnte - unterstützt durch quantenchemische Berechnungen - der Einfluss der Rückgratsubstitution eingehend untersucht werden.
Teil 2: Element-Element-Bindungsaktivierungen durch vicinale Biscarbenoide
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde das vicinale Biscarbenoid Bis(piperidyl)acetylen eingesetzt um die Reaktivität dieser Verbindungsklasse gegenüber Lewis-sauren Hauptgruppenelementverbindungen aufzuklären.
Die Reaktivität acyclischer Carbene, N-heterocyclischer Silylene und Germylene gegenüber verschiedenen Boranen sowie die weitere Reaktivtät der erhaltenen Verbindungen wird untersucht. Im zweiten Teil wird die Darstellung und Reaktiviert einiger Thorium- und Lanthanoidhydridoboratkomplexe genauer beleuchtet.
Carba-closo-dodecaboranylethinyl-Liganden und deren Einsatz als Liganden für Münzmetall(I)-Komplexe
(2018)
Ein wesentliches Ziel dieser Arbeit war die Synthese von mehrfach funktionalisierten Carba-closo-dodecaborat-Anionen, um lineare Bausteine für höhermolekulare Netzwerke zu generieren. Speziell funktionelle Gruppen, die entweder zwei Koordinationstellen aufweisen oder weitere Funktionalisierungen ermöglichen, stehen im Fokus. Des Weiteren soll die Koordinationschemie von Carba-closo-dodecaborat-Anionen mit Ethinylgruppen am antipodalen Boratom, besonders in Hinsicht auf die Bildung von Münzmetall(I)-Komplexen untersucht werden.
Im Rahmen dieser Themengebiete wurden zahlreiche zweifach funktionalisierte Derivate des Carba-closo-dodecaboratanions synthetisiert. Drei ausgewählte Anionen sind in Abbildung 141 gezeigt. Überdies wurde mit der Synthese von [1-H2CHCC(O)NH-closo-1-CB11H11]- gezeigt, dass die Aminofunktion derivatisiert werden kann. Diese Resultate ermöglichen die Synthese einer breiten Palette an linearen Bausteinen, beispielsweise für die Verwendung als Linker in höhermolekularen Netzwerken.Zudem wurden Bausteine synthetisiert, welche über Wasserstoffbrücken-bindungen lineare Stränge bilden . Aufgrund des, für Carboxylgruppen selten beobachteten Motivs von tetrameren Einheiten mit dem Graph-Set-Deskriptor [R44(16)] sticht die Struktur von
[1-HO(O)C-12-HCC-closo-1-CB11H10]- besonders hervor, da normalerweise für Carbonsäuren die Bildung von Dimeren bevorzugt ist.[129-131] Die maximale Länge des tetrameren, cyclischen Bausteins beträgt 2.24 nm. Das Anion [1-H2N(O)C-12-HCC-closo-1-CB11H10]- bildet einen linearen Strang mit einer Länge von 2.10 nm, welcher an beiden Enden funktionelle Gruppen trägt. Ein interessantes Einsatzgebiet von derartigen Verbindungen ist wiederum die Verwendung als Liganden im Bereich von Münzmetall(I)-Komplexen, wie sie beispielsweise von Himmelspach et al.[87] synthetisiert wurden, wobei in diesem Fall über das Wasserstoffbrückenbindungsmotiv ein Verknüpfungspunkt vorhanden wäre, um höhermolekulare Netzwerke zu bilden.
Des Weiteren wurde der elektronische Einfluss verschiedener funktioneller Gruppen auf die Polarisierung der Alkinylfunktion über das {closo-CB11}-Gerüst untersucht. Die Differenzen der experimentellen und berechneten chemischen Verschiebungen der Alkinylresonanzen stehen in linearem Zusammenhang mit der berechneten Differenz der NBO-Ladung des entsprechenden Clusters, wie Abbildung 143 zu entnehmen ist. Im Vergleich mit in 1,4-Position substituierten Derivaten von Benzol und Bicyclo[2.2.2]oktan wird deutlich, dass bei dem Carba-closo-dodecaborat-Anion in größerem Maße induktive Effekte eine Rolle spielen, aber zu einem gewissen Teil auch mesomere Effekte über das {closo-1-CB11}-Gerüst vermittelt werden. Dementsprechend ist das Carba-closo-dodecaborat-Anion zwischen den beiden Extremfällen Benzol - mit dominierenden mesomeren Effekten - und Bicyclo[2.2.2]oktan - mit reinen induktiven Effekten - einzuordnen.Durch die Verwendung ausgewählter funktionalisierter Pyridinderivate wurde ein breites Spektrum unterschiedlicher AgI-Cluster synthetisiert. Mit Pyridin und 4-Me-Pyridin ist die Struktur im Festkörper ein Oktaeder. Bei Verwendung von 4 tBu-Pyridin wird neben eines, auf einer Seite geöffneten Oktaeders, auch ein stark verzerrtes geschlossenes Oktaeder beobachtet. Wird 4-F3C-Pyridin als Ligand verwendet, werden je nach Reaktionstemperatur zwei verschiedene geometrische Grundgerüste im Festkörper erhalten. Bei Temperaturen über 20 °C wird ein Oktaeder und bei Temperaturen unter 15 °C ein Dekaeder aus AgI-Ionen im Festkörper gebildet. Bei Einsatz von 3,5-Me-Lutidin hingegen formt sich eine pentagonale Bipyramide.Diese Komplexe phosphoreszieren bei Raumtemperatur, was für diese Verbindungsklasse sehr selten beobachtet wird. Des Weiteren konnten Informationen hinsichtlich der Struktur-Eigenschafts-Beziehung solcher Komplexe erhalten werden, so wird die Quantenausbeute der einzelnen Komplexe maßgeblich von der Struktur beeinflusst wird. Während das am häufigsten beobachtete geometrische Grundgerüst das Oktaeder ist und die Quantenausbeuten für diese Serie von Clustern in einem Bereich zwischen 0.01 und 0.14 liegen, wird bei Verwendung von 3,5-Me2-Lutidin als Ligand eine pentagonale Bipyramide gebildet, die sich darüber hinaus mit einer Quantenausbeute von 0.76 deutlich von allen anderen bislang synthetisierten Komplexen hervorhebt.
Mit den eben erwähnten Silber(I)-Komplexen wurden Ergebnisse bei Umsetzungen mit halogenidhaltigen Salzen erhalten. Auch hier wurden Unterschiede bei den verschiedenen Liganden beobachtet und bei Verwendung von 3,5-Me2-Lutidin wurden, in Abhängigkeit der verwendeten Kationen der eingesetzten Halogenid-Salze, unterschiedliche Komplexe erhalten. Im Falle des [Et4N]+-Kations bleibt die pentagonale Bipyramide erhalten und [Et4N][Ag7(12-CC-closo-1-CB11H11)4(3,5-Me2-C5H3N)9] bildet sich, während bei Verwendung des [Ph4P]+-Kations [Ph4P][Ag7(12-CC-closo-1-CB11H11)4(3,5-(Me)2C5H3N)13] erhalten wird und die Struktur im Kristall ist mit der von [Ag(C5H5N)4][(Ag7(12-CC-closo-1-CB11H11)4(C5H5N)11] verwandt. Die Struktur-Eigenschaft-Beziehung der Komplexe wird hierbei bestätigt, da für beide Komplexe sehr unterschiedliche Quantenausbeuten gemessen werden. Der Cluster mit dem pentagonal bipyramidalen Aufbau [Et4N][Ag7(12-CC-closo-1-CB11H11)4(3,5-Me2-C5H3N)8] hat eine Quantenausbeute von 0.23 gemessen, während die Quantenausbeute im Fall von [Ph4P][Ag7(12-CC-closo-1-CB11H11)4(3,5-(Me)2C5H3N)13] nur 0.04 beträgt. Dies belegt, dass die Struktur des AgI-Clusters im Festkörper die Lumineszenzeigenschaften maßgeblich bestimmt.
Des Weiteren wurden verschiedene Münzmetallkomplexe mit Carboranyl-ethinyl- und Triphenylphosphan-Liganden synthetisiert . Auch diese Komplexe lumineszieren bei Bestrahlung mit UV-Licht. Im Falle des gemischten Komplexes {12-(Ph3PAu)((Ph3P)2Ag)]-CC-closo-1-CB11H11} konnte die Quantenausbeute auf 0.39 im Vergleich zu den reinen AgI- und AuI-Verbindungen erhöht werden. In diesen Fällen liegt die Quantenausbeute bei lediglich 0.01 beziehungsweise 0.02.
Im Rahmen dieser Arbeit war es möglich, eine Vielzahl NHC-stabilisierter Tetrabromdiboran-Addukte zu synthetisieren und mithilfe von zwei bzw. vier Reduktionsäquivalenten zu reduzieren. Dies führte zur Bildung neuartiger Dibromdiborene bzw. Diborin-Verbindungen, welche infolgedessen charakterisiert wurden. Der Einfluss des Carbens auf die jeweilige Struktur und Elektronik der synthetisierten Verbindungen war hierbei von besonderem Interesse.
Im Fall der Diborine gelang es neben den beiden bereits literaturbekannten Verbindungen XXIII und XXXII drei neue Vertreter mit einer B≡B-Dreifachbindung (7, 8 und 9) darzustellen.
Aufgrund der Verwendung von gesättigten Carbenen wurden die spektroskopischen und strukturellen Eigenschaften der Verbindungen soweit modifiziert, dass sie zwischen denen mit einer isolierten Dreifachbindung (B2IDip2 (XXIII) und B2IDep2 (XXXII)) und der mit Kumulencharakter (B2CAAC2 (XXXIV)) eingeordnet werden können.
Neben der Charakterisierung neuartiger Verbindungen mit Bor–Bor-Dreifachbindungscharakter konnten auch zahlreiche Reaktivitätsstudien durchgeführt werden. So verdeutlichte sich der strukturelle und elektronische Unterschied der Diborine vor allem am Beispiel der Reaktivität gegenüber CO (Schema 42). Während für B2IDip2 (XXIII) der Reaktionsverlauf über das Intermediat XXV zum Bis(boralacton) XXVI reagierte, konnte für die Diborine 7 und 8 primär die Bildung des jeweiligen Bis(boraketens) (16 und 18) beobachtet werden. Die Bindungssituation dieser Zwischenstufen wird vor allem durch die π-Rückbindungen der Boratome in die CO-Bindung geprägt, welche zu einer Schwächung dieser führen und sowohl in den Festkörperstrukturen als auch in den Schwingungsspektren verdeutlicht wird. Die weitere Umsetzung zu den entsprechenden Bis(boralactonen) 17 und 19 erfolgte im Anschluss je nach Substituent bei Raumtemperatur (16) oder durch Heizen der Boraketen-Zwischenstufe (18). Mithilfe quantenmechanischer Betrachtung konnte die Ursache der unterschiedlichen Reaktionsverläufe näher erläutert werden, auch unter Einbeziehung des Diborakumulens XXXIV, welches mit Überschuss an CO auch bei hohen Temperaturen lediglich zur Bildung des Bis(boraketens) (XXXV) führt. Dies zeigt, dass aufgrund der unterschiedlichen Reaktionsbarrieren der jeweiligen Diborine bzw. des Diborakumulens mit CO die Bildung des Ketens bzw. anschließend des Bis(boralactons) verschieden stark bevorzugt wird. Für B2IDip2 (XXIII) wird deshalb aufgrund der hohen freien Gibbs-Energie, welche bei der Bildung des Bis(boralactons) entsteht, im ersten Schritt keine Bildung des IDip-stabilisierten Bis(boraketens) beobachtet und für B2CAAC2 (XXXIV) aufgrund von nahezu keiner Energiegewinnung im zweiten Schritt lediglich XXXV gebildet. Die freien Gibbs-Energien beider Reaktionsschritte der Umsetzungen von B2SIDip2 (7) und B2SIDep2 (8) mit CO ordnen sich zwischen den oben beschriebenen Extrema ein.
Einen Einfluss des Carbens auf die Reaktivität zeigte auch die Umsetzung mit Wasserstoffgas. Während bei XXIII, XXXII und 7 keine Reaktionen beobachtet werden konnten, verlief diese bei 8 und XXXIV unter einer 1,2-Addition des H2-Moleküls an die B–B-Bindung und Bildung der jeweiligen Dihydrodiborene 21 (B2H2SIDep2) und XXXVIII (B2H2CAAC2).
Neben der Reaktivität gegenüber CO und H2 wurden auch Reaktionen beschrieben, welche zu einer Insertion einer in-situ-gebildeten Borylen-Spezies führten. Diese sind die Umsetzungen von B2IDip2 (XXIII) mit CO-Quellen oder der Brønstedt-Säure Triethylammonium(tetraphenyl)borat. In beiden Fällen kam es im Laufe der Reaktion zur Insertion eines Borfragments in die CH-Bindung des Isopropylrestes und zur Bildung der Boracyclen 20 (B2IDip2CO) und 25 ([B2IDip2H][BPh4]). Daneben konnte eine ähnliche Beobachtung bei der Umsetzung des SIDep-stabilisierten Diborins 8 mit Isonitrilen gemacht werden. Hierbei insertierte bei der Reaktion mit Metyhlisonitril ein Borfragment in den benachbarten Imidazolring unter Ausbildung eines Sechsrings. Gleichzeitig konnte eine CH-Aktivierung des Ethylrestes des Dep-Substituenten beobachtet werden. Bei der analogen Umsetzung mit tert-Butylisonitril wurde neben der einfachen auch die zweifache Insertion beider Borzentren beobachtet.
Die Reaktivität gegenüber Chalkogenen und Chalkogenverbindungen stellte einen weiteren, zentralen Aspekt dieser Arbeit dar.
Die Umsetzung von B2IDip2 mit elementarem Schwefel und Selen führte dabei zur Spaltung der B≡B-Bindung durch reduktive Insertion von drei Chalkogenbrücken und Bildung der entsprechenden Pentachalkogenverbindungen 26 und 27. Die analogen Umsetzungen des Diborins 7 mit Selen führte ebenfalls zur Bildung einer Pentachalkogenverbindung (29). Da derartige Verbindung in der Literatur bislang nicht bekannt sind, sollte auch deren Reaktivität exemplarisch an 27 untersucht werden. Dabei zeigte sich, dass die Verbindung stabil unter photolytischen Bedingungen ist und sich bei thermischer Behandlung erst nach mehreren Tagen zersetzt. Die Umsetzung mit Triphenylphosphan oder elementarem Natrium zur Entfernung von Selenfragmenten oder mit Triphenylphosphanselenid zur Addition weiterer Seleneinheiten zeigten keine Reaktionen. Lediglich die Umsetzung mit zwei Äquivalenten Natriumnaphthalid führte zur erfolgreichen Darstellung des Dimers 28. Im Gegensatz dazu lieferte die Reaktion des Diborins 8 mit elementarem Selen bereits ein anderes Strukturmotiv (30), in welchem sechs Selenatome in Form von ein-, zwei und dreiatomigen Henkeln zwischen die Boratome insertierten. Durch Umsetzung mit Triphenylphosphan deuteten erste Reaktionsversuche darauf hin, dass es möglich ist, selektiv ein Selenfragment aus der dreiatomigen Selenbrücke zu entfernen und die entsprechende Pentachalkogenverbindung 31 zu generieren.
Reaktivitätsstudien der Diborine XXIII, 7 und 8 gegenüber Diphenyldisulfid und -selenid als auch gegenüber Isopropylthiol führten in allen Fällen zur 1,2-Addition an die B≡B-Bindung unter Bildung der Diborene 32 bis 36 bzw. 42 und 43.
Im Gegensatz dazu kam es bei der Reaktion von XXIII mit Diphenylditellurid zur Bildung eines salzartigen Komplexes 37, in welchem ein Phenyltellurireniumkation die B≡B-Bindung verbrückte und das entsprechende Phenyltellurid als Gegenion fungierte. Durch den Einsatz von para-substituierten Diphenylditelluriden konnten zwei weitere Verbindungen (38 und 39) dargestellt werden. Dabei zeigte der para-Substituent jedoch nur einen geringen Einfluss auf die elektronische Struktur der gebildeten Produkte. Die Reaktion von Diborin 8 mit Diphenylditellurid zeigte neben der Bildung des salzartigen Komplexes 40 auch die Entstehung des 1,2-Additionsproduktes 41, was vermutlich wie bereits bei der Reaktion mit elementarem Selen auf sterische Effekte zurückzuführen ist (Schema 45). Aufgrund der besonderen Bindungssituation in den Komplexen 37 bis 40 wurden diese eingehender untersucht. Die Auswertung der Röntgenstrukturanalyse, Raman-Spektroskopie, 11B-NMR-Spinkopplungsexperimente sowie der quantenmechanischen Rechnungen ergab dabei Hinweise auf eine Koordinationsverbindung nach dem Dewar-Chatt-Duncanson-Bindungsmodell.
Weitere Reaktivitätsstudien v.a. des IDip-stabilisierten Diborins (XXIII) beschäftigten sich mit der Synthese von π-Komplexverbindungen durch Reaktionen von XXIII mit Alkalimetallkationen in der Ligandensphäre schwach koordinierender Anionen mit Kupfer(I)-Verbindungen. Die Bildung sogenannter Kation-π-Komplexe des Diborins mit Lithium bzw. Natrium gelang durch die Umsetzung von B2IDip2 (XXIII) mit je zwei Äquivalenten Lithium bzw. Natriumtetrakis(3,5-dichlorphenyl)borat quantitativ unter Bildung von 46 und 47 als unlösliche, violette Feststoffe.
Die in der Kristallstruktur ersichtliche Bindungssituation zeigt die Einkapselung der jeweiligen Kationen durch das B2-Fragment des Diborins sowie der Arylreste der Ligandensphäre, die sich infolgeder Komplexierung ekliptisch zueinander anordnen. Aufgrund der ungewöhnlichen Bindungssituation wurden theoretische Studien aufbauend auf den aus den Kristallstrukturen und den aus spektroskopischen Messungen erhaltenen Daten angefertigt. Diese beweisen eine rein elektrostatische Wechselwirkung der Kationen mit der noch intakten B≡B-Bindung des Diborins. Auch für die Diborine 7 und 8 konnten am Beispiel des Natriumtetrakis(3,5-dichlorphenyl)borats die Komplexe 48 ([B2SIDip2Na2][BArCl4]) und 49 ([B2SIDep2Na2][BArCl4]) erfolgreich dargestellt werden. Dies beweist, dass in den SIDip- und SIDep-substituierten Diborinen noch genügend Elektronendichte auf der B–B-Bindung lokalisiert ist, um derartige π-Wechselwirkungen auszubilden.
Die Reaktivität des Diborins XXIII gegenüber Kupfer(I)-Verbindungen wurde bereits von Dr. Jan Mies im Zuge seiner Dissertation untersucht. In dieser Arbeit ist es nun gelungen, weitere Komplexe mit Kupfer(I)-alkinylen (50 und 51) darzustellen. Darüber hinaus war es möglich, eine alternative Syntheseroute zur Darstellung des dreikernigen Kupfer(I)-chlorid-Komplexes XXVII zu entwickeln sowie den entsprechenden Zweikerner 52 darzustellen. Die Verbindungen XXVII, 52 und XXVIII wurden im Anschluss in Kooperation mit der Gruppe um Dr. Andreas Steffen auf ihre photophysikalischen Eigenschaften hin untersucht.Dabei zeigte sich, dass alle drei Verbindungen aufgrund der langen Lebenszeiten ihrer angeregten Zustände phosphoreszieren, die Quantenausbeute der Phosphoreszenz jedoch stark von der Verbindung abhängig ist. Während der dreikernige Kupfer(I)-Komplex XXVII bereits in Lösung eine Quantenausbeute von 29 % aufwies, war eine Bestimmung der Quantenausbeute in Lösung für B2IDip2(CuC2TMS)2 (XXVIII) aufgrund der schwachen Emission nicht möglich. Die Ursache des unterschiedlichen Emissionsverhaltens konnte mittels Betrachtung von Absorptions- und Anregungsspektren erklärt werden. Für B2IDip2(CuCl)3 sind die beiden Spektren in Lösung nahezu identisch. Im Gegensatz dazu weisen die beiden Zweikerner 52 und XXVIII ein vom Absorptionsspektrum verschiedenes Anregungsspektrum auf, was darauf schließen lässt, dass es zu Konformationsänderungen im angeregten Zustand kommt, welche die Emission auslöscht. TheoretischeStudien bestätigen für 52, dass die Barriere zwischen zwei Konformeren, in denen die Kupferfragmente linear bzw. orthogonal angeordnet sind, lediglich 4.77 kcal/mol beträgt und bekräftigen damit die vermutete Ursache der schwachen Emission.
Ein zweites Thema dieser Arbeit beschäftigte sich mit der Darstellung und Untersuchung neuartiger Dibromdiborene, welche im Zuge der Diborin-Synthese beobachtet werden konnten. Dabei gelang es neben dem bereits literaturbekannten IDip-stabilisierten Dibromdiboren (XXIV) noch sechs weitere Vertreter dieser Verbindungsklasse darzustellen (10–15). Auch hier konnte ein Einfluss der Carbenliganden auf die strukturellen und elektronischen Eigenschaften beobachtet werden.
Die Reaktivität der Dibromdiborene wurde in einigen Testreaktionen untersucht. Dabei zeigte sich, dass im Hinblick auf ihr Oxidationsverhalten die literaturbekannte Darstellung von Monokationen (53 [B2Br2IDip2][BArF4] und 54 [B2Br2IDep2][BArF4]) nachempfunden werden konnte. Versuche zur Bromsubstitution zeigten durch Umsetzung mit BuLi den Austausch der Bromid-Liganden durch Butylgruppen, jedoch bildeten sich aufgrund von Umlagerungen anstelle der erwarteten Diborene die kondensierten Ringsysteme 56–58.
Kapitel 1 Darstellung und Reaktivität des Cyanoborylens (3)
Im Rahmen dieser Arbeit ist es gelungen, in einer dreistufigen Synthese das erste basenstabilisierte Cyanoborylen [(cAAC)B(CN)]4 (3) in hohen Ausbeuten darzustellen (Schema 64). Hervorzuheben ist hierbei, dass dieser Ansatz keine „klassische“ Metallborylen- Vorstufe benötigt, weshalb wenig Synthesestufen und bessere Ausbeuten erreicht werden konnten. Schema 64. Darstellung von [(cAAC)B(CN)]4 (3). Eine erste Besonderheit von [(cAAC)B(CN)]4 (3) ist, dass dieses das einzige bislang bekannte Borylen darstellt, welches eine Stabilisierung durch Oligomerisierung erfährt und somit in Folgereaktionen nicht erst in situ generiert werden muss. Die elektronische Untersuchung von 3 durch Cyclovoltammetrie hat zudem gezeigt, dass 3 ein Redoxpotential von E1/2 = −0.83 V besitzt und somit eine chemische Oxidation zu neuen Verbindungen führen könnte, was durch Umsetzung mit AgCN demonstriert wurde (Schema 65). Hierdurch konnte [(cAAC)B(CN)3] (4) erfolgreich dargestellt und vollständig charakterisiert werden. [(cAAC)B(CN)3] (4) ist erst das zweite strukturell untersuchte basenstabilisierte Tricyanoboran. Zudem wurde die Reaktivität von [(cAAC)B(CN)]4 (3) gegenüber verschiedenen Lewis-Basen untersucht. Ziel hierbei war es, das oligomere Strukturmotiv aufzubrechen und gemischte zweifach basenstabilisierte Borylene zu realisieren. Hierbei konnte eine deutliche Abhängigkeit von der Basenstärke und dem sterischen Anspruch der Lewis-Base aufgedeckt werden. So hat sich gezeigt, dass Lewis-Basen wie THF, MeCN, Pyridin und PEt3 zu schwach sind, um die oligomere Struktur aufzubrechen. Im Gegensatz dazu führten die Umsetzungen von [(cAAC)B(CN)]4 (3) mit den starken Lewis-Basen cAAC bzw. IPr zu keinerlei Umsatz, was vermutlich auf einen zu großen sterischen Anspruch zurückzuführen ist. Dementsprechend verlief die Umsetzung von [(cAAC)B(CN)]4 (3) mit der starken und sterisch nicht anspruchsvollen Base IMeMe erfolgreich und lieferte [(cAAC)B(CN)(IMeMe)] (5) in guten Ausbeuten (Schema 65). Schema 65. Umsetzung von [(cAAC)B(CN)]4 (3) mit AgCN und IMeMe. Während [(cAAC)B(CN)(PEt3)] (6) nicht durch Umsetzung von [(cAAC)B(CN)]4 (3) mit PEt3 zugänglich ist, konnte dieses jedoch auch durch Reduktion von [(cAAC)BBr2(CN)] (2) in Gegenwart von PEt3 erhalten werden (Schema 66). [(cAAC)B(CN)(PEt3)] (6) stellt hierbei das das bislang erste bekannte Phosphan-stabilisierte Borylen dar. Schema 66. Kristallstruktur und Synthese von [(cAAC)B(CN)(PEt3)] 6.
Kapitel 2 Reaktivität von 3 gegenüber Chalcogenen und Chalcogeniden
In weiterführenden Studien wurde zudem die Reaktivität von 3 gegenüber Chalcogenen und Chalcogeniden im Detail untersucht. Durch Verwendung der entsprechenden Stöchiometrie konnte 3 hierbei selektiv zu den Bor-Chalcogen-Heterocyclen 9, 10, 13-15 umgesetzt werden (Schema 67). Schema 67. Darstellung von 9, 10, 13-15. Diese Ergebnisse wurden anschließend mit der Reaktivität des Konstitutionsisomers LII verglichen. In diesem Zusammenhang konnten 11 und 12 durch stöchiometrische Reaktionsführung dargestellt werden (Schema 68), welche nachfolgend in die bereits erwähnten Verbindungen 9 und 10 überführt werden konnten (Schema 69). Schema 68. Darstellung von 11 und 12. Schema 69. Darstellung von 9 und 10 aus 11 bzw. 12. Des Weiteren konnte 3 erfolgreich mit Ph2Se2, Me2Se2 und Ph2S2 zu 16-18 umgesetzt werden (Schema 70), wobei 16 und 18 auch durch Umsetzung von LII mit Ph2Se2 bzw. Ph2S2 zugänglich sind (Schema 70). Schema 70. Synthese von 16-18. Das tetramere Borylen 3 und das Diboren LII zeigen ähnliche Reaktivitäten gegenüber elementaren Chalcogenen sowie Dichalcogeniden. Lediglich die Darstellung der dreigliedrigen B2E-Heterocyclen 11 und 12 gelingt selektiv nur ausgehend von LII.
Kapitel 3 Darstellung und Reaktivität des Borylanions (19)
Ein weiterer Aspekt dieser Arbeit beschäftigte sich mit der Synthese und Reaktivität des Borylanions 19, eines der wenigen bekannten nukleophilen Borspezies. Der Zugang zu 19 durch Deprotonierung von 1 (Schema 71) ist hierbei besonders bemerkenswert, da es eine bis dato kaum bekannte bzw. verwendete Methode ist, da borgebundene Wasserstoffatome in der Regel hydridischer Natur sind, weshalb eine Deprotonierung normalerweise nicht möglich ist und nur für zwei weitere Systeme beschrieben ist. Hierzu zählen die Synthese des Dianions XLVII[6a, 6b] und die Synthese des Borylanions XLVIII[45]. Eine Gemeinsamkeit dieser drei Spezies ist die Gegenwart elektronenziehender Cyanidsubstituenten welche eine Umpolung der B‒H-Bindung bedingen, wodurch eine Deprotonierung erst ermöglicht wird. Schema 71. Synthese von 19. Um diesen Sachverhalt genauer zu untersuchen, wurden Rechnungen durchgeführt und die partiellen Ladungen (NBO) des borgebunden Wasserstoff an BH3, [(cAAC)BH3] und 1 auf dem BP86/def2-SVP-Niveau berechnet (Abbildung 53). Abbildung 53. Teilladungen (NBO) von BH3, [(cAAC)BH3] und 1 (BP86/def2-SVP). Durch Austausch eines der Hydride in [(cAAC)BH3] durch eine Cyanogruppe werden die borgebunden Wasserstoffe in 1 deutlich protischer (+0.038, +0.080), wobei schon durch Koordination des cAAC-Liganden an BH3 zwei der vorher hydridischen Wasserstoffe (BH3: partielle Ladung: –0.101) erheblich positiver geladen wird (+0.050). Der nukleophile Charakter von 19 wurde anschließend durch Reaktivitätsstudien untersucht. So führte die Umsetzung von 19 mit [(PPh3)AuCl] zur Bildung von [(cAAC)BH(CN)(AuPPh3)] (20) (Schema 72). Während die Umsetzung von 19 mit Tritylderivaten keine isolierbare Verbindung lieferte, konnte durch Umsetzung mit den schweren, weichen Homologen R3ECl (R = Ph, E = Ge, Sn und Pb; R = Me, E = Sn) eine ganze Reihe von Boranen dargestellt werden (Schema 72). Schema 72. Synthese von 20-24. Die Umsetzung der entsprechenden Silylderivate R3SiCl war hingegen mit einem anderen Reaktionsverlauf verbunden (Schema 73). Schema 73. Synthese von 25-28. Demnach erfolgt die Reaktion von 19, im Gegensatz zu den höheren Homologen, mit den Silylderivaten nicht am weichen, nukleophilen Borzentrum sondern am härteren Cyanostickstoffatom. Demzufolge wurden hierbei zunächst die Silylisonitrilverbindungen 25 und 26 gebildet, wobei 25 labil ist und innerhalb kürzester Zeit in 27 übergeht. Im Gegensatz dazu konnte 28 nur durch Bestrahlung von 26 dargestellt werden. Die Bindungsverhältnisse in 26 wurden zudem auch durch DFT-Rechnungen auf dem BP86/def2-SVP-Niveau untersucht. Die Analyse der Kohn–Sham MOs offenbarte hierbei ein HOMO mit π-Bindungscharakter über die gesamte CcAAC‒B‒CCN-Einheit mit angrenzendem π-Antibindungscharakter über die C‒NEinheiten beider Donorliganden (Abbildung 54). Abbildung 54. Gemessene (links) und berechnete (mitte) Struktur und HOMO (rechts) von 26. Während die Umsetzung von 26 mit Cu(I)Cl dessen hohes Reduktionsvermögen verdeutlichte, führte die Umsetzung mit Lithium in THF zur Bildung des Borylanions 19 und LiSiPh3. Die Reaktion von 26 mit BH3∙SMe2 lieferte hingegen quantitativ [(cAAC)BH3] (29), während bei Umsetzung mit Ph3SnCl quantitativ 22 gebildet wurde (Schema 74). Dieses sehr unterschiedliche Reaktionsverhalten rechtfertigt eine Beschreibung von 26 sowohl als ein Silylisonitrilborylen, als auch eine zwitterionische Silyliumboryl-Spezies. Schema 74. Ambiphile Reaktivität von 26 als neutrales Silylisonitrilborylen (A) oder als zwitterionische Silyliumboryl-Spezies (B).
Kapitel 4 Darstellung und Reaktivität von [(cAAC)BH3] (29)
Da 1 selektiv deprotoniert werden kann und [(cAAC)BH3] (29) Rechnungen zufolge ebenfalls borgebundene Wasserstoffe mit protischem Charakter besitzt, wurde versucht, diese Reaktivität auf 29 zu übertragen. Demzufolge wurde im Rahmen dieser Arbeit [(cAAC)BH3] (29) dargestellt und dessen Reaktivität gegenüber anionischen (Schema 75) und neutralen (Schema 76) Nukleophilen untersucht. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Umsetzung von [(cAAC)BH3] (29) mit Lithiumorganylen nicht zur Deprotonierung führt, sondern zur Bildung der Lithiumborate 30, 32 und 34, unabhängig von der Hybridisierung des Lithiumorganyls (sp3: LiNp, sp2: LiMes, sp: LiCCPh). Der Reaktionsmechanismus wurde durch DFT-Rechnungen untersucht (Abbildung 47). Diese zeigen eindeutig, das [(cAAC)BH3] (29) in einem Gleichgewicht mit dem entsprechenden Boran [(cAAC‒H)BH2] steht. Bei der stark exergonischen nukleophilen Addition der entsprechenden Basen wird [(cAAC‒H)BH2] aus dem Gleichgewicht entfernt (30: −29.6 kcal∙mol‒1; 32: ‒12.4 kcal∙mol‒1) und die Lithiumborate 30 und 32 gebildet. Diese Lithiumborate gehen dann durch Reaktion mit Me3SiCl in die entsprechenden cAACBoranaddukten 31, 33 und 35 über (Schema 75). Schema 75. Synthese von 30-35. Diese zweistufige Synthese ist deshalb bemerkenswert, da dies einer ungewöhnlichen Substitution an einem sp3-Boran gleichkommt. Des Weiteren wurde die Reaktivität von [(cAAC)BH3] (29) gegenüber neutralen Lewis-Basen untersucht. So konnte bei der Umsetzung mit cAAC Verbindung 36 und bei der Umsetzung mit Pyridin Verbindung 37 erhalten werden (Schema 76). Schema 76. Synthese von 36 und 37. Der Mechanismus der Bildung von 36 und 37 wurde ebenfalls durch DFT-Rechnungen untersucht, welche auf eine reversible Reaktion des Pyridin-Addukts 37 hindeutet. Dies konnte auch experimentell bestätigt werden. Im Gegensatz dazu ist die Bildung von 36 irreversibel.
Kapitel 5 Darstellung und Vergleich neuer Diborene
Im Rahmen dieser Arbeit ist es zudem gelungen, eine Reihe an NHC-Boranaddukten (42-50) darzustellen und diese zum Großteil in die entsprechenden Diborene (51-58) zu überführen (Schema 77). Schema 77. Synthese der NHC-Boranaddukte 42-50 sowie deren Umsetzung zu den Diborenen 51-58. Die meisten Verbindungen konnten hierbei vollständig charakterisiert und somit die NMR-spektroskopischen und strukturellen Daten miteinander verglichen werden. Die 11B-NMRSignale von 51-58 wurden in einem engen Bereich (20.2 bis 22.5 ppm) beobachtet, welcher sich mit dem von X und XI (21.3 und 22.4 ppm)[17] deckt. Im Festkörper weisen die Diborene einen B‒B-Abstand zwischen 1.576(4) Å (51) und 1.603(4) Å (54) auf, ohne dass ein Trend
erkennbar ist. Dieser Bereich ist zudem nahezu identisch mit bereits bekannten IMe-stabilisierten 1,2-Diaryldiborenen (1.585(4) bis 1.593(5) Å).[16-17] Einige dieser Diborene sind durch die entsprechende Wahl des Substitutionsmusters sehr labil und konnten deshalb nicht isoliert werden. Es ist dennoch gelungen UV-vis-spektroskopische Daten von 51, 52, 57 und 58 zu erhalten (Abbildung 55). Abbildung 55. UV-vis-Absorptionsspektren von 51, 52, 57 und 58. Die genaue Analyse der UV-vis-Spektren von 51, 52, 57 und 58 offenbart eine gewisse Abhängigkeit der Maxima vom Substitutionsmuster. Der Vergleich der Diborene 51-58 hat gezeigt, dass das Substitutionsmuster einen entscheidenden Einfluss auf die Lage der Grenzorbitale hat, was die Eigenschaften der Diborene deutlich verändert. So führte die Einführung einer Diphenylaminogruppe am Thienylrest zur Aufhebung der Koplanarität der Th‒B=B‒Th-Ebene, weshalb die entsprechenden Spezies durch die fehlende π-Konjugation sehr labil sind. Diese Beeinflussung der Koplanarität konnte bereits in kleinem Ausmaß bei der Substitution durch eine Me3Si-Gruppe beobachtet werden. Auch der Einfluss unterschiedlicher NHCs wurde untersucht. Während die Einführung von IMeMe kaum einen Einfluss auf die Absorptionsmaxima zeigt, führt die Verwendung von IPr zu einer deutlichen Verschiebung. Als das stabilste Diboren erwies sich im Rahmen dieser Untersuchung das [(IMe)BTh)]2 (X).
Im Rahmen dieser Arbeit konnten, ausgehend von Borat-haltigen Salzen und ionischen Flüssigkeiten (ILs) sowie Lanthanid-haltigen Precursoren, 30 neue Komplexe und Koordinationspolymere dargestellt werden. Dazu wurden vielfältige Synthesestrategien verfolgt und angewendet, unter anderem Salzmetathesen in Lösung, Solvothermalsynthesen und Ionothermalsynthesen. Ein Hauptaugenmerk bei der Synthese der Zielverbindungen lag auf deren Eigenschaften, wobei insbesondere die Photolumineszenzeigenschaften der erhaltenen Koordinationsverbindungen untersucht wurden. Als Borat-haltige Liganden wurden sowohl Cyanoborate als auch Oxoborate hinsichtlich ihrer Eignung zum Aufbau neuer Koordinationspolymere untersucht. Als Cyanoborat-haltige Edukte wurden dabei Säuren und ionische Flüssigkeiten mit Dicyano-, Tricyano- und Tetracyanoborat- Anionen eingesetzt, die durch die unterschiedliche Zahl an Cyanogruppen zu vielfältigen Koordinationsverbindungen führen können. Mittels Ionothermalsynthese konnten die Verbindungen 1∞[Ln(NO3)2{B(CN)4}(H2O)4] (Ln = La, Eu) sowie [EMIm]1∞[LaNO3{B(CN)4}3(H2O)3] dargestellt werden, wobei es zu einer Transformation der ionischen Flüssigkeit [EMIm][B(CN)4] in ein Koordinationspolymer kommt, in dem sowohl Kation als auch Anion der IL beteiligt sind. Dabei ist es bemerkenswerterweise durch die Reaktionstemperatur möglich zu steuern, welches Produkt sich letztlich bildet. Ebenfalls durch Ionothermalsynthese gelang die Synthese von Einkristallen der Verbindung 3∞[La{C2F5B(CN)3}3], durch deren Kenntnis die Verbindungen 3∞[Ln{C2F5B(CN)3}3](Ln = Eu, Ho) als isotype Strukturen identifiziert und hinsichtlich ihrer Lumineszenzeigenschaften charakterisiert werden konnten. Durch Umsetzungen der Lanthanidchloride mit der Säure H[BH2(CN)2] in Solvothermalsynthesen in Pyridin (py) konnten eindimensionale Koordinationspolymere [H(py)2]1∞[LnCl2{BH2(CN)2}2(py)2]·0.5py (Ln = Ce, Pr) erhalten werden. Unter vergleichbaren Synthesebedingungen aber im Lösungsmittel MeCN beobachtet man hingegen die Bildung von Raumnetzen der Zusammensetzung 3∞[Ln2{BH2(CN)2}9]·[Ln(CH3CN)9] (Ln = Ce, Eu, Tb). Die dreidimensionalen Koordinationspolymere 3∞[Ln{BH(CN)3}3] (Ln = Eu, Tb) wurden ebenfalls in MeCN synthetisiert, allerdings ausgehend von der Säure [H3O][BH(CN)3]. Die erwähnten Verbindungen zeigen für die spektroskopisch relevanten Vertreter charakteristische Lumineszenz auf Basis von 5d-4f- respektive 4f-4f-Übergängen, die überwiegend auf der direkten Anregung der jeweiligen Lanthanidionen beruht. Mit dem Bis-salicylatoborat-Anion (= BSB−) gelang ausgehend von Na[BSB] und LnCl3 unter solvothermalen Bedingungen in Pyridin die Synthese der eindimensionalen, strangartigen Koordinationspolymere 1∞[Ln(BSB)3(py)2] (Ln = Y, La – Nd, Sm) und der zweidimensionalen, schichtartigen Verbindungen 2∞[Ln(BSB)3(py)] (Ln = Sm, Eu, Tb – Er). Einblicke über den Mechanismus der Bildung der genannten Verbindungen konnten durch den Komplex [ErCl2(py)4BSB] gewonnen werden, der eine sukzessive Substitution der Chlorid-Liganden nachweist. Die Verbindungen mit dem [BSB]−-Anion zeigen Photolumineszenz, die auf unterschiedliche Prozesse zurückgeführt werden kann. So weist 1∞[Y(BSB)3(py)2] Fluoreszenz auf, die von den [BSB]−-Anionen herrührt, während 1∞[Ln(BSB)3(py)2] (Ln = Ce, Nd, Sm) sowie 2∞[Ln(BSB)3(py)] (Ln = Sm, Tb, Dy) Lumineszenz auf Basis von 5d-4f- und 4f-4f-Übergängen zeigen, die durch einen Antenneneffekt der koordinierenden [BSB]−-Anionen vergleichsweise intensiv beobachtet werden können. Eine Sonderstellung nehmen hier die Verbindungen 2∞[Ln(BSB)3(py)] (Ln = Eu, Ho) ein. Während mit Eu3+ überwiegend direkte Anregung festgestellt werden kann, treten für Ho3+ Reabsorptionsprozesse auf. Durch Kombination unterschiedlicher Gehalte an Eu3+- bzw. Tb3+-Ionen in den eindimensionalen Koordinationspolymeren 1∞[EuxTb1−x(BSB)3(py)2] (x = 0.75, 0.50, 0.25) können zudem Mischfarben der Lumineszenz erzeugt werden. Mit dem Komplex [B2O(C2O4)2(dmf)2] (dmf = Dimethylformamid) und dem Koordinationspolymer 1∞[Tb{o-C6H4(CO2)2}(H2O)6][PHB]2 (PHB− = Phthalatoborat) konnte zudem die Sonderstellung des [BSB]−-Anions deutlich gemacht werden, da es als einziges untersuchtes Spiroborat-Anion vollständig in Zielverbindungen eingebaut werden konnte, während vergleichbare Spiroborat-Anionen wie das [PHB]−-Anion in Gegenwart Lewis-acider Verbindungen hingegen die Abspaltung funktioneller Gruppen zeigten. Insgesamt konnten in dieser Arbeit somit zahlreiche neue, lumineszierende Koordinationspolymere mit Cyano- und Oxoboraten erfolgreich dargestellt werden.