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Das guatemaltekische Volk, nicht nur speziell Indigene, befindet sich in einer Phase des Wandels, im Prozess der Emanzipation von starren Institutionen und brüchig gewordenen Traditionen. Der Synkretismus als Phänomen der Gegenwart macht die Verschmelzung katholischen und indigenen Glaubenslebens seit dem 16. Jahrhundert sichtbar.
Zugleich fallen ein neues Lebensverständnis und Veränderungen in der Mentalität auf: Forderungen an Staat, Gesellschaft und Religionen werden energischer und selbstbewusster vorgebracht. Die Religionsverhältnisse innerhalb Guatemalas sind einem Wandel unterworfen, was nicht nur am Monopolverlust der katholischen Kirche liegt, sondern auch der weitreichenden politischen Instabilität geschuldet ist, die wiederum die Gestaltung individueller Lebenskonzeptionen nicht unberührt lässt. Der Bedeutungsverlust der katholischen Kirche spielt eine wichtige Rolle, um die Verschiebungen zu den Pfingstkirchen zu verstehen, die sich in Guatemala rasch ausbreiteten.
Eine Analyse von Religiosität ist unter Ausblendung der sozialen Veränderungen einer Gesellschaft nicht möglich. Das religiöse Leben wird von vielfältigen Faktoren beeinflusst: Von der Beziehung von Politik und Religion, von der gesellschaftliche Positionierung und dem individuellen Glaubensleben der Individuen, von der mangelnden staatlichen Eigenständigkeit, die Fortschritte behindern kann. In diesen Bezügen steht das Individuum mit seinen Erwartungen, seinen Traditionen, seiner Kultur. In dieser Phase der Selbstemanzipierung kann man fragen: Was können religiöse Systeme in einer Phase der Wiederentdeckung traditioneller Maya-Sprachen, der Aufarbeitung von Gewaltphasen und Unterdrückung ganzer Bevölkerungsgruppen und des Einflusses nordamerikanischer und europäischer Lebensstile dem Individuum bieten?