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Entwicklung und Anwendung von Methoden zur Erfassung von Pyrrolizidinalkaloiden in Honig und Pollen
(2009)
In jüngster Vergangenheit hat die potentielle Belastung von Lebens- und Futtermitteln mit PA wiederholt Aufmerksamkeit erregt. Eine Exposition des Menschen mit PA kann über den Genuss von Tees, Phytopharmaka, pflanzlichen Lebensmitteln (z.B. Salatmischungen) oder, im Fall einer Verfütterung von PA-Pflanzen an Tiere, als sekundäre Kontamination über tierische Lebensmittel erfolgen. Im ‚International Programme on Chemical Safety (IPCS)’ der WHO ist die grundsätzliche Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch PA dokumentiert. Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes gibt es demzufolge Rechtsvorschriften zur Regulierung PA-haltiger Phytopharmaka. Für diese gilt in Deutschland seit 1992 ein Grenzwert von 1 µg PA/Tag für 1,2-ungesättigte PA und deren N-Oxide bei oraler Aufnahme und einer Anwendungsdauer von max. 6 Wochen. Geht die Anwendung darüber hinaus, beträgt der Grenzwert 0,1 µg PA/Tag. Im ersten Teil der Arbeit wurde eine robuste, reproduzierbare und selektive analytische Methode basierend auf Zink-Staub-Reduktion, Festphasenextraktion (SCX-SPE), LiAlH4 Reduktion mit anschließender Silylierung sowie Kapillargaschromatographie-Massenspektrometrie (HRGC-MS)-Analytik erarbeitet. Durch ein solches Vorgehen werden die PA-N-Oxide in tertiäre PA überführt, so dass alle PA in ihrer tertiären Form vorliegen. Durch die anschließende chemische Reduktion werden alle Mono- und Diester-PA in die jeweiligen Necinbasen überführt. Durch die anschließende Derivatisierung zum di-TMS-Derivat, konnten über den Summenparameter Retronecin PA-Kontaminationen mit 1,2-ungesättigten PA-Strukturen verlässlich detektiert und hochselektiv mittels HRGC-MS im SIM-Modus angezeigt werden. Die Validierung der Methode erfolgte durch die Verwendung von Senecio vernalis-Extrakt sowie authentischen PA-Standards und deren N-Oxiden. Unter Modifikationen der Probenaufarbeitung war diese Methode sowohl für Honig und Pollen, als auch für honighaltige Lebensmittel einsetzbar. Im weiteren Verlauf der Arbeit wurde die Methode durch die Synthese des deuterierten Standards di-Butyroyl-[9,9-2H2]-Retronecin zur Stabilisotopen-Verdünnungsanalyse (SIVA) erweitert und optimiert. Die entwickelte Methode erlaubt erstmals, anders als bei bereits vorliegenden Arbeiten zur Bestimmung von PA in Pflanzenteilen, eine exakte und selektive Bestimmung von PA im Spurenbereich, unabhängig von deren botanischem Ursprung oder chemischer Struktur (tertiäres PA, N-Oxide). In einem breit aufgestellten Screening von 216 Honighandelsproben und 35 Forschungshonigen – letztere umfassten 27 Senecio- und 8 Echium-Honige - konnten zum Teil erhebliche Mengen an PA nachgewiesen werden. Die Belastungsrate der einzelnen Probensets reichte von 9 bis zu 100%. Die hierbei ermittelten Gehalte lagen, berechnet als Retronecin-Äquivalente, zwischen 0,019 µg/g und 4,66 µg/g. Ergänzt wurden die analytischen Daten durch die Erhebung von mellisopalynologischen Daten. Hierbei zeigte sich, dass eine Bestimmung von PA-Pflanzenpollen über die relative Pollenhäufigkeit nach DIN 10760 nur eine geringe Aussagekraft bei der Riskioabschätzung besitzt. Zwar war die Anwesenheit von PA-Pflanzenpollen immer ein Indikator für das Vorkommen von PA, jedoch konnten über den relativen Pollengehalt keine Aussagen über die Höhe der PA-Belastung getroffen werden. In einer weiteren Studie zu PA-Gehalten in Pollen und Pollenerzeugnissen sind in den nativen Pollen die erwartet hohen PA-Gehalte bestätigt worden. Aber auch die in Vollsortimentsupermärkten und Reformhäusern häufig vertretenen Pollenprodukte wiesen PA-Gehalte auf, die im Mittel weit über den bei Honig festgestellten Werten lagen. So ergaben sich für die nativen Pollen aller bedeutenden, PA-produzierenden Pflanzenfamilien PA-Gehalte von 0,57-4,07 mg/g, während sich für die Pollenprodukte Gehalte von 1,08-16,35 µg/g feststellen ließen. Eine zusätzliche Erhebung von mellisopalynologischen Daten bestätigte deren bereits bei den Honigproben festgestellte, eingeschränkte Aussagekraft hinsichtlich des PA-Gehaltes. Durch ein Screening von 60 honighaltigen Lebensmitteln mit unterschiedlichen Honiganteilen konnte eine potentielle Downstream-Kontamination durch den Einsatz von hoch PA-belasteten Honigen im Herstellungsprozess nachgewiesen werden. Bei einer Belastungshäufigkeit von 13% lagen die hierbei ermittelten PA-Gehalte, berechnet als Retronecin-Äquivalente, bei 0,010-0,484 µg/g. Abschließend ist in modellhaft durchgeführten Filtrationsversuchen gezeigt worden, dass PA-Pflanzenpollen erheblichen Einfluss auf den PA-Gehalt des Honigs ausüben. Dennoch stellt eine Honigfiltration, wie sie in Anlage 1 der Honigverordnung zulässig ist, keine Möglichkeit dar, hoch mit PA belasteten Honig im PA-Gehalt zu senken. Vielmehr ließ sich mit den durchgeführten Versuchen eine Diffusion der PA aus Pollen in den Honig nachweisen.