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Autoantikörper gegen nodo-paranodale Proteine des Ranvier’schen Schnürrings wie
Neurofascin-155 (NF-155), Contactin-1 und Caspr wurden in der Literatur bei
Patienten/Patientinnen mit Immunneuropathien beschrieben. Bei zwei bis zehn Prozent
der Patienten/Patientinnen mit Immunneuropathien können Autoantikörper gegen
Isoformen des Neurofascin detektiert werden. Patienten/Patientinnen mit
Autoantikörpern gegen NF-155 weisen gemeinsame klinische Merkmale auf, unter
anderem einen schweren Verlauf mit subakutem Beginn, vorwiegend motorischen
Defiziten, Tremor und einem schlechten Ansprechen auf eine Therapie mit intravenösen
Immunglobulinen (IVIG). Ein Grund für Letzteres könnte sein, dass es sich überwiegend
um Autoantikörper der Subklasse IgG4 handelt, die als anti-inflammatorisch gelten und
kein Komplement aktivieren. Neben der IgG4-Subklasse können bei manchen
Erkrankten auch die proinflammatorischen IgG-Subklassen 1 bis 3 nachgewiesen
werden. Bei der Anti-Pan-Neurofascin (155/140/186) Polyneuropathie zeigt sich klinisch
häufig ein fulminanter Phänotyp mit IgG3 Prädominanz. Das Ziel dieser Studie war, die
Autoantikörper-induzierte Komplementablagerung zu detektieren, sowie die Rolle der
IgG Subklasse und die Effekte von IVIG auf Antikörperbindung, Komplementaktivierung
und Effektorfunktionen zu untersuchen.
Hierzu wurde das Serum von 212 Probanden/-innen mit der Verdachtsdiagnose einer
entzündlichen Neuropathie auf Autoantikörper gegen NF-155 mittels ELISA und
Bindungsversuchen an Mäusezupfnerven gescreent. Im Fall eines positiven
Ergebnisses dienten zellbasierte Bindungsversuche mit NF-155-transfizierten HEK-293-
Zellen als Bestätigungstest. Die Effekte unterschiedlicher IVIG Konzentrationen auf die
Antikörperbindung und Komplementablagerung wurden in ELISA,
Komplementbindungsassays und zellbasierten Verfahren getestet. Außerdem wurde
mithilfe von LDH-Zytotoxizitätsmessungen die Komplement-induzierte Zelllyse sowie die
Effekte von IVIG untersucht. Klinische Daten wurden retrospektiv ausgewertet.
Fünf Patienten/Patientinnen mit hohen Autoantikörpertitern gegen NF-155 und ein
Patient mit Anti-Pan-Neurofascin Autoantikörpern konnten in der Studie detektiert
werden. Der Patient mit Autoantikörpern gegen alle drei Isoformen des Neurofascins und
IgG3-Prädominanz zeigte die deutlichste Komplementablagerung. Bei drei
Patienten/Patientinnen, die IgG1, IgG2 und IgG4 aufwiesen, war eine Aktivierung des
Komplementsystems zu beobachten, während bei zwei Patienten mit prädominanter
IgG4-Antikörpersubklasse keine Komplementablagerung nachweisbar war. Bei
Letzteren war eine Therapie mit IVIG in der Vorgeschichte erfolglos, während es bei zwei
der Patienten/Patientinnen mit anderen IgG-Subklassen und Komplementbindung unter
IVIG Therapie zu einer mäßigen bis deutlichen Symptombesserung in der Akutphase
kam. Eine Koinkubation mit IVIG führte in den ELISA basierten und zellbasierten
Versuchen zu keinem Effekt auf die Autoantikörperbindung an das Zielantigen, jedoch
zu einer deutlichen Reduktion der Antikörper-vermittelten Komplementbindung. Diese
Reduktion war sowohl bei Koinkuabtion von IVIG mit dem Komplementfaktor C1q als
auch bei Präinkubation von IVIG vor C1q Gabe zu sehen. Bei zwei der
Patienten/Patientinnen mit hohen Komplementablagerungen konnte eine erhöhte
Zytotoxizität nachgewiesen werden, welche bei Zugabe von IVIG verringert wurde.
Schlussfolgernd ist die Autoantikörper-induzierte Komplementablagerung abhängig von
der prädominanten IgG Subklasse. IVIG führt zu einer deutlichen,
konzentrationsabhängigen Reduktion der Komplementablagerung, sowie möglicher
zytotoxischer Effektorfunktionen wie die Zytolyse myelinisierter Schwannzellen oder
Nervenaxonen. Darüber hinaus könnte die Subklassenanalyse von Erkrankten das
Therapieansprechen auf IVIG vorhersagen und sollte daher eine wichtige Rolle in der
Diagnostik der Nodo-Paranodopathie spielen. IVIG sowie andere über das
Komplementsystem wirkende Therapeutika können in der Behandlung der schwer
betroffenen Patienten/Patientinnen, insbesondere bei Anti-Pan-Neurofascin positiver
Neuropathie, in Betracht gezogen werden.
The human specific gram-negative bacterium Neisseria meningitidis (Nme, meningococci) is a common colonizer of the upper respiratory tract. Upon becoming invasive, Nme can cause meningitis and life-threatening sepsis. The most important immune defense mechanism in invasive meningococcal disease (IMD) is the complement mediated killing of bacteria. The complement cascade is activated through different pathogen associated patterns and finally leads to the lysis of the bacteria by the membrane attack complex. In addition to the direct bacterial killing, the complement system is also an important player in different inflammatory processes. A hallmark of IMD is an overreaction of the immune system and the release of the potent anaphylatoxins C3a and C5a by the complement system is an important factor hereby. There are three anaphylatoxin receptors (ATRs), the C3aR, the C5aR1 and the C5aR2, capable of detecting these anaphylatoxins. It has already been shown that blocking the ATR C5aR1 strongly benefitted the outcome of IMD in a murine sepsis model. However, the roles of ATRs C3aR and C5aR2 in IMD are still unclear. This work aims to analyze the role of these ATRs in meningococcal sepsis and to identify possible underlying mechanisms. Furthermore, a possible involvement of the complement system, the ATRs and the type II CRISPR/Cas system on nasopharyngeal colonization is analyzed.
In vivo depletion experiments showed that without neutrophils or monocytes/macrophages the complement system alone was not able to clear a low dose Nme infection, which highlights the importance of cellular components in IMD. Analyzing the role of the ATRs in knock-out mice with high dose Nme infections, revealed that the lack of C5aR2, like the lack of C5aR1, was beneficial for the outcome of meningococcal induced sepsis. In contrast, the lack of C3aR in knock-out mice was detrimental. The positive outcome associated with the C5aRs could be reproduced by using an antagonist against both C5aRs or an antagonist specifically against C5aR1 in WT mice. These findings are giving hope to future therapeutic applications. Next, a possible contribution of neutrophils to this positive outcome was analyzed. Absence of C5aR1 led to a decrease of degranulation by neutrophils in a murine whole blood model, while the other ATRs showed no effect. Neutrophil analysis in human whole blood, on the other hand, revealed a reduced oxidative burst and IL-8 secretion upon inhibition of all three ATRs. A functional difference between the C5aRs and the C3aR in neutrophils was observed in phagocytosis, which was reduced upon C3aR inhibition, but was unaltered with C5aR1 or C5aR2 inhibition. Possible underlying mechanisms in the phosphorylation of ERK1/2 were analyzed in bone marrow derived macrophages isolated from ATR knock-out mice. The later phosphorylation of ERK1/2 in macrophages without C5aR1 or C5aR2 expression might explain, why blocking the C5aRs is beneficial for the outcome of IMD in mice. In contrast to these findings, the colonization of the nasopharynx in huCEACAM 1 expressing mice by Nme did not seem to depend on the Complement system factors C3 and C5 nor the ATRs. Additionally, no difference in the colonization could be observed in this model using Nme mutants lacking different parts of the type 2 CRISPR/Cas system.
Conclusively, this work highlights the importance of the complement system, the ATRs and the cellular components in IMD. Contrariwise, these factors did not play a role in the analyzed nasopharyngeal infection model. The beneficial effects of C5aR1 and C5aR2 lack/inhibition in IMD might have medicinal applications, which could support the standard therapies of IMD in the future.
Staphylococcus aureus ist ein grampositives Bakterium, welches häufig als kommensaler Besiedler auf der Nasen- und Rachenschleimhaut von Säugetieren vorkommt. Darüber hinaus besitzt dieser fakultativ pathogene Mikroorganismus die Fähigkeit schwer zu behandelnde Krankenhausinfektionen auszulösen. Aufgrund der weiten Verbreitung von Antibiotikaresistenzen und dem Mangel an effektiven Therapien, verursachen S. aureus Infektionen jährlich enorme Kosten für das Gesundheitssystem. S. aureus wird meist von der Nase zum primären Infektionsort übertragen, wodurch zunächst sehr häufig Wund- und Weichteilinfektionen hervor gerufen werden. Von diesem primären Infektionsort ausgehend, kann der Erreger tiefer liegende Gewebsschichten infizieren oder sich über den Blutstrom im gesamten Organismus ausbreiten. Das Spektrum an Krankheitsbildern reicht von leichten Abszessen der Haut bis zu schweren, lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Pneumonien und akuter Sepsis.
Für die erfolgreiche Kolonisierung und Infektion des Wirtes exprimiert S. aureus eine Vielzahl unterschiedlicher Virulenzfaktoren. Die wohl größte Gruppe an Virulenzfaktoren umfasst die Proteine, die an der Immunevasion und der Umgehung von verschiedenen Abwehrstrategien des Immunsystems beteiligt sind. Das bisherige Wissen über die Interaktion von S. aureus mit dem Immunsystem des Wirtes und die zugrunde liegenden Pathogenitätsmechanismen ist bisher limitiert.
Um neue Erkenntnisse über die Interaktion von Wirt und Pathogen zu erlangen, wurden im Rahmen dieser Arbeit bislang unbekannte sekretierte und Oberflächen-assoziierte Proteine von S. aureus funktionell charakterisiert. Die Funktion der ausgewählten Proteine wurde in vitro hinsichtlich Einfluss auf Komponenten des Immunsystems, Adhäsion an Wirtsfaktoren und Invasion in eukaryotische Zellen untersucht.
Mit Hilfe der vorangegangenen in-vitro-Charakterisierung der putativen Virulenzfaktoren, konnte für die cytoplasmatische Adenylosuccinat-Synthase PurA eine neuartige Funktion identifiziert werden. PurA ist bekannt als essentielles Enzym der de novo Purin-Synthese. In dieser Arbeit wurde nun gezeigt, dass PurA zudem an der Immunevasion beteiligt ist. Durch die Bindung des humanen Faktor H des Komplementsystems schützt PurA S. aureus vor der lytischen Aktivität des Komplementsystems und verhindert die Opsonisierung des Pathogens. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde PurA detailliert charakterisiert. In Bindungsstudien mit rekombinantem Faktor H und PurA wurde eine direkte Interaktion beider Proteine nachgewiesen, wobei Faktor H mit dem N-terminalen Bereich von PurA interagiert. Weiterhin konnte PurA durch Immunfluoreszenz und FACS-Analysen auf der Zelloberfläche nachgewiesen werden, wo es wahrscheinlich mit der Zellwand assoziiert vorliegt. Dort rekrutiert es Faktor H an die bakterielle Oberfläche und verhindert das Fortschreiten der Komplement-Kaskade und damit die Lyse des Pathogens. Aufgrund der Multifunktionalität zählt PurA somit zur Gruppe der Moonlighting Proteine.
Des Weiteren wurde die Rolle von PurA im Infektionsgeschehen in zwei unabhängigen Tiermodellen untersucht. In beiden Modellen wurde ein signifikant reduziertes Virulenzpotential der ΔpurA-Mutante beobachtet. Zukünftig soll geklärt werden, ob die verminderte Virulenz in der fehlenden Komplementevasion oder im Defekt in der Purin-Synthese begründet ist. Aufgrund der sehr starken Attenuation in allen untersuchten Infektionsmodellen sollte PurA als potentielles Target für eine Therapie von S. aureus Infektionen weiter charakterisiert werden. Im Ergebnis dieser Arbeit wurde demnach mit PurA ein neues Moonlighting Protein identifiziert, das als Inhibitor des Komplementsystems wesentlich zur Immunevasion von S. aureus beiträgt.
Für das bessere Verständnis der humoralen S. aureus-spezifischen Immunantwort, Unterschieden in der Antikörperantwort und der gebildeten Antikörperspezifitäten wurde weiterhin das während der Kolonisierung und Infektion gebildete S. aureus-spezifische Antikörperprofil untersucht. Dazu wurden Plasmen von humanen nasalen Trägern und Nicht-Trägern sowie murine Seren von infizierten Tieren untersucht. Insbesondere wurde das Pathogen-spezifische Antikörperprofil in unterschiedlichen Infektionsmodellen mit Hilfe eines Proteinarrays analysiert, der im Rahmen dieser Arbeit in einer Kooperation mit der Firma Alere Technologies (Jena, Deutschland) und universitären Forschergruppen der Universitäten Greifswald, Münster und Jena mitentwickelt wurde. Die Antikörperprofile von intramuskulär und intravenös infizierten Tieren resultierten in jeweils spezifischen Antikörperprofilen. Diese Ergebnisse deuten auf einen Zusammenhang zwischen der Art der Infektion und der gebildeten Antikörperspezifitäten hin. Wahrscheinlich beruht dies auf einer gewebespezifischen Genexpression als Anpassung an die individuellen Bedürfnisse im Wirtsorganismus. Das ausgebildete Antikörperprofil gibt somit einen Einblick in das Expressionsmuster von Virulenzfaktoren von S. aureus unter in vivo Bedingungen und trägt damit zum Verständnis der komplexen Interaktion von Pathogen und Wirt bei. Diese Untersuchungen ergänzen zudem die bisherigen Kenntnisse über die Anpassung der humoralen Immunantwort an eine asymptomatische Kolonisierung im Gegensatz zu einer akuten Infektion durch S. aureus. Darüber hinaus können die gewonnenen Ergebnisse für diagnostische Zwecke und zur Identifikation von neuen Zielstrukturen für eine Vakzin-Entwicklung genutzt werden.