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Schriftenreihe
Die Migration von Tumorzellen im Bindegewebe erfordert adhäsive Zell-Matrix-Interaktionen, die durch Integrine und andere Adhäsionsmoleküle auf der Zelloberfläche vermittelt werden. In 3DKollagenmatrices benötigen hochinvasive MV3-Melanomzellen überwiegend α2β1-Integrine zur Elongation, Adhäsion an den Kollagenfasern und zur Faserbündelung, sowie zur Kraftgenerierung und Migration. Wir haben untersucht, ob die Migration von Tumorzellen in 3D-Kollagenmatrices vollständig durch die Blockade der Integrinfunktion inhibierbar ist, oder ob es kompensatorische Mechanismen gibt, die zur Migration beitragen. Die β1-Integrinfunktion wurde durch verschiedene Methoden reduziert: a) durchflusszytometrische Sortierung der Zellen in Subgruppen mit niedriger und hoher β1-Integrin-Oberflächenexpression; b) Adhäsionsblockade mit monoklonalem anti β1-Antikörper 4B4 oder Rhodocetin, einem selektiven α2β1-Integrininantagonist; und c) Expression von dominant-negativen Peptiden zur Blockade der Funktion der β1-Integrin-zytoplasmatischen Domäne. Alle β1-Integrin-Interferenzstrategien induzierten einen Übergang der konstitutiv vorhandenen mesenchymalen Migration in einen neuen, amöboiden Migrationstyp (Mesenchymal-Amoeboid Transition, MAT), ähnlich der Migrationsweise von Monozyten oder Lymphozyten. Der Übergang zu amöboider Migration ging einher mit dem Verlust der zellvermittelten Kollagenkontraktion und -reorganisation. Subtotale Inhibition der Integrinfunktion (ca. 50%) durch Antikörper 4B4 ergab eine schnelle (0,3-0,4 >m/min) amöboide Migration, während 90-95%ige Absättigung des β1-Integrin- Epitops zu langsamer amöboider Migration (0,03-0,2 >m/min) führte. Induzierte amöboide Migration verursachte eine gleichmäßige Verteilung der β1-Integrine auf der Zelloberfläche, ein diffuses kortikales Aktin-Zytoskelett, und war mit einer ausgeprägten Formanpassung der Zelle an die Matrixstrukturen verbunden, die von kleinen Filopodien oder Oberflächenblebs getragen wurde. Die Befunde wurden für β1-Integrin-defiziente murine embryonale Fibroblasten (MEF) und murine embryonale Stammzellen (GD25) bestätigt. β1-Integrin-defiziente Fibroblasten zeigten eine schnelle, und GD25 ES-Zellen eine langsame amöboide Migration. Somit erfolgte die amöboide Migration ohne β1-Integrin-vermittelte Zell-Matrix-Interaktionen. Weil keine vollständige Immobilisierung der Zellen erzielt wurde, haben wir alternative Mechanismen von Zell-Matrix-Interaktionen untersucht, die zur Restaktivität der amöboiden Migration beitragen. Als potentielle Kandidaten wurden αv-Integrine, die an denaturiertes Kollagen binden, und Oberflächen-Glycokonjugate getestet. Es wurden keine promigratorischen Funktionen RGDabhängiger Integrine (αv oder β3) mittels zyklischer Arginin-Glycin-Asparaginsäure (cRGD)beobachtet. Um herauszufinden, welche Rolle die Oberfächen-Glycokalyx bei der Zellmigration spielen, wurden verschiedene Methoden angewandt: a) Die an die Proteine gebundenen Glycokonjugate wurden mit Hilfe von N- und O-Glycosidasen von der Oberfläche der lebenden Zellen enzymatisch abgespalten; b) um die Sulfatierung der Glycokonjugate zu verhindern, wurden die Zellen in sulfatfreiem Medium kultiviert. Durch beide Methoden wurde die Bindung von Rutheniumrot an die Zelloberfläche(Glycokalyx) um 60% bzw. die von Heparansulfat der Zelloberfläche um 60% bis 100% reduziert. Nicht die Desulfatierung führte zur Ablösung der Zellen vom Kulturflaschenboden, sondern allein dieBehandlung mit N- und O-Glycosidasen. Die gleichzeitige Behandlung von MV3 Melanomzellen mit N-, O- Glycosidase mit Inhibition der β1-, αvβ3-Integrine führten zur Abrundung der Mehrzahl der Zellen, gefolgt von oszillierender Immobilität (‚Running on the spot’) bzw. sehr langsamer Restmigration (<0,1 >m/min). Dagegen war die Migration der MV3-Zellen nach Kultivierung in sulfatfreiem Medium unverändert. Eine ähnliche Hemmung der Migration erfolgte in β1-/- MEFs nach Glycanverdau. Folglich sind β1-Integrine essentiell für fokalisierte Zell-Matrix-Interaktionen, für die mesenchymale Migration und den Matrixumbau, während amöboide Migration ohne Beteiligung von β1-Integrinen erfolgt, aber durch niedrigaffine, diffuse Zell-Matrix-Interaktionen von Oberflächenglycanen vermittelt wird. Somit ist die Glycokalyx ein alternatives Adhäsionssystem für die integrinunabhängige Zellmigration.
Das Endothel verfügt im wesentlichen über drei dynamische Funktionseinheiten zur Migration und Zellkontaktbildung: Ein intrazelluläres Gerüst, bestehend einerseits aus den sogenannten Stressfasern, welche die Zelle durchziehen und vornehmlich an Zell-Zell-Kontakten und Zell-Matrix-Kontakten anhaften und so der Zelle Stabilität geben, und andererseits aus kontraktilen Aktin-Myosinbündeln, welche die Zelle befähigen, sich fortzubewegen oder ihre Form zu ändern, beispielsweise Ausläufer zu bilden. Zell-Zell-Kontakte, die es den Zellen ermöglichen, fest aneinander zu haften und sich so einerseits gegenseitig zu stützen und andererseits eine regulierbare Barriere zwischen intravasalem Raum und Interstitium zu bilden. Zell-Matrix-Kontakte, welche die Zelle fest mit dem Untergrund verankern und ein Unterspülen der Zelle verhindern. Besonders während der Migration der Endothelzelle unterliegen diese Systeme ständigem Auf- und Abbau. Diese Funktionseinheiten werden durch Rho-Proteine reguliert. Man unterscheidet drei wichtige Vertreter dieser Gruppe: Rac, CDC42 und RhoA. Es wurde die Prenylierung von Proteinen und damit auch die Prenylierung von Rho-Proteinen durch den HMG-CoA-Reduktase-Hemmer Lovastatin unterdrückt. In einer zweiten Versuchsserie wurden alle Rho-Proteine unselektiv durch Toxin-B, einem Toxin aus Clostridium difficile, und anschließend selektiv RhoA durch C3-Toxin aus Clostridium botulinum inaktiviert. Es wurden die Effekte auf Primärkulturen von Endothelzellen aus dem Truncus pulmonalis des Schweins, besonders im Hinblick auf Migration, Stressfasersystem, Zell-Zell- und Zell-Matrix-Kontakte, mit Hilfe immuncytochemischer Methoden beobachtet. Es konnte gezeigt werden, daß die Rho-Proteine wesentlich für die Bildung von Zellausläufern, wie zum Beispiel Lamellopodien, und die Migration in Endothelzellen sind. Zudem konnte belegt werden, daß Aufbau und Aufrechterhaltung des Aktinfilamentsystems und des kontraktilen Apparates der Endothelzellen im wesentlichen über das geranylierte RhoA reguliert werden. Die Effekte der unselektiven Rho-Protein-Hemmung unterschieden sich hier kaum von denen der selektiven RhoA-Hemmung. Auch die Unterdrückung der Geranyl-Prenylierung zeigte vergleichbare Ergebnisse. Die Aufrechterhaltung der Zell-Zell-Kontakte ist allerdings RhoA-unabhängig, da es trotz selektiver RhoA-Hemmung durch C3-Toxin nicht zur Auflösung der Zell-Zell-Kontakte kam. Diese werden vielmehr über Rac und/oder CDC42 gesteuert, denn erst durch die Blockierung aller Rho-Proteine durch Toxin-B kam es zur Lückenbildung zwischen den Zellen. Auch hier spielt die Geranylierung der Rho-Proteine eine wichtige Rolle, da die Geranylierungshemmung ähnliche Effekte wie die Hemmung durch Toxin-B zeigte. Die Ausbildung und Aufrechterhaltung der Fokalkontakte erfolgt im wesentlichen auch über die geranylierten Rho-Proteine, wobei RhoA hier die entscheidende Rolle zuzukommen scheint. Somit konnte in dieser Arbeit die entscheidende Rolle der Rho-Proteine und im speziellen die des RhoA-Proteins bei der Regulation wesentlicher Funktionseinheiten der Endothelzelle aufgezeigt werden.
Auswirkungen interethnischer Freundschaften auf den Individuationsprozess türkischer Jugendlicher
(2009)
In der vorliegenden Studie wird untersucht, welche Auswirkungen Freundschaften zu Jugendlichen deutscher Herkunft auf den Ablöseprozess bei türkischen Jugendlichen besitzen. Berichtet werden die Ergebnisse einer Querschnittstudie bei Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren. Der zentrale Befund ist, dass interethnische türkisch-deutsche Freundschaften keinen negativen Einfluss auf den Familienzusammenhalt und das Konfliktpotenzial in Familien türkischer Herkunft besitzen.
Wie funktioniert Tierschutz im Alltag? Basierend auf Interviews und Feldforschung mit einem Verein, der Hunde aus spanischen Tötungsstationen nach Deutschland holt und in neue Familien vermittelt, wird den vielfältigen Aspekten dieser Frage aus Sicht der Europäischen Ethnologie nachgegangen. Das Beispiel des Welpen „Hugo“, der während der Forschung gefunden wurde, veranschaulicht die alltäglichen Praktiken der Tierschutzarbeit. Es dient außerdem als Ausgangspunkt für die Beschreibung der komplexen Netzwerke, in die der Verein und seine Akteur_innen eingebunden sind. Netzwerke, hier konzeptualisiert als Assemblages, bestehen nicht nur aus Menschen. Sie umfassen ebenfalls nichtmenschliche Tiere, Gesetze, Dinge, Institutionen, Diskurse und Erzählungen. Die qualitativen ethnographischen Einblicke in das Alltägliche der Tierschutzarbeit werden gerahmt, begleitet und gestützt durch Ausführungen zur Tierschutz- und Tierrechtsgeschichte. Außerdem gibt die Arbeit einen Überblick über Perspektiven auf nichtmenschliche Tiere aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen wie der Philosophie, den Natur- und Rechtswissenschaften. Die Bereicherungen einer europäisch-ethnologisch ausgerichteten Forschung, die mit und nicht nur über andere Lebewesen forscht, werden in dieser Arbeit herausgestellt.
Die Einwanderungsbewegung, in der fast eine Million Syrer:innen innerhalb des letzten Jahrzehnts vor dem Krieg in ihrem Land geflohen und nach Deutschland immigriert sind, hat die Soundscapes deutscher Städte verändert. Auch Würzburg wird schon länger durch neue Klänge belebt. Im Stadtteil Frauenland hört man aus den Lautsprechern des syrischen Bistros Firas Feinekost den Aleppinischen Sänger Adeeb al-Dayekh. Am Mainufer erschallen aus vorbeifahrenden Autos Dabke-Rhythmen. Und wer im Hofgarten der Residenz an den Fenstern des Instituts für Musikforschung vorbeispaziert, kann den Klängen der Oud lauschen, deren Spiel der aus as-Suwayda stammende Musiker Akhtam Abou Fakher seine Studierenden lehrt.
"Syrische Tonspuren in Würzburg", eine Kooperation des Lehrstuhls für Ethnomusikologie und der Studiensammlung Musikinstrumente & Medien an der Universität Würzburg, möchte diese Klänge dokumentieren und weiterführen. In seinem Zentrum stand eine Ausstellung, in der Objekte erkundet werden konnten - etwa Instrumente aus der Sammlung, ein Foto von Aleppos Umayyaden-Moschee aus dem Jahr 2009 oder ein Bild des Grafikdesigners Omar Shammah, das einen Liedtext der ägyptischen Sängerin Um Kulthum zu einer Erinnerung an seine Heimat umdeutet. Diese Objekte erzählen Geschichten, die zum einen nach Syrien, zum anderen an verschiedene Orte im heutigen Würzburg führen. Die Fäden dieser Geschichten verfolgt der vorliegende Band in einer Reihe von Spurensuchen, Reflexionen und Interviews.