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Das kürzlich publizierte MTUS1-Gen zeigt Eigenschaften eines Tumorsuppressor-Gens. So liegt die MTUS1-Expression in verschiedenen Tumorzelllinien vermindert vor und bei rekombinanter Expression in der schnell wachsenden Pankreaskarzinomzelllinie MiaPaCa-2 konnte die Proliferation signifikant reduziert werden. Darüber hinaus interagiert MTUS1 mit dem AT2-Rezeptor und scheint durch die Inhibierung des RTK-Signalwegs die Zellproliferation zu regulieren. Nach den Untersuchungen der MiaPaCa-2-Zelllinie konnte eine Mutation in der Exonsequenz und der vorhergesagten Promotorregion als Ursache der niedrigen MTUS1-Expression ausgeschlossen werden. Die Analyse des Promotorbereichs hinsichtlich des Methylierungsmusters der CpG- und CpNpG-Inseln brachte deutliche Methylierungsunterschiede in den CpNpG-Inseln der MiaPaCa-2-Zellen gegenüber HUVEC-Zellen zu Tage. Die anschließende Untersuchung der vorhergesagten Promotorregion mit Hilfe eines Promotor-Assays brachte die Gewissheit, dass es sich bei der untersuchten Sequenz um einen Transkription regulierenden Genabschnitt handelt. Durch die Transfektion von HUVEC-Zellen mit MTUS1-siRNA konnten nachweislich Zellen mit einem funktionellen MTUS1-Knockout hergestellt werden. Diese Zellen zeigten mit der verminderten MTUS1-Expression ein signifikant erhöhtes Wachstum. Die Ergebnisse der Zellversuche legen die Vermutung nahe, dass MTUS1 deshalb als Tumorsuppressor-Gen agieren kann, weil es die Zellproliferation reguliert und so der funktionelle MTUS1-Knockout mit einem erhöhten Zellwachstum einhergeht. Als Mechanismus der Geninaktivierung kommt die Hypomethylierung der vorhergesagten Promotorsequenz in Frage. Die Untersuchung der Colontumorgewebe und Normalgewebe von zehn Patienten mit Colonkarzinom zeigte eine deutliche Reduktion der MTUS1-Protein-Expression in 50% der Tumorgewebe. Bei diesen Patienten konnte ebenfalls eine signifikant reduzierte mRNA-Expression nachgewiesen werden. Wie bereits bei den MiaPaCa-2-Zellen nachgewiesen, zeigte sich eine Hypomethylierung der CpNpG-Inseln in den Geweben mit geringer MTUS1-Expression. Diese veränderte Methylierung könnte die Erklärung für die verminderte Transkription des MTUS1-Gens sein. Mit dem MTUS1-Knockout-Maus-Modell wurde die Grundlage für das bessere Verständnis der Funktion von MTUS1 in vivo geschaffen. Nach erfolgreicher Blastozysteninjektion und Zucht der homozygoten Knockout-Mäuse, konnte auf DNA-, mRNA- und Protein-Ebene die geglückte Ausschaltung des MTUS1-Gens bestätigt werden. Bei der Langzeituntersuchung der Tiere zeigten sich vor allem Abweichungen im Blutbild, wonach die homozygoten und heterozygoten Tiere auffallend hohe Werte an Leukozyten und Lymphozyten aufwiesen. Durch die pathologische Untersuchung konnte eine extramedulläre Hämatopoese und lymphatische Infiltrate in verschiedenen Organen nachgewiesen werden und gaben Hinweise auf eine Bluterkrankung. Nach diesen pathologischen Ergebnissen zeigten 23% der homozygoten und 17% der heterozygoten Tiere Symptome eines B-Zell-Lymphoms. Bei den Wildtyp-Tieren konnten keine pathologischen Auffälligkeiten gezeigt werden. Fast ein Viertel der homozygoten Mäuse wiesen eine Herzhypertrophie auf, oft einhergehend mit einer chronischen Glomerulonephritis und einer Atelektase der Lunge. Eine denkbare Erklärung für die blutdruckunabhängige Entstehung der Herzhypertrophie wäre eine Beeinflussung von Wachstumsfaktoren, da bereits nachgewiesen wurde, dass eine durch MTUS1 vermittelte Inhibierung von Insulin-, bFGF- und EGF-gesteuerten Signalkaskaden eine Inaktivierung von ERK2 zur Folge hatte. Mit Hilfe einer X-Gal-Färbung von verschiedenen Organen einer Wildtyp-, heterozygoten und homozygoten Maus konnten Erkenntnisse über die Genaktivität von MTUS1 in den verschiedenen Organen gewonnen werden. Zusammenfassend lässt sich von einer hohen MTUS1-Expression in den meisten Epithelzellen und Endothelzellen sprechen, außerdem weisen die Kardiomyozyten im Herz und die Purkinjefasern im Gehirn eine hohe Expression auf. Bei der Untersuchung von homozygoten und Wildtyp-Bauchhautfibroblasten wurde schließlich eine geringere Zellgröße der homozygoten Fibroblasten festgestellt. Mit der X-Gal-Färbung konnte nachgewiesen werden, dass das MTUS1-Protein vorwiegend in der Nähe des Zellkerns lokalisiert ist. Eine der untersuchten homozygoten Fibroblastenlinien zeigte gegenüber den anderen Fibroblasten eine deutlich erhöhte Proliferation. Das könnte ein Hinweis auf eine antiproliferative Wirkung von MTUS1 und eine Erklärung für die kleinere Zellgröße der homozygoten Fibroblasten sein. Als Zusammenfassung aller hier gezeigten Ergebnisse konnte die Hypothese untermauert werden, dass es sich bei MTUS1 um ein Tumorsuppressor-Gen handelt, das seine antiproliferativen Eigenschaften wahrscheinlich in Kooperation mit dem AT2-Rezeptor durch die Inhibierung des RTK-Signalwegs vermittelt.
Gegenstand dieser Arbeit ist die Untersuchung von Aspekten der Funktion von CD22, einem B-Zell spezifischen Transmembran-Rezeptor der Siglec-Familie (Sialinsäure-bindende Immunglobulin-ähnliche Lectine). Mit der äußersten der 7 extrazellulären Ig-ähnlichen Domänen kann CD22 spezifisch mit a2,6-Sialinsäure interagieren. In der cytoplasmatischen Domäne von CD22 befinden sich 6 konservierte Tyrosine, 3 davon in ITIMs (Immunrezeptor tyrosinhaltige inhibitorischen Motiven). Nach Kreuzvernetzung des B-Zell Rezeptors wird CD22 tyrosinphosphoryliert. Die cytosolische Tyrosin-Phosphatase SHP-1 bindet in der Folge an die phosphorylierten ITIMs, wird aktiviert, und inhibiert das BCR Ca2+-Signal. Gleichzeitig binden jedoch auch positive Modulatoren des BCR-Signals (Lyn, Syk, PLCg PI3K, und Grb-2) an CD22, deren Rolle im Zusammenhang mit CD22 bislang ungeklärt ist. 1. In einem Hauptteil der Arbeit sollten zwei Knockin Mausmodelle generiert werden. Das eine Mausmodell (CD22-ITIM-KO) sollte zerstörte ITIM-Motive enthalten. Bei dem anderen (CD22-Tailless) sollte die gesamte cytoplasmatische Domäne von CD22 fehlen. Beide Modelle sollten der Untersuchung der Rolle der an CD22 bindenden positiven Modulatoren des BCR-Signals, und des Zusammenhangs zwischen Signaltransduktion und Ligandenbindung in vivo dienen. Die Klonierung der Targeting-Vektoren für CD22-ITIM-KO (pCD22-ITIM-KO) und CD22-Tailless (pCD22-Tailless) wurde abgeschlossen. Mit Hilfe ebenfalls klonierter Kontrollvektoren wurden PCRs zur Identifizierung homolog rekombinanter ES-Zell Klone etabliert. Für beide Targeting-Konstrukte wurden nach Transfektion von C57BL/6 ES-Zellen homolog rekombinante Klone erhalten, und mittels Southern Blot und Sequenzierung der eingeführten Mutationen vollständig charakterisiert. Nach Cre/lox-vermittelter Deletion der Selektionskassette des Targeting-Konstrukts folgte Injektion voll charakterisierter CD22-ITIM-KO Klone in BALB/c-Blastozysten. Es wurden 5 chimäre Tiere erhalten, von denen keines die Mutationen durch die Keimbahn weitergab. Transfektionen der C57BL/6 Targeting-Konstrukte in anderen, nicht-isogenen ES-Zell Linien ergaben keine homologen Rekombinanten. Das Auffinden der genomischen Sequenz von CD22 in einer Internet-Datenbank ermöglichte die Verlängerung von pCD22-ITIM-KO um ca. 4 kb mit 129/ola-DNA. Eine Transfektion dieses neuen Konstruktes in eine 129/ola ES-Zelllinie ergab keine homologen Rekombinanten. Jedoch öffnet die nun bekannte genomische CD22-Sequenz den Weg zu einfacher Neukonstruktion von pCD22-ITIM-KO mit 129/ola-DNA, oder zu einer Veränderung und Verbesserung der vorhandenen C57BL/6-Vektoren. 2. Zur Untersuchung der Auswirkung der zerstörten ITIMs auf Tyrosinphosphorylierung und SHP-1 Assoziation von CD22 in vitro in einer Zelllinie wurde ein CD22-ITIM-KO-Expressionsvektor konstruiert, und Sialyltransferase/CD22-ITIM-KO Doppeltransfektanten der Plasmozytom-Zelllinie J558L gewonnen. CD22-ITIM-KO wurde nach BCR-Stimulation nicht tyrosinphosphoryliert, SHP-1 konnte entsprechend nicht mit CD22-ITIM-KO assoziieren. Die Ergebnisse zeigen die Funktionalität des CD22-ITIM-KO Konstrukts hinsichtlich ITIM-Phosphorylierung und SHP-1 Bindung. Weiterhin zeigten die Ergebnisse, daß die ITIM-Tyrosine wichtig für die Phosphorylierung der nicht-ITIM-Tyrosine sind. 3. Interaktion von CD22 mit a2,6-Sialinsäure auf der selben Zelloberfläche (in Cis) spielt eine wichtige Rolle bei der Zell-Zell-Interaktion und bei der intrazellulären Signaltransduktion. In dieser Arbeit wurden erstmals mittels Durchflußcytometrie B-Zellen mit CD22, dessen Liganden-Bindungsstelle nicht durch endogene a2,6-Sialinsäure besetzt ist (demaskiertes CD22), identifiziert. Ca. 10,5% aller B220+ Milzzellen von Wildtyp-Mäusen, aber nur ca. 4,5% der B220+ Milzzellen aus CD22-/- Mäusen waren in der Lage, exogene a2,6-Sialinsäure zu binden. Dieser Effekt ist zum Großteil auf CD22 zurückzuführen. Genauere FACS-Analyse zeigte, daß Zellen mit demaskiertem CD22 in der Fraktion der Transitionalen B-Zellen Typ 2 (T2-Zellen) angereichert sind, und Zeichen von Aktivierung (B7.2, CD25, CD69) zeigen. In Übereinstimmung damit führte in vitro Aktivierung von B-Zellen mit LPS oder IL4 zu CD22-abhängiger Demaskierung. 4. FACS-Färbungen zeigten, daß das Marginalzonen (MZ) B-Zell Kompartiment in CD22-/- Mäusen um ca. 70-80% gegenüber wt-Mäusen verkleinert ist. In Bestätigung früherer Arbeiten war die Immunantwort gegen i.p.-injizierte Thymusunabhängige Antigene Typ 2 (TI2-Antigene) in CD22-/- Mäusen 2-fach reduziert. Die Antwort war jedoch signifikant stärker reduziert (3-4-fach), wenn die gleiche Antigen-Menge i.v.-injiziert wurde, eine Situation, in der bevorzugt die MZ B-Zellen der Milz in Kontakt mit im Blutstrom transportierten Antigenen kommen. Es ist wahrscheinlich, daß die bekannte Defizienz in TI2-Immunantworten in CD22-/- Mäusen auf die verringerte MZ B-Zell Anzahl zurückzuführen ist.