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Der aus der in Frankreich kultivierten Meeres-Kiefer (Pinus pinaster) gewonnene und standardisierte Rindenextrakt Pycnogenol enthält neben Procyanidinen auch weitere polyphenolische sekundäre Naturstoffe und ist zudem weltweit als USP-gelistetes Nahrungsergänzungsmittel kommerziell erhältlich. Der Konsum von polyphenolreichen Lebensmitteln ist ebenso wie die Einnahme von Pycnogenol mit einer Vielzahl von positiven Effekten bei verschiedenen pathophysiologischen Prozessen assoziiert. Dazu zählen beispielsweise antioxidative oder antiinflammatorische Wirkungen, welche sowohl in vitro als auch in vivo beobachtet werden konnten. Bislang gelang es nach der Einnahme des Extraktes nicht alle in Humanserum oder -plasma detektierten Substanzen zu identifizieren; zudem ist nicht geklärt, von welchen Stoffen konkret eine Bioaktivität ausgeht oder ob diese durch synergistische Effekte zustande kommt. Aus diesen Gründen sollten in der vorliegenden Arbeit im Rahmen einer Klinischen Studie bislang nicht beschriebene Analyten in Humanserum mittels UHPLC-qTOF-MS charakterisiert werden. Hierbei wurde ein ungerichteter, metabolomischer Ansatz gewählt. Die Studienproben der Proband*innen wurden dabei also ohne etwaige Restriktionen analysiert, beispielsweise hinsichtlich möglicher Molekülstrukturen oder der Retentionszeiten der detektierten Analyten. Näher betrachtet werden sollten Analyten, die in einer individuellen Serumprobe nach Beginn der viertägigen Pycnogenol-Einnahme neu auftraten.
In Anschluss an eine Probenvorbereitung mittels methanolischer Proteinpräzipitation im sauren Milieu konnten in dem Humanserum der Proband*innen im ESI-Positiv-Modus fünf und im ESI-Negativ-Modus 23 interessante Analyten nachgewiesen werden, die auf die Einnahme von Pycnogenol zurückzuführen waren. Elf dieser Substanzen konnte eine Struktur zugeordnet werden, wobei alle ausschließlich als Sulfatkonjugate vorlagen. Zu diesen zählten neben Zimtsäure-Derivaten wie Ferulasäure-Sulfat zudem Flavonoide, z. B.
Taxifolin-Sulfat, aber auch Phenylvaleriansäure-Abkömmlinge, beispielsweise Hydroxydihydroxyphenylvaleriansäure-Sulfat, sowie Vertreter aus der Gruppe der Benzoesäuren und weitere Aromaten wie z. B. Pyrogallol-Sulfat oder Protocatechusäure-Sulfat.
Nach unserem besten Wissen war der Aspekt der ausschließlichen Sulfatierung neuartig. Wie aufgrund des interindividuell variablen Metabolismus zu erwarten, insbesondere durch das enterale Mikrobiom, war die Verteilung dieser sogenannten Marker innerhalb der 15 Studienteilnehmenden sehr heterogen. Nicht jeder Marker wurde bei jeder Person erfasst; die Spannweite reichte dabei von einem Teilnehmenden im Falle des mikrobiellen Metaboliten Hydroxyphenylvaleriansäure-Sulfat bis hin zu 14 Proband*innen bei einer nicht-identifizierbaren, jedoch wahrscheinlich endogenen Substanz im ESI-Positiv-Modus. Am häufigsten wurden die elf zuordenbaren Analyten vier Stunden nach der Einnahme von Pycnogenol über einen Zeitraum von vier Tagen bestimmt.
Im Anschluss sollte die Bioaktivität dieser Substanzen in einem endothelialen Zellkulturmodell untersucht werden. Das Endothel wurde als Zielstruktur gewählt, da eine endotheliale Dysfunktion in der Pathogenese einer Reihe von Krankheiten mit ausgeprägter Mortalität und Morbidität eine bedeutende Rolle spielt. Zudem wurde bereits eine positive Wirkung auf die Endothelfunktion nach der Einnahme von Pycnogenol beschrieben, wobei bis dato der Mechanismus auf molekularer Ebene unklar war.
Die Charakterisierung der Sulfatkonjugate bezüglich ihrer Bioaktivität ex vivo mit humanen Endothelzellen aus der Nabelschnurvene (HUVEC) gestaltete sich herausfordernd. Initial sollte untersucht werden, inwiefern diese Substanzen einer durch einen Entzündungsstimulus hervorgerufenen Schädigung der endothelialen Glycocalyx entgegenwirken oder diese vermeiden können. Allerdings ließen sich mit den verschiedenen inflammatorischen Stimuli Lipopolysaccharid (LPS), Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) und Wasserstoffperoxid bezüglich Konzentration und Inkubationsdauer keine reproduzierbaren Kulturbedingungen für eine valide ELISA-Quantifizierung des endothelialen Markers Heparansulfat etablieren. Im Anschluss erfolgte unter dem Einfluss einer TNF-α-Stimulation ein orientierendes Screening mit den Monosubstanzen Ferulasäure und Protocatechusäure bzw. mit deren Sulfatkonjugaten in Konzentrationen von 0,1 und 0,5 µM. Dabei zeigten die Konjugate beider Analyten bei der niedrigeren Konzentration tendenziell eine glycocalyx-protektive Wirkung, welche bei der höheren Konzentration jedoch nicht mehr beobachtet werden konnte. Die endotheliale Permeabilität wurde mittels eines FITC-Dextran-Permeabilitäts-Assays untersucht. Hiermit sollte ebenfalls ein möglicher endothel-protektiver Einfluss der sulfatierten Substanzen unter entzündlichen Bedingungen (TNF-α-Stimulation) beleuchtet werden. Jedoch konnte weder bei Ferulasäure oder Protocatechusäure noch bei deren Sulfatkonjugate oder Taxifolin in diesem Modell ein Einfluss auf die endotheliale Barrierefunktion erfasst werden.
Ursprünglich war abschließend geplant in einem ex vivo-Modell die Humanserum-Proben mit dem darin enthaltenen Gemisch aus möglicherweise bioaktiven Metaboliten direkt im Zellkulturmodell auf ihre Wirkung zu testen. Dies hat den Vorteil, dass simultan synergistische Effekte und Einflüsse der Matrix untersucht werden können und ausschließlich in vivo erreichbare Konzentrationen eingesetzt werden. Aufgrund der limitierten Verfügbarkeit der Studienproben und der oben geschilderten heterogenen Ergebnisse wurde auf eine weitere Analyse im Rahmen eines ex vivo-Modells verzichtet.
Mit der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass nach der Einnahme von Pycnogenol resorbierte Bestandteile und Metabolite in Humanserum ausschließlich als Sulfatkonjugate vorlagen. Zudem wurde bezüglich der Evaluation der endothelialen Bioaktivität durch Polyphenole eine Grundlage für weitere Untersuchungen geschaffen. Damit konnte ein Beitrag zur pharmakokinetischen und -dynamischen Charakterisierung von Pycnogenol geleistet werden.
Die Naturstoffchemie ist ein bedeutendes Teilgebiet der Chemie, da die Naturstoffe, mit ihrer breiten strukturellen Diversität, als neue Leitstrukturen für die Entwicklung spezifisch wirksamer Agrochemikalien und Arzneimittel dienen. Pflanzen und Bodenorganismen sind daher aussichtsreiche Quellen für neue Wirkstoffe im Bereich Pflanzenschutz- und Pharmaforschung. Aus der in der Kongo-Region beheimateten Liane Ancistrocladus ealaensis J. LEONARD (Ancistrocladaceae) wurde sieben Metabolite isoliert: Amyrin, 3,3-Di-O-methylellagsäure, zwei bisher unbekannte Naphthylisochinoline, Ancistroealain A und B, sowie drei Naphthoesäuren, die hier erstmals beschriebenen Ancistronaphthoesäuren A und B, sowie die bisher nur als Syntheseprodukt bekannte Eleutherolsäure. Ausgehend von Ancistroealain A gelang die stereoselektive Partialsynthese des bekannten Ancistrobertsonin C. Ancistroealain A zeigte in-vitro eine zehnfach höhere Aktivität gegen Leishmania donovani, dem Erreger der visceralen Leishmaniose, als das derzeit bei der Behandlung eingesetzte Pentostam. Um für In-vivo-Untersuchungen genug Material zur Verfügung stellen zu können, wurde ein totalsynthetischer Zugang etabliert. Die Suzuki-Kupplung eines geeigneten Isochinolin-Bausteines (zehn Stufen ausgehend von 3,5-Dimethoxybenzoesäure) mit einer Naphthalin-Boronsäure (acht Stufen ausgehend von 3-Methoxybenzaldehyd) führte in einer Gesamtausbeute von 9.2 % bzw. 6.2 % zu dem Naturstoff. Ancistroealain A und sein Atropdiastereomer Ancitrotanzanine B, die an einer chiralen HPLC-Phase getrennt werden konnten, entstanden aufgrund der asymmetrischen Induktion durch das stereogene Zentrum C-3 in einem Verhältnis von 45:55. Der Ansatz einer atropselektiven Suzuki-Kupplung mit chiralem Katalysator führte zu Diastereomerenüberschüssen bis zu 75:25. Aus Pavetta crassipes K. SCHUMANN (Rubiaceae) konnte das Phythosterol Ursolsäure isoliert werden, während aus Rothmannia urcelliformis (HIERN) BULLOCK (Rubiaceae) 1-epi-Geniposid und Gardenamid A isoliert wurde. Im Rahmen einer Kooperation mit H. Rischer gelang die Isolierung von Plumbagin, Plumbasid A und Rossolisid aus der in Neu Guinea beheimateten tropischen Kannenpflanze Nepenthis insignis DANSER. Bei Verfütterungsexperimenten wurde (L)-[13C3,15N]-Alanin in die Kannen von sterilen Pflanzen eingebracht und ein Einbau in Plumbagin beobachtet. Die Pflanze verstoffwechselt die Aminosäuren auf den üblichen Abbauwegen und erlaubt so die Verfütterung von Alanin als ‚maskiertes’ Acetat. Das beobachtete Einbaumuster bewies die polyketidische Biosynthese von Plumbagin. In einer Kooperation mit Prof. Fiedler (Tübingen) wurden Streptomyceten aus extremen Habitaten auf die Produktion interessanter Sekundärmetabolite untersucht und z.B. bekannte Verbindungen wie Sulfomycin I, Benzoesäure, p-(Dimethylamino)-benzoesäure, Juliochrome Q3-3 und Dehydrorabelomycin nachgewiesen. Der alkalophile Stamm AK 409 produzierte Pyrrol-2-carbonsäure und Pyrocoll, das im Rahmen dieser Arbeit erstmals als Naturstoff auftrat. Besonderes Interesse erregten die Antitumor-Eigenschaften von Pyrocoll. Die durchgeführte ‚biomimetische’ Synthese von Pyrocoll ausgehend von Pyrrol-2-carbonsäure ermöglichte es uns, die für die In-vivo-Biotests nötigen Substanzmengen darzustellen. Aus dem Streptomyceten AK 671 wurden eine bekannte Anthrachinoncarbonsäure und ein als Naturstoff neuartiges Diketonaphthalinglucuronid isoliert. Eine enzymatische Hydrolyse führte zu dem Harris-Franck-Keton, das in dem Kulturfiltrat erstmals als Naturstoff nachgewiesen werden konnte. Das bei Verfütterungsexperimenten mit [13C2]-Acetat von uns beobachtete Einbaumuster in das Glucuronid erlaubte die Aufklärung der Schlüsselschritte der Biogenese. Bei der Synthese von Naphthylisochinolinen besteht die zentrale Aufgabe in dem Aufbau der Biarylachse. Bei der Synthese von Ancistrobertsonin A nach dem ‚Lacton-Konzept’ wird ein Naphtalin-Baustein mit einer zusätzlichen C1-Einheit für die Esterbrücke benötigt, die nach der Kupplung entfernt werden muß. Hierzu bewährte sich bei Versuchen an einem Modelsystem die Reaktionssequenz Baeyer-Villiger-Oxidation, Triflierung und reduktive Eliminierung. Der für die Synthese von Ancistrobertsonin A benötigte Naphthalin-Bausteines wurde in neun Stufen (Gesamtausbeute: 37 % bzw. 13%) dargestellt. Die Synthese des Isochinolin-Bausteines gelang in zwölf Stufen (9.4 %). Der Abschluß dieser Synthese ist in zukünftigen Arbeiten geplant.