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Der Nucleus von Staatlichkeit liegt auf der lokalen Ebene, im Dorf, im Viertel, in der Nachbarschaft. Hier entwickelt eine Gemeinschaft jenseits der Familie zuerst kollektive Regeln, die ihren Fortbestand sichern sollen. Meist ist aber nicht nur diese Regelungsebene vorhanden. Über ihr stehen überlokale Herrschaftsformationen – von regionalen Verbünden bis zum Imperium –, welche die Ordnungsangebote vor Ort ergänzen oder mit ihnen konkurrieren. Örtliche Selbstregelungen sind, so die Prämisse dieser Forschungsgruppe, dann besonders vielfältig und ausgeprägt, wenn überlokale Staatlichkeit im Modus der schwachen Durchdringung existiert. Wie lokale Selbstregelungen in diesem Kontext funktionieren, ist unsere zentrale Forschungsfrage. Wir untersuchen die Relationen zu den staatlichen Ebenen wie zu anderen lokalen Gruppen in ihrem zeitlichen Verlauf, wir analysieren die Reichweite und die räumliche Bedingtheit von Selbstregelungen, fragen nach ihrer Legitimierung sowie nach der Interdependenz zu Organisation und kollektiver Identität der sie tragenden Gruppen; schließlich wenden wir uns der Bedeutung der Selbstregelungen für die Ordnungsform der schwachen Staatlichkeit zu. Der empirische Fokus liegt auf der lokalen Ebene, die in der bisherigen Forschung zum Regieren jenseits des Staates wenig beachtet wurde. Dazu wird in kategorial strukturierten Fallstudien gearbeitet, die in räumlichen und zeitlichen Bereichen außerhalb der europäischen (Sonder-)Entwicklung von Staatlichkeit seit dem Hochmittelalter situiert sind: in der griechisch-römischen Antike und im Globalen Süden der Gegenwart. Mit der unterschiedlichen Zeitstellung möchten wir zur Überwindung der oft als kanonisch geltenden Dichotomie zwischen Moderne und Vormoderne beitragen. Angestrebt wird sowohl die komparative Analyse der verschiedenen Ordnungsarrangements als auch die typologische Erfassung lokaler Regelungsmuster. Allein von der Anlage des empirischen Vergleichs erwarten wir methodischen Ertrag, denn es gilt disziplinäre Beschränkungen zu erkennen, mit ihnen umzugehen und sie zu überwinden. Ausgehend von der Identifizierung typischer Muster und Prozesse, möchten wir theoriebildend die Mechanismen für das Gelingen lokaler Ordnungsarrangements im Ganzen besser abschätzen. Somit leisten wir einen entscheidenden interdisziplinären Beitrag zum Verständnis basaler Elemente von Staatlichkeit, die gerade im Kontext schwacher Staatlichkeit von elementarer Bedeutung sind. Diese in historischer Perspektive gewonnenen Erkenntnisse sollen helfen, die Gegenwart nicht nur aus ihren eigenen, scheinbar völlig neuartigen Voraussetzungen heraus zu begreifen, und so die politische Analyse diverser Governance-Formen erheblich schärfen.
The nucleus of statehood is situated at the local level: in the village, the neighborhood, the city district. This is where a community, beyond the level of the family, first develops collective rules that are intended to ensure its continued existence. But usually this is not the only level of governance at play. Above it, there are supralocal formations of power, varying in scope from regional networks to empires, which supplement the local orders or compete with them. The premise of this Research Unit is that local forms of self-governance are especially heterogeneous and prominent, wherever supralocal statehood exists in the mode of weak permeation. The central question of our approach is how local forms of self-governance work in this context. We will examine the relations to the state level as well as to other local groups as they develop over time; the scope and spatial contingency of forms of self-governance; their legitimization and the interdependency with the organization and collective identity of those groups which carry them out; finally, we will turn our attention to the significance of self-governance for the configuration of weak statehood. The empirical focus will be at the local level, which has so far been largely neglected in the research on governance beyond the state. In order to achieve this, we will work with case studies that are structured by categories and situated in geographical areas and time periods that lie outside of modern Europe with its particular development of statehood since the Late Middle Ages: in Antiquity, and in the Global South of the present. By incorporating these different time frames, we hope to contribute to overcoming the dichotomy between the modern and pre-modern era, which is often given canonical status. Our goal is to create a comparative analysis of different configurations of order as well as the development of a typology of patterns of local governance. The structure of the empirical comparison itself promises methodological insights, since it will entail recognizing, dealing with, and overcoming disciplinary limitations. Starting with the identification of typical patterns and processes, we hope to gain a better grasp of the mechanisms by which local configurations of order succeed, while at the same time advancing the theoretical debate. This will allow us to make an interdisciplinary contribution to the understanding of fundamental elements of statehood and local governance that are of central importance, especially in the context of weak statehood. The insights we hope to gain by adopting this historical perspective will contribute to understanding a present that is not based exclusively on its own, seemingly completely new preconditions, and will thus significantly sharpen the political analysis of various forms of governance.
Der Begriff „Regelungsgegenstand“ meint ein gemeinschaftliches Problem, das entweder durch die Zentralmacht reguliert oder durch einen lokalen Akteur geregelt wird. Das vorliegende Papier bietet eine knappe Einführung in eine besonders konfliktträchtige, relative Subkategorie, die sogenannten „kritischen“ Regelungsgegenstände. Das Attribut „kritisch“ verweist dabei auf die Qualität der Konsequenzen, welche die Dysfunktionalität des Regelungssystems des Regelungsgegenstands nach sich ziehen kann.
Nach einer kurzen Vorstellung des Konzepts werden unter Bezugnahme auf die eingangs formulierten Charakteristika am Beispiel der antiken Metropole Antiocheia am Orontes je zwei Beispiele aus den Regelungsbereichen „Materielle Grundlagen“ (Lebensmittelversorgung; Wasserversorgung) und „Soziokulturelle Grundlagen“ (Pferderennen; Episkopat) identifiziert.
Zur Identifizierung kritischer Regelungsgegenstände eignen sich insbesondere zwei Anhaltspunkte:
1) Lokale Konflikte, die sich in öffentlichen Unmutsbekundungen, Gewaltausbrüchen oder restaurativen Interventionen der Zentralmacht manifestieren können;
2) Euergetische Handlungen, die auf das Generieren von sozialem Kapital abzielen, konzentrieren sich auf besonders wichtige oder populäre Regelungsgenstände.
Der Ausblick enthält ein Resümee und verweist auf transepochale und transdisziplinäre Übertragungsmöglichkeiten.
Viele Studierende der Geschichte und anderer Geisteswissenschaften streben das Lehramt an. Darin Fuß zu fassen, wird in den kommenden Jahren immer schwieriger. Andere Studierende haben sogar überhaupt keine Vorstellungen von ihrer beruflichen Zukunft. Dieser Leitfaden möchte Orientierung bei der Berufswahl vermitteln und mit Hilfe von Experten Perspektiven eröffnen.
Als sich der bayerische Landtag am 12. Dezember 1946 erstmals nach seiner von der Nazi-Diktatur erzwungenen 13jährigen Zwangspause wieder konstituierte, nutzte sein Präsident diese Gelegenheit, um in einer programmatischen Rede seine Auffassung von der Stellung und den Aufgaben des bayerischen Parlaments und seines Präsidenten darzulegen. Damit begründete er eine bis heute fortgeführte Tradition. Diese Reden waren und sind immer auch an die Öffentlichkeit gerichtet. Denn anlässlich seiner Konstituierung, die zunächst alle vier Jahre stattfand, genoss das Parlament eine Aufmerksamkeit von Seiten der Medien wie sonst kaum je, so dass man geradezu gezwungen war, diese Gelegenheiten zu nutzen, um die Bürger und Wähler anzusprechen. Ihnen wollte man hierbei vor allem ins Gedächtnis rufen, dass es der Landtag ist, der den Eckstein des Staatsgebäudes einer parlamentarischen Demokratie bildet. Seit 1946 hat der bayerische Landtag daher seine Konstituierung, Jubiläen und wichtige Ereignisse zum Anlass genommen, um an die Grundlegung des demokratischen Bayerns zu erinnern und auf die Lehren zu verweisen, die man aus der Geschichte zu ziehen habe. Die Landtagspräsidenten haben bei diesen Gelegenheiten bemerkenswerte und engagierte Reden gehalten, die höchst informative Beiträge zur Zeitgeschichte darstellen und aufschlussreiche Einblicke in die politischen Verhältnisse und Ereignisse jener Jahre zulassen, in denen sie gehalten wurden. In dieser Edition sind die wichtigsten dieser Reden des Zeitraums von der Wiederbegründung des Landtags 1946 bis zum Ausgang des 20. Jahrhunderts enthalten. Sie werden durch eine kurze Darstellung der wichtigsten politischen Ereignisse der jeweiligen Legislaturperiode in die historischen Zusammenhänge eingeordnet, die in den Reden angesprochenen Ereignisse und Vorgänge werden erläutert, Redner und alle erwähnten Persönlichkeiten werden biographisch vorgestellt.
Diese mediävistische Promotion beinhaltet drei große Themenbereiche. Der erste besteht aus einer Edition der frühesten maßgeblichen Quellen zum Landgericht (Iudicium provinciale) des Hochstifts Würzburg: die abschriftlich vorhandenen Gemeinurteile aus der Frühzeit, das anschließende erste Originalprotokoll und der folgende, zweite Band der Gerichtsmitschriften. Insgesamt werden so ca. die ersten vierzig Jahre des 14. Jh. abgedeckt. Die zu den frühesten ihrer Art gehörenden Notizen liefern aufschlussreiche Informationen nicht nur über Rechtsorganisation und Prozessrecht des Spätmittelalters, sondern vertiefen auch die Möglichkeiten zur sozial- und landesgeschichtlichen Analyse. Dies wird im begleitenden Interpretationsteil angegangen und ein systematischer Querschnitt durch die wichtigsten Aspekte des Landgerichts geboten. Dabei können etliche der bisherigen Fehldeutungen durch die materialgestütze Auswertung korrigiert werden. Hinzu kommt ein methodischer Teil, der die Möglichkeiten statistischer Methoden und Analysen für die Geschichtswissenschaft überprüft. Zur besseren Bearbeitung immensen Materialfülle dieser Protokolle wurde der älteste Band zudem als Datenbank konzipiert.