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Die Rezeptsammlung "Freywillig auffgesprungener Granat-Apffel des Christlichen Samaritans" wurde erstmals 1695 in Wien publiziert. Verfasserin dieses in über zwanzig Auflagen erschienenen Werkes ist die Fürstin Eleonora Maria Rosalia von Eggenberg (1647–1703), geborene Fürstin von Liechtenstein und seinerzeitige Herzogin zu Troppau und Jaegerndorff. Mit der vorliegenden Arbeit wurde das medizinische Werk der Eleonora von Eggenberg systematisch erfasst und mit modernem Wissen verglichen.
In dieser Arbeit ist zusammengetragen, was frühere Heilkundige und Pflanzenkenner über Ysop berichtet haben. Welche Eigenschaften schrieb man ihm zu, welche Wirkungen und Anwendungen waren bekannt? Gegen welche Krankheiten verordnete man Ysop-haltige Arzneien und wie sahen diese aus? In welcher Form wurden sie gegeben und welche weiteren Bestandteile enthielten sie? Wo taucht Ysop zum vermutlich ersten Mal auf?
Der ‚Liber de arte distillandi de simplicibus’, genannt das ‚Kleine Destillierbuch’ des Straßburger Chirurgen Hieronymus Brunschwig (ca. 1450 bis 1512/13) wurde im Jahr 1500 erstmals veröffentlicht. In der vorliegenden Untersuchung sollen die darin genannten humoralpathologischen medizinischen Indikationen der destillierten Pflanzenwässer mit den nach derzeitigem wissenschaftlichem Erkenntnisstand belegten Indikationen verglichen werden und auf Übereinstimmungen und Abweichungen hin untersucht werden. Das ‚Kleine Destillierbuch’ befasst sich mit der Destillation von Arzneimitteln vorwiegend pflanzlicher Herkunft und den medizinischen Anwendungsbereichen dieser Destillate. Das erfolgreiche Werk, das in schriftlicher Form die damalige gängige Praxis der Medizinkundigen in Straßburg fixiert, entwickelte sich zum heilkundlichen Volksbuch des 16. Jahrhunderts, galt aber auch bei Berufs-Destillierern als wichtiges Technik-Lehrbuch für Destillationsverfahren. Daneben waren Brunschwigs Pflanzenbeobachtungen im ‚Kleinen Destillierbuch’ eine wertvolle Grundlage für die ältere deutsche Botanik. Für die Untersuchung wurden Druckausgaben aus den Jahren 1528 und 1610 verwendet. In einem ersten Schritt wurde durch Klärung heute ungebräuchlicher Begriffe der frühneuzeitliche Text erschlossen. Im zweiten Schritt wurden die Zutaten identifiziert, die Brunschwig zur Destillation der 269 pflanzlichen und 36 nicht-pflanzlichen, meist tierischen gebrannten Wässer verwendet. Im dritten Schritt wurden alle Indikationen der Destillate, die Brunschwig in seinen Planzenmonographien nennt, gesammelt und verschiedenen Körperregionen zugeordnet. Anschließend wurden den historischen Indikationsbezeichnungen heute gebräuchliche Bezeichnungen gegenübergestellt, um einen direkten Vergleich der Daten, die zwei grundsätzlich verschiedenen Wissenschaftsystemen entspringen, zu ermöglichen. Im vierten Schritt wurden alle von Brunschwig genannten Anwendungsbereiche der einzelnen „Wässer“-Monographien jeweils in Tabellenform aufgenommen. Diesen historischen Anwendungsbereichen wurden heutige naturwissenschaftlich belegte Indikationen gegenübergestellt. Hierfür wurde v.a. auf W. Blaschek, S. Ebel, E. Hackenthal u. a., Hagers Handbuch der Drogen und Arzneistoffe, HagerROM 2004, Programmversion 5.1, Berlin, Heidelberg 2005 zurückgegriffen. Ein Vergleich der historischen mit den aktuellen Anwendungen erfolgte anhand abgestufter Kategorien (I, II, III, IV). Für eine Interpretation der untersuchten Daten wurden diejenigen von Brunschwig verwendeten Pflanzen ausgewählt, die ein nach heutigem Wissensstand belegtes Anwendungsgebiet besitzen. Diese wurden zunächst nach den für ihre Wirkung relevanten Inhaltsstoffen geordnet. Die Übereinstimmungen bzw. Abweichungen der Brunschwigschen Anwendungsgebiete von den heute definierten Anwendungsgebieten der untersuchten Pflanzen wurden diskutiert. Die relativen Trefferhäufigkeiten wurden ermittelt. Sie liegen zwischen 33 % und 100 %, im Durchschnitt bei 65 %. Für eine weitere Diskussion wurden die gleichen Daten bezüglich der Destillat-Anwendung in den oben genannten Körperregionen geordnet. Die relativen Trefferhäufigkeiten liegen hier in einem Bereich zwischen 43 % und 86 %, im Durchschnitt bei 57 %. Die vorliegende Untersuchung ist Teil eines größeren Forschungsvorhabens. In gleicher Weise sollen mehrere Kräuterbücher des Mittelalters bzw. der frühen Neuzeit untersucht und anschließend mittels eines statistischen Verfahrens einzeln und im Vergleich umfassend ausgewertet werden.
Ludwig Crons Zahnextraktionsschrift, ein kleines Lehrbuch für Wundärzte in der Ausbildung, beruht insbesondere auf der langen Erfahrung des Autors als praktizierender Wundarzt und Leibchirurg. Dies wird immer wieder deutlich, vor allem auch an den sehr zahlreichen Fallbeispielen, mit denen er seine Aussagen belegt. Cron ist als geschickter Zahnheilkundiger in der Lage, sehr anschaulich, kenntnisreich und detailliert die verschiedenen Bereiche der Zahnextraktion darzustellen und auf diese Weise den zahnmedizinisch-wundärztlichen Nachwuchs sachkundig zu unterrichten. Diese praktische Unterrichtung ist ja eines seiner Hauptziele, die er mit seiner Schrift verfolgt. Seine Ausführungen beruhen auch auf der zeitgenössischen zahnärztlichen und chirurgischen Literatur, die er in opulenter Weise ausschöpft und auswertet. Dies ist ein Hinweis darauf, daß sich Ludwig Cron sehr gut in der damaligen Literatur seines Fachgebietes ausgekannt haben muß und sehr belesen war. Hie und da streut er auch lateinische Sentenzen in seinen Text ein. Dies ist jedoch kein Hinweis darauf, daß er als Wundarzt die damalige Wissenschaftssprache zumindest passiv beherrschte. Ziel der lateinischen Einsprengsel wird eher der Wunsch des Autors sein, bei seinen Lesern als besonders gelehrt zu erscheinen. Es ist zu betonen, daß der Autor als Kompilator zahnmedizinischen Wissens zu bezeichnen ist und eigentlich wenig Neues für sein Fachgebiet geleistet hat. Er ist auf der Höhe des zeitgenössischen zahnmedizinischen Wissens, ohne jedoch innovativ zu sein. Dies intendiert Cron aber auch gar nicht. Vielmehr ist es sein Anliegen, ein kompetenter Lehrer des Chirurgennachwuchses und Vermittler praktischen Wissens zu sein. Die Extraktionsschrift Ludwig Crons ist von großer Bedeutung für die zahnmedizinhistorische Forschung. Denn sie gibt z. B. viele Hinweise zum damaligen chirurgischen Standeswesen. Ludwig Cron spricht sich immer wieder energisch gegen die zeitgenössischen Quacksalber und Scharlatane aus, die als Marktschreier von Ort zu Ort zogen, auf den Marktplätzen den Star stachen oder Zähne zogen und durch dieses Verhalten das Ansehen der seriösen Wundärzte in Frage stellten. Auf der anderen Seite betont der Autor häufig die Seriosität seines wundärztlichen Berufs, die ihm sogar die hohe Position eines fürstlichen Leibchirurgen eingebracht habe. Der Medizinhistoriker erfährt durch die analysierte Schrift sehr viel über weitere Aspekte der Zahnheilkunde in der Zeit um 1700: über Extraktionsinstrumente, über die verschiedenen Methoden der Extraktion von Zähnen im Unter- und im Oberkiefer, über die Lagerung des Patienten beim Zahnziehen, über Komplikationen nach dem Eingriff (Geschwülste, heftige Blutungen) und wie diese zu beherrschen sind, über Zahnkrankheiten als Todesursache und über die (angeborenen) Deformationen der Zähne und des Gebisses. Es fällt auf, daß der Autor als Beleg für seine Aussagen oft anschauliche Beispiele aus der Antike heranzieht (Prusias, Pyrrhos, Plutarch). Über die Auflage und die Verbreitung von Ludwig Crons Zahnextraktionsschrift kann heute nichts mehr gesagt werden. Analysiert man den Inhalt des Werkes, kommt man zur Auffassung, daß das vom Autor anvisierte Lesepublikum aus Wundärzten in der Ausbildung bestand. Diesen sollte ein solides Wissen beigebracht werden, auch um zu verhindern, daß diese Klientel dereinst auf das Niveau der marktschreierischen Zahnbrecher herabsinkt. Mit dieser Schrift hat Ludwig Cron sicher dazu beigetragen, dem Stand der Zahnheilkundigen einen Weg zu weisen, der erfolgreich werden sollte: den langen Weg zur Konsolidierung und Verselbständigung des Zahnärztestandes, der ohne solide Ausbildung nicht zum Ziel geführt hätte.
Daniel Sennert (1572-1637) und Thomas Feyens (1567-1631) haben unsere heutige Vorstellung der menschlichen Seele mitgeprägt. Durch die Auffassung der Seele als „initiales organisierendes Prinzip“ (Michael, Emily: Daniel Sennert on Matter and Form. At the Juncture of the Old and the New, in: Early Science and Medicine 1997 (2/3), 272–299) schafften sie die Grundlage für die Vorstellung, dass die Seele ab Beginn des Lebens gegenwärtig ist – wenn auch ihre Zugehörigkeit zur lutheranischen (Sennert) bzw. katholischen (Feyens) Konfession zu unterschiedlichen Ausgestaltungen dieses Ansatzes führte: Traduzianismus und Kreationismus.
Basierend auf einer Analyse medizinischer Schriften aus Deutschland, Frankreich und England befasst sich diese Dissertation mit der Interpretation und Wahrnehmung der Wechseljahre und der Frau in den Wechseljahren zwischen 1800 und 1950. Obwohl sich das medizinische Verständnis des Wechseljahrsprozesses in dieser Zeit, in der die Sexualhormone entdeckt wurden, änderte, herrschte in diesen Schriften eine ständige, allgegenwärtige Pathologisierung der Menopause vor. Die (überwiegend männlichen) Autoren verwendeten eine sehr negative und oft dramatische Sprache, um die Wechseljahre und ihre Gefahren zu charakterisieren. Sie brachten die Wechseljahre insbesondere mit Nervenkrankheiten und psychischen Problemen in Verbindung. Darüber hinaus beschrieben sie in einer sehr abwertenden Sprache die Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes und der weiblichen Libido, die sie bei Frauen in den Wechseljahren und nach der Menopause beobachten zu können glaubten: pralles "Fleisch" und hervorstehende Bäuche, übermäßiges sexuelles Verlangen und "geile" Träume, die einige von ihnen quälten und die Umwandlung ihres Charakters in einen männlicheren. Rückblickend spiegelten diese Berichte in erheblichem Maße die zeitgenössische Wahrnehmung der gebrechlichen und reizbaren Natur der Frau und ihrer Rolle in der Gesellschaft wider, und laut den Ärzten teilten Frauen zu dieser Zeit diese Vorstellungen. Ich behaupte zudem, dass diese zutiefst negative Sichtweise der Menopause in der Geschichte der westlichen Kultur auch heute noch die Wahrnehmung und Erfahrung der Menopause beeinflussen kann.
Die Studie untersuchte die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Umgang mit alkohol- und psychisch kranken Patienten Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts am Beispiel der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universität Würzburg.
2014 wurden die Patientenakten und Standbücher der Universitätsklinik der Jahre 1888 bis 1944 erstmalig zu Studienzwecken freigegeben, die Ergebnisse dieser Studie wurden vor dem Hintergrund der Forschungsliteratur diskutiert.
Die Studie betrachtete die unterschiedlichen Epochen- Industrialisierung, Kaiserreich, Erster Weltkrieg, Weimarer Republik, Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg - und insbesondere die Trinkerfürsorge sowie die Geschlechtergeschichte der Psychiatrie jener Epochen. Ebenso wurde auf die spezielle Rolle der Universitätspsychiatrie eingegangen.
Die Analysen ergaben, dass Alkoholismus bei Frauen verurteilt, bei Männern beschönigt und entschuldigt wurde. Frauen wurden stark nach ihrem Lebenswandel und etwaigen“ moralischen Verfehlungen“ beurteilt, bei Männern wurde dies kaum berücksichtigt. Psychische Leiden bei Frauen wurden häufig mit hormonellen oder sexuellen Ursachen in Verbindung gebracht, bei Männern gab es kein analoges Erklärungsmuster. Es bestand eine sehr hohe Toleranzschwelle für häusliche Gewalt gegenüber alkoholkranken Patientinnen. Gutachten ärztlicherseits befürworteten meist Ehescheidung und Entmündigungen von alkoholkranken Patienteninnen, bei männlichen Alkoholkranken erfolgte dies nur bei massiver Beweislast. Die Analysen ergaben einen oft herablassenden und teils respektlosen Umgang mit allen psychiatrischen Patienten, jedoch mit standes- und geschlechtsspezifischen Unterschieden. Patientinnen wurden insgesamt respektloser behandelt als männliche Patienten, speziell wenn sie den „unteren Ständen“ angehörten und ihr Lebenswandel nicht den gesellschaftlichen Erwartungen entsprach.
Alkoholkranke waren niemals primäres Ziel der nationalsozialistischen Rassen- und Vernichtungspolitik. Da Alkoholkranke meist arbeitsfähig waren, waren sie selten Opfer von Zwangsterilisationen, und soweit arbeitsfähig, auch nicht Opfer von dem gezielten Hungersterben in den Anstalten oder der „Aktion T4“.
Die Psychiatrische und Nervenklinik der Universität Würzburg nahm als Universitätsklinik im Lichte der Öffentlichkeit eine besondere Rolle ein. Sie war von wirtschaftlichen Zwängen kaum betroffen, Arbeitstherapie war zwar Teil des klinischen Alltags, jedoch weit weniger intensiv als in den Anstalten und Arbeitshäusern. Es ergab sich kein Hinweis auf „Hungerkost“ während der beiden Kriege, es gab keine direkten Transporte in die Tötungsanstalten im Rahmen der „Aktion T4“ und es ergaben sich keine Hinweise auf Experimente an psychiatrisch erkrankten Patienten an der Würzburger Lehrklinik.
Metaphern prägen unser Verständnis des Körpers und seiner Krankheiten. Die Kommunikation zwischen Heilkundigen und Kranken basiert daher maßgeblich auf Metaphern. Dieser Beitrag untersucht deutschsprachige Gesundheitsratgeber des 16. und 17. Jahrhunderts, die von gelehrten Ärzten für ein Laienpublikum verfasst wurden. Mit den Methoden der qualitativen Metaphernanalyse soll das Bild einer kommunikativen Praxis vor dem Hintergrund ihrer kulturhistorischen Rahmenbedingungen gezeichnet werden. Metaphern erweisen sich als wichtiges Werkzeug, um die sprachliche und intellektuelle Kluft zwischen Laien- und Gelehrtenwelt zu überbrücken. Geschickt lenken die ärztlichen Autoren mit Hilfe von Metaphern den Blick des Lesers. Dabei bieten sie ihm auch sinnstiftende Erkenntnisse und Ansätze zur Teilhabe am therapeutischen Prozess.
Gegenstand der Untersuchung ist die Patientenkorrespondenz von Samuel Hahnemann mit seiner Patientin Friederike Lutze in der Zeit von 1831 bis 1833. Anhand von Briefen und Tagesberichten werden die Symptome der Patientin, die nach gegenwärtigem Ermessen hauptsächlich psychischer Natur waren, dargelegt und analysiert. Hierbei wird versucht, die zugehörigen Medizinkonzepte und zeitgenössischen Wissensbestände herauszufiltern. Der Zeitraum der Korrespondenz stellt eine Umbruchphase in der Deutung von Gemütssymptomen dar, so dass sowohl humoralpathologische Vorstellungen, wie auch die "Vapeurs" und Nervenleiden als Konzept aufzufinden sind. Selbst die noch in den Kinderschuhen befindliche Psychologie wird von der Patientin aufgegriffen und im Rahmen des Arzt-Patientenverhältnisses thematisiert. Abgeschlossen wird die Arbeit von der Edition aller verfügbaren Krankenberichte und Briefe der Korrespondenz.