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Hintergrund: Prognoseeinschätzung und Therapieplanung des kolorektalen Karzinoms richten sich nach traditionellen Klassifikationen und Staging-Systemen (TNM). Fraglich bleibt, ob diese die Komplexität der Tumorbiologie erfassen. Immunologische Parameter wie Tumor-infiltrierende Lymphozyten und Enzyme des Tryptophan-Stoffwechsels wie die Indoleamin-2,3-Dioxygenase (IDO) gewinnen zunehmend an Bedeutung. Hinsichtlich der prognostischen Wertigkeit einer IDO1-Expression in Malignomen und vor allem beim kolorektalen Karzinom herrscht Uneinigkeit. In Bezug auf neoadjuvant vorbehandelte Malignome gibt es bislang keine Untersuchungen.
Ziel: Ziel der Arbeit war es, die prognostische Rolle einer IDO1-Expression und CD8-T-Zell-Infiltration in Tumorproben von Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinom nach neoadjuvanter Radiochemotherapie zu evaluieren sowie die Korrelationen mit klinisch-pathologischen Parametern und den Einfluss auf das Überleben zu untersuchen.
Material und Methoden: Evaluiert wurde die Expression von IDO1 und CD8 durch immunhistochemische Färbungen in 106 Tumorgewebeproben von Patienten nach neoadjuvanter Radiochemotherapie. Die Immuninfiltration wurde im Stroma, an der Invasionsfront und innerhalb der Tumorzellen betrachtet und mit retrospektiv erhobenen klinisch-pathologischen Parametern korreliert.
Ergebnis: Der IDO1-Gesamtscore korrelierte positiv mit dem CD8+-Gesamtscore. Eine hohe IDO1- bzw. CD8-Infiltration stellten sich als unabhängige prognostischer Marker für ein verbessertes rezidivfreies Überleben bzw. Gesamtüberleben dar.
Diskussion: Die Studie zeigt, dass die Analyse des lokalen Immunphänotyps ein hilfreiches Instrument sein kann, um Prognosen und Therapieansätze für Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom nach neoadjuvanter Radiochemotherapie besser abschätzen und langfristig an unterschiedlichen Immunprofilen orientieren zu können.
Trotz radikaler chirurgischer Resektion kommt es bei Patienten mit kolorektalem Karzinom häufig zum Tumorrezidiv. In unserem Patientenkollektiv (n=51) erlitten innerhalb von 3 Jahren 18% der Patienten ein Rezidiv nach kurativer R0-Resektion. Eine mögliche Erklärung dafür wird in einer Suppression der Anti-Tumor-Immunantwort gesehen, die eine vollständige immunologische Tumorzerstörung verhindert. Regulatorische T(Treg)-Lymphozyten spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Der Nachweis dieser Zellen und deren gesteigerte IL-10-Produktion könnte eine mögliche Erklärung für die hohe Rezidivrate bei Patienten mit kolorektalem Karzinom bieten. Ziel unserer Untersuchungen war es daher, die tumorspezifische Immunantwort bei Patienten mit kolorektalem Karzinom stadienabhängig (UICC I-IV) zu untersuchen und im Blut und Tumor vorhandene T-Zellen sowohl morphologisch als auch funktionell zu charakterisieren. Als tumorspezifisches Antigen wurde das Tumorsuppressorgen p53 gewählt, da es in bis zu 60% aller kolorektalen Karzinome überexprimiert wird. Präoperativ gewonnene periphere Blutlymphozyten (PBL) dieser Patienten wurden mit überlappenden synthetischen Peptidfragmenten der gesamten Wildtyp-p53-Proteinsequenz stimuliert und anhand der resultierenden Zytokinproduktion (IL-10, IFN-γ) verglichen (ELISPOT, ELISA). Sowohl Cytospinpräparate der PBL als auch Tumorgewebe wurden immunhistologisch in Einzel- und Doppelfärbung charakterisiert. Mittels ELISA wurde das Serum der Patienten auf das Vorhandensein von p53-Antikörpern untersucht. Spezifische p53-Mutationen und die Expression von Treg spezifischen Genen im Tumorgewebe wurden mittels Real-Time-PCR analysiert. Nur bei 35 % der untersuchten Patientensera (n=40) fanden sich p53-spezifische Antikörper, wobei keine Korrelation zum UICC-Stadium bestand. Es zeigte sich, dass sich die p53-Peptide, die eine IFN-γ Produktion hervorrufen, von denen unterscheiden, die eine IL-10 Expression induzieren. Unabhängig von spezifischen p53-Mutationen spielte dabei das UICC-Stadium für die IL-10-Produktion eine besondere Rolle. So produzierten nach Peptid-Stimulation T-Zellen von Patienten im UICC-Stadium II wesentlich mehr IL-10 als T-Zellen von Patienten fortgeschrittener Stadien. Für die IFN-γ-Produktion fand sich keine Korrelation zum UICC-Stadium. Die immunhistologischen Untersuchungen zeigten, dass Patienten höherer Stadien (UICC III/IV) mehr CD4+CD25+-Lymphozyten im Blut und eine stärkere p53-Akkumulation im Tumor aufweisen als Patienten niedrigerer Stadien. Die Expression Treg-spezifischer Gene (CD4, CD25,CTLA-4, Foxp3, GITR, GATA-3) im Tumor korrelierte ebenso mit dem UICC-Stadium und war im UICC-Stadium II gesteigert. p53 induziert sowohl eine IFN-γ als auch eine IL-10 Expression. Das Überwiegen der IL-10-Produktion deutet darauf hin, dass p53-spezifische Treg–Zellen direkt an der Modulation Anti-Tumor-Immunantwort beteiligt sind. Durch Überexpression von p53 induziert der Tumor selbst eine Th2-Immunantwort, die zu vermehrter Toleranz des Tumors durch die Lymphozyten führt. Dies stellt einen neuen möglichen Tumor-Escape-Mechanismus dar. Sowohl die IL-10 Spiegel im Blut als auch die Expression Treg-spezifischer Gene im Tumorgewebe korrelieren mit dem Stadium der Erkrankung. Dies scheint die schlechte Prognose und hohe Rezidivhäufigkeit von Patienten mit bereits weit fortgeschrittenen Karzinomen zu erklären. Die Ergebnisse der Arbeit eröffnen darüber hinaus neue Therapieoptionen: Eine Verschiebung der Anti-Tumor-Immunantwort hin zur vollständigen immunologischen Tumorzerstörung (Th1) wäre in Form einer spezifischen anti-IL-10-Antikörperapplikation oder einer gezielten Depletion der tumorspezifischen Treg–Zellen denkbar.