Refine
Has Fulltext
- yes (2)
Is part of the Bibliography
- yes (2)
Document Type
- Doctoral Thesis (2)
Language
- German (2)
Keywords
- Prävention (2) (remove)
Institute
- Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (2) (remove)
Angsterkrankungen stellen mit einer 12-Monats-Prävalenz von 14% die häufigsten psychischen Erkrankungen in der westlichen Gesellschaft dar. Angesichts der hohen querschnittlichen wie sequentiellen Komorbidität von Angsterkrankungen, der ausgeprägten individuellen Einschränkungen sowie der hohen ökonomischen Belastung für das Gesundheitssystem ist neben therapeutischen Behandlungsansätzen die Entwicklung von kurzzeitigen, kostengünstigen und leicht zugänglichen Präventionsmaßnahmen von großer Bedeutung und steht zunehmend im Fokus des gesundheitspolitischen Interesses, um die Inzidenz von Angsterkrankungen zu reduzieren. Voraussetzung für die Entwicklung von gezielten und damit den effektivsten Präventionsmaßnahmen sind valide Risikofaktoren, die die Entstehung von Angsterkrankungen begünstigen. Ein Konstrukt, das in der Literatur als subklinisches Symptom in Form einer kognitiven Vulnerabilität für Angsterkrankungen und damit als Risikofaktor angesehen wird, ist die sogenannte Angstsensitivität (AS). AS umfasst die individuelle Tendenz, angstbezogene körperliche Symptome generell als bedrohlich einzustufen und mit aversiven Konsequenzen zu assoziieren.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war daher die Etablierung und Validierung eines Präventionsprogramms zur Reduktion der AS an einer nicht-klinischen Stichprobe von 100 Probanden (18-30 Jahre) mit einer erhöhten AS (Anxiety Sensitivity Index [ASI-3] ≥17) sowie die Rekrutierung von 100 alters- und geschlechtsangeglichenen Probanden mit niedriger Angstsensitivität (ASI-3 <17). In einem randomisiert-kontrollierten Studiendesign durchliefen die Probanden mit hoher AS entweder das über fünf Wochen angelegte „Kognitive Angstsensitivitätstraining“ (KAST) als erste deutschsprachige Übersetzung des Computer-basierten „Cognitive Anxiety Sensitivity Treatment“ (CAST) von Schmidt et al. (2014) oder wurden der Wartelisten-Kontrollgruppe zugeteilt. Das KAST Training bestand aus einer einmaligen Vermittlung kognitiv-behavioraler Psychoedukation zum Thema Stress und Anspannung sowie deren Auswirkungen auf den Körper und der Anleitung von zwei interozeptiven Expositionsübungen (‚Strohhalm-Atmung‘ und ‚Hyperventilation‘), die über den anschließenden Zeitraum von fünf Wochen in Form von Hausaufgaben wiederholt wurden.
Es konnte gezeigt werden, dass die Teilnehmer des KAST-Programms nach Beendigung des Trainings (T1) eine signifikant niedrigere AS-Ausprägung im Vergleich zur Wartelisten-Kontrollgruppe aufwiesen und diese Reduktion auch über den Katamnese-Zeitraum von sechs Monaten (T2) stabil blieb. Ergänzend wurde auch die Targetierbarkeit weiterer intermediärer Risikomarker wie der Trennungsangst (TA), des Index der kardialen Sensitivität sowie der Herzratenvariabilität (HRV) untersucht, die jedoch nicht durch das KAST-Training direkt verändert werden konnten. Im Vergleich der Subgruppen von Probanden mit hoher AS und gleichzeitig hoher TA (Adult Separation Anxiety Questionnaire [ASA-27] ≥22) und Probanden mit hoher AS, aber niedriger TA (ASA-27 <22) zeigte sich, dass die AS-TA-Hochrisikogruppe ebenfalls gut von der KAST-Intervention profitieren und eine signifikante Reduktion der AS erzielen konnte, indem sie sich bei T1 dem Niveau der Gruppe mit niedriger TA anglich. Zudem korrelierte die prozentuale Veränderung der Einstiegswerte der inneren Anspannung während der Strohhalm-Atmungsübung positiv mit der prozentualen Veränderung der dimensionalen TA bei T1.
Zusammenfassend weisen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit erstmalig auf die Wirksamkeit der deutschsprachigen Übersetzung des CAST-Programms (Schmidt et al., 2014), eines Computer-basierten, und damit leicht zu implementierenden sowie kostengünstigen Programms, in Bezug auf die Reduktion der AS sowie indirekt der TA hin und können damit zur indizierten und demnach besonders effektiven Prävention von Angsterkrankungen in Hochrisikogruppen beitragen.
Auswirkungen unterschiedlicher Haltungsbedingungen auf Phänotyp und Genexpression im Mausmodell
(2015)
In zahlreichen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Umweltbedingungen im frühen Lebensalter einerseits die Entwicklung von Resilienz, d.h. Widerstandsfähigkeit gegenüber Stressoren, andererseits aber auch die Entwicklung physischer und psychischer Erkrankungen im weiteren Lebensverlauf beeinflussen können. Dabei wird angenommen, dass sich sowohl dezidiert positive als auch in Maßen aversive Umweltbedingungen mit rezidivierender Stressbelastung günstig auf die Resilienz im späteren Leben auswirken können. Auf neurobiologischer Ebene scheinen dabei das CRH und seine Rezeptoren (CRHR1 und CRHR2), das NPY-System sowie das NPS-System (insbesondere NPS-Rezeptor) eine besondere Rolle zu spielen. Jedoch sind die exakten Zusammenhänge und neurobiologischen Grundlagen weiterhin nur unzureichend aufgeklärt. Dies ist insbesondere insofern bedauernswert, da weiterer Erkenntnisgewinn auf diesem Gebiet möglicherweise Präventionsstrategien und Therapieoptionen für den Menschen begründen könnte. Um die Auswirkung der Umweltbedingungen im frühkindlichen Lebensalter auf die Resilienz im späteren Leben weiter aufzuklären, wurden im Rahmen dieser Arbeit insgesamt 310 Cd1-Mäuse den Haltungsbedingungen "Environmental Enrichment" (EE, Stimulation durch Spielobjekte) und "Maternal separation" (MS, wiederholte Stressbelastung durch Separation der Nachkommen vom Muttertier) sowie Standardhaltungsbedingungen unterworfen. Insgesamt 31 männlichen Tieren wurde im Alter von vier Wochen die Gehirne entnommen und aus diesen jeweils die Regionen Frontalcortex,
Striatum, Nucleus accumbens, Hippocampus, Amygdala, dorsale Nuclei raphes und Hypothalamus herauspräpariert. Aus den gewonnenen Proben wurde RNA extrahiert, hieraus cDNA synthetisiert und abschließend - nach Ausschluss von Kontamination und Integritätsprüfung - die Expressionsraten der untersuchten Gene mittels RT-qPCR quantifiziert. Um auch verhaltensbiologische Konsequenzen der unterschiedlichen Haltungsbedingungen zu erfassen, wurden außerdem 30 weibliche sowie 30 männliche Tiere im weiteren Lebensverlauf verschiedenen Verhaltenstests zugeführt. In den Sucrose-Präferenz-Tests zeigten sich Effekte der Haltungsbedingung auf Sucrose-Konsum und Präferenz mit signifikant geringeren Werten der Haltungsgruppe EE. Bei der Auswertung der Openfield-Tests fanden sich Gruppen-Geschlechter-Interaktionseffekte mit signifikant geringeren Werten (Gesamtstrecke, Strecke und Aufenthaltsdauer im zentralen Bereich, Eintritte in den zentralen Bereich) der weiblichen EE-Tiere. In den Barnes Maze-Tests benötigten die Tiere
der Haltungsgruppe EE an den meisten Testtagen signifikant weniger Zeit, um in die Escape-Box zu "entkommen". Auf neurobiologischer Ebene fanden sich signifikante Unterschiede der CRH-Expressionsraten in Amygdalae und Frontalcortex, der CRHR 1-Expressionsraten in Amygdalae und Hypothalamus sowie der CRHR2-Expressionsraten in Amygdalae und Hippocampus. Demgegenüber konnte kein signifikanter Effekt der Haltungsbedingung auf das NPY-System gefunden werden.
Jedoch ließen sich signifikante Unterschiede der NPSR1-Expressionsraten in Amygdalae, Frontalcortex, dorsalen Nuclei raphes und Hypothalamus feststellen. Es kann also grundsätzlich von Auswirkungen unterschiedlich aversiver Haltungsbedingungen auf die Stress-Resilienz von Versuchstieren ausgegangen werden. Dies ist einerseits für Tierversuche allgemein von grundsätzlicher Bedeutung. Andererseits legen die Resultate eine entsprechende frühkindliche "Programmierung" auch im Menschen nahe.