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Martin Dinges’ Konzept der „Justiznutzung“ meint eine Instrumentalisierung der Justiz beispielsweise mittels einer gleichzeitigen oder alternativen Nutzung verschiedener justizförmiger Angebote nach Opportunitätskriterien. Ausgehend von diesem Konzept, ermittelt er Gemeinsamkeiten mit und Differenzen zu der Nutzung medizinischer Angebote in der europäischen Frühmoderne.
Ob alleine, gemeinsam, virtuell oder analog: Spielen ist eine wohl universelle Erfahrung und eine Konstante im menschlichen Leben. Und doch scheinen zweckfreie Aktivitäten mit zunehmendem Alter an Stellenwert zu verlieren und in ein diametrales Verhältnis zu produktiven, zweckgerichteten Aktivitäten zu geraten. Wenn erwachsene Menschen verkleidet auf dem Boden herumtollen, bellen und auf allen Vieren gehen, kann dies zunächst irritieren. Das gemeinsame Interesse der Akteur:innen dieser empirischen Studie ist ein solches Rollenspiel: als Puppies imitieren sie das Verhalten von (Jung-)Hunden und versuchen, sich auch gedanklich in das als unbeschwert empfundene (Er-)Leben der Tiere hineinzuversetzen.
Anhand dieses ganz konkreten Spiels mit eigenen Regeln und Praktiken fragt der Autor nach dem Verhältnis von Arbeit und Spiel in spätkapitalistischen Gesellschaften. Das Forschungsfeld Pup Play mit seinen spezifischen Räumen und Akteur:innen zeigt dabei anschaulich, wie spielerisch Werte ausgehandelt und kuratiert werden, Familien (neu) entstehen und die Perspektive auf eine Welt abseits von Leistungsdruck und Wettbewerb geschaffen wird.
Im Zentrum der Arbeit stehen als zwei Werke der hochmittelalterlichen Moraldidaxe: der ‚Welsche Gast‘ sowie die in zeitlicher Nähe entstandenen ‚Winsbeckischen Gedichte‘. Bei aller formalen Unterschiedlichkeit der Texte werden sie dadurch geeint, dass sie sowohl männliches als auch weibliches Verhalten thematisieren, wobei der ‚Welsche Gast‘ in seiner Herren- und Fürstenlehre auch ein älteres Publikum anspricht, während sich die Hofzucht des ‚Welschen Gasts‘ sowie ‚Winsbecke‘ und ‚Winsbeckin‘ auf heranwachsende Adlige beschränken.
Ziel ist es, die Konstruktion von Geschlecht aufzudecken, wobei Analysemethoden der modernen sozialphilosophischen Forschung zum Einsatz kommen. Michel Foucault bietet mit seiner Diskursanalyse ein probates Mittel, gesellschaftliche Zustände und die Konstruktion von Identitäten aufzudecken. Die amerikanische Philosophin Judith Butler greift bei ihren Überlegungen zur Konstruktion von Geschlecht unter anderem auf Foucault zurück und zeigt auf, welche Mechanismen bei der Gestaltung geschlechtlicher Identitäten wirksam werden.
Die Verknüpfung moderner Theorie mit mittelalterlicher Moraldidaxe erweist sich insofern als fruchtbar und sinnvoll, als gerade mittelalterliche (und – diskursiv tradiert – auch ältere) Vorstellungen von Geschlecht bzw. rollenadäquatem Verhalten ihren Niederschlag noch in moderner Ratgeberliteratur (z. B. Mädchenerziehungsschriften der 1950er Jahre) finden.
So kann als Mittel der Analyse auf die von Judith Butler inspirierte Gendertheorie zurückgegriffen werden kann, ohne die Gegebenheiten der mittelalterlichen Literatur und die Restriktionen der Gattung zu vernachlässigen.
Zu diesem Zweck werden in der Arbeit – anders als bislang üblich – die Gesamttexte (und nicht nur besonders auffällige ‚Stellen‘ der Didaxen) hinsichtlich der in ihnen enthaltenen Bilder von Weiblichkeit bzw. Männlichkeit formal und inhaltlich untersucht. Beim ‚Welschen Gast werden zudem die zahlreichen Visualisierungen in die Einzelanalysen und bei den
‚Winsbeckischen Gedichten‘ nicht nur der an Männer und der an Frauen gerichtete Teil, sondern auch die Parodie des Winsbecken miteinbezogen.
Nach einer ausführlichen Klärung der theoretischen und literaturwissenschaftlichen Voraussetzungen (Gender und Genderforschung, Performativität und Performanz, lehrhafte Dichtung im Mittelalter) wird das Korpus nach den Gesichtspunkten
• Redeverhalten
• Körperverhalten
• Emotionales Verhalten, Tugenden und Laster
untersucht und die Ergebnisse in einem Schlußkapitel zusammengefasst.
Die Studie knüpft an das Interesse der feministischen Literaturwissenschaft an, berücksichtigt aber das geschlechterübergreifende Genderkonzept und würdigt im Sinne eines close reading explizit den literarischen Charakter der Texte (strukturelle Performativität) sowie den symbolischen der Abbildungen. Im Ergebnis können Spielräume der grundsätzlich an patriarchaler Hierarchie und ständischer Stabilität orientierten Gattung im Hinblick auf die Genderfrage ausgemacht werden, die Ausbrüche aus den vorgegebenen und damit intelligiblen Rahmungen ermöglichen (z.B. bei den verwendeten Metaphern), aber auch ‚Rückschritte’ demonstrierten (z.B. bei der in einzelnen Illustrationen erkennbaren, im begleitenden Text aber nicht nachweisbaren Misogynie).
Dennoch wird ein männlicher Blick auf eine Welt deutlich, in der die Frau meist als schmückendes Beiwerk fungiert, deren Handlungsmacht sich auf das ‚Häusliche‘ beschränkt. Raumanmaßung steht nur Männern offen, wobei der Radius der Handelnden von Alter und Stand beschränkt wird.
Die Repräsentation queerer Menschen in den Medien nimmt zu. Dennoch ist noch viel Luft nach oben, wie die
Statistiken zeigen. Aber was denken queere Menschen eigentlich über ihre eigene Darstellung im Mainstream? Im Zentrum dieser Rezeptionsstudie stehen 14 junge queere Frauen – also Menschen, die sich als Frauen fühlen, und sich dem queeren Spektrum zu ordnen. Wie schaut diese Gruppe Filme und Serien? Wie erzählen sie ihre Rezeptionserfahrungen? Wie bewerten sie ihre eigene Darstellung und was wünschen sie sich von zukünftigen Darstellungen? Mit Hilfe der Narrationsanalyse von Einzelgesprächen und Gruppeninterviews im Rahmen von selbstorganisierten Filmabenden macht die Arbeit eine besondere Art des Sehens dieser mehrfach marginalisierten Gruppe aus: nämlich den queer female gaze.