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Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO wird Krebs im Jahr 2013 die weltweit häufigste Todesursache bei Menschen und Haustieren sein. Diese Situation erfordert die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze. Hauptziel einer Tumortherapie ist es, sowohl den Primärtumor als auch die Metastasen möglichst vollständig zu entfernen. Dabei wird nach Methoden gesucht, die im Gegensatz zu den meisten gegenwärtigen therapeutischen Einsätzen, wie der chirurgischen Entfernung bösartiger Neubildungen, Chemotherapie und Strahlentherapie, selektiv die bösartigen Zellen erkennen und zerstören können. Eine faszinierende Möglichkeit in dieser Hinsicht ist die Verwendung von onkolytischen Viren, die die Fähigkeit besitzen, sich selektiv sowohl in Primärtumoren als auch in Metastasen anzusiedeln und die Krebszellen dort zu zerstören. Das Konzept, dass Viren nützlich für die Bekämpfung von Krebs sein könnten, ist nicht neu. Allerdings konnte erst in den letzten Jahren durch zahlreiche Studien bestätigt werden, dass verschiedene Viren in der Lage sind, eine signifikante Antitumorwirkung in vivo auszuüben. Zu den erfolgversprechenden onkolytischen Viren zählen insbesondere Adenovirus, Herpes simplex Virus, Reovirus und Vaccinia-Virus, die sich bereits in Phase III der klinischen Studien befinden oder kurz davor sind. Die therapeutische Nutzung von tumorspezifischen onkolytischen Viren beim Menschen hat bereits begonnen. Im Rahmen der vorliegenden Doktorarbeit wurden verschiedene Aspekte der Wirkungsweise von Vaccinia-Virus-Stämmen bei der Therapie verschiedener Tumore aus Mensch und Hund im Xenotransplantat-Mausmodell bearbeitet: die Onkolyse der Krebszellen und Inhibition des Tumorwachstums sowie die Effekte der Virusinfektion auf das Tumormikromilieu und die Mitwirkung des angeborenen Immunsystems bei der Virotherapie. Das Tumormikromilieu (Stroma) setzt sich aus einer Vielzahl verschiedener Zellen und Komponenten der extrazellulären Matrix zusammen. Die Krebszellen bilden unter anderem mit Endothelzellen des Blut- und Lymphsystems und verschiedenen Immunzellen eine komplexe Organ-ähnliche Struktur. Weitere wichtige Bestandteile des Stromas sind Wachstumsfaktoren, Chemokine und Zytokine und die Tumorvaskulatur. Diese ist durch zahlreiche strukturelle und funktionelle Abnormalitäten charakterisiert, wodurch die Effektivität von Strahlen- und Chemotherapie herabgesetzt wird. Weiterhin ist das Tumormikromilieu durch seine Ähnlichkeit mit einer chronischen Entzündungsreaktion gekennzeichnet und wirkt immunsupprimierend auf rekrutierte Leukozyten, die wiederum die Inflammation verstärken und die Angiogenese und das Tumorwachstum weiter fördern. Aufgrund dieser vielen Komponenten ist die Zusammensetzung jedes Tumors einzigartig, weswegen Standardtherapien häufig nicht zu einer Heilung führen. Die Wirkung der Viren bei der Virotherapie beruht vermutlich auf 4 Mechanismen, die einzeln oder in Kombination auftreten können: die direkte Onkolyse der Krebszellen, die Zerstörung des Tumorblutgefäßsystems, die Aktivierung des Immunsystems des Wirts und die Suppression der microRNA-Expression des Wirtes. Zusätzlich kann die Expression therapeutischer Gene die onkolytische Wirkung verstärken. Zum Nachweis der Onkolyse der Krebszellen und Inhibition des Tumorwachstums wurde zuerst das Virus GLV-1h68 in einem autologen humanen Melanomzellpaar, 888-MEL und 1936-MEL, eingesetzt. Das GLV-1h68-Virus wurde auf Basis des Wildtyp Vaccinia-Virus LIVP durch die Insertion von 3 Expressionskassetten in den drei Genloci F14.5L, J2R und A56 genetisch konstruiert. 888-MEL, eine zu einem frühen Zeitpunkt der Krebserkrankung aus einer Metastase isolierte Zelllinie, zeigt nach Infektion mit GLV-1h68 im Mausmodell Tumornekrose („Responder“), während 1936-MEL aus einer späten Metastasierungsphase kaum mit Onkolyse auf eine Virusinfektion reagiert („Poor-Responder“). Die onkolytische Wirkung konnte mittels Durchflusszytometrie in Tumoren beider Zelllinien zu einem frühen Zeitpunkt nach Virusinfektion nachgewiesen werden. In 888-MEL-Tumoren wurde hierbei eine große Zahl infizierter und toter Zellen nach Virusinfektion gefunden. Gleichzeitig wurde eine hohe Zahl an Immunzellen detektiert, die nach Virusinfektion reduziert war. In den schwächer reagierenden 1936-MEL-Tumoren konnte eine Onkolyse bei Infektion mit höherer Virusmenge und zu einem früheren Zeitpunkt demonstriert werden, wodurch mehr Zellen infiziert wurden. Zusätzlich wurde eine Steigerung der nur in geringer Zahl vorhandenen Immunzellen nachgewiesen. Trotz des unterschiedlichen Tumormikromilieus konnte somit ein onkolytischer Effekt in beiden Tumormodellen erzielt werden. ...
Die gängigen therapeutischen Behandlungsmethoden für die verschiedensten Krebserkrankungen zeigen nach wie vor Mängel bezüglich der Effizienz sowie zahlreiche Nebenwirkungen während und nach der Behandlung. Maßgeblich für diese Defizite ist die teilweise geringe Sensitivität der meisten konventionellen diagnostischen Systeme und damit einhergehend die oftmals zu späte Identifikation entarteter Gewebsbereiche. Zur Lösung dieser Problematik bieten onkolytische Vaccinia-Viren einen Ansatz, sowohl die Effizienz der Therapie wie auch die Diagnostik zu verbessern. In beiden Fällen sind die Tumorzell-spezifische Vermehrung der Viren und die Möglichkeit entscheidend, die Viren als Vektorsystem zur Expression therapeutischer oder diagnostischer Fremdgenkassetten zu nutzen.
Um ein auf Vaccinia-Virus-basierendes Reportersystem zum diagnostischen Nachweis von Krebszellen mittels Tiefengewebs-Tomographie bereit zu stellen, wurden die für die murine Tyrosinase (mTyr) und das Tyrosinase-Helferprotein 1 (Tyrp1) kodierenden Gene in das Genom eines onkolytischen Vaccinia-Virus inseriert. Die Tyrosinase ist das Schlüsselenzym der Melaninsynthese. Bereits die solitäre Expression der Tyrosinase führt in der transformierten Zelle zur Melaninproduktion. Das Tyrosinase-Helferprotein 1 ist an der Prozessierung und Stabilisierung der Tyrosinase beteiligt. Bereits in verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass Melanin als Reportermolekül für die Magnetresonanz sowie für die multispektrale optoakustische Tomographie einsetzbar ist. Es wurde deswegen angestrebt, die Kombination aus dem therapeutischen Potential des onkolytischen Vaccinia-Virus und der diagnostischen Anwendung des Melanins als Reporter auszunutzen. Sämtliche in dieser Arbeit aufgeführten rekombinanten Vaccinia-Viren (rVACV) wurden von der Firma Genelux Corporation zur Verfügung gestellt und in dieser Arbeit hinsichtlich der therapeutischen Effizienz und des diagnostischen Potentials untersucht. In ersten Zellkultur-Versuchen wurde anhand verschiedener konstitutiv melanogener rVACV-Konstrukte festgestellt, dass die Kombination aus dem Vaccinia-Virus-spezifischen synthetic early/late Promotor und dem Enzym Tyrosinase (GLV-1h327) bzw. den Enzymen Tyrosinase und Tyrosinase-Helferprotein 1 (GLV-1h324) die höchste Melaninsynthese-Rate zeigte. Anschließend wurde mittels der Bestimmung der spektralen Absorption und der Enzymaktivität der viral kodierten Melanin synthetisierenden Enzyme sowie mikroskopischer Analysen gezeigt, dass es mit diesen auf
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Vaccinia-Virus-basierenden melanogenen Reportersystemen möglich ist, die Melaninsynthese in nicht-melanogenen Zellen zu induzieren.
Anhand elektronenmikroskopischer Untersuchungen in Zellkultur und ex vivo konnte gezeigt werden, dass die nach rVACV-Infektion stattfindende Melaninsynthese in den Lysosomen der Wirtszelle abläuft. Eine Analyse der atomaren Zusammensetzung des viral vermittelten Melanins ergab, dass es sich um eine Mischform aus Eu- und Phäomelanin handelt. Dieser Melanin-Mix ähnelte dem Melanin aus Haut und Augen, jedoch lagen an Melanin-gebundene Metallionen in erhöhtem Maß vor...