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Die Migration neutrophiler Granulozyten aus dem Gefäßsystem in das umgebende Gewebe stellt einen zentralen Schritt bei der Entstehung von akuten Entzündungsherden dar. Es ist bislang vergleichsweise wenig über die Rolle von Ionenkanälen und Carriermolekülen wie dem Ca2+-empfindlichen K+-Kanal hIK1 oder den Na+/H+- und Cl-/HCO3 --Austauschern bei der Wanderung von Neutrophilen bekannt. Nach heutigem Wissen ist die Funktion dieser Transportmoleküle neben zytoskelettalen Umbauvorgängen aber unter anderem in metastasierenden Melanomzellen, Fibroblasten oder auch sogenannten MDCK-F-Zellen für die Migration wichtig. Große Übereinstimmungen bekannter Migrationsmechanismen zwischen diesen Zelltypen und Neutrophilen, wie auch erste Versuche an Granulozyten legen eine Kanalfunktion auch bei ihnen nahe. In meiner Arbeit untersuchte ich, inwieweit ein Einfluss Ca2+-empfindlicher K+-Kanäle auf die Migration von humanen neutrophilen Granulozyten bei einer Migration auf dem Matrixprotein Fibronektin nachweisbar ist. Dazu wurden humane neutrophile Granulozyten mit dem Chemotaxin fMLP stimuliert und auf verschieden starken Fibronektinbeschichtungen zur Migration gebracht. Die Neutrophilen wurden dabei mit erwärmter Ringerlösung überströmt, und ihre Migrationsgeschwindigkeit mittels Zeitraffer-Videomikroskopie und computergestützter Auswertung der Migrationstrajektorien bestimmt. Den Einfluss der hIK1-Kanäle auf die Migration beobachtete ich durch Kanalinhibition mittels Clotrimazol bzw. Kanalaktivierung mittels 1-EBIO. Es stellte sich heraus, dass die Migrationsgeschwindigkeit der neutrophilen Granulozyten stark von der Fibronektinbeschichtung abhing. Die Migrationsgeschwindigkeit hing biphasisch von der Fibronektinkonzentration ab und wies ein Maximum von 6 µm/min bei einer mittleren Beschichtungsstärke von 100 µg/ml Fibronektin auf. Unter diesen Bedingungen wanderten die Neutrophilen in einer amöboiden Weise. Bei Hemmung der Kaliumkanäle mit Clotrimazol oder Aktivierung mit 1-EBIO zeigten alle Zellen unabhängig von ihrer Morphologie und Geschwindigkeit keine Veränderung der Migrationsgeschwindigkeit. Dies war angesichts vergleichbarer Versuche auf Polylysinbeschichtungen überraschend, da diese eine dosisabhängige Verlangsamung der Neutrophilen nach Blockade der Kaliumkanäle mit Clotrimazol und Charybdotoxin ergebenhatten. Nachdem ausgeschlossen wurde, dass Zellmorphologie oder –geschwindigkeit diesen Unterschied bedingten, spricht dies für einen matrixspezifischen „Crosstalk“ zwischen Adhäsionsmolekülen der Zelle und Untergrund. Die dabei aktivierten verschiedenartigen Signalkaskaden bzw. alternative in die Zellmembran eingebrachte Kaliumkanaltypen könnten zur Kompensation der hIK1-Blockade auf Fibronektin geführt haben. Vor dem Hintergrund der sich durch meine Arbeit abzeichnenden hohen Modulationsfähigkeit kanalvermittelter Migrationsschritte dürfte sich die Entwicklung neuer antimigratorisch-antiinflammatorisch wirkender Kaliumkanalhemmstoffe für Neutrophile deutlich schwieriger gestalten, als bislang vermutet.
Interaktion von Neisseria meningitidis mit den Zellen der menschlichen Blut-Hirn/Liquor-Schranke
(2005)
Ein zentrales Ereignis in der Pathogenese einer bakteriellen, durch Neisseria menigitidis verursachten Meningitis stellt die Interaktion der Bakterien mit den Zellen der menschlichen Blut-Hirn/Liquor-Schranke dar. In der vorliegenden Arbeit konnten in Infektionsversuchen mit immortalisierten HBMEC-Zellen als etabliertem in-vitro Modell des okklusiven menschlichen Hirnendothels und N. meningitidis Isolaten unterschiedlicher klonaler Linien Pathomechanismen für die Interaktion von Meningokokken mit dem Endothel der menschlichen Blut-Hirn/Liquor-Schranke identifiziert werden. Diese unterscheiden sich von jenen Pathomechanismen, die die Interaktion von Meningokokken und Epithelzelllinien bzw. peripheren Endothelzellen bestimmen. Die untersuchten hypervirulenten klonalen Linien ST-32, ST-11 und ST-1 zeigen in-vivo signifikante Unterschiede in ihrem Ausbreitungsverhalten und meist unterschiedliche Krankheitsverläufe. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit lassen vermuten, dass die molekularen Mechanismen der Adhärenz und Invasion von N. meningitidis Serogruppe A, B und C Isolaten in ihrer Abhängigkeit von Außenmembrankomponenten und externen Faktoren differieren. Die Invasion von Serogruppe B Meningokokken konnte in Infektionsversuchen mit dem Serogruppe B Stamm MC58 als repräsentativem Vertreter der hypervirulenten klonalen Linie ST-32 als Folge einer trifaktoriellen Interaktion mit den Zellen der menschlichen Blut-Hirn/Liquor-Schranke identifiziert werden: (I) Die Internalisierung der Serogruppe B Isolate in HBMEC-Zellen ist von der Expression des Außenmembranproteins Opc sowie (II) von der Anwesenheit des Serumglykoproteins Fibronektin abhängig, das als invasionsfördernde Komponente humanen Serums die Bindung von Meningokokken an spezifische Rezeptoren auf HBMEC-Zellen vermittelt. Fibronektin bindet (III) als Brückenmolekül an RGD-Bindungsmotive der 51-Integrine auf HBMEC-Zellen. Diese stellen spezifische Rezeptoren der Fibronektin-vermittelten Invasion Opc-exprimierender Serogruppe B Meningokokken in zerebrale menschliche Hirnendothelzellen dar. Weder für Serogruppe A noch für Serogruppe C Meningokokken konnte in der vorliegenden Arbeit eine Serum-vermittelte Invasion in HBMEC-Zellen beschrieben werden. Als ursächlich können die natürlicherweise fehlende Opc-Expression durch Isolate des ST-11 Komplexes sowie eine ausgeprägte Variabilität der Opc-Expression durch die analysierten ST-1 Isolate diskutiert werden. Die wesentliche Bedeutung der Zytoskelettfunktion für die Invasion von N. meningitidis in HBMEC-Zellen konnte in Infektionsversuchen mit eukaryontischen Zytoskelettinhibitoren nachgewiesen werden. Mikrofilamente und Mikrotubuli als Elemente des Zytoskeletts wurden als essentielle Komponenten einer effizienten Internalisierung Opc-exprimierender Serogruppe B Meningokokken in HBMEC-Zellen identifiziert.
Der human pathogene Erreger Streptococcus pneumoniae besiedelt symptomlos den Nasenrachenraum des Menschen, löst aber auch Infektionen wie Otitis Media und invasive Erkrankungen wie Pneumonie und Meningitis aus. Einen essentiellen Schritt für den Infektionsprozess stellt die Anheftung von S. pneumoniae an die Epithel- und Endothelzellen des Wirtes dar. Im Infektionsverlauf ist auch das nachfolgende Eindringen der pathogenen Mikroorganismen in das humane Gewebe von wichtiger Bedeutung. An dieser Interaktion zwischen Erreger und Wirtszellen sind sowohl bakterielle Virulenzfaktoren als auch Komponenten des Wirtes beteiligt. Der pneumococcal adherence and virulence factor A (PavA) von S. pneumoniae ist ein Fibronektin-bindendes Oberflächenprotein und ist essentiell für die Virulenz in einem Sepsis- und einem Pneumonie-Mausinfektionsmodell (Holmes et al., 2001; Lau et al., 2001). In der vorliegenden Arbeit konnte PavA zusätzlich in einem experimentellen Maus-Meningitis-Modell als Virulenzfaktor identifiziert werden. In in vitro Infektionsstudien zeigten pavA-defiziente Pneumokokkenmutanten eine signifikant verringerte Adhärenz an und Invasion in alveoläre Epithelzellen A549 von Typ II Pneumozyten, in Larynxkarzinomzellen HEp-2, in humane Hirnendothelzellen HBMEC und in humane Nabelschnurendothelzellen HUVEC. Diese Zelllinien repräsentieren modellhaft typische Gewebezellen, mit denen S. pneumoniae während des Infektionsprozesses in Kontakt treten kann. Die signifikante Reduktion der Adhärenz der pavA-Mutante ist auf die Mutagenese des pavA-Gens zurückzuführen, da die Komplementierung mit einem aktiven pavA-Gen die Adhärenz an die humanen Zellen wiederherstellte. In Inhibitionsstudien blockierte anti-PavA-Antiserum die bakterielle Bindung an immobilisiertes Fibronektin, die über den C-terminalen Bereich des PavA-Proteins vermittelt wird. Im Gegensatz dazu wurde die Adhärenz von S. pneumoniae an die humanen Wirtszellen in Inhibitionsstudien mit anti-PavA-Antiserum oder rekombinantem PavA-Protein nicht blockiert. Zusammenfassend ist PavA ein wichtiger Virulenzfaktor für die Infektion und das Überleben der Erreger in vivo und spielt gleichzeitig auch eine Rolle während der Adhärenz von Pneumokokken an die humanen Wirtszellen in vitro. Allerdings beeinflusst PavA den Anheftungsprozess nicht direkt als Adhäsin, sondern scheint die Funktion anderer, wichtiger, bisher unbekannter Virulenzfaktoren von S. pneumoniae zu regulieren. Im zweiten Abschnitt der Arbeit wurde die Interaktion von S. pneumoniae mit dem Glykoprotein Fibronektin und deren Bedeutung für die Kolonisierung und den Infektionsmechanismus in vitro untersucht. S. pneumoniae bindet direkt an immobilisiertes Fibronektin (van der Flier et al., 1995). In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass Pneumokokken Fibronektin sowohl wirtsunabhängig aus dem Plasma rekrutieren als auch reines lösliches Fibronektin binden können. Dabei binden Pneumokokken sowohl die multimere, zelluläre Form des Fibronektins als auch das lösliche, dimere Plasma-Fibronektin. Die Zugabe von Fibronektin verstärkt die Adhärenz von S. pneumoniae an die humanen Nasopharynxepithelzellen Detroit 562, die Larynxzellen HEp-2, die Bronchialepithelzellen A549 und die Hirnendothelzellen HBMEC. Die Fibronektin-vermittelte Anheftung von Pneumokokken an die Nasopharynxzellen Detroit 562 und die Hirnendothelzellen HBMEC erfolgt wahrscheinlich über die Heparin-Bindungsdomäne, da die bakterielle Adhärenz durch die Zugabe von Heparin inhibiert wird. Weitere Inhibitionsstudien zeigten, dass weder die Präinkubation der Erreger mit anti-PavA-Antiserum noch die Zugabe von rekombinantem PavA-Protein die Fibronektin-vermittelte Adhärenz an die Wirtszellen blockierte. Die Interaktion von S. pneumoniae über das Brückenmolekül Fibronektin mit den humanen Wirtszellen findet damit nicht über das Fibronektin-bindende Oberflächenprotein PavA statt. Fibronektin vermittelt nicht nur die Adhärenz von S. pneumoniae an die Wirtszellen, sondern auch deren Internalisierung. In Inhibitionsstudien mit spezifischen Inhibitoren des Aktin-Zytoskeletts und der Mikrotubuli konnte gezeigt werden, dass die Dynamik des Zytoskeletts eine essentielle Rolle für die Fibronektin-vermittelte Internalisierung der Pneumokokken in die Wirtszellen spielt. Außerdem wurde durch die Zugabe von pharmakologischen Inhibitoren der Tyrosin Kinasen, der Familie der Src-Kinasen und der Phosphatidylinositol (PI-3)-Kinase die Fibronektin-vermittelte bakterielle Invasion in humane Zellen signifikant blockiert. Die Invasion von S. pneumoniae in Mausfibroblasten, die defizient für die fokale Adhäsionskinase (FAK) waren, war im Vergleich zu der bakteriellen Invasion in die Wildtyp-Fibroblasten reduziert. Diese Ergebnisse zeigen die Beteiligung der Src-Kinasen, der PI-3-Kinase und der FAK an der Signaltransduktion, die für die Fibronektin-vermittelte Invasion von S. pneumoniae in eukaryotische Zellen notwendig ist.