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Gehirntumore stellen die zweithäufigste Tumorart im Kindesalter dar. Trotz zahlreicher medizinischer Fortschritte verstirbt auch heute noch ca. 1/3 der Betroffenen und die Überlebenden leiden häufig unter geistigen und körperlichen Langzeitfolgen. Zwei Entitäten, die auch heute noch zu den großen Herausforderungen der pädiatrischen Onkologie zählen, sind das Glioblastom und das Medulloblastom. Um beide Tumorarten weiter erforschen und neue Therapiekonzepte entwickeln zu können, wurden im Zuge dieser Arbeit zwei orthotope Mausmodelle etabliert: ein syngenes Glioblastom- und ein xenogenes Medulloblastom-Modell:
GL261-FLuc Glioblastom-Modell:
Das Glioblastom ist ein seltener Tumor im Kindesalter. Die extrem schlechte Prognose macht neue Behandlungsstrategien jedoch dringend erforderlich. Immuntherapien könnten hier ein rationaler Ansatz sein. Durch orthotope Inokulation lentiviral transduzierter GL261-FLuc Zellen wurde im Rahmen dieser Arbeit das syngene GL261 Modell etabliert und hinsichtlich seiner biomorphologischen und immunologischen Eigenschaften evaluiert: Ähnlich wie humane Glioblastome zeigen GL261-FLuc Zellen in vivo ein aggressives Wachstum, welches von einer schnellen Proliferation und deutlichen Invasionsneigung geprägt ist. Histologisch bestehen GL261-FLuc Tumore aus astrozytär differenzierten Zellen, die neben typischen Nekrosen auch eine starke, funktionell pathologische Vaskularisierung zeigen. Interessanterweise offenbarte das in vivo BLI nach orthotoper Inokulation eine Phase der „Tumoradaptation“ (Tag 6-14), die immunologischer Natur zu sein scheint. Die Tatsache, dass das Tumorwachstum wie beim Menschen in einer prinzipiell immunkompetenten Umgebung stattfindet und dass GL261-FLuc Zellen eine konstitutionelle und durch IFN γ stimulierbare MHC Klasse I Expression aufweisen, qualifiziert das Modell für immuntherapeutische Untersuchungen. Insgesamt handelt es sich nicht nur um ein gut voraussag- und reproduzierbares Modell, das die immunologischen und bio-morphologischen Kennzeichen des humanen Vorbildes suffizient rekapituliert, sondern es liefert auch dank der Möglichkeit, das Zellwachstum mittels BLI zu verfolgen, interessante Einblicke in das in vivo Verhalten der Zellen.
MB3W1 Medulloblastom-Modell:
Das Medulloblastom ist der häufigste maligne Gehirntumor des Kindesalters und kann, wie neue Genexpressionsstudien zeigen, in verschiedene molekulare Subgruppen unterteilt werden. Für Gruppe 3 Medulloblastome, die mit Abstand die schlechteste klinische Prognose besitzen, gibt es aktuell nur limitierte Daten, unter anderem auch deshalb, weil kaum geeignete Mausmodelle existieren. Der außergewöhnliche Fall eines zweijährigen Jungen, der an einem äußerst aggressiven anaplastischen Medulloblastom verstorben war, führte zur Etablierung des zweiten Hirntumormodells. Mit Zellen dieses Tumors (MB3W1 Zellen), die nach extrakranieller Metastasierung aus malignen Pleuraergüssen isoliert werden konnten, wurde ein orthotopes Xenograftmodell etabliert. Erstaunlicherweise ließen die Zellen sowohl Tumorstammzell- als auch Gruppe 3-Charakteristika erkennen: In vitro wachsen MB3W1 Zellen wie für Stammzellen typisch in Form von Neurosphären und zeigen neben der Fähigkeit zur exponentiellen Langzeitproliferation auch eine hohe ALDH Aktivität. Die Expression typischer Oberflächenmarker wie CD15 und CD133 ist ebenfalls suggestiv für Tumorstammzelleigenschaften. Die hohe Tumorigenität von MB3W1 Zellen in immuninkompetenten Mäusen (bereits 500 Zellen führten zu 100 % Tumorraten) ist neben der Tatsache, dass die induzierten Tumore exakt die histopathologischen Eigenschaften des Primärtumors rekapitulierten und eine multilineäre Differenzierung zeigten, als weiteres Stammzell-kennzeichen zu werten. Ergänzend zum genetischen Profil (MYC Amplifikation, Gruppe 3 spezifisches Genexpressionsmuster, Tetraploidie, 17q Zugewinne), das MB3W1 Zellen klar als Gruppe 3 Medulloblastom identifiziert, spiegeln MB3W1 Zellen auch das aggressive und disseminierende Verhalten, welches Gruppe 3 Tumore auszeichnet, wider. Die Xenotransplantate zeigten nicht nur ein rapides invasives Wachstum in vivo, sondern es konnte interessanterweise auch am Versuchsende regelhaft eine Metastasierung der Zellen in den zerebrospinalen Liquor beobachtet werden. Das im Zuge dieser Arbeit etablierte Xenograftmodell komplementiert die beiden einzigen derzeit veröffentlichten syngenen Gruppe 3 Modelle, da es im Gegensatz zu diesen ohne zusätzliche genetische Manipulation auskommt. Die einzige Modifikation der Zellen (die lentivirale Transduktion mit eGFP und FLuc) diente dem besseren in vivo „Monitoring“, war optional und veränderte auch das biologische Verhalten der Zellen nicht. Insgesamt ist es ein einfaches und gut reproduzierbares Tumormodell, das die gleichzeitige Erforschung von Tumorstammzell- und Gruppe 3-Eigenschaften erlaubt. Vor allem vor dem Hintergrund des außergewöhnlichen klinischen Verlaufs des Primärtumors ist es ein extrem wertvolles Werkzeug, das in Zukunft hoffentlich dazu beitragen wird, neue gezielte Therapiestrategien für die Behandlung solch aggressiver Tumore entwickeln zu können.
Trotz hochmoderner Technologien und ausgefeilter therapeutischer und rekonstruktiver chirurgischer Heilungsmethoden beträgt die 5-Jahres Überlebensrate bei der Diagnose PECA der Mundhöhle im Durchschnitt auch im Jahre 2017 nur 55 % und die Heilungsmethoden haben sich in den letzten drei Jahrzehnten kaum verbessert. Umso wichtiger ist es deshalb, die Forschung voranzutreiben und ein aussagekräftiges Tumormodell zu etablieren, das bei der Entwicklung neuer Therapieansätze schnell und sicher gute Ergebnisse liefert.
In dieser Studie soll mit Hilfe des Tissue Engineering (TE) ein in gesunder Mundschleimhaut (MSH) integriertes 3D-Tumormodell generiert werden, welches bestmöglich die Analyse pathologischer Mechanismen im Tumorzentrum, sowie im Randbereich von gesundem und erkranktem Gewebe, und auch die Analyse der Auswirkungen neuartiger Chemotherapeutika auf gesunde und maligne Zellen in direkter Nachbarschaft ermöglicht – ohne Tierversuche. In der Konsequenz könnte ein erheblicher Fortschritt mit höheren Erfolgsaussichten der Therapieansätze erzielt werden.
Es wird ein Tumormodell generiert, in dem auf Basis eines gesunden MSH-Modells Tumorzellen eingebracht werden, um - genauso, wie die Tumorentstehung in vivo von statten gehen würde – Tumorentstehung und Tumorwachstum in der Umgebung von gesunder MSH analysieren zu können. Das Modell basiert dabei auf einer Matrix aus dezellularisierter, porciner, small-intestinal-submucosa (SIS/MUC), die mit primären Fibroblasten, primären Keratinozyten und Tumorzellen der Tumorzelllinie FaDu besiedelt wird. Eine Besonderheit der FaDu-Zellen ist die vorangegangene Transduktion mit dem Lentivirus RFP – um die eingewanderten Zellen von gesunden Zellen unterscheiden zu können. Der Vorgang der Transduktion war gelungen und es konnte eine Fluoreszenz der noch in Zellkulturschalen kultivierten Zellen erzielt werden. Allerdings waren die fluoreszierenden Zellen in den fixierten Schnitten nicht mehr nachweisbar.
Zur Generierung eines Tumormodelles wurden auf Basis eines OMÄ drei unterschiedliche Applikationsformen zur Integration von Tumorzellen getestet. Die Integration von Tumorzellen fand in Form von Spots, Sphäroiden oder Tumorzellgemischen (prim. Keratinozyten/FaDu-Zellen) in zuvor kultivierte gesunde OMÄ statt. Dabei sollte das Applizieren von Spots oder Sphäroiden das Tumorzellwachstum auch in der Umgebung von gesundem Gewebe initiieren. Dies würde die Möglichkeit schaffen, auch in vitro, gesundes neben pathologischem Gewebe und den Übergang dazu genau analysieren zu können.
Es sollen sowohl die optimale Konzentration der Tumorzellen, welche für die Entstehung von Tumoren nötig ist, als auch die geeignetste Applikationsmethode eruiert werden, um optimale Tumormodelle zuverlässig reproduzierbar ansetzen zu können. Die Modelle wurden histologisch und immunhistochemisch analysiert und die Ergebnisse mit ermittelten TEER-Werte in Korrelation gesetzt.
In dieser Arbeit konnte mit der Applikation von Spots oder Sphäroiden kein suffizientes Tumorwachstum in Umgebung von gesunder MSH erzielt werden. Die Zellen lagen ohne Reaktion des angrenzenden Stratum corneums auf der zu stark ausgeprägten Hornschicht der OMÄ auf und es war keine Einwanderung in das darunterliegende Gewebe möglich.
Allerdings ist es gelungen, durch Applikation eines Zellgemisches variierender Mischungsverhältnisse von primären Keratinozyten und Tumorzellen der Zelllinie FaDu ein 3D-Tumorwachstum unterschiedlicher Malignitätsstufen zu initiieren. Je kleiner das Mischungsverhältnis und je höher in der Konsequenz die Anzahl der FaDu-Tumorzellen, desto ausgeprägter waren die morphologischen Anzeichen einer Tumorbildung. Abhängig vom Mischungsverhältnis war dabei die Ausprägung des Tumors. Auch wenn dadurch keine Kombination von gesundem und pathologischem Gewebe in einem Modell mehr imitiert werden konnte, so konnten zumindest nach histologischen und immunhistochemischen Untersuchungen eindeutige pathologische, maligne Tumormodelle generiert werden. Die Tumormodelle zeigten durchgehend Zell- und Kernpleomorphismen, atypische und vermehrte suprabasale Mitosen, eine Störung der normalen Gewebearchitektur, die Ausbildung von Interzellularbrücken, Einzelzelldyskeratosen und Verhornungsknospen, sowie Stellen der Durchbrechung der Basalmembran und Invasion von Tumorzellen in die darunterliegende Lamina propria. All das sind eindeutige Kennzeichen malignen Wachstums
Auch die Ergebnisse der TEER-Wert Messung stimmten mit den morphologischen Entwicklungen der Modelle überein. So stiegen die TEER-Werte der Kontrollmodelle konsequent an, was für eine deutliche Entwicklung von kontinuierlichem Gewebe spricht und im Gegensatz dazu fielen die TEER-Werte im zeitlichen Verlauf der Tumormodelle, bei denen die Basalmembran und somit die Kontinuität des Gewebes durchbrochen wurde rapide ab, bzw. lagen im konstant niedrigen Bereich.
Der Erfolg der Etablierung dieses zuverlässig rekonstruierbaren 3D, in vitro generierten Tumormodells, das der in vivo Situation eines Plattenepithelkarzinoms sehr nahekommt, bietet der Wissenschaft eine sehr gute Möglichkeit, weitere Studien zum Tumorwachstum durchzuführen. Außerdem kann die Weiterentwicklung und Verbesserung vielversprechender, neuartiger chemotherapeutischer und radiologischer Therapieverfahren erheblich voran¬getrieben und dadurch die Heilungschancen mit geringeren Nebenwirkungen für den Patienten verbessert und eine erhöhte Lebensqualität erzielt werden.
Als die häufigste tödliche Tumorerkrankung weltweit ist das Lungenkarzinom mit einer sehr schlechten Prognose verbunden. Eine Behandlungsoption für Lungenadenokarzinome, die eine aktivierende EGFR-Mutation aufweisen, ist der orale EGFR-TKI Gefitinib (Iressa®, ZD1839). Die Resistenzentwicklung von Tumoren gegen diese Therapie stellt ein großes klinisches Problem dar.
Das Ziel dieser Arbeit war es, die Dosis-Wirkungs-Beziehung von Gefitinib, sowie die Entwicklung von Resistenzen in einem etablierten humanen 3D Lungentumormodell zu untersuchen und dieses Testsystem für eben diese Fragestellungen zu validieren.
Vorliegende Arbeit bestätigt, dass pharmakologische Untersuchungen in Zellkulturen häufig zu einer Überschätzung des Behandlungserfolges führen. Das verwendete Modell entspricht mehr den in vivo Bedingungen. In dieser Arbeit wurden zwei ATP-Zellvitalitätsassays für die statischen 3D Lungentumormodelle etabliert und erfolgreich angewendet. Dabei zeigte sich eine konzentrationsabhängige Wirkung von Gefitinib auf das Wachstum, die Proliferation, die Apoptose, die Markerexpression sowie die Signalwegsaktivierungen. Im statischen 3D Lungentumormodell lag der IC50-Wert zwischen 0,05-0,1 µM Gefitinib welches den Werten aus klinischen Beobachtungen entspricht. Auch der in der Klinik bereits nach wenigen Stunden eintretende zeitliche Effekt von Gefitinib konnte in unserem Modell bestätigt werden. Eine dynamische Kultivierung der Lungentumorzellen, mit von Scherkräften verursachtem schnellerem Zellwachstum, führte zu einer weiteren Annährung an die klinischen Gegebenheiten. Das Netzwerk der Gefitinib-Wirkung auf die EGFR-Signalkaskade wurde in unserem Modell charakterisiert.
Die Betrachtung einer resistenten Zell-Subpopulation zeigte einen Resistenzmechanismus über eine Epitheliale-Mesenchymale-Transition. Zusätzlich wurde versucht, eine neue medikamenten-resistente Zell-Subpopulation zu generieren.
Das beschriebene 3D Lungentumormodell ermöglicht richtungsweisende Untersuchungen zu Dosis-Wirkungs-Beziehung von Gefitinib. Ansätze für eine weitere Optimierung des Modells wurden herausgearbeitet.