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Rassismus wirkt in der Schule auf individueller, unterrichtlicher und institutioneller Ebene – häufig in subtilen und versteckten Formen. Zwar besitzt das Phänomen einen spezifischen historischen Ausgangspunkt und ist dadurch in seinen Wirkungsweisen (gerade auch in pädagogischen Kontexten) gut zu analysieren und somit folglich auch zu dekonstruieren, allerdings stößt die für eine pädagogische Auseinandersetzung zentrale Voraussetzung einer selbst- und machtreflexiven Herangehensweise bei Pädagoginnen häufig auf Widerstände und Ablehnung. Auch aufgrund der langjährigen Tabuisierung des Begriffs fand eine intensivere Auseinandersetzung mit Rassismus im deutschsprachigen Raum sowohl in der erziehungswissenschaftlichen Theorie wie auch in der pädagogischen Praxis erst ab den 1990er-Jahren statt. Bis heute besteht allerdings ein virulenter Forschungsbedarf für dieses Praxis- und Forschungsfeld in der spezifischen Schnittmenge der Gegenstandsbereiche Lehrerinnenfortbildung und Rassismus.
Die hier vorgelegte explorative Studie hatte zum Ziel, dieses Forschungsdefizit aufzuholen und beschäftigte sich deshalb mit der aktuellen Praxis der rassismusrelevanten Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung in Deutschland, d.h. mit jenen Konzepten und Angeboten der sogenannten Dritten Phase, in welchen das Thema ‚Rassismus‘ eine explizite wie implizite inhaltliche Relevanz besitzt. Eine empirische Datenbasis konnte auf Grundlage von qualitativen Interviews mit Expertinnen, die für die Konzeption und/oder Durchführung solcher Fortbildungen verantwortlich sind, erhoben und mit Hilfe der Qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet werden. Durch eine Verdichtung des analysierten Materials konnten am Ende des Auswertungsprozesses fünf Kernhypothesen formuliert werden, welche belastbare Aussagen zur aktuellen Praxis der rassismusspezifischen Lehrerinnenfortbildung – also jener Seminare, in denen Rassismus explizit thematisiert wird – darstellen und somit Anknüpfungspunkte für möglichen Folgestudien bieten.
Das Ziel dieser Dissertation mit dem Titel „Die Auswirkungen der medialen Internetnutzung auf die Print-Zeitung“ war es, herauszufinden, wie sich die Print-Zeitungen durch den Einfluss der Online-Medien verändern. Als Korpus wurden die lokale Tageszeitung Mainpost, die überregionale Tageszeitung Süddeutsche Zeitung, sowie die Wochenzeitschrift Spiegel gewählt. In den beiden Zeiträumen Juni bis August 1999 und Juni bis August 2009 wurden die Titelthemen der drei Presseerzeugnisse untersucht und miteinander verglichen. Meine These lautete: Durch die Konkurrenz der kostenlosen Online-Medien müssen sich die Print-Medien abgrenzen, um ihre Existenz zu sichern. Das können sie am besten durch eine Qualitätssteigerung erreichen, denn von einer Online-Zeitung erwarten die Menschen vor allem, schnell informiert zu werden. Sie lesen hauptsächlich kurze Meldungen - lange Texte werden aufgrund der Lesegewohnheiten bisher noch nicht gerne am PC konsumiert. Die gut recherchierten Hintergrundberichte erhalten sie idealerweise dann in den Print-Medien. Die Lokalzeitungen müssen darüber hinaus ihre Berichterstattung auf das Geschehen vor Ort konzentrieren. Meine Analyse zeigt, dass die Richtung von allen drei Erzeugnissen eingeschlagen wurde, in einigen Punkten besteht allerdings noch Nachholbedarf. Die Doktorarbeit stellt darum nicht nur die Wirklichkeit empirisch dar, sondern gibt den Journalisten auch konkrete Handlungsanweisungen und vermittelt Erkenntnisse über zukünftige Entwicklungen.
Eine vergleichbare Arbeit existierte in der deutschen Sprachwissenschaft bislang nicht. Es gibt zwar Untersuchungen zu den Entwicklungen in Online- und Print-Medien, jedoch keine die von dem einen Medium auf das andere schließt. In dem sich außerordentlich schnell entwickelnden Bereich der Online-Medien fehlen vor allem aktuelle Untersuchungen. Eine Forschungslücke gibt es außerdem im Bereich der quantitativen Forschung: Eine wissenschaftliche Untersuchung, die auf der Basis empirischer Daten Aufschluss über den Einfluss der neuen Medien hinsichtlich des Sprachgebrauchs gibt, liegt bislang nicht vor. Dieses Forschungsdefizit wurde durch meine Arbeit behoben. Um herauszufinden wie sich die mediale Internetnutzung auf die Print-Medien auswirkt, wurden qualitative und quantitative Analysemethoden miteinander kombiniert. Es wurden allerdings nicht nur die Sprache der Texte analysiert, sondern auch ökonomische und soziologische Gesichtspunkte untersucht. Es handelt sich deshalb um eine interdisziplinäre Arbeit, die fachlich in der Medienlinguistik angesiedelt ist. Diese junge Disziplin der Linguistik stellt einen Schnittpunkt zwischen Sprach- und Medienwissenschaft dar. Nachdem mir klar wurde, dass ich eine interdisziplinäre Arbeit verfassen möchte, habe ich mich 2009 dazu entschlossen, meine Arbeit im Rahmen der Graduiertenschule für Geisteswissenschaften an der Universität Würzburg zu verfassen.
Eine eingehende Untersuchung der Klitika in den Dialekten Frankens gibt es bis dato nicht. Im Rahmen meines Forschungsvorhabens möchte ich auf Basis des Materials aus dem Bayerischen Sprachatlas die Verwendung, Häufigkeit und die Eigenschaften von Klitika in den Dialekten Frankens beschreiben und vergleichen. Mein Augenmerk gilt v.a. den Verschmelzungen von Verb und Personalpronomen. Gefragt wird, ob sich regionale Unterschiede aufzeigen lassen und ob diese bisher bekannte Dialekträume bestätigen oder neue Markierungen aufzeigen.
Das Untersuchungsmaterial bilden die Fragebücher der drei Sprachatlanten: Sprachatlas von Oberfranken, Sprachatlas von Mittelfranken, Sprachatlas von Unterfranken. Als Erstes werden die Fragen ausgesucht, in denen die Konstellation Verb + Personalpronomen vorkommen.
Die Forschungsfragen werden dann auf Häufigkeit, Eigenschaften, Verhalten, Vorkommen – sowie auf semantischen, formalen, phonologischen und syntaktischen Ebenen – ausgewertet.
Der fast 1200 Jahre bestehende Dom Würzburgs wurde am 16. März 1945 durch den Angriff der alliierten britischen Streitkräfte sehr stark beschädigt. Der Holzdachstuhl sowie viele Einrichtungsgegenstände und Kunstwerke verbrannten, doch die Architektur der Wände und der Gewölbe blieben zunächst erhalten, so dass der Wiederaufbau eine Frage der Denkmalpflege zu sein schien. Durch den Einfluss verschiedener architektonischer und externer Faktoren wurde die Bausubstanz der nördlichen Hochschiffwand derart geschwächt, dass sie am 19. Februar 1946 einstürzte und den Dom endgültig zu einer Ruine werden ließ. Der Wiederaufbau zog sich aufgrund der unterschiedlichen Ansichten der beteiligten Institutionen über mehr als 20 Jahre hin. Die verschiedenen Perspektiven und diskutierten Alternativen werden im Verlauf der vorliegenden Arbeit dargestellt.
Diese Studie beschäftigt sich mit dem Bild des Weges und verwandten Vorstellungen im Werk Friedrich Schillers. Sie zeigt, dass dem >>Weg<< im 18. Jahrhundert eine neue Wertschätzung zugedacht wird. Der im 18. Jahrhundert aufkommende Anthropologiebegriff, die Debatte um >>Bewegung<<, das kulturprägende Phänomen des Spazierengehens und auch die >>serpentine walks<< in der Gartenkunst tragen dazu bei. Der Hauptteil ist dem Werk Schillers gewidmet, das vor diesem Hintergrund anhand der Wegebildlichkeit und verwandter Vorstellungen interpretiert wird. In seinen frühen Werken, von denen "Die Räuber" und "Der Verbrecher aus verlorener Ehre" betrachtet werden, verwendet Schiller >>Wege<< auf seiner Suche nach dem >>commercium mentis et corporis<<. Die Elegie "Der Tanz" affiziert im Sinne der Bewegungsdebatte den Rezipienten und die Elegie "Der Spaziergang" greift das entsprechende kulturprägende Phänomen auf. Beide Elegien erinnern auf je eigentümliche Art und Weise an die Horgarthsche >>line of beauty<<. In seinen theoretischen Schriften betont Schiller mit dem Bild des Weges seine Tendenz zur Wechselwirkung von Bild und Begriff. Als routinierter Dichter bewerkstelligt er es, durch ein Netz von Wegebildern und verwandten Vorstellungen, den Stoff in der Form aufgehen zu lassen, wie anhand der "Wallenstein"--Trilogie gezeigt wird. Schiller nutzt >>Wege<< als Metaphern, als Symbole, als literarische Bilder, als Phänomene der literarischen Landschaft und auf Wegen basiert die sprachlich dargestellte Bewegung. Diese >>Wege<< lassen sich kombinieren. Voraussetzung dafür ist eine Lektüre, die es unternimmt, aus einzelnen Aspekten ein Ganzes zu bilden. Dabei ist festzustellen, dass Schiller >>Wege<< systematisch nutzt. Er arbeitet mit bekannten Wegebildern, die aus einer langen Tradition menschlicher Vorstellungskraft stammen, und integriert sie in neue Handlungszusammenhänge. Der Sprachinhalt von Wegebildern bei Schiller deutet auf die Auseinandersetzung des Individuums mit sich selbst, mit überindividuellen, geschichtlichen Ereignissen, veranschaulicht prekäre zwischenmenschliche Begegnungen und weist auf die Psychologie des Sprechers hin. Eine Untersuchung des "Wilhelm Tell" zeigt, dass Schiller mit zunehmender schriftstellerischer Erfahrung dazu tendiert, Bezeichnungen weniger im metaphorischen und mehr im eigentlichen Sinne zu nutzen. Die Wege durch die literarische Landschaft gehen dabei in ihrer eigentlichen Bedeutung nicht völlig auf, sondern gewinnen symbolischen Gehalt.
1. Forschungsproblem
Heterogene wie normative Orientierungsmuster im Kontext individueller Lebensverläufe bilden den Ausgangspunkt der qualitativ-empirischen Studie zur Lebensgestaltung von Frauen mit ländlich-katholischer Herkunft. Während innerhalb der pädagogischen Biographieforschung gegenwärtige Lebensführung als biographische Eigenleistung gefasst wird (vgl. Alheit, 1990), werden von der soziologischen Lebenslaufforschung vor allem Verflechtungsprozesse hervorgehoben, die den Lebenslauf offen oder verdeckt strukturieren (vgl. Born/Krüger/Lorenz-Meyer, 1996). Gegenwärtige Lebensführung ist im Kontext vervielfältigter und zugleich normativer Orientierungsmuster zu sehen.
Angesichts ländlich-religiöser Beharrungsstrukturen (vgl. Becker, 1997a/b) wie geschlechts- und generationsspezifischen Strukturierungsprozesse (vgl. Dausien, 1996; 1997) tritt das Verflechtungspotential über Struktur und Norm im Lebensverlauf zweier Frauengenerationen mit ländlicher und katholischen Herkunft verstärkt zu Tage, weshalb die hier untersuchte biographische Eigenleistung in der Auseinandersetzung mit ländlicher, intergenerativer und kirchlich-religiöser Traditionenverhaftung untersucht wird.
2. Fragestellung
In der Studie wird der Forschungsfrage nachgegangen, wie Frauen zweier Generationen mit ländlich-katholischer Herkunft ihre Lebensgestaltung im Kontext heterogener und normativer Orientierungsmuster bewerkstelligen. Dabei wird sowohl die Rolle geschlechtsspezifischer, ländlicher, intergenerativer sowie religiös konnotierter Orientierungsmuster im Kontext gegenwärtiger Lebensführung erforscht als auch nach biographischen Ressourcen gefragt.
3. Methode
Die Studie verwendet ein qualitativ-empirisches Verfahren, das auf leitfadengesteuerten Interviews beruht und in der Auswertung dem methodischen Vorgehen der `Revised Grounded Theory´ (Strauss/Corbin, 1996) folgt. Die Befragung umfasst vierzehn Frauen mit ländlicher und katholischer Herkunft zweier Generationen. Dabei wurden sieben Mutter-Tochter-Paare jeweils getrennt voneinander interviewt.
Die qualitative Erhebung individueller Lebensführung im Kontext heterogener wie normativer Orientierungsmuster wurde über Erzählungen biographischer Diskrepanzerfahrungen eingeholt. Die Konzeptualisierung biographischer Eigenleistungen im Kontext sozialer Strukturierung erfolgte mit Hilfe handlungstheoretischer und soziologischer Konzepte, die im Auswertungsprozess zur Typenbildung biographischer Organisation geführt wurden.
Die Rolle ländlich- oder religiöskonnotierter sowie geschlechtsspezifischer oder intergenerativer Orientierungsmuster wurde über die Rekonstruktion verflechtender Prozesse im Umgang mit Diskrepanzerfahrungen ermittelt.
4. Empirische Erkenntnisse
Biographische Eigenleistungen der Befragungsgruppe lassen sich in vier verschiedene Formen differenzieren (selbstbestimmt, rational, vereinfacht, zufallshaft), wobei die subjektive Einstellung zur Handlungs- oder Lösungsorientierung eine maßgebliche Rolle bei der Ausgestaltung spielt. Die ermittelten Typen unterscheiden sich über das zugrunde liegende Selbstkonzept, die subjektiv wahrgenommene Handlungskapazität sowie über verschiedene zum Tragen kommende biographische Gestaltungsmodi.
Die Rekonstruktion relevanter Orientierungsmuster ergab sowohl in Form von subjektiven Wertmaßstäben als auch über die Relevanz sozialer Beziehungen zum Teil eine strukturwirksame Rolle in den untersuchten Lebensverläufen. Ebenso nehmen vor allem geschlechtsspezifisch konnotierte Orientierungsmuster in biographischen Entscheidungssituationen mitunter eine diskrepanzbehaftete Rolle ein.
5. Einordnung in den Forschungskontext
Angesichts der ermittelten Selbstkonzepte, die biographischen Eigenleistungen zugrunde liegen, liefert die Studie empirisches Anschauungsmaterial vielfältiger und variabler Selbstbilder, von denen in der gegenwärtigen Selbstkonzeptforschung ausgegangen wird.
Darüber hinaus konnten subjektive Einstellungen zur Handlungs- und Lösungsorientierung als wesentliche Parameter biographischer Eigenleistungen für die Biographieforschung identifiziert werden.
Ebenso leisten die Ergebnisse einen Beitrag zur Diskussion biographischer Ressourcen gegenwärtiger Lebensführung. Im Umgang mit biographischen Diskrepanzerfahrungen wurden ein authentisches Selbstkonzept, die Arbeit am Selbst sowie die Fähigkeit zur diskursiven Reflexivität als biographische Ressourcen ermittelt.
Im Kontext der Geschlechterforschung weisen die vier Typen biographischer Organisation auf reproduzierende wie modifizierende Prozesse gesellschaftlicher Verhältnisse über den Lebensverlauf hin.
Die Dissertation untersucht den Einfluss der inhaltlichen Konzepte und der Formensprache Nietzsches auf die spanische Literatur. Die Arbeit analysiert, inwiefern Theoreme wie der Übermensch, die ewige Wiederkunft des Gleichen, Nietzsches Ästhetik und seine Religi-onskritik in den Texten der generaciones del 98, 14 und 27 gegenwärtig sind. Die Untersuchung bildet verschiedene Gattungen ab und stützt sich auf Texte der Lyrik (u.a. „A Nietzsche“, „En Flor 50“), Prosa (u.a. Los trabajos del infatigable creador Pío Cid, La filosofía del hombre que trabaja y que juega), Dramatik (u.a. El señor del Pigmalión) und auf Essays (u.a. Papeles póstumos, La rebelión de las masas), deren verbindendes Element die Präsenz der Philosophie Nietzsches ist. Die Dissertation versucht Nietzsches Einfluss nachzuvollziehen, indem sie (1) in einem darstellenden Teil die philosophischen und gesellschaftlichen Bedingungen erörtert, unter denen der Philosoph in Spanien rezipiert wird, (2) die für die Textarbeit relevanten philosophischen Konstrukte Nietzsches darstellt und (3) in einem textkritischen Teil konkret das literarische Material auf die zuvor skizzierten Theorien Nietzsches hin untersucht.
Geteilte Emotionen
(2016)
Geteilte Emotionen
In dieser Arbeit verteidige ich die Auffassung, dass geteilte Emotionen nicht nur metaphysisch möglich, sondern darüber hinaus auch ein integraler Bestandteil unseres sozialen Lebens sind. Dabei diskutiere ich in dieser Arbeit zunächst die begrifflichen und metaphysischen Vorannahmen, welche einer philosophischen Analyse von geteilten Emotionen zugrunde liegen. Ausgehend davon versuche ich eine Theorie der Emotionen zu entwickeln, welche Emotionen als wesentlich in soziale Kontexte eingebettet begreift. Daneben beleuchte ich die kognitiven und non-kognitiven Mechanismen, etwa die Gefühlsansteckung, Empathie oder geteilte Intentionalität, welche Konstitutiv für die Hervorbringung geteilter Emotionen sind. Das Ergebnis meiner Arbeit besteht darin, dass ich dafür argumentiere, dass die stark intellektualistische Ausrichtung in der gegenwärtigen Sozialphilosophie und in der Philosophie der Emotionen dazu führt, dass die entsprechenden Theorien die Phänomenologie geteilter emotionaler Erfahrungen nicht adäquat erfassen können. Als Konsequenz dessen versuche ich ein alternatives Modell zur Erklärung von geteilten Emotionen zu entwickeln, welches die Bedeutung von körperlicher Interaktion hervorhebt.
Friedrich August von Hayek hat meines Erachtens die elaborierteste Neufassung der liberalen Theorie im 20. Jahrhundert formuliert. Hayek selbst sah die Gefahr für eine liberale Großgesellschaft in der Überschätzung der menschlichen Erkenntnisfähigkeit, die Menschen dazu veranlasst, Gesellschaften zu planen. Die Konsequenz dieses falschen Anspruchs sah er in der Zerstörung der sozialen Strukturen, welche die Menschen kognitiv zur Planung erst befähigen. In dieser Arbeit zeige ich, dass es davon abweichend eine zweite Form des Scheiterns des liberalen Projekts gibt, welche aber selbst als Resultat der konsequenten Umsetzung desselben verstanden werden muss. Die liberale Großgesellschaft beruht auf einer bestimmten Geltung von Werten, welche die Individuen anerkennen. Meine These ist, dass einige dieser starken Werte selbst durch Marktkräfte selektiert werden und die Individuen im falschen Bewusstsein, dass diese Werte für die Marktgesellschaft konstituierend sind, das politische System zu einer antiliberalen Gesetzgebung animieren. Um dies zu plausibilisieren, soll der methodologische Individualismus konsequent angewendet werden. Dann muss aber der Darstellung der sozialen Ordnung ein Diskurs vorgelagert werden, der sich mit der Erkenntnisfähigkeit des Individuums beschäftigt. Die Art und Weise, wie es erkennt und was es über die Welt überhaupt wissen kann, ist grundlegend für die Art sozialer Ordnungen, die es realisiert. Die Soziologie von Hayek kann meines Erachtens nur aus der Perspektive seiner theoretischen Psychologie und Erkenntnistheorie angemessen interpretiert werden. Hier kommt der Referenz auf Hermann von Helmholtz Theorie des unbewussten Schlusses eine überragende Bedeutung zu. Mit diesem Ansatz gelingt der Anschluss der Überlegungen Hayeks an die neueste Interpretation des Gehirns als prediction machine durch Karl Friston. Dies führt zu der Ansicht, dass eine Herrschaft der in der Vergangenheit aufgebauten neuronalen Strukturen über den neu einlaufenden sensorischen Input behauptet werden kann. Das Gehirn ist eine statistische Maschine, die auf Basis eines registrierten Ereignisses die Folgeereignisse prognostiziert. Dies hat zufolge, dass die Wahrnehmung der Gegenwart immer eine Simulation einer möglichen Zukunft darstellt. Wir nehmen die Welt wahr, bevor sie sich gezeigt hat. Dadurch, dass Hayek zugleich eine Variante des Funktionalismus eine Dekade vor Hilary Putnam entworfen hat, und die epistemische Funktion des Marktes hervorhebt, kann der Markt im Sinne der von Clark und Chalmers formulierten These als aktiver Externalismus verstanden werden. Er ist somit als soziales System rekonstruierbar, dass die Wissensgrenze jedes Individuums dadurch erweitert, dass die ihn konstituierenden Prozesse der Außenwelt als notwendiger Teil der intern laufenden kognitiven Prozesse der Individuen verstanden werden. Möglich werden Marktgesellschaften dann, wenn Individuen über ganz bestimmte neuronale Repräsentationen verfügen, die sie zu einem ganz bestimmten Handeln und Urteilen bewegen.
Wie weit kann ein christlicher Denker Avicenna folgen, wenn er dessen Ontologie zur Erklärung des Verhältnisses von Gott und Welt heranzieht? Dieser zentralen Frage der Avicenna-Rezeption widmet sich die vorliegende Arbeit.
Avicenna (Ibn Sīnā, 980–1037) entwickelt in der Metaphysik (al-Ilāhiyyāt) – dem vierten Teil seiner philosophischen Summe Buch der Heilung (Kitāb al-Šifāʾ) – den Grundgedanken seiner Ontologie: die Distinktion von Sein und Wesen, die zu einem seiner bekanntesten und einflussreichsten Lehrstücke wurde. Nach der lateinischen Übersetzung von Avicennas Metaphysik im zwölften Jahrhundert fand die darin entworfene Ontologie rasche Verbreitung unter den lateinisch-christlichen Gelehrten. Für deren monotheistische Weltanschauung war diese Lehre insofern attraktiv, als sich aus der Sein-Wesen-Distinktion die wichtigsten ontologischen Aspekte der Beziehung von Gott und Welt rein rational ableiten lassen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die genannte Frage, wie weit ein christlicher Denker mit Avicenna gehen kann, wenn er dessen Ontologie heranzieht, um das Verhältnis von Gott und Welt zu erklären. Diese Frage untersucht die Autorin für die drei Gelehrten Dominicus Gundisalvi († nach 1190), Wilhelm von Auvergne († 1249) und Heinrich von Gent († 1293). Die Verschränkung von Ontologie, Theologie und Kosmogonie gibt der Autorin die Möglichkeit, für diese drei Bereiche jeweils herauszuarbeiten, an welchen Stellen und aus welchen Motiven Modifikationen an der avicennischen Theorie vorgenommen wurden, um sie eigenen Zwecken oder neuen Kontexten wie der Trinitätstheologie anzupassen. Zugleich zeigt sie auf, an welchen Punkten mit Avicennas Theorie gänzlich gebrochen wurde. Was bedeuten diese Änderungen und Brüche inhaltlich? Und insbesondere: Wie werden sie rational gerechtfertigt?