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Konformationelle und sterische Effekte in der 1,2-Umlagerung von 1,3-Cyclopentandiyl-Radikalkationen
(2002)
Im Rahmen dieser Arbeit wird die Regio- und Stereoselektivität der 1,2-Umlagerung von 1,3-Cylopentandiyl-Radikalkationen und den entsprechenden Carbokationen untersucht. Die 1,3-Radikalkationen werden dabei durch Elektronentransfer (ET) mit Tris(p-bromphenyl)-ammoniumhexachlorantimonat (TBA•+SbCl6-) aus den Tricyclo[3.3.0.02,4]octanen (Hausanen) I generiert, die Carbokationen können durch Protonierung mit TFA und HClO4 erhalten werden. Ein mechanistisches Bild wird gezeichnet wie durch das Wechselspiel aus konformationellen, sterischen und elektronischen Faktoren ein stereochemischer Erinnerungseffekt die Produktselektivität der 1,2-Umlagerung bestimmt. Das Produktverhältnis der Umlagerungsprodukte II und III spiegelt nicht die unterschiedlichen Wanderungstendenzen der Substituenten R wider. Es wird gezeigt, wie durch strukturelle Variation der Ringanellierung in den 1,3-Radikalkationen das Umlagerungsverhalten derart manipuliert werden kann, dass entweder sterereochemische Kontrolle (stereochemischer Erinnerungseffekt) oder Curtin / Hammett-Verhalten zutrifft. In der Elektrontransfer-induzierten 1,2-Umlagerung der usane I entstehen regioselektiv die beiden Cyclopentene II (Wanderung der CH3-Gruppe) und III (Wanderung der R-Gruppe) durch eine 1,2-Verschiebung der beiden Methylenbrückensubstituenten zum Methylterminus (Schema A). Für alle Hausanderivate I ist das Verhältnis der beiden Umlagerungsprodukte II und III annähernd gleich und reflektiert nicht die zu erwartende Wanderungstendenz Methyl < Ethyl < Benzyl, Allyl (Tabelle A). Der Grund für diesen stereochemischen Erinnerungseffekt liegt darin, dass die Wanderung der CH3-Gruppe schneller erfolgt als die konformationelle Äquilibrierung der beiden Radikalkationkonformere anti-I•+ syn-I•+. Die säurekatalysierte Umsetzung mit TFA ergibt eine ähnliche Regio- und Stereoselektivität wie in der ET-induzierten Umlagerung, es entstehen ausschließlich die Cyclopentene II und III. Die Umsetzung mit HClO4 führt zu einer kompletten Umkehr der zuvor beobachteten Produktselektivitäten (Tabelle A). Die Unterschiede in den Produktselektivitäten werden mit dem Auftreten der drei unterschiedlichen Intermediate I•+, I(edge-H)+ und I(corner-H)+ in der Umlagerung erklärt. Bei der ET-induzierten Umlagerung und der Säurekatalyse mit TFA werden die gewinkelten Intermediate I•+ und I(edge-H)+ durchlaufen, wohingegen bei der Protonierung mit HClO4 direkt das offene Carbokation I(corner-H)+ gebildet wird. Für alle Umlagerungsmodi findet jedoch bevorzugt Wanderung der CH3-Gruppe statt, so dass die Produktselektivität durch einen stereochemischen Erinnerungseffekt bestimmt wird. Um den Einfluss einer zusätzlichen Ringanellierung auf das Umlagerungsverhalten zu untersuchen, wird ebenfalls die ET-induzierte Umlagerung für das tetracyclischen Hausan IV untersucht (Tabelle B). Die Umsetzung des Phenyl-substituierten Hausans IV mit TBA•+SbCl6- resultiert regioselektiv die beiden diquinanverwandten Umlagerungsprodukte V (55%) und VI (45%) durch Wanderung der CH3-Gruppe und des CH2-Fragments des anellierten Ringes. Die Umlagerung des Methyl-substituierten Derivats IV verläuft hingegen weder regio- noch stereoselektiv zu den drei Isomeren V (37%), VI (25%) und VII (43%). Für die Umsetzung mit HClO4 wird im Fall von Hausan IVeine komplette Umkehr der Regioselektivität beobachtet und es entsteht hauptsächlich das Produkt VII (67%), sowohl die beiden Regioisomeren V (24%) und VI (9%). Das Methyl-substituierte Derivat IV ergibt bei der Umsetzung mit HClO4 regio- und stereoselektiv ausschließlich das Cyclopenten V (> 95%). Die Produktselektivität der 1,2-Umlagerung des Hausans IV lässt sich durch die Viskosität ( des verwendeten Lösungsmittels steuern. Mit zunehmender Viskosität nimmt der Anteil an Methylwanderungsprodukt V zu, so dass sich das V/VI Verhältnis beim Übergang von Dichlormethan ( = 0.36 cP) zu 1,4-Butandiol ( = 89.2 cP) fast verdoppelt. Im Gegensatz dazu zeigt das Produktverhältnis II / III der Umlagerung von den diastereomeren Hausanen anti-I und syn-I keine Viskositätsabhängigkeit. Anhand der für die Umlagerung beobachteten Produktverhältnissen wird, ausgehend vom Hausanisomer anti-I einerseits und Hausanisomer syn-I andererseits, das Ausmaß an Stereoselektivität der 1,2-Umlagerung durch eine detaillierte Kinetikanalyse quantifiziert Die CD3-Wanderung (k2), ausgehend vom vom anti-I•+(verdrillt) Konformer, erfolgt ca. sieben Mal schneller als die konformationelle anti-zu-syn (k1) Transformation zum Radikalkationkonformer syn-I•+(verdrillt). Wohingegen die CD3-Wanderung (k3), ausgehend vom syn-I•+(verdrillt) Konformer, nur ca. drei Mal schneller ist als die syn-zu-anti Transformation (k-1) zum Radikalkation anti-I•+(verdrillt). Für die Umlagerung der aus den Hausanen I generierten Radikalkationen und Carbokationen wird ein stereochemischer Erinnerungseffekt beobachtet. Die Wanderungsselektivität wird durch konformationelle und sterische Effekte bestimmt und ist unabhängig von der Wanderungstendenz des Substituenten R. Die konformationellen Effekte der 1,2-Umlagerung von 1,3-Cyclopentandiyl-Radikalkationen können durch eine geeignete Variation der Ringanellierung so gesteuert werden, dass entweder ein stereochemischer Erinnerungseffekt (tricyclische Hausane I) oder ein Curtin/Hammett-Verhalten (tetracyclische Hausane IV) beobachtet wird. Die zusätzliche Cyclohexananellierung im Hausan IV löscht den stereochemischen Erinnerungseffekt und bewirkt eine für radikalkationische Intermediate erstmalig beobachtete Viskositätsabhängigkeit der Produktselektivität in der Umlagerung.
Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag zur Synthese und zum Reaktionsverhalten enantiomerenangereicherter Silyllithium- und Silylmagnesiumverbindungen. Dabei sind mehrere Punkte von Bedeutung: die Aufklärung der Struktur im Festkörper wie in Lösung, die Bestimmung der Selektivitäten und des stereochemischen Verlaufs hoch enantiomerenangereicherter polarer Silylmetallverbindungen in Umsetzungen mit Elektrophilen, die konfigurative Stabilität hoch enantiomerenangereicherter Silyllithium- und Silylmagnesiumverbindungen sowie die Aufklärung ungewöhlicher NMR-Verschiebungen. Im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte quantenchemische Berechnungen haben sich vor allem auf die beiden letzten Punkte konzentriert. Insgesamt wurden folgende Themenkomplexe bearbeitet: 1.) Synthese einer hoch enantiomerenangereicherten Silyllithiumverbindung 2.) Reaktionsverhalten der hoch enantiomerenangereicherten Silyllithiumverbindung 2 gegenüber Elektrophilen 3.) Konfigurative Stabilität der hoch enantiomerenangereicherten Silyllithiumverbindung 2 4.) Weitere Untersuchungen zur Darstellung von Silyllithiumverbindungen 5.) Untersuchungen zur Struktur von Silyllithiumverbindungen im Festkörper und in Lösung 6.) Quantenchemische Analysen der Ursachen der NMR-Verschiebungen von Disilenen und heteroatom-substituierten Silanen
Naphthylisochinolin-Alkaloide stellen eine Klasse pharmakologisch, biogenetisch und chemotaxonomisch interessanter Sekundärmetabolite dar, die ausschließlich in den beiden tropischen Pflanzenfamilien Ancistrocladaceae und Dioncophyllaceae vorkommen. Diese Biarylnaturstoffe zeigen viel versprechende Wirksamkeiten gegen zahlreiche Pathogene und sind somit ein lohnendes Ziel zur Isolierung. In der vorliegenden Dissertation wurden zwei neue Ancistrocladus-Arten aus Ostafrika (A. tanzaniensis) und Malaysia (A. benomensis) sowie die bekannte indische Art Ancistrocladus heyneanus phytochemisch und chemotaxonomisch untersucht. Es wurden insgesamt zehn neue und fünf bekannte Naphthylisochinolin-Alkaloide isoliert, die einer breit angelegten biologischen Testung zugeführt wurden. Weitere Zielsetzungen bestanden in der stereochemischen Analyse von Naturstoffen unserer Kooperationspartner und in der methodischen Erweiterung der phytochemischen Analytik.
In der vorliegenden Arbeit wird die Synthese von verschiedenen bicyclischen Substanzklassen gemäß des folgenden Syntheseschemas beschrieben. Es wurden verschiedene 2,4-di-(2-pyridyl)- oder 2,4-di-(3-fluorphenyl)-substituierte 9-Oxo-3,7-diazabicyclo[3.3.1]nonan-1,5-dicarbonsäurediester (9-Oxo-BNDS: 21-25, 27-55) synthetisiert, welche 1. teilweise als Vorstufen zur Synthese von 1,5-Di-(hydroxymethyl)-3,7-diazabicyclo[3.3.1]nonan-9-olen (Triole: 56-65) eingesetzt wurden, 2. teilweise als Vorstufen zur Synthese von 9-Hydroxy-3,7-diazabicyclo[3.3.1]nonan-1,5-dicarbonsäuredimethylestern (9-OH-BNDS: 66-69) verwendet wurden, die ihrerseits zu 9-O-Acyl-3,7-diazabicyclo[3.3.1]nonan-1,5-dicarbonsäuredimethylestern (9-OAc-BNDS: 70-76) umgesetzt wurden oder 3. als Vorstufe zur Synthese der 9-Oxo-3,7-diazabicyclo[3.3.1]nonan-1,5-dicarbonsäure 26 dienten. Die 9-Oxo-BNDS wurden aus den kommerziell erhältlichen Aceton-1,3-dicarbonsäuredimethyl- (ADS-Me), -ethylester (ADS-Et) oder den ADS 1-3 synthetisiert, die ihrerseits ausgehend von ADS-Me und den entsprechenden Alkoholen durch Umesterung hervorgehen. Die ADS wurden durch eine Mannich-Kondensation mit zwei Äquivalenten eines aromatischen Aldehyds und einem Äquivalent eines primären Amins in MeOH zu den entsprechenden 4-Piperidon-3,5-dicarbonsäureestern (PDS: 4-20) umgesetzt, die wiederum ebenfalls durch eine Mannich-Kondensation mit zwei Äquivalenten Formaldehyd und einem Äquivalent eines primären Amins in THF oder Aceton zu den entsprechenden 9-Oxo-BNDS reagieren. Dieser Syntheseschritt wurde hinsichtlich Ausbeute, Vereinfachung und Beschleunigung der Aufarbeitung optimiert. Die Stereochemie der so erhaltenen 9-Oxo-BNDS, die in Abhängigkeit vom Substitutionsmuster als cis- oder trans-Isomere entstehen, konnte mittels NMR-Spektroskopie aufgeklärt werden. Der 1,5-Dibenzylester 25 konnte durch katalytische Hydrierung mit Pd/C als Katalysator in EtOAc zur freien 1,5-Dicarbonsäure 26 umgesetzt werden. Die Triole 56-62 wurden ausgehend von den 9-Oxo-BNDS HZ2, 3FLB, 21-24, 28, 33 in einer Eintopfsynthese mittels NaBH4 in THF/MeOH durch Reduktion hergestellt. Die N3- und/oder N7-benzyl-substituierten Triole 57-59 wurden mittels katalytischer Hydrierung mit Pd/C als Katalysator in MeOH zu den entsprechenden NH-substituierten Triolen 63-65 umgesetzt. Mit Hilfe von selektiven 1D-NOESY-Messungen konnte die Stereochemie der Triole bezüglich der Stellung der Hydroxygruppe an C9 zugeordnet werden. Die 9-OH-BNDS 66-69 wurden durch Reduktion der entsprechenden 9-Oxo-BNDS HZ2, 3FLB, 32, 33 mit Na(CN)BH3 in MeOH synthetisiert. Die Reduktion verläuft nicht stereoselektiv, sodass die dabei entstehenden 9-OH-BNDS als Diastereomerengemische durch syn/anti-Isomerie der C9-OH-Gruppe anfallen. Das Diastereomerengemisch 66 konnte durch präparative Säulenchromatographie in die beiden reinen Isomere 66a (anti) und 66b (syn) getrennt werden. Das Gemisch 67 konnte durch Entwicklung einer HPLC-Methode und anschließender Übertragung auf ein Flashchromatographiesystem präparativ in die diastereomerenreinen Isomere 67a (anti) und 67b (syn) getrennt werden. Die stereochemische Zuordnung der Konfiguration an C9 wurde durch selektive 1D-NOESY-Messungen erreicht. Die Synthese der 9-OAc-BNDS 70-76 erfolgte durch Umsetzen des entsprechenden 9-OH-BNDS 66a, 67a, 67-69 mit einer äquimolaren Menge eines entsprechenden Carbonsäurechlorids und DBU als Hilfsbase in CHCl3. Im Fall der Synthese von Verbindung 76 musste das eingesetzte Decanoylchlorid mit Zinkstaub aktiviert werden. Die Zuordnung der Stereochemie der so erhaltenen Verbindungen basiert auf selektiven 1D-NOESY-Messungen. Die Verbindungen 25-27, 31, 56, 60, 63-66, 66a/b, 67, 67a/b, 70a, 71, 71a wurden auf pharmakologische Affinität zum kappa-Opioidrezeptor (OR) untersucht. Dadurch konnten die Verbindungen 71, 71a und 67a/b als hochaffine Liganden des kappa-OR identifizert werden. Durch die qualitative Analyse der Struktur-Wirkungs-Beziehungen, die auf dem Vergleich der pharmakologischen Daten dieser Arbeit und vorangegangener Arbeiten basiert, konnten folgende Anforderungen an selektive Liganden des kappa-OR mit 3,7-Diazabicyclo[3.3.1]nonan-Grundgerüst ermittelt werden: 1. Das Grundgerüst sollte an Position 2/4 mit 2-Pyridylresten substituiert sein. 2. An Position N3 und N7 dürfen keine Substituenten angebracht sein, die größer als ein Methylrest sind. 3. Das Molekül sollte an Position 1/5 mit Methylestergruppen versehen sein. 4. Der 3,7-Diazabicyclus kann an Position 9 eine -OH, -OAc oder möglicher-weise auch entsprechende, sterisch anspruchsvollere Funktionen besitzen. 5. Die Stellung des Substituenten an Position 9 sollte vorzugsweise anti-konfiguriert sein, bezogen auf den höher substituierten Piperidinring.
Tetrapyrrole sind nicht nur in natürlichen Systemen von herausragender Bedeutung, sondern haben sich im letzten Jahrhundert zu einem zentralen Forschungsgegenstand verschiedener Naturwissenschaften entwickelt. Chirale Vertreter sind, trotz ihrer Bedeutung in der Natur, hierbei nur am Rande untersucht worden.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde, ausgehend von p-Xylylen-verbrückten Porphyrinen, sogenannten Henkelporphyrinen, eine Vielzahl an chiralen Strukturen synthetisiert und stereochemisch untersucht.
Die monomeren Vertreter waren abhängig vom Substitutionsmuster der Henkeleinheit achiral oder planar-chiral. Über eine kurze und effiziente Syntheseroute wurden die Grundkörper im Multigramm-Maßstab aufgebaut und anschließend sowohl strukturell modifiziert als auch funktionalisiert. Die chiralen Vertreter wurden mittels HPLC an chiraler Phase in die Enantiomere getrennt und mittels online-ECD-Spektroskopie wurden die ECD-Spektren im stopped-flow-Modus gemessen. Der Vergleich mit quantenchemisch berechneten ECD-Kurven erlaubte die sichere Zuordnung der Absolutkonfigurationen. Des Weiteren wurden die Monomere röntgenkristallographisch, UV-Vis-spektroskopisch und elektrochemisch eingehend untersucht.
Ausgehend von den monomeren Vertretern wurden mittels direkter oxidativer Kupplung oder über Übergangsmetall-katalysierte Verfahren di- und trimere Systeme aufgebaut. Diese lagen als axial-, helikal- oder planar-chirale Strukturen vor. HPLC-ECD-Kopplung in Verbindung mit quantenchemischen Rechnungen erlaubte auch hier die Aufklärung der absoluten Stereostrukturen.
Neben klassischen Porphyrin-Vertretern wurden im Rahmen dieser Arbeit erstmals Henkelchlorine durch OsO4-vermittelte Dihydroxylierung der Henkelporphyrine synthetisiert und vollständig charakterisiert. Außerdem gelang in Kooperation mit Prof. Brückner (UConn) die Aufklärung der Absolutkonfigurationen helikal-chiraler Indachlorine.
Die Arbeit liefert insgesamt eine breite Plattform an chiralen Porphyrinoiden, die für weitere Untersuchungen zu Reaktivität und Struktur von größtem Interesse sind, sowie erste detaillierte Einblicke in die faszinierenden Eigenschaften dieser Substanzklasse.