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Der Erfolg der allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSZT) als Immuntherapie basiert neben den Minorantigendifferenzen zwischen Spender und Empfänger entscheidend auf einer spendervermittelten Immunität gegen tumorassoziierte Antigene (TAA), über deren Herkunft und Frequenz bei gesunden Blutspendern die derzeitige Studienlage kaum Informationen bietet. Da für viele klinisch relevante TAA eine Expression im fetalen und plazentaren Gewebe bekannt ist, wurde in dieser Arbeit die Schwangerschaft als möglicher Auslöser dieser T-lymphozytären Gedächtnisimmunantworten im Sinne eines Tumor- und Transplantationsmodells untersucht.
Hierfür wurden insgesamt 114 gesunde Blutspender in drei Subgruppen aus 38 Frauen mit negativer Schwangerschaftsanamnese, 38 Frauen mit positiver Geburtenanamnese und 38 Männern in einer Querschnittsstudie betrachtet, daneben wurden 44 Frauen longitudinal während und nach ihrer ersten Schwangerschaft untersucht. Dabei wurden die CD8-positiven T-Lymphozyten der Probanden isoliert, mit Peptiden der vier klinisch relevanten TAA HER2/neu (human epidermal growth factor receptor 2), MUC1 (Mucin 1), PRAME (preferentially expressed antigen of melanoma) und WT1 (Wilms tumor protein 1) stimuliert und die Produktion von IFN-γ-mRNA mittels RT-qPCR gemessen. Daneben wurden zum Vergleich durchflusszytometrische und ELISPOT-basierte Verfahren durchgeführt.
Bei den gesunden Blutspendern konnten CD8-positive Gedächtnisimmunantworten von niedriger und/oder hoher funktioneller Avidität gegen alle vier untersuchten TAA gemessen werden: Die Frequenz der dabei als „positiv“ definierten Immunantworten betrug bei HER2/neu 5 %, bei MUC1 14 %, bei PRAME 7 % und bei WT1 15 %. Männer wiesen insgesamt höhere absolute Level der Immunantworten gegen die untersuchten TAA auf, was auf eine testikuläre Expression dieser Antigene zurückzuführen sein könnte. In der Longitudinalanalyse bei den erstschwangeren Frauen ließen sich die stärksten Immunantworten zu Beginn der Schwangerschaft nachweisen, so dass es hier zu einem „Boost“ präexistenter TAA-spezifischer Autoimmunität zu kommen scheint. Durch das immunsuppressive hormonelle Milieu im Verlauf der Schwangerschaft und den Verlust der Zielantigene der feto-plazentaren Einheit durch die Geburt und Nachgeburt scheint diese Immunität aber nicht zu persistieren. Dadurch erklärt sich auch die Beobachtung, dass Frauen mit einer positiven Geburtenanamnese keine stärkeren Immunantworten gegen die untersuchten TAA aufwiesen als Frauen mit einer negativen Schwangerschaftsanamnese. Die Schwangerschaft hinterlässt diesbezüglich also ohne die Anwesenheit der vermittelnden Antigene keinen regelhaft bleibenden Effekt.
Diese Resultate decken sich mit Beobachtungen aus der Tumorimmuntherapie, bei denen Vakzinierungen gegen TAA zwar eine kurzfristige Immunität generieren konnten, die aber nicht persistierte. Im Rahmen der HSZT kann eine solche TAA-spezifische Immunität vom Spender auf den Empfänger transferiert werden und vermag dann aufgrund des proinflammatorischen Immunmilieus sehr wohl zu expandieren und in einem begrenzten Ausmaß auch zu persistieren.
Dementsprechend ergeben sich aus den in dieser Arbeit gewonnenen Resultaten relevante Implikationen für die allogene und in geringerem Ausmaß die autologe HSZT, daneben aber auch für innovative Tumortherapien wie die Immuncheckpoint-Blockade, da die Persistenz von tumorspezifischer Immunität letztendlich hochrelevant für eine langfristige Tumorkontrolle und damit für ein tumorfreies Überleben ist. Das vorliegende Modell trägt somit zum Verständnis der komplexen immunregulatorischen Vorgänge bei der Tumorkontrolle bei. Ob die hierbei aufgezeigten Immunantworten generell zu einer verbesserten TAA-spezifischen Immunrekonstitution und konsekutiv zu einem besseren klinischen Ergebnis beitragen, bleibt offen und wird in klinischen Studien geklärt werden müssen.