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Obwohl inzwischen über 200 verschiedene Serogruppen von V. cholerae bekannt sind, wurden Ausbrüche der Cholera hauptsächlich von Stämmen der unbekapselten Serogruppe O1 und der bekapselten Serogruppe O139 verursacht. Die Komponenten des Lipopolysaccharids (LPS) von O1 und O139, sowie die Kapsel von O139 tragen zur Kolonisierung im Gastrointestinaltrakt bei. Um die Funktion des LPS und der Kapsel als Virulenzfaktor näher zu untersuchen, wurden Adhäsionsstudien mit definierten LPS- und/ oder Kapsel-Mutanten beider pathogener Serogruppen durchgeführt. Dazu wurde die Mukus-produzierende humane Darmzelllinie HT-29-Rev MTX verwendet. Im Vergleich zum jeweiligen Wildtyp (Wt) konnte für eine O Antigen-Mutante von O1 eine Reduktion um 85%, für eine O Antigen/ Kapsel-Mutante von O139 eine Reduktion um 70% in der Adhäsionsrate festgestellt werden. Ein Beitrag von ToxR regulierten Genprodukten ist ebenfalls möglich. Weiterhin wurden mit WavJ und WavD zwei Genprodukte der Kernoligosaccharid -Biosynthese charakterisiert, welche bislang nur in dem wa*-Genclustertyp 1 der klinischen Isolate nachgewiesen worden sind. Es konnte gezeigt werden, dass beide Genprodukte an der Biosynthese des Kern OS beteiligt sind, wobei WavJ mit hoher Wahrscheinlichkeit die Heptosyl-IV-Transferase darstellt. Die wavDJ-Doppelmutanten beider Serogruppen wiesen eine erhöhte Sensitivität gegenüber Novobiocin auf. Dagegen konnte eine Attenuation der Mutanten im Mausmodell nur für die Serogruppe O139 demonstriert werden. Ein Schlüsselenzym der LPS-Biosynthese stellt die Oberflächenpolymer:Lipid A-Kern OS-Ligase (WaaL), kurz O Antigen-Ligase genannt, dar. In dieser Arbeit wurden die in der Primärstruktur stark unterschiedlichen Ligasen aus einem pathogenen (P27459) und apathogenen (V194) V. cholerae Isolat strukturell und funktionell analysiert. Es wurde gezeigt, dass die Aktivität beider Ligasen von der Anwesenheit eines N-Acetylglucosamins (GlcNAc) im Kernoligosaccharid abhängig ist. Dieser Zucker wird durch das Genprodukt WavL transferiert, welchem in dieser Arbeit die Aktivität einer N-Acetylglucosaminyltransferase zugeordnet werden konnte. Das Gen wavL wurde in allen zur Verfügung stehenden V. cholerae Isolaten nachgewiesen und stellt wahrscheinlich eine generelle Voraussetzung des Kern OS für eine O Antigen-Anheftung dar. Im Gegensatz dazu, diskriminiert die An- bzw. Abwesenheit einer Galaktose (Gal) im Kern OS die Spezifität der Ligasen von V. cholerae P27459 bzw. V194. Dabei ist die Aktivität der Galaktosyltransferase WavM, essentiell für die Aktivität der Gal-abhängigen Ligase von V194. Die Gal-unabhängige Ligase von P27459 wird hingegen durch die Anwesenheit von Gal im Kern OS inhibiert. Hybridfusionen der beiden Ligasen deuten an, dass die Erkennungsdomäne für Gal in der C-terminalen Hälfte lokalisiert ist. Erstmals wurde die Topologie einer Ligase durch PhoA- und LacZ-Fusionen analysiert. Die Suche nach konservierten Aminosäuren (AS) in verschiedenen Ligasen führte zur Identifizierung der Motive R(X3)L und H(X10)G in zwei periplasmatischen Schleife. Ein Austausch des R oder des H in diesen Motiven führte zum Verlust der Ligase-Aktiviät von WaaL aus V. cholerae und S. enterica. Damit geben diese Motive einen ersten Hinweis auf das aktive Zentrum des Enzyms. Desweiteren wurde nach möglichen O Antigen-Transportern bei V. cholerae gesucht, welche bislang noch nicht identifiziert worden waren. Über die Anpassungen von V. cholerae an aquatische Ökosysteme, insbesondere hinsichtlich der wechselnden Osmolarität, ist nahezu nichts bekannt. Durch ein in dieser Arbeit konstruiertes und etabliertes Transposonsystem konnten 3600 Mutanten erzeugt und auf Wachstumsdefekte unter hypertonischen Bedingungen untersucht werden. Eine dieser osmosensitiven Mutanten wies eine Insertion in dem Locus VCA0565 auf, welcher für eine putative Sensor-Histidinkinase kodiert. Mit dem Regulator, kodiert durch VCA0566, stellt VCA0565 das putative Zwei-Komponentensystem OsmRK dar. Transkriptomanalysen von osmR/ K-Mutanten lieferten keine Erklärung des Wachstumsdefekts unter hypertonischen Bedingungen, zeigten aber eine Vernetzung der durch OsmR/ K regulierten Gene mit dem ToxR-Regulon auf. Analysen der Außenmembran demonstrierten, dass eine Mutation von osmR/ K zu einer Repression von OmpU unter hohen Salzkonzentrationen führt. Vergleichende Experimente mit weiteren Mutanten deuteten an, dass es in osmR/ K- und toxS-Mutanten unter erhöhten Salzkonzentrationen zur Degradation von ToxR kommt. Während die Deregulation von OmpU in osmR/ K-Mutanten nur unter Salzstress zu beobachten war, führte in der toxS-Mutante auch ein Membranstress durch Zugabe von Protamin zu einer Repression von OmpU. Die zu OsmR/ K nah verwandten putativen Zwei-Komponentensysteme EnvZ/ OmpR und VCA0257/ VCA0256 hatten unter keiner der getesteten Bedingungen einen Einfluss auf die Proteine der AM. Weiterhin wurde eine C-terminale Degradation von HutA unter hypertonischen Bedingungen aufgedeckt.
Vibrio cholerae Phage K139
(2002)
Bisher sind ca. 190 verschiedene Vibriophagen beschrieben, nur 10 davon stellen filamentöse Phagen dar, der Rest gehört zu den sogenannten Caudovirales, d.h. sie weisen ein kubisches Nukleokapsid mit einem mehr oder weniger langen Schwanz auf. Der letzteren Gruppe ist auch der Phage K139 zuzurechnen. K139 ist ein temperenter Phage, dessen Wirtsspektrum sich nach bisherigen Erkenntnissen auf V. cholerae Stämme der Serogruppen O1 und O139 beschränkt. Als Rezeptor dient ihm dabei das O1 Lipopolysaccharid (LPS), Morphologisch ist er der Familie der Myoviridae zuzurechnen, innerhalb des Klassifikations-Schemas der Vibriophagen den Kappa-Phagen. Diese Phagengruppe weist eine hohe Assoziation mit epidemischen O1 El Tor Stämmen auf, es gibt aber keine Hinweise auf eine Beteiligung an der Virulenz von V. cholerae. In dieser Arbeit wurde die vollständige K139 Genomsequenz ermittelt. Diese besteht aus 33.1 kb ds DNA, die Sequenzierung deutet auf eine terminale Redundanz hin. Zusammen mit dem bereits bekannten Sequenzabschnitt ergab sich eine Zahl von insgesamt 44 offenen Leserastern (ORFs). Sowohl auf Sequenzebene als auch hinsichtlich der Organisation des Genoms konnte eine Verwandtschaft von K139 zu den P2-Phagen gefunden werden. Insgesamt weisen 26 ORFs Homologie zu P2 Genprodukten auf. Für 14 ORFs war eine Funktionszuordnung basierend auf der Homologie zu bereits bekannten Proteinen möglich. Auch über die Analyse der Sequenzmotive wurde versucht, Hinweise auf eine mögliche Funktion der putativen Proteine zu erhalten. Zur Unterstützung der bioinformatischen Auswertung wurden weiterführende Untersuchungen angestellt. So wurden die Proteine des Phagenpartikels mittels 2D SDS-PAGE und MALDI-TOF analysiert. Auf diese Weise konnten vier putative Kapsid- und drei putative Schwanz-Proteine als Bestandteil des Phagenpartikels ermittelt werden. Weiterhin wurde durch Überexpression und Restriktionsanalysen Orf8 als Adenin-spezifische Methyltransferase identifiziert. Als Methylierungssequenz wurde die Basenabfolge 5´-GATC-3´ ermittelt. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Funktionszuordnung putativer Genregulatoren. Dies wurde einmal für die Proteine Orf2 und CI durch Überexpression und Konstruktion von Deletionsmutanten und deren phänotypischer Bestimmung in Plaque-Assays untersucht. Dabei konnte Orf2 eine mögliche Schutzfunktion vor superinfizierenden Phagen zugeschrieben werden. Widersprüchlich sind dagegen die Ergebnisse für die Funktion von CI, das aufgrund seiner Homologie als Repressor der Lyse dienen sollte. Zum zweiten wurde in einem Promotor-Test System der Einfluß der Proteine CI, Orf2, 8, 11, 12 und 13 auf vier verschiedene putative Promotor-Bereiche von K139 untersucht. Weiterhin wurde durch Southern Blot Analysen die Verbreitung von K139 innerhalb verschiedener V. cholerae Isolate untersucht. Dabei wurden in 50% der O1 und O139 und in 7% der Nicht-O1/O139 Stämme ein positives Hybridisierungssignal gefunden. Dabei zeigten der O1 klassische Stamm sowie zwei Nicht-O1/O139 Stämme ein verändertes Restriktionsmuster. Nähere Untersuchungen der verschiedenen Phagentypen mittels Southern-Blot und PCR zeigten eine hohe Verwandtschaft, lediglich eine Region, die der K139 Genomregion zwischen dem rep und dem orf15 Gen entspricht, zeigte auffällige Unterschiede. Die Sequenzierung ergab eine auffallend mosaikartige Struktur mit homologen und nicht-homologen Sequenzabschnitten im Vergleich der Phagen untereinander. Schließlich wurde noch eine weitere Genregion sequenziert, orf35 bis orf36, in der wirtsspezifische Sequenzunterschiede vermutet wurden. Für die Sequenz von orf35, das für das putative Schwanzfaser Protein kodiert, konnte eine mosaikartige Struktur ermittelt werden, die durch die Anwesenheit von zwei konservierten (C1 und C2) und zwei variablen (V1 und V2) Regionen zustande kommt. Die Kombination der variablen Bereiche ergab drei verschiedene Schwanzfaser-Protein Typen. Überraschenderweise korrelieren diese Typen nicht mit der Serogruppe des Wirtes. So konnte der gleiche Schwanzfaser-Typ in drei verschiedenen Serogruppen gefunden werden. Als Grund hierfür wird die Fähigkeit von V. cholerae diskutiert, durch horizontalen Gentransfer ein neues LPS Biosynthese-Cluster zu erwerben und damit die Serogruppe zu wechseln.
Vibrio cholerae, der Erreger der Cholera, ist ein Gram-negatives, fakultativ pathogenes Bakterium. In dieser Arbeit konnte die V. cholerae Oberflächenstruktur identifiziert werden, an die der temperente V.cholerae-Phage K139 adsorbiert. Phagenbindungs-Studien mit gereinigtem Lipopolysaccharid (LPS) ergaben, daß das O-Antigen der Serogruppe O1 den Phagenrezeptor darstellt. Zusätzlich wurden phagenresistente Mutanten des transluzenten O1 El Tor Inaba Stammes P27459 nach Inkubation mit einem lytischen K139-Derivat isoliert. Analysen des LPS-Laufverhaltens in Polyacrylamid-Gelen (PAA) zeigten, daß viele der Spontanmutanten defekte LPS-Moleküle synthetisierten, die entweder im O-Antigen, im Kernoligosaccharid oder in beidem betroffen waren.Phagenresistente Mutanten mit offensichtlich unverändertem LPS bildeten entweder transluzente oder opake Kolonien. Weiterhin wurden ausgewählte spontan phagenresistente Stämme genetisch analysiert. O-Antigen Mutanten wurden in Southernblot-Analysen mit spezifischen, gegen das bereits gut charakterisierte O-Antigen-Biosynthese-Gencluster (rfb) gerichtete Sonden untersucht. Zwei der O-Antigen negativen Stämme waren durch Insertion des IS-Elementes IS1004 in das rfb-Gencluster entstanden. Spontan phagenresistente Mutanten mit verändertem Kernoligosaccharid ohne O-Antigen (R-LPS-Mutanten) sind wahrscheinlich im Kernoligosaccharid-Biosynthese-Gencluster (waa) mutiert, das in der V. cholerae Datenbank identifiziert wurde. waaF, das für die Heptosyl-II-Transferase kodiert, wurde durch genetische Manipulation inaktiviert und zeigte im PAA-Gel das gleiche Migrationsverhalten wie zwei spontan phagenresistente Mutanten. In den Spontanmutanten konnte jedoch im Gegensatz zu der konstruierten Mutante durch ein WaaF-exprimierendes Plasmid lediglich das Kernoligosaccharid, nicht aber das O-Antigen wiederhergestellt werden. Weitere genetische Analysen ergaben, daß eine der Spontanmutanten 546 bp deletiert hatte, die Teile von waaF und waaL betrafen, letzteres kodiert dabei vermutlich für die O-Antigen-Ligase. Spontanmutanten mit intaktem O-Antigen aber verändertem Kernoligosaccharid konnten als galU-Mutanten charakterisiert werden, die auch im Galaktosekatabolismus beeinträchtigt waren. Zusätzlich wurden zwei weitere gal-Gene, galE und galK, durch genetische Manipulation inaktiviert. Diese Mutanten konnten ebenfalls keine Galaktose mehr verstoffwechseln, synthetisierten aber ein intaktes LPS. In Gegenwart hoher Galaktosekonzentrationen wurde in galU- und galE- Mutanten aufgrund der Defekte im Gal-Stoffwechsel Lyse beobachtet. Zusätzlich wurde die Rolle von galU und galE in der Biofilmbildung untersucht. Da der transluzente Wildtyp (Wt) im Gegensatz zu Opakvarianten keinen Biofilm bilden konnte, wurden galE und galU auch in einer Opakvariante inaktiviert. galU- und galE-Mutationen erzeugten in der Opakvariante wieder eine transluzente Koloniemorphologie und einen biofilm-negativen Phänotyp an abiotischen Oberflächen. Diese Daten deuten an, daß die Synthese von UDP-Galaktose ausgehend von UDP-Glukose für die Synthese des Exopolysaccharides (VPS) notwendig ist. Virulenzstudien in neugeborenen Mäusen ergaben, daß O-Antigen negative Stämme sowie galU-Mutanten sehr viel schlechter und R-LPS-Mutanten nicht mehr im Dünndarm kolonisieren konnten. Da galE und galEK-Mutanten ebenso gut wie der Wt kolonisierten, konnte ausgeschlossen werden, daß toxische Galaktose-Effekte für den Kolonisierungsdefekt der galU-Mutante verantwortlich waren. Zusätzlich wurde die Überlebensfähigkeit der LPS-Mutanten in Gegenwart von verschiedenen Substanzen, die nachweislich im menschlichen Dünndarm vorkommen, unter „in vitro“ Bedingungen untersucht. R-LPS und galU-Mutanten waren im Vergleich mit dem Wt sensitiver gegenüber schwachen organischen Säuren, Defensinen, dem Komplementsystem und Gallensäuren. O-Antigen negative Stämme waren dagegen weiterhin resistent gegenüber Gallensäuren und schwachen organischen Säuren aber sensitiv gegen die Komponenten des angeborenen Immunsystems. Bisher wurde für keine der LPS-Mutanten eine größere Beeinträchtigung weiterer Virulenzfaktoren, wie z.B. Motilität, Synthese der Pili TCP oder Choleratoxin-Produktion festgestellt. Auch die Zusammensetzung der Proteine in der äußeren Membran war offensichtlich nicht beeinträchtigt, allerdings wurde beobachtet, daß aus galU Mutanten in geringem Maße und aus R-LPS Mutanten in verstärktem Maße periplasmatische Proteine in den Überstand diffundieren können. Diese Ergebnisse deuten an, daß nicht nur das O-Antigen, wie bereits bekannt, sondern auch eine spezifische Kernoligosaccharid-Struktur für eine effektive Kolonisierung von V. cholerae essentiell ist. Der Grund dafür ist höchstwahrscheinlich in der Ausbildung einer stabilen äußeren Membran zu suchen, die die Persistenz in Gegenwart bakteriozider Substanzen des Dünndarms ermöglicht.